Grundlagen der Soziologie

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Grundlagen der Soziologie
Dr. Olaf Lobermeier
Hildesheimer Straße 265-267
30519 Hannover
Dr. Olaf Lobermeier
Klassiker der Soziologie
• August Comte (†1857): „Erfinder“ der
Soziologie; teilte Geschichte der Menschheit in
drei Stadien (theologisch, metaphysisch,
wissenschaftlich), das Dritte wollte er
entscheidend mitbestimmen; nach seiner Lehre
funktioniert Gesellschaft wie die Natur nach
Gesetzen (Positivismus)
• Herbert Spencer (†1903): Vertreter des
Sozialdarwinismus (Überleben der am besten
angepassten Gruppen und Kulturen)
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• Karl Marx (†1883): betonte die wirtschaftliche
Grundlage der Gesellschaftsentwicklung; er
interpretierte die Geschichte der Menschheit als
Klassenkampf, der durch die Entwicklung der
Produktivkräfte angetrieben werde. Der
Kapitalismus (wirtschaftlicher Reichtum sammelt
sich in Händen weniger) werde zwangsläufig
durch den Sozialismus (Sieg der
Ausgebeuteten, klassenlose Gesellschaft)
abgelöst. Er war der einzige Soziologe, dessen
Werke einen bedeutsamen Einfluss auf Politik
und Wirtschaft hatten.
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Merkmale des Industriekapitalismus nach
Marx
• Privateigentum an Produktionsmitteln: Eine
kleine Klasse von Kapitalbesitzern verfügt privat
über die Produktionsmittel und gerät dadurch
zur großen Klasse der lohnabhängigen Arbeiter
in einen grundsätzlichen Interessengegensatz,
der die sozialen und politischen Konfliktlinien
zunehmend bestimmt
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Merkmale des Industriekapitalismus nach
Marx
• Erzeugung von Mehrwert: Stark vereinfacht besagt das
Konzept des Mehrwerts, dass die Arbeiter mehr Werte
schaffen, als ihnen in Form der Löhne rückerstattet wird
(„Ausbeutung“). Der andere Teil der Wertmenge, für den
die Arbeiter keinen Gegenwert in Form von Lohn
erhalten, geht in die Verfügungsgewalt der
Kapitalbesitzer über, die ihn zum Teil reinvestieren und
dadurch ihr Kapital ständig vermehren (Akkumulation
des Kapitals)
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Merkmale des Industriekapitalismus nach
Marx
• Gewinnstreben: („Profitmaximierung“) ist der
vorherrschende Antrieb der Wirtschaftsordnung
• Die Marktkonkurrenz ist die zentrale
Steuerungsinstanz der Produktion
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Klassiker der Soziologie
• Emile Durkheim (†1917): grenzte Soziologie
gegenüber anderen Wissenschaften ab;
versuchte „soziale Tatsachen“, z.B.
Arbeitsteilung oder Selbstmordraten, nur durch
soziale Tatsachen, z.B. soziale Integration und
Kollektivbewusstsein, und nicht biologisch oder
psychologisch zu erklären
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Klassiker der Soziologie
• Max Weber (†1920): wies im Gegensatz zu
Marx auf die eigenständige Wirksamkeit des
symbolischen Bereichs (Denkmuster, Sprache,
Glaube etc.) Bestimmte Formen des
Protestantismus hätten kapitalistisches Denken
und Handeln begünstigt und damit die
wirtschaftlich-technische Entwicklung
(Kapitalismus) entscheidend beeinflusst. Weber
forderte, dass Soziologen ihre religiösen,
politischen und sonstigen Werturteile in ihrem
beruflichen Handeln zurückstellen und
werturteilsfrei forschen sollen
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Klassiker der Soziologie
• Georg Herbert Mead (†1931): Begründer des
Symbolischen Interaktionismus; stellte
Überlegungen an, wie das Bewusstsein
gesellschaftlich erzeugt wird
• Talcott Parsons (†1979): Hauptvertreter des
Funktionalismus; errichtete ein theoretisches
System zur Erklärung aller gesellschaftlichen
Erscheinungen
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Klassiker der Soziologie
• Norbert Elias (†1990):mußte in den 30er Jahren
aus Deutschland fliehen; erforschte des
europäischen Prozess der Zivilisation, die
Bildung von immer größeren Herrschaftszonen
(Monopolisierung von Macht und Gewalt) und
die Zähmung des Menschen (von der
Aristokratie bis in die Moderne)
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Klassiker der Soziologie
• Jürgen Habermas: Nachfahre der Frankfurter
Schule (Horkheimer und Adorno); ist sowohl
Soziologe als auch Philosoph; verbindet
Gedanken von Max Weber und Karl Marx:
Unterscheidung zwischen kommunikativer
(potenziell emanzipatorischer) und kognitivtechnisch-instrumenteller Rationalität)
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Integration nach Habermas
Gesellschaften haben eine doppelte Integrationsaufgabe
zu bewältigen:
• Integration in das System: hierbei findet Integration
hauptsächlich durch die Medien Geld und Macht statt.
• Integration in die Lebenswelt: hierbei wird Integration
durch Kultur, Gesellschaft und Persönlichkeit vermittelt
o
Kultur vermittelt moralische Verpflichtung
o
Gesellschaft sorgt für Beziehungsgeflechte
o
Persönlichkeit gewährleistet soziale
Zugehörigkeit über eine Identitätsbildung
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Klassiker der Soziologie
• Niklas Luhmann (†1998): hat eine eigene
Systemtheorie erschaffen; entwickelte eine
Vorstellung von Gesellschaft als funktional
differenzierte Systeme u. a. in den Bereichen
Recht, Kunst, Wirtschaft, Bildung.
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Klassiker der Soziologie
• Pierre Bourdieu (†2002): entwickelte den Begriff des
Habitus (erlerntes stabiles Wahrnehmungs-, Denk- und
Interpretationsschema, das der Abgrenzung gegenüber
anderen Klassen oder Gruppen dient. Am Habitus
(Bewegung, Sprechen, Fertigkeiten, Kleidung,
Einrichtung der Wohnung etc.) können die Mitglieder
einer Klasse erkennen ob dieser Mensch einer von ihnen
ist. Er unterteilte gesellschaftlich vermittelte Ressourcen
in ökonomisches (Einkommen, Vermögen), soziales
(Beziehungen zu einflussreichen Personen und
Gruppen), kulturelles (Fertigkeiten, Wissen,
akademische Titel) und symbolisches Kapital
(Anerkennung, Prestige, Ruf)
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Soziologische Theorien
• Funktionalismus
• Konfliktansatz
• Symbolischer Interaktionismus
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Funktionalismus
• Die zentrale Frage lautet: Welche notwendigen
Aufgaben in einer Gesellschaft sollen von Individuen,
Institutionen und anderen sozialen Gebilden erfüllt
werden? Der Hauptzweck dieser Aufgabenerledigung ist
die Erhaltung des sozialen Systems und der Struktur.
• Wenn etwas für eine Gesellschaft oder eine Institution
funktional und stabilisierend wirkt, dann muss es nicht
für die betroffenen Menschen von Vorteil sein.
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Funktionale Institutionen
• Beispiel Wirtschaft: Sicherung des physischen
Überlebens durch Herstellung und Verteilung
von Gütern.
• Institution Schule: Sozialisation und Erziehung;
Eltern und Lehrer versuchen, den Kindern die
zentralen Normen, Werte und Kompetenzen
beizubringen
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• Politik, Religion etc.: Festlegung und Erhaltung
von Werten und Zielen. Durch Religion, Politik,
Recht. Bildung, Medien etc. werden die für alle
oder viele oder auch nur für Gruppen
verbindliche Wertsysteme geschaffen und
verstärkt.
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Soziale Systeme
• In einem sozialen System entstehen
Erwartungen und Regeln, Normen. Dadurch
ergibt sich eine Stabilisierung des Systems.
• Der Funktionalismus ist ein Systemansatz.
Wenn man nach den Funktionen oder Aufgaben
eines Teils für das Ganze fragt, setzt man einen
Systemzusammenhang voraus. (Beispiel
Hochschule)
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Rollen
• Wenn Menschen regelmäßig und in Gruppen
miteinander interagieren, dann entstehen Normen
(Verhaltensregeln) und Rollen.
• Rollen sind Erwartungen von Bezugsgruppen, die an
Inhaber von Positionen (z.B. an einen Arzt) gerichtet
sind.
• Das den Positionen und Rollen zugrundeliegende Modell
sieht Gesellschaft als ein Netzwerk sozialer Stellen.
Rollen sind die Schnittstellen zwischen Person und
sozialem System
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Konfliktansätze
• Welche Gruppen konkurrieren, koalieren und
exkludieren und welche Interessenkonflikte bestehen?
• Der berühmteste Konfliktansatz stammt von Karl Marx:
Er ging davon aus, dass in Hochkulturen herrschende
Gruppen andere Gruppen unterdrücken und ausbeuten.
In der Antike und auch später waren Sklaven die
untersten Gruppen. Konflikte resultieren aus der
vertikalen Differenzierung der Gesellschaft, d. h. aus der
ungleichen Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums
und der damit verbundenen hierarchischen Struktur der
Gesellschaft. Konflikte sind immer Interessenskonflikte.
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Thomas Hobbes
• Bei Hobbes geht es um die Möglichkeiten
politischer Ordnungsbildung angesichts der
grundsätzlichen Konflikthaftigkeit menschlicher
Beziehungen
• Die Legitimation von Herrschaft ist jetzt nicht
mehr an eine göttliche Instanz, sondern an die
Fähigkeit zur Konfliktregelung geknüpft, die mit
dem Gesellschaftsvertrag beginnt
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Dr. Olaf Lobermeier
Max Weber
• Weber beschreibt den Konflikt als eine
bestimmte Art der sozialen Beziehung, in der
das Handeln an der Durchsetzung eigener
Ansprüche gegen den Willen anderer orientiert
ist. Er geht akteurstheoretisch vor, d.h, er blickt
nicht von gesellschaftlichen Strukturen auf
soziale Beziehungen und Akteure, sondern
nimmt die umgekehrte Perspektive ein.
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Konfliktansätze
• Früher galt die Frage nach den Ursachen von Konflikten
als die eigentliche Frage der sozialwissenschaftlichen
Konfliktforschung.
• Warum muss aber beispielsweise eine extreme
Ungleichverteilung von Gütern in Konflikte münden?
• Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien konzentrieren
sich mittlerweile darauf, die Kontextbedingungen
anzugeben, die latente Konflikte manifest werden lassen
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Symbolischer Interaktionismus
• Was verstehen verschiedene Personen und Gruppen
unter „Liebe“ und wie entstehen diese Deutungsmuster?
• Der SI bezieht sich auf die Alltagsbeziehungen von
Menschen (Mikroebene)
• Er beschäftigt sich mit dem Denken, Fühlen und
Handeln der Menschen als Ergebnis
zwischenmenschlicher Beziehungen
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George Herbert Mead
• Nach Mead entwickelt sich das Selbst eines Menschen
auf Grund von sozialen Erfahrungen, die immer mit dem
Austausch von Symbolen verbunden sind. Die Sprache
ist das wichtigste Symbolsystem.
• In uns ist nach Mead ein doppeltes Selbst: einerseits das
Ich, von Mead „I“ genannt, die personale Identität, aktiv
und spontan handelnd, andererseits das Ich als Objekt
(„Me“), die soziale Identität, wie ich meine, dass andere
mich sehen.
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Identität
• Die Identität wird immer wieder in
Interaktionen ausgehandelt und bestimmt.
Um diese flexible Identität sozial
erfolgreich immer neu konstruieren zu
können, muss das Individuum
verschiedene Kompetenzen erwerben:
Rollendistanz, Ambiguitätstoleranz
(widersprüchliche Rollenerwartungen
bewältigen), Empathie
(Einfühlungsvermögen etc.)
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5 Schlüsselbegriffe der Soziologie
• Sozialkstruktur
• Soziales Handeln
• Kultur
• Macht
• Funktionale Integration
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Sozialkstruktur
• Die Sozialstruktur bezeichnet ein Muster von
Beziehungen, Positionen und Mengen von
Individuen.
• Dieses Muster bildet das Grundgerüst der
sozialen Organisation einer Population (kleine
Gruppe oder ganze Gesellschaft)
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Soziales Handeln
• Soziales Handeln bezeichnet ein Verhalten, für
das wir uns bewusst entscheiden, das also nicht
instinktiv oder reflexhaft ist.
• Nicht nur Individuen führen soziale Handlungen
aus, sondern auch Gruppen und komplexe
Organisationen wie Unternehmen oder
Regierungen
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Kultur
• Kultur ist das mehr oder weniger integrierte, den
Lebensstil von Menschen prägende Muster von
Weisen des Denkens, Verstehens, Bewertens
und Kommunizierens.
• Viele unserer Merkmale, die für uns das
spezifisch Menschliche ausmachen – Sprache,
Moral, Technik und Fertigkeiten – sind kulturelle
Elemente, die wir durch soziale Beziehungen
erlernen.
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Macht
• Macht ist die Fähigkeit eines sozialen Akteurs,
den Gang der Ereignisse oder die Struktur einer
sozialen Organisation zu bestimmen.
• Sie kann ausgeübt werden, gegen den Willen
anderer Akteure, damit sie Dinge tun, die sie
sonst nicht täten.
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Dr. Olaf Lobermeier
Funktionale Integration
• Funktion bezeichnet den Beitrag, den jede
soziale Beziehung, Position, Organisation, jeder
Wert oder jede Eigenschaft einer Gesellschaft
für das soziale System als Ganzes leistet.
• In einem funktional integrierten System wird
jeder Teil von seinen Beziehungen zu den
anderen Teilen beeinflusst und ist von ihnen
abhängig.
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Was wissen wir über Faktoren, die zu einem gelingenden Leben
bzw. zu einem Prozess autonomer und gleichzeitig sozial
abgefederter Lebensgestaltung beitragen? (Kurt Möller)
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Gewinnung von Kontrolle über das eigene Leben
Erwerb von Orientierungsvermögen
Selbstwirksamkeit und Handlungssicherheit
Glaube an die Beeinflussbarkeit und Planbarkeit der Lebensbedingungen
Integration in verständigungsorientierte Kommunikations- und
Kooperationsnetzwerke
Integrität der eigenen Person gewahrt wissen
Zugehörigkeit empfinden
Teilhabemöglichkeiten erleben
Selbstwertbestätigung erlangen (emotionale Zuwendung und Anerkennung)
Erfahren von Gerechtigkeit und Fairness (Realdemokratie)
Sozialen Rückhalt erhalten
Erwerb von Kompetenzen für Realitätskontrolltätigkeiten
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