Einführung in die Wirtschaftsanthropologie

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Einführung in die
Wirtschaftsanthropologie
Prof. Dr. Johannes Moser
SS 2008
Definitionen
• “Die Wirtschaft ist die Gesamtheit aller Einrichtungen und
Maßnahmen menschlicher Daseinsgestaltung, die sich auf
Produktion und Konsum sog. knapper Güter beziehen”.
(Meyers Taschenlexikon)
• Wirtschaft ist die Gesamtheit der Einrichtungen und
Prozesse, aus denen sich laufend eine
Bedürfnisbefriedigung durch Produktion und Verteilung
von Gütern und durch das Angebot von Dienstleistungen
für eine Bevölkerung ergibt. (Soziologisches Wörterbuch)
• Als Wirtschaft oder Ökonomie wird die Gesamtheit aller
Einrichtungen, wie Unternehmen, private und öffentliche
Haushalte, und Handlungen verstanden, die der
planvollen Deckung des menschlichen Bedarfs dienen.
Hierzu zählen insbesondere die Herstellung, der
Verbrauch, der Umlauf und die Verteilung von Gütern.
(Wikipedia)
Definitionen
• Die technischen Methoden und sozialen
Organisationsformen der Auseinandersetzung des
Menschen mit der Natur (…) sowie die Aneignung,
Verteilung und Konsumtion der dadurch gewonnenen
Produkte. (ethnologisches Wörterbuch)
• „Die Wirtschaftsethnologie ist jener Bereich der
Ethnologie, der sich mit den sozialen Prozessen der
Versorgung von Menschen mit Gütern und Leistungen dies ist eben Wirtschaft - befaßt.” (Ethnologie-Einführung)
• Wirtschaft im engeren Sinne bedeutet die Aufteilung
knapper Mittel auf konkurrierende Ziele. (Marvin Harris)
• “Wirtschaft umfaßt diejenigen kulturell determinierten
Aktivitäten, durch welche Menschen mit ihrer physischen
und sozialen Umgebung interagieren und die sich auf die
Allokation knapper Ressourcen auf ihre unterschiedlichen
Bedürfnisse beziehen.” (Martin Rössler)
Produktion
• “Die Produktion ist derjenige Aspekt menschlicher Aktivitäten, in dem die wirtschaftlichen Werte durch Arbeit hervorgebracht
werden.“ (Jürgen Jensen)
• Produktionsfaktoren
– natürliche Ressourcen
– Arbeitskraft und Kenntnisse von Menschen
– Produktionsmittel (technische Hilfsmittel)
Tausch
• Um die Versorgung der Menschen zu gewährleisten,
müssen die Güter und Leistungen von den Produzenten
zu den Konsumenten gelangen. Dieser Prozess wird mit
dem Begriff Distribution zusammengefasst, wobei die
Distribution von Gütern und Leistungen größtenteils
durch soziale Mechanismen des Austauschs geschieht.
• Neben den Formen des Tauschs gibt es noch die
Selbstversorgung oder Subsistenzwirtschaft, wo die
produzierten Güter von den Produzenten selbst
verwendet werden.
• Behauptung: Das gesamte soziale Leben besteht aus
verschiedenen Formen des Austausches.
Tausch
• Es gibt drei grundlegende Tauschregelungen:
– Reziprozität
– Redistribution
– Marktaustausch
Bei der Reziprozität gibt es ausgeglichene,
generalisierte und negative Reziprozität.
Ausgeglichene Reziprozität
getauschte Güter und Leistungen müssen im
weitesten Sinn äquivalent sein
Student A zahlt
Student B ein Bier
Student B zahlt
Student A bei anderer
Gelegenheit ein Bier
Generalisierte Reziprozität
Student A zahlt
Student B ein Bier
Student B informiert Student A
über Termin
- oder zahlt einen Kaffe
- oder verhält sich
insgesamt freundschaftlich
Negative Reziprozität
Student A klaut ein
Buch aus der Bibliothek
Student A stellt das
Buch in die eigene Bibliothek
Redistribution
Bauern oder Untertanen
Die Redistributionszentrale
liefern Getreide
vergibt Landrechte und
und Dienstleistungen
Verwaltungsleistungen
an die Redistributionszentrale
Die Mitarbeiter der
Verwaltung werden aus
den redistribuierten
Gütern bezahlt
Marktaustausch
• Beim Marktaustausch tauschen zwei rechtlich
gleichberechtigte Partner (Personen oder
Institutionen) genau abgemessene, als
Äquivalente angesehene Güter und/oder
Dienstleistungen. Über die Tauschakte hinaus
muß keinerlei soziale Beziehung zwischen den
Partnern bestehen. Der Tausch kann rein
naturalwirtschaftlich durchgeführt werden oder
aber geldwirtschaftlich. Voraussetzung ist, daß
die Partner überhaupt das Veräußerungsrecht
an ihren Gütern und Leistungen haben.
Tausch-Literatur
• Marcel Mauss: Die Gabe. Form und
Funktion des Austauschs in archaischen
Gesellschaften. Frankfurt am Main 1984
(11950).
• Helmuth Berking: Schenken. Zur
Anthropologie des Gebens. Frankfurt/Main
1995.
Marcel Mauss: Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in
archaischen Gesellschaften. Frankfurt am Main 1984 (11950).
• Marcel Mauss (1872-1950) – französischer Soziologe und Ethnologe;
Neffe von Emile Durkheim
• Sein „Essai sur le don“ (Originaltitel) stammt eigentlich aus dem Jahr
1925 und gilt als sein Hauptwerk
• Dieser Essay ist nach Evans-Pritchard die erste systematische und
vergleichende Studie über das System des Geschenkaustauschs
• Entwarf den Begriff des „fait social total“ – die totale gesellschaftliche
Tatsache
• Den Gabentausch versteht er nun als eine totale gesellschaftliche
Tatsache
• Obwohl Mauss der Form und Funktion des Gabentauschs in
archaischen Gesellschaften nachgeht, meint er, damit auch die
eigene Gesellschaft tiefer erfassen und verbessern zu können.
Mauss: Die Gabe
• In vielen Kulturen „finden Austausch und Verträge in Form von
Geschenken statt, die theoretisch frei willig sind, in Wirklichkeit
jedoch immer gegeben und erwidert werden müssen“.
Mauss interessieren zwei Fragen:
• „Welches ist der Grundsatz des Rechts und Interesses, der bewirkt,
daß in den rückständigen oder archaischen Gesellschaften das
empfangene Geschenk zwangsläufig erwidert wird?
• Was liegt in der gegebenen Sache für eine Kraft, die bewirkt, daß
der Empfänger sie erwidert?“
4 Kapitel
I. Die Gaben und die Verpflichtung, sie zu erwidern
II. Verbreitung dieses Systems. Freigiebigkeit, Ehre, Geld
III. Weiterleben dieser Prinzipien in den alten Rechts- und Wirtschaftsordnungen
IV. Schlußfolgerungen
Mauss – Kapitel 1
• Potlatsch ist eine Form des demonstrativen Konsums,
der vor allem von den Indianern im Nordwesten
Nordamerikas bekannt ist. Ruth Benedict hat den
Potlatsch bei den Kwakiutl beschrieben.
• Mauss entdeckte den Potlatsch auch bei den Polynesiern
und findet zwei Elemente:
– Die Ehre, das Prestige, das mana
– Die absolute Verpflichtung, die Gabe zu erwidern, weil
sonst das mana verloren geht
•
Ausgehend von den Maori zeigte Mauss, dass gegebene Sachen
einen Geist (hau) haben.
•
Dieser Geist hängt an der Person, die gegeben hat, wodurch eine
Gabe eine rechtliche Bindung ergibt.
•
Jemand etwas geben, heißt demnach immer, jemand etwas von
sich selbst geben.
Daraus ergeben sich drei Momente des Tausches:
1.
die Verpflichtung, Geschenke zu machen
2.
die Verpflichtung, Geschenke anzunehmen und
3.
die Verpflichtung, Geschenke zu erwidern
Theorie des Almosens
Im Almosen verbindet sich ein moralischer Begriff von Gabe und
Reichtum mit einem Begriff des Opfers. Die Freigiebigkeit ist hier
obligatorisch – wer an Glück und Reichtum gesegnet ist, muss an
Arme und Kinder abgeben, was auch als ein Opfer an Götter wie
Geister gelten kann.
Kapitel II
• Hier verfolgt Mauss seine Idee weiter, dass der
Gabentausch ein totales soziales Phänomen ist.
• Auf den Andamanen dient die Vergabe von Geschenken
dazu, Freundschaft zu stiften und es gibt ein Art
Wettstreit, wer die wertvollsten Geschenke macht, was
wiederum zu nicht intendierten Streitereien führen kann.
• Er zeigt, dass auch Formen des Kredits bereits bekannt
waren und kein höheres Stadium der Zivilisation
markieren.
• Erwähnt abermals die Aspekte Ehre und Prestige
• Beschreibt den Potlatsch als totales Phänomen mit den
bereits genannten Dimensionen des Gebens, Nehmens
und Erwiderns.
Kapitel III
• Geht hier auf verschiedene noch nicht behandelte
Gesellschaften ein.
• Im Römischen Recht stellt das nexum (die älteste Form
eines Vertrags im Römischen Recht) ein rechtliches
Band dar, das über den juridischen Akt hinausreicht –
z.B. waren auch religiöse Vorstellungen inkludiert.
• Auch die Übergabe einer res (Sache) schuf ein
Rechtsband, das die Tauschenden miteinander verband.
• Im Germanischen Recht war neben der Gabe das Pfand
ein wichtiges Instrument
• Das chinesische Recht anerkennt ebenfalls das
unlösbare Band einer jeden Sache mit ihrem
ursprünglichen Besitzer.
Kapitel IV
Schlußfolgerungen
• Auch in den modernen Gesellschaften wirken die alten
Prinzipien nach. Eine nicht erwiderte Gabe erniedrigt
denjenigen, der die Gabe angenommen hat.
• Für Mauss sind die Sozialgesetze eine Rückkehr zur
Gruppenmoral.
• Das Spendensystem vor allem der angelsächsischen
Länder weist für ihn auch in diese Richtung.
• Mauss hätte gerne, dass die modernen Gesellschaften
insgesamt auf der Basis der Moral des
Geschenkaustauschs aufbauten.
Mauss: Totale gesellschaftliche Tatsache
• Die totale gesellschaftliche Tatsache ist ein zentrales
Element in Mauss Theorie
• Sie meint erstens, dass alle Aspekte der gesellschaftlichen Praxis und alle Institutionen und Gruppen darin
verwoben sind
• Und zweitens, dass sich in einer totalen gesellschaftlichen Tatsache eine Gesellschaft in ihrer „Ganzheit“
repräsentiert und reproduziert.
• Bei der Gabe etwa verbinden sich ökonomische,
soziale, religiöse, juristische und symbolische Aspekte,
die in Summe etwas über die jeweilige Gesellschaft
aussagen.
Konsum
• Unter Konsum wird ganz allgemein der Verzehr oder
Verbrauch von Gütern verstanden.
• Konsum geht zurück auf die Bedürfnisse von
Menschen, die unterschieden werden können in
• physische Bedürfnisse: Essen, Trinken, Wärme und
Schutz durch Wohnung und Kleidung
• psychische Bedürfnissen (Gewährleistung einer
gewissen sozialen Sicherheit oder Hilfe bei der
geistigen Weltorientierung)
• Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, diese
Bedürfnisse zu befriedigen
Beispiel Nahrung
• Nicht alle genießbaren Sachen werden von Menschen
tatsächlich konsumiert. Manche Speisen sind in manchen Gesellschaften oder bei Religionen verboten, manche werden einfach weniger bevorzugt oder gemieden.
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Moslems und Juden essen kein Schweinefleisch
In manchen Teilen Afrikas dürfen Frauen keine Eier essen
Hindus essen kein Rinderfleisch
Europäer üblicherweise weder Katzen noch Hunde
Pferdefleisch ist etwa in Großbritannien und den USA tabu
Europäer vermeiden den Verzehr von Insekten
In Ostasien wird keine Milch getrunken
Pflanzentabus sind selten und gelten manchmal nur
geschlechtsspezifisch.
Weitere Konsumnormen
• Konsumnormen gibt es nicht nur nach verschiedenen
Gesellschaften und/oder ethnischen und/oder religiösen
Gruppen, sondern etwa auch nach sozialem Status.
– Etwa geschlechtsspezifische Kleidung, Schmuck und Kosmetik
– Berufsbezogene Kleidung
• Der Ornat bei Geistlichen
• Der Talar etwa als Kleidung akademischer Würdenträger aber
ebenso bei evangelischen Pfarrern
• Die Soutane bei katholischen Priestern
• Die Uniform
• Der Wert von Konsumgütern bemisst sich meist nach
zwei Aspekten:
– Brauchbarkeit
– Prestige
Geschichte & Theorie der WA
• Wichtige Impulse für die Wirtschaftsanthropologie kamen
aus England und den USA, später auch Frankreich. Aus
Deutschland nur Richard Thurnwald
• Wichtigste Werke, die für die frühe Wirtschaftsanthropologie eine Rolle spielen:
– Henry Lewis Morgan: Ancient Society, 1877 (dt.: Urgesellschaft).
Morgan beschäftigte sich u.a. mit einer Analyse des
Eigentumstransfers in tribalen, nicht marktlichen Ökonomien,
wobei in das Verhltnis zwischen Verwandtschaftssystemen und
Vererbungsregeln interessierte.
– Bronislaw Malinowski: Argonauten des westlichen Pazifik, 1922.
Malinowski untersuchte darin vor allem den Kula-Tausch.
– Marcel Mauss: Essai sur le don, 1925 (dt. Die Gabe)
Geschichte & Theorie der WA
• Unterschied zwischen Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaft ist zu beachten
– Die Wirtschaft ist ein Modus des Lebens und Überlebens (siehe
Definitionen zu Beginn)
– Die Wirtschaftswissenschaft ist ein Modus der Analyse, in den
allerdings auch Vorstellungen über Wirtschaft einfließen
– Daher besteht auch ein Unterschied zwischen dem Vorgehen der
Wirtschaftsanthropologie und dem der Wirtschaftswissenschaft
– Die kulturwissenschaftlichen Disziplinen folgen in der Regel
einem induktiven Paradigma, die Wirtschaftswissenschaften
einem deduktiven Paradigma.
– Induktion bedeutet die Herleitung des Allgemeinen aus dem
Speziellen. Ein induktives Vorgehen besteht zum Beispiel darin,
verschiedene empirische Daten zusammenzutragen, um daraus
Erklärungsmodelle zu entwickeln.
– Deduktion hingegen versucht das Spezielle aus allgemein
gültigen Gesetzen abzuleiten.
Geschichte & Theorie der WA
• Adam Smith (1723-1790), Moralphilosoph und Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre
• Hauptwerk: An Inquiry into the Nature and Causes of the
Wealth of Nations (1776)
• Ausgangspunkt waren die sog. Physiokraten, die davon
ausgingen, dass einzig die Landwirtschaft zur Wertschöpfung in einer Volkswirtschaft beitrage.
• Hauptvertreter: Francois Quesnay (1694-1774) und Anne
Robert Jacques Turgot (1727-81)
• Physiokratismus war eine Gegenbewegung zum Merkantilismus (Jean-Baptiste Colbert, 1619-1683), der in
den wirtschaftlichen Außenbeziehungen die Quelle der
Wertschöpfung sah.
• Merkantilismus war das erste « Wirtschaftsmodell der
absolutistischen Staaten der Frühen Neuzeit.
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Geschichte & Theorie der WA
Adam Smith sieht im Gegensatz zu den Physiokraten die
Landwirtschaft und die Industrie als produktiv.
Die Arbeit wird das Maß des austauschbaren Wertes
aller Waren.
Prinzip des „laissez faire“, wodurch die Barrieren für die
Entwicklung des Fabrikwesens beseitigt werden sollten.
Menschenbild des homo oeconomicus
– der Mensch handelt allein nach dem Maßstab seines Eigeninteresses
– er handelt rational in dem Sinn, dass er seine Position materiell
und sozial verbessern will
– er strebt nach Maximierung seines Anteils am freien Markt
– Eigeninteresse der Akteure ist entscheidend für das
Funktionieren der Ökonomie
– „Prinzip der unsichtbaren Hand“ scheint die Menschen zu leiten.
Geschichte & Theorie der WA
• Ideengeschichtliche Vorläufer für die Ausführungen von Adam
Smith, wie Albert O. Hirschmann in seinem Buch „Leidenschaften
und Interessen“ trefflich gezeigt hat.
• Hirschmann zeigt den Übergang von mittelalterlichen Denken zur
Moderne.
• Bei Augustinus und in seiner Nachfolge durch das gesamte
Mittelalter gab es noch 3 Hauptsünden:
– Begierde nach Geld und Besitz;
– Die Machtgier;
– Die sexuelle Begierde
• Im Laufe der Frühen Neuzeit entstand dann der Vorschlag, die
Leidenschaften, statt sie zu unterdrücken, für andere Zwecke
einzuspannen und nutzbar zu machen.
• Bei Blaise Pascal (1623-1664) und Giambattista Vico (1668-1744)
soll etwa aus den Lastern Grausamkeit, Habsucht und Ehrgeiz
durch die Gesellschaft nationale Verteidigung, Handel und Politik
werden, die dem Stadt nützen.
Geschichte & Theorie der WA
• Bei Adam Smith z.B. wird die Leidenschaft Habsucht
durch die Termini „Vorteil“ und „Interesse“ ersetzt.
• Den Interessen entsprangen die positiven Folgen menschlichen Handelns, den Leidenschaften die verhängnisvollen.
• Interesse wurde im 18. Jh. Zu einem zentralen Begriff.
Dabei wurde er als frei von der Destruktivität der Leidenschaften gesehen, aber auch frei von der Wirkungslosigkeit der Vernunft.
• Während die Leidenschaften also wild und gefährlich
waren, war die Sorge um die eigenen materiellen
Interessen unschuldig und unschädlich. Dem Handel
wurden dann auch Eigenschaften wie Höflichkeit und
feine Manieren zugeschrieben und er galt insgesamt als
nützliches Verhalten.
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Geschichte & Theorie der WA
Durch die industrielle Revolution werden die kapitalistischen Profite zur wichtigsten Komponente des
Mehrwertproduktes.
Die Verteilung dieses Mehrwertes verlangte ein spezifisches Wissen über die Festlegung von Löhnen, Preisen, Pacht und Profitraten
David Ricardo (1772-1823) schuf mit seiner Werttheorie
und seiner Arbeitswertlehre eine Grundlage dafür.
Bei Karl Marx, der den Klassenkonflikt zwischen Lohnarbeit und Kapital betonte, spielte die Arbeitswerttheorie
eine wichtige Rolle.
Ricardos Ansätze wurden dann vom Utilitarismus
abgelöst, der den Zweck menschlichen Handelns im
Nutzen für den Einzelnen und die Gemeinschaft sieht.
Streben nach Glück ist das handlungsleitende Prinzip.
Neoklassische Ökonomie
• Für die Wirtschaftsanthropologie ist die Neoklassische
(entstand ab 1870) Ökonomie von zentraler Bedeutung.
• Wichtigste Vertreter: W. Stanley Jevons (GB), Leon
Walras (CH) und Carl Menger (A)
• Grundzüge neoklassischer Theorie nach Jevons:
– jeder Mensch wählt offensichtlich das größere Gut
– menschliche Bedürfnisse werden mehr oder weniger schlecht
befriedigt
– fortgesetzte Arbeit verursacht nach und nach Leid
– von diesen Axiomen könnten alle weiteren Fragen abgeleitet und
bei Vorliegen entsprechender Daten beantwortet werden.
• Dahinter steckt folgendes Grundaxiom, das die
Neoklassische Ökonomie interessiert: nämlich die
Allokation knapper Ressourcen auf unbegrenzte
menschliche Bedürfnisse.
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Neoklassische Ökonomie
Von der Klassischen Ökonomie wurde der Kerngedanke
des rationalen, nach Maximierung strebenden homo
oeconomicus übernommen.
Während sich die Klassiker für die Produktion und
Distribution der Waren interessierte, liegt der Fokus der
Neoklassiker beim Verbrauch (Konsum) von Gütern.
Ein zentraler Begriff ist der Grenznutzen
In der ökonomischen Theorie werden Ware und Gut
unterschieden:
– Ein Gut ist allgemeiner und ist der zentrale analytische Begriff
– Eine Ware wird hauptsächlich für den Tausch oder Verkauf
hergestellt. Waren sind eine Unterkategorie von Gütern.
– Güter werden in Sachgüter und Dienstleistungen unterschieden.
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Güter
Ein Gut ist der zentrale analytische Begriff
Eine Ware wird hauptsächlich für den Tausch oder
Verkauf hergestellt. Waren sind eine Unterkategorie
von Gütern.
Güter werden in Sachgüter und Dienstleistungen
unterschieden
Ein Sachgut ist ein materieller, körperlicher
Gegenstand, der für die Produktion, für den Verbrauch
oder auch für den Tausch eingesetzt werden kann.
Dienstleistung ist ein Vorgang, der an bestimmte Produktionsziele gekoppelt ist und Bedürfnisse befriedigt.
Die Begriffe Ware und Gut sind hauptsächlich an den
ökonomischen Kontext des Kapitalismus gebunden –
darüber hinaus ist der Begriff der Gabe wichtig.
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Theorie der Wirtschaftsanthropologie
Neoklassische Theorie hat sich weiter entwickelt und ist
hochgradig mathematisiert
Sie ist die Grundlage der so genannten Mikroökonomie,
die das Verhalten und die Entscheidungen einzelner
Wirtschaftssubjekte untersucht
Die neoklassische Theorie ist auch die Grundlage der
formalistisch ausgerichteten Wirtschaftsanthropologie
Neoklassische Ökonomen verzichten bewusst auf die
empirische Haltbarkeit ihrer Modelle
Grundlegendes Problem zwischen Theorie und Realität
in den Debatten der Wirtschaftsanthropologie
Zusätzliches Problem, dass die Modelle (z.B. neoklassische, aber auch marxistische Theorie) an die Verhältnisse des mitteleuropäischen Kapitalismus gekoppelt sind
Theorie der Wirtschaftsanthropologie
• Die deduktive mikroökonomische Theorie kennt keine
Regeln, die ihr Verhältnis zur Realität klärt
• Daher können die aus mathematischen Formeln gewonnenen Schlussfolgerungen zwar als präzise, letztlich
aber als irrelevant bezeichnet werden
• Die Gegner der neoklassischen Theorie in der WA
werden Substantivisten genannt. Sie kritisieren
– dass Theorie und Empirie kaum überein stimmen
– und wenn sie übereinstimmen, dann gelte es nur für die
kapitalistischen Marktwirtschaften
• Es bleibt demnach die Frage, ob die neoklassische Theorie auf verschiedene kulturelle oder gesellschaftliche
Systeme angewandt werden kann und ob und inwieweit
sie die beobachteten Phänomene erklären kann.
Theorie der Wirtschaftsanthropologie
• Befürworter argumentieren, die mikroökonomische
Theorie könne in ihrer Logik und Terminologie als
Grammatik allen Wirtschaftens betrachtet werden.
• Als deduktive und normative Theorie fragt die Mikroökonomik nicht danach, wie sich Menschen wirklich
verhalten, sondern wie sie sich verhalten sollten, wenn
ihre Entscheidungen effizient sein sollen.
• Wichtig ist dabei die Frage der Rationalität, weil Rationalität als Voraussetzung für effektives Handeln gesehen
wird.
• Rationalität ist das logische und vernunftgemäße Berechnen anhand bestehender Gesetzmäßigkeiten.
• Problematik: was ist rational?
•
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•
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Theorie der Wirtschaftsanthropologie
Die neoklassischen Theorie fragt, wie Wirtschaftseinheiten – das können einzelne Individuen, Haushalte oder
Unternehmen sein – bei gegebenen knappen Ressourcen ihre Bedürfnisse optimal befriedigen, also maximalen
Nutzen erzielen.
Vorausgesetzt wird, daß Menschen unterschiedliche
Alternativen rational vergleichen und dann jene Entscheidung treffen, die maximalen Nutzen erwarten lässt.
Worin der maximale Nutzen besteht, ist nicht explizit
festgelegt.
Zwei Konzepte von Rationalität
– formale Rationalität: das höchste erreichbare Ziel ist anzustreben
– Substantielle Rationalität: bezieht sich auf den Inhalt des Ziels
Theorie der Wirtschaftsanthropologie
Mikroökonomische Theorie hat zwei Aspekte zur Basis
•
–
–
•
die Haushalts- und Nachfragetheorie
die Produktionstheorie
Frage: Auf welche Weise werden Einzelentscheidungen von Wirtschaftseinheiten koordiniert, wobei drei
Problemen zentrale Bedeutung zukommt.
1.
2.
3.
welche Güter werden in welchen Mengen produziert
welche Ressourcen werden für die Produktion verwendet und
welche Produktionsmethoden werden angewandt (welches
Land, welcher Umfang von Arbeitskraft, welcher
Kapitaleinsatz)
wie werden die produzierten Güter an die Wirtschaftseinheiten
verteilt (Verkauf, Tausch, Konsum)
Wirtschaftstypen
1. Wildbeuter sowie spezialisierte Sammler,
Jäger oder Fischer
2. Feldbauern oder niederer Bodenbau
3. Hirten
4. Höherer Bodenbau
5. Industrielle Produktion
Die vorherrschenden Techniken der Nahrungsmittelproduktion beeinflussen sowohl die Wirtschaft als auch die
gesamte Kultur.
Wildbeuter
• Sie sind Jäger und Sammler – jagen also Tiere und
sammeln Pflanzen
• Lebensunterhalt gründet nicht auf domestizierte Pflanzen
oder Tiere
• Leben von der Umwelt, wie sie diese vorfinden
• Leben in kleinen Gruppen (Horden), welche selten mehr
als 50 Personen ausmachen
• Diese Gruppen sind locker strukturiert, Mitgliedschaft
ändert sich ständig
• Können daher flexibel auf Änderungen der Umwelt reagieren (Klimawechsel, Wassermangel, Wildmangel o.ä.)
• Sie sind mobil und leben nomadisch, weil sie den
Ressourcen folgen
Wildbeuter II
• Es gibt keine formal definierten Führungspositionen,
sondern nur eine Art informeller Führung
• Bei der Arbeitsteilung herrscht Selbstverantwortlichkeit,
niemand kann Arbeit anschaffen
• niemand hat Anspruch auf Anteile an den Produkten der
Arbeit anderer
• Vor allem Erträge aus der Jagd werden dennoch geteilt
• Keine Arbeitsspezialisierung durch Vollzeitspezialisten
• Arbeitsteilung nach Geschlecht, wonach die Männer vor
allem jagen und die Frauen sammeln
• Es existiert zudem eine Arbeitsteilung nach dem
Lebensalter
Wildbeuter III
• Jeder Haushalt sorgt im Wesentlichen für sich selbst
• Religiöse Funktionen werden in den Haushalten erfüllt
• Wildbeuter-Gesellschaften gelten als egalitär, es gibt
keine soziale Schichtung und keine sozialen Klassen
• Zumindest theoretisch hat jedes Mitglied der Gesellschaft
den gleichen Zugang zu den Ressourcen
• Die sozialen Beziehungen werden über das Merkmal der
Verwandtschaft geregelt
• Jäger und Sammler haben kein "Eigentum" an Land oder
Ressourcen in unserem Sinne
• Sie sind Polytheisten und es gibt kein formales Priestertum, aber Schamanen, die konsultiert werden
•
•
•
•
•
Wildbeuter IV
Marshall Sahlins: Stone Age Economics (1974)
Wichtiges Werk der Wirtschaftsanthropologie, weil er
eine kulturalistische und eine materialistische Perspektive zu verbinden sucht
Das Buch ist eine Aufsatzsammlung, die drei
Schwerpunkte hat: 1. The Original Affluent Society; 2.
The Domestic Mode of Production; 3. Tauschtheorie
Aufmerksamkeit erzielte das Buch zunächst, weil Sahlins
die Jäger und Sammler als originale Wohlstandsgesellschaft bezeichnet hat
Geschah in Anlehnung an das Buch „The Affluent Society“ (1958) von John Galbraith, der die kapitalistischen
Industriegesellschaften als Überflußgesellschaften
bezeichnete und daher soziale Verantwortung einklagte
Wildbeuter V
• Vor Sahlins war die gängige Auffassung, Wildbeuter
zeichneten sich aus durch:
–
–
–
–
–
–
reine Subsistenzökonomie
begrenzten Freizeitgewinn und außergewöhnliche Bedingungen
ständige Suche nach Nahrung
kärgliche und unzuverlässige Ressourcen
Fehlen eines wirtschaftlichen Überflusses
Seien näher dem tierischen als dem menschlichen Leben
• Daher wurde auch die neolithische Revolution als großer
Sprung in der Entwicklung der Menschheit gesehen
• Leslie White meinte etwa, vor der neolithischen Kultur
wäre die menschliche Anstrengung die einzige Energiequelle gewesen, dann hätte man auch über domestizierte
Pflanzen und Tier verfügt.
Wildbeuter VI
• Sahlins meint dagegen:
– Energieverbrauch pro Kopf und Jahr sei bis zur industriellen
Revolution nahezu konstant gewesen
– Perspektive auf Jäger und Sammler sei eine der westlichen Gesellschaften, die gewisse Nahrungsmittel als ungenießbar sieht
– Wildbeuter hätten wenig Besitz, um mobil sein zu können
– Zeitaufwand für Nahrungsbeschaffung sei gering (bei manchen
Gesellschaften nur 2-4 Stunden pro Tag)
– Hätten immer alles, was sie benötigten
– Arbeitszeit pro Kopf steigt mit kultureller Evolution, der Anteil der
Freizeit sinkt
– Was der Jäger offensichtlich brauchte, war die gesicherte Freizeit
eines aristokratischen Philosophen
– Meinte auch, dass der Anteil von Hunger in der Welt nie so groß
gewesen sei wie in der industriellen Welt
Niederer Bodenbau
• Vor ca. 10.000 Jahren beginnen die Menschen mit der
Produktion von Nahrung durch Bodenbau
• Einfache Werkzeuge, aber kein Pflug und keine Zugtiere
• Dies wird als neolithische Revolution und neben der
industriellen Revolution als die bislang bedeutendste in
der Menschheitsgeschichte bezeichnet
• Brandrodungsbau war die meist verbreitete Form
• Jedes Stück Land wird eine Zeitlang genützt und danach
zwecks Boden-Regenerierung sich selbst überlassen
• man benötigt viel Land und wenig Bevölkerung
(extensiver Anbau)
• Bei wenig Land üben die Pflanzer auch intensiven Anbau, durch Fruchtwechsel, Düngung, Terrassenbau oder
begrenzte Bewässerung
Niederer Bodenbau II
• Die Sozialorganisation dieser Gesellschaften ist
uneinheitlich bei einigen Gemeinsamkeiten:
– Zumindest temporäre Seßhaftigkeit
– Größere Populationen durch größere Sicherheit der
Nahrungsmittelversorgung
– Bei extensivem Anbau kleinere Dörfer in weiterer Entfernung,
zwischen denen die Menschen wechseln
– Bei intensivem Anbau größere Siedlungen und meist keine
Verlagerung der Wohnstätten mehr
– Innerhalb des Typus des niederen Bodenbaus gibt es
verschiedene Stadien, die vom geringfügigen Bodenbau, in dem
ein Großteil der Nahrungsmittelgewinnung noch durch Jagen und
Sammeln erzielt wird, bis zum intensiveren Bodenbau, bei dem
Jagen und Sammeln bereits unbedeutend geworden sind
– Zugehörigkeit zu größeren sozialen Gebilden als der Familie
gewinnt an Bedeutung
Niederer Bodenbau III
– Menschen (bzw. Gruppen von Menschen) beanspruchen ein
Eigentumsrecht an den Produkten ihrer Arbeit, für die sie Zeit
und Energie verbraucht haben
– Die Gesellschaft wird durch Verwandtschaftsbeziehungen - wie
z.B. bei Lineages und Klans - strukturiert, anders als bei den
Wildbeutern sind das aber relativ stabile Deszendenz- oder
Verwandtschaftsgruppen
– Die politische Organisation wird komplexer wegen der Notwendigkeit eines Systems von Rechten und Pflichten, die sich auf die
Arbeit und auf die Produkte der Arbeit beziehen
– entstehen Führungspositionen, die stabiler sind als bei den
Wildbeutern
– Es entwickeln sich auch Konzepte von Territorialität (die
Beanspruchung von Besitzrechten am Land)
– Arbeitsteilung primär nach Geschlecht und Lebensalter
Niederer Bodenbau IV
– Erste Formen von Arbeitsspezialisierung und sozialer Schichtung
– Die Religion ist noch vorwiegend polytheistisch, allerdings
können die Gottheiten - entsprechend der Realität in der
Gesellschaft - bereits in eine Hierarchie gebracht werden
– Es gibt nun auch religiöse Handlungen auf kollektiver Ebene
– Darüber hinaus gibt es als eine Sonderform der Religion den so
genannten Ahnenkult
– Bronislaw Malinowski (1884-1942)
– Argonauten des westlichen Pazifik (1922)
– Korallengärten und ihre Magie. Bodenbestellung und bäuerliche
Riten auf den Trobriand-Inseln (1935)
Höherer Bodenbau
• Der höhere Bodenbau ist ein Anbausystem, das den
Gebrauch des Pfluges und von Zugtieren kennt
• Es gibt großräumige künstliche Bewässerung
• Es wird auch auf andere elaboriertere Formen der
Agrartechnik zurückgegriffen
• Häufig existieren Metallbearbeitung, das Rad und
stabilere Bauwerke
• Mit all diesen Techniken kann bereits ein kalkulierbarer
Ernteüberschuß eingefahren werden
• Folgen sind eine größere Bevölkerung
• Es gibt eine umfassendere Arbeitsteilung
• Die Gesellschaften/Gruppen sind stabiler und seßhaft
Höherer Bodenbau II
• Es etablieren sich auch staatliche Systeme
• Darunter versteht man, daß ein politisches System von
einer Zentralgewalt gesteuert wird - oft auch von einer
einzigen Person mit dazugehöriger Bürokratie
• Diese Gesellschaften sind bereits Nationalstaaten oder
Vorformen davon
• Sie verfügen über ein hochentwickeltes System der
politischen Organisation mit genau bestimmten
Autoritätspositionen
• Sie unterteilen sich bereits in unterschiedliche Schichten, d.h. verschiedene soziale Klassen haben unterschiedliche Zugangschancen zu Ressourcen und Besitz
Höherer Bodenbau III
• An der Spitze stehen gewöhnlich Adel und Aristokratie,
dann gibt es das gewöhnliche Volk (Handwerker, Arbeiter, Bauern), manchmal auch Sklaven
• Es sind somit nichtegalitäre Gesellschaften
• Der Begriff des Eigentums wird noch bedeutender:
Gruppen, aber teilweise auch Einzelpersonen, beanspruchen das Eigentum an Landstücken und Zugtieren
• Die Kontrolle der Techniken - z.B. die Bewässerung oder des Handels obliegt dem Staat
• Verwandtschaftsbeziehungen sind weiterhin wichtig,
aber ihre Bedeutung für die Sozialorganisation nimmt ab
• Der Staat hat immer mehr Einfluß auf den Alltag der
Individuen.
Höherer Bodenbau IV
• Für die Aufrechterhaltung der Ordnung kassiert der
Staat Abgaben
• Der Staat beansprucht das Gewaltmonopol, daher
weniger Fehden
• In diesen Gesellschaften treten nun auch hauptberufliche religiöse Funktionäre - die Priester – auf
• In der Regel gehören die Priester zur Staatsbürokratie,
es gibt keine Trennung zwischen Kirche und Staat
• Die Religion kann zwar noch polytheistisch sein, aber
fast immer existiert ein Hauptgott, der den anderen
überlegen ist
• Die Ackerbau treibenden Nationalstaaten tendieren zum
Monotheismus
Höherer Bodenbau V
• Bei den ackerbautreibenden Nationalstaaten kommt es
auch zu einer Urbanisierung, Städte werden gegründet
• Beispiele für Gesellschaften des Typus höherer
Bodenbau
– das historische China
– das alte Ägypten
– das mittelalterliche Europa
• Dies erkennt man etwa in der groben Strukturierung der
Gesellschaft, die bedeutende Mittelalterhistoriker wie
Georges Duby oder Jacques LeGoff vorgenommen
haben. Sie unterteilen Krieger und Bauern (Duby) oder
Adel, Klerus und arbeitende Bevölkerung (LeGoff)
• Bedeutung von Landwirtschaft und Baugewerbe für den
take off der Wirtschaft wird betont
Hirtentum
• Hirten sind Menschen, die Viehherden aufziehen und
halten, welche die Basis ihres Nahrungserwerbs bilden
• Sie können entweder seßhaft oder nomadisch sein
• Nomaden verlagern - meist in gewissen Zyklen innerhalb von bestimmten Gebieten ihre Wohnstätten,
um Wasser oder Weiden für ihre Tiere zu finden
• Nomaden sind aber auf Kontakte mit seßhafter
Bevölkerung angewiesen
• Die soziale und wirtschaftliche Einheit der Hirtennomaden ist die Hirtengruppe (oder das Lager), die aus
mehreren Haushalten besteht.
• Ähnlich wie bei den Wildbeutern sind die Gruppen
instabil und flexibel
Hirtentum II
• Arbeitsteilung geschieht nach dem Geschlecht und auch
nach dem Alter. Männer sind für die Tierhaltung
zuständig, Frauen für den Haushalt
• Es handelt sich großteils um egalitäre Gesellschaften,
Autoritätsrollen sind schwach ausgeprägt
• Hirtennomaden besitzen das Land, das sie nutzen, zwar
nicht, üben aber Zugangs- und Nutzungsrechte aus
• Obwohl sie das Land eigentlich nicht besitzen, üben sie
eine Art Besitzrecht aus, über das sich auch Territorialität herstellt
• Hirtennomaden expandieren in diesem Sinne auch und
führen Kriege, wenn sie neue Ländereien benötigen
Hirtentum III
• Die Struktur der Hirtennomaden-Gesellschaft beruht auf
einer Verwandtschaftsideologie, wobei ein Stammahne
für die Gesamtgesellschaft angenommen wird
• Die charakteristische Religion ist der Ahnenkult, es kann
aber auch und zusätzlich einen Hochgott geben
• Mongolen und Araber waren klassische Hirtennomaden
Industrielle Gesellschaft
• Die industrielle Revolution markiert den zweiten großen
Einschnitt in der Geschichte der Menschheit
• Es gibt verschiedene Ansätze dafür, ab wann von
industrieller Gesellschaft gesprochen wird, ein Punkt der
dabei allerdings immer angesprochen wird ist der
Gebrauch von anderen Energiequellen als vorher, vor
allem der Einsatz von Dampfmaschinen
• Kennzeichnend für Industriegesellschaften sind große
Populationen, da die gesteigerte Produktionskapazität in
allen Bereichen mehr Menschen Unterhalt gewährt
• Die grundlegende Arbeitseinheit wird aus dem Haushalt,
wo gemeinsam gearbeitet wurde (der Begriff des ganzen
Hauses!), auf das Individuum verlagert.
Industrielle Gesellschaft II
• Die effizienteren Techniken in der Nahrungsmittelproduktion führen dazu, dass in der Landwirtschaft immer
weniger Menschen benötigt werden, die sich ihr Auskommen anderswo suchen (umgekehrt könnten auch die
vielen Menschen, die in der Landwirtschaft nicht benötigt
wurden erst zum take off in der protoindustriellen Revolution beigetragen haben)
• Arbeitskraft wird in viel höherem Ausmaß als bisher
verkauft
• Verwandtschaft spielt nicht mehr jene Rolle wie bisher
• Immer mehr Menschen leben nun in Städten, die
Zentren der Produktion und der Distribution sind
Industrielle Gesellschaft III
• Bei der neuen Form der Arbeit entwickeln sich auch
andere Formen des Zusammenlebens, die Familien
werden kleiner
• Wichtig ist aber daraus hervorgehend, daß sich das
Geschlechterverhältnis dadurch maßgeblich verändert
hat
• Die Industrialisierung bringt auch eine immer größere
Arbeitsspezialisierung, formale Ausbildung gewinnt
immer mehr an Bedeutung und spielt eine entscheidende Rolle beim Zugang zu den Ressourcen
• Soziale Mobilität ist ebenfalls ein Kennzeichen von
Industriegesellschaften
Industrielle Gesellschaft IV
• Die politische Organisation wird immer komplexer
• Territorialität spielt bei diesen Gesellschaften eine bedeutende Rolle
• der Wunsch nach Energiereserven oder nach neuem
Lebensraum kann zu Kriegen führen
• Bezüglich der Religion ist der Monotheismus für
Industriegesellschaften typisch
• religiöse Spezialisten sind hauptberuflich tätig
• Allerdings darf auch nicht der Hang zur Säkularisierung
übersehen werden
Nachfragetheorie I
• Nachfragetheorie geht von unterschiedlich definierten
Bedürfnissen der Menschen aus, die durch Konsum von
materiellen und immateriellen Gütern befriedigt werden
• Verbrauch von Gütern bringt den Menschen Nutzen
• Nutzen ist dabei definiert als ein “Maß individueller,
subjektiv empfundener Bedürfnisbefriedigung“
• Der zentrale Begriff Nutzen entzieht sich allerdings jeder
objektiven Betrachtung
• WA versucht, den Nutzen in seinen jeweiligen kulturspezifischen Bedeutungen zu analysieren
• Die Nachfragetheorie geht davon aus, dass ein Haushalt
oder eine Person unter dem Zwang der vorhandenen,
knappen Mittel Nutzenmaximierung anstrebt
Nachfragetheorie II
• Formel für die möglichen Ausgaben des Haushalts des
Lehrers Hallhuber: p1x1 + p2x2 + p3x3 ≤ c
• Diese Formel besagt, dass die Summe der Ausgaben für
Kartoffeln und Fleisch (mit den daran gebundenen
Preisen) die zur Verfügung stehende Konsumsumme c
in Hallhubers Haushalt nicht überschreiten darf (nur
‚kleiner oder gleich' sein kann)
• Bilanzgerade
• Der erzielte Nutzen kann in Gestalt einer Nutzenfunktion
dargestellt werden: U=f(x1,x2)
• Kardinaler Nutzen: Der Vorzug eines Gutes vor einem
anderen kann in genauen Zahlen angegeben werden
• Ordinaler Nutzen: Hier kann nur angegeben werden, ob
der Nutzen größer, kleiner oder gleich ist
Bilanzgerade
Nachfragetheorie III
• Der Grenznutzen (oder Nutzenzuwachs) ist definiert als
der jeweils zusätzliche Nutzen einer zusätzlichen
Mengeneinheit eines Gutes – Grafik
• Gesetz abnehmenden Grenznutzens (1. Gossensches
Gesetz genannt) – Grafik
• Es besitzt jedoch keine uneingeschränkte Gültigkeit. In
der Regel wird impliziert, dass der Grenznutzen oder
Nutzenzuwachs stets abnimmt, dabei aber positiv bleibt
• Es gibt Beispiele, wo zusätzlicher Verbrauch einen
zusätzlichen Nutzen bringt (z.B. Einkommen, Erwerb
von Kunst oder für Musikliebhaber CD‘s), wo der
Grenznutzen Null beträgt (etwa bei Sättigung) oder wo
er negativ wird, weil die sechste Portion Kartoffeln
Übelkeit oder Schlimmeres hervorruft
Grenznutzenkurve (http://www.bernhard-kuelp.de/gerechtigkeit.htm)
Grenznutzenkurve (http://www.bernhard-kuelp.de/gerechtigkeit.htm)
Nachfragetheorie IV
• In der Realität bleiben Verbrauchsmengen niemals konstant, es muss das Verhältnis zwischen und die Kombination von Verbrauchsmengen berücksichtigt werden
• Für die Betrachtung beliebiger Kombinationen wurde der
Begriff der Indifferenz eingeführt
• Der Nutzen eines Gutes kann nicht unabhängig von
anderen Gütern betrachtet werden. Daraus folgt:
• 1. Der Nutzenverlust, der mit dem Minderverbrauch des
einen Gutes einhergeht, kann durch den Mehrverbrauch
des anderen Gutes kompensiert werden; 2. Jede
Mengeneinheit des Minderverbrauches von Gut 1
(Kartoffeln) bedeutet einen zunehmenden
Mehrverbrauch von Gut 2 (Fleisch).
Nachfragetheorie V
• Anders ausgedrückt: Das eine Gut wird durch zunehmende Mengen des anderen Gutes substituiert
• Dies lässt sich auf einer so genannten Indifferenzkurve
darstellen, auf der sich die verschiedenen Kombinationen an Gütermengen finden
• optimaler Verbrauchsplan oder auch das KonsumentenEquilibrium (Grafik)
• Die vorgestellten Ideen gelten allerdings nur, wenn die
einzelnen Güter von den betroffenen Menschen
überhaupt als substituierbar betrachtet werden
• Außerdem muss auch bei prinzipieller Substituierbarkeit
eines Gutes oft eine Mindestmenge eines anderen gutes
vorhanden sein
Indifferenzkurven und Konsumentenequlibrium
Information, Risiko, Unsicherheit
• Information: ist im Zusammenhang mit rationaler
Nutzenmaximierung wichtig
• Nur wenn ein Haushalt vollständig über den Nutzen
informiert ist, den ihm einzelne Güter, Gütermengen und
Güterkombinationen verschaffen, kann ein eindeutiges
Urteilsvermögen vorausgesetzt werden
• Entscheidungen, die unter Bedingungen der vollständigen Information fallen, nennt man Entscheidungen vollständiger Sicherheit genannt – diese sind selten
• Andere Entscheidungen finden unter unvollständiger
Information statt und werden unter Risiko oder unter
Unsicherheit getroffen
Information, Risiko, Unsicherheit II
• Bei Entscheidungen unter Risiko verfügt ein Individuum
bereits über Erfahrungen aus früheren Zusammenhängen und es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit,
dass die Entscheidung richtig ist
• Bei Entscheidungen unter Unsicherheit verfügt man über
zu wenig Information und hat keine Erfahrungswerte
• Informationskosten: Um Risiko und Unsicherheit zu
minimieren, müssen Informationen beschafft werden, die
Kosten verursachen
• Manchmal sind die Informationskosten zu hoch, um
Risiko und Unsicherheit zu minimieren
• Das relativiert das Konzept des vollständig informierten
und unbegrenzt rechenfähigen homo oeconomicus
Information, Risiko, Unsicherheit III
• Im Zusammenhang mit diesen Überlegungen ersetzte
der Ökonom und Kognitionswissenschaftler Herbert
Simon die Prämisse vollständing rationalen und nutzenmaximierenden Verhaltens durch das Konzept des
satisficing, das in etwa Anspruchserfüllung bedeutet
• Auf ökonomisches Handeln im weitesten Sinn übertragen, besagt die Theorie der Anspruchserfüllung, dass
ökonomische Ziele nicht in der Gewinnmaximierung
liegen, sondern im Erreichen eines bestimmten GewinnNiveaus
Kula
•
Kula ist ein weitläufiges hochkompliziertes Handelssystem, bei dem Tauschhandel zwischen Gemeinschaften
betrieben wird, die einen weiten Inselring bewohnen
• Getauscht werden Ketten und Armreifen – Halsketten
aus roten und Armreifen aus weißen Muscheln
• Für Malinowski handelt es sich um ein ökonomisches
Phänomen von beträchtlicher theoretischer Bedeutung
• Es werden in einem beständigen Kreislauf Gegenstände
getauscht, die nie fix im Besitz von irgendjemand
bleiben
• Malinowski hat die Grundprinzipien zusammengefasst:
1. Das Kula wurzelt im Mythos
2. Es wird durch traditionelle Gesetze abgesichert und von
magischen Riten umgeben
Kula II
3.
4.
5.
6.
Die wesentlichen Transaktionen sind öffentlich, werden
von Zeremonien begleitet und folgen festen Regeln.
Das Kula wird regelmäßig, zu bestimmten Zeitpunkten
betrieben. Es folgt fest gelegten Handelswegen, die zu
bestimmten Treffpunkten führen.
Obwohl es zwischen Stämmen unterschiedlicher Sprache, Kultur und möglicherweise sogar unterschiedlicher
Rasse betrieben wird, gründet es soziologisch gesehen
auf einem feststehenden und dauerhaften Status, auf
einer Partnerschaft, die einige tausend Einzelwesen zu
Paaren verbindet.
Diese Partnerschaft ist eine lebenslang währende
Verbindung.
Kula III
7.
8.
9.
Sie umfasst verschiedene gegenseitige Verpflichtungen und Anrechte und stellt einen sehr hochentwickelten Typus der Beziehung zwischen Stämmen dar.
Der ökonomische Mechanismus der Transaktionen
gründet auf einer besonderen Form des Kredits, die ein
großes Maß gegenseitigen Vertrauens und Kaufmannsehre voraussetzt. Dies gilt auch für den weniger
bedeutsamen Nebenhandel, der das eigentliche Kula
begleitet.
Das Kula vollzieht sich nicht unter dem Zwang irgendeiner Not, denn sein Hauptzweck ist der Tausch von
Gegenständen, die nicht zum praktischen Gebrauch
bestimmt sind.
Kula IV
•
•
•
•
Die Ketten und Armreifen werden selten genutzt
Die Kula-Ketten und -Armreifen wandern immer in entgegengesetzter Richtung, die Ketten im Uhrzeigersinn,
die Armreifen in die andere Richtung
Zwei Prinzipien oder Grundregeln
1. Die Grundregel des eigentlichen Tausches besteht
darin, dass das Kula aus dem Überreichen einer
zeremoniellen Gabe besteht, die nach einer gewissen
Zeit (von einigen Minuten bis zu 2 Jahre) mit einer
äquivalenten Gegengabe zu vergelten ist. Niemals wird
von Hand zu Hand getauscht, niemals wird die Äquivalenz der beiden Gegenstände diskutiert, es wird nicht
um sie gefeilscht, und sie wird nicht errechnet. Der
Anstand wird bei der Kula-Transaktion streng gewahrt
und hoch bewertet
Kula V
2.
•
•
Das zweite, sehr wichtige Prinzip besagt, dass die
Gleichwertigkeit der Gegengabe vom Gebenden abhängt und in keiner Weise erzwungen werden kann.
Dennoch wird die Gleichwertigkeit gewährleistet, weil
Besitz zwar Ansehen bedeutet, aber Besitzen bedeutet
auch Geben, erst dadurch wird wirkliches Ansehen gewonnen. Knauserigkeit ist die am meisten verabscheute Untugend, während Großzügigkeit das Wesen der
Rechtschaffenheit ausmacht
Es gibt eine Menge das Kula begleitende Aktivitäten
wie den Kanubau und den Handel
Es handelt sich um einen halb kommerziellen und halb
zeremoniellen Tausch
Vorratshäuser der Trobriander
Muschelarmreif
Muschelarmreifen
Trobriander mit Muschelarmreifen
Halsketten
•
•
•
•
•
Formalismus
Der Formalismus ist jene Ausrichtung der Wirtschaftsanthropologie, die von denselben Grundüberlegungen wie
die neoklassische ökonomische Theorie ausgeht
Vertreter: Raymond Firth, Robbins Burling, Melville J.
Herskovits
Ihnen zufolge beschäftigen sich Ökonomie wie WA mit
dem menschlichen Verhalten, das stets vor alternativen
Entscheidungsmöglichkeiten steht, um die unbegrenzten
menschlichen Bedürfnisse zu befriedigen
Daraus ergebe sich der Zwang zum „economizing“,
demgemäß mit einem Minimum an Aufwand ein
Maximum an Nutzen gesucht werde
Da dies Universalien seien, wäre das Wirtschaftsverhalten daher im weltweiten und interkulturellen Vergleich
nur graduell, nicht jedoch grundsätzlich verschieden
Formalismus II
• Formalisten betonen die grundsätzliche Ähnlichkeit zwischen den Wirtschaftsmechanismen der westlichen
Industrie- und denen traditionaler Gesellschaften
• Sie bemühen sich, in traditionalen Gesellschaften die
Existenz von Investitionen, Geld, Kapital und Märkten
nachzuweisen
• Kritiker sehen darin eine ethnozentrische Ideologie, die
die globalisierten wirtschaftlichen Besonderheiten des
Westens als menschliche Grundeigenschaften darzustellen versuche
• Raymond Firth trifft eine wichtige Unterscheidung in
substantial und formal propositions (=institutionelle
Gegebenheiten und generelle Gesetzmäßigkeiten
Formalismus III
• Die generellen Gesetzmäßigkeiten der neoklassischen
Theorie könnten bzw. müssten uneingeschränkt übernommen werden, bei der Betrachtung empirischer Wirklichkeit wären allerdings die kulturspezifischen institutionellen Gegebenheiten zu berücksichtigen
• Er versuchte damit, die formalen Gesetzmäßigkeiten für
nicht-kapitalistische Gesellschaften zu adaptieren
• Er zeigte, dass beispielsweise Kauf- und Verkaufsentscheidungen nach anderen Regeln wie in kapitalistischen Märkten ablaufen
• Die ökonomische Realität richtet sich insofern nach den
sozialen Werten und ökonomische Faktoren werden um
nicht-ökonomische Faktoren sozio-kultureller Art ergänzt
Substantivismus
• Der Substantivismus lehnt die Prämissen des Formalismus ab und vertritt die Auffassung, andere Gesellschaftsformationen und Ökonomien funktionierten nach
anderen Prinzipien als die moderne Marktwirtschaft
• Die Substantivisten widmen sich vor allem der Untersuchung von Produktion, Zirkulation und Distribution materieller Güter in ihrem sozialen Kontext
• Für die Substantivisten sind Wirtschaft und Gesellschaft
nicht zu trennen, die Ökonomie sei ein „institutionalisierter“ Prozess
• Der Hauptvertreter Karl Polanyi betont die unterschiedlichen Bedeutungen von formal und substantivistisch.
Substantivismus II
• Die substantivistische Bedeutung leite sich von der Abhängigkeit der Menschen von der Natur und seinen Mitmenschen ab. Polanyi verweist auf den Austausch und
die Wechselwirkung mit seiner natürlichen und sozialen
Umwelt, um seine Bedürfnisse zu befriedigen
• Die formale Bedeutung leite sich vom logischen Charakter des Verhältnisses zwischen Mittel und Ziel her. Es
bezieht sich auf eine bestimmte Wahlsituation, nämlich
der zwischen unterschiedlichem Einsatz von Mitteln
hervorgerufen durch die Mangelhaftigkeit dieser Mittel
• Während die formale Bedeutung ein Set von Regeln beinhaltet, die sich darauf beziehen, zwischen der alternativen Nutzung ungeeigneter Mittel zu wählen, impliziert
die substantivistische Bedeutung weder eine Wahl noch
eine Mangelhaftigkeit der Mittel
Substantivismus III
• Es kann die Notwendigkeit einer Wahl geben oder nicht,
und wenn es sie gibt, muss es sie nicht aufgrund eines
Mangels von Mitteln geben
• Die beiden Bedeutungen hätten nichts miteinander zu
tun, weil die formale aus der Logik stammt und die
substantivistische sich aus der Funktion herleitet
• Die Substantivisten betonen die Verschiedenheit von kapitalistischen marktorientierten Wirtschaftssystemen von
den nicht-industriellen Systemen
• Letztere seien durch die zwei Integrationsformen (=die
grundlegenden Organisationsmuster von Wirtschaft und
Gesellschaft) Reziprozität und Redistribution gekennzeichnet, welche die Ökonomie in die Gesamtgesellschaft „einbetteten“
Substantivismus IV
• Erst die Integrationsform des Markttausches – also die
Herausbildung der Marktwirtschaft – löse die Ökonomie
aus dieser Einbettung. Daher seien einzelne ökonomische Kategorien der Marktwirtschaft nicht direkt auf Gesellschaften übertragbar, in denen Reziprozität und Redistribution dominieren
• Der Handel etwa sei dort kein notwendiges Korrelat des
Marktes, sondern trete auch unabhängig von jenem auf
• Geld spiele in der Marktwirtschaft die Rolle eines „abstrakten“ und universellen Tauschmittels („all purpose
money“), während es in traditionalen Gesellschaften
meist nur „stoffliches“ Geld (z.B. bestimmte Muscheln)
für spezielle Zwecke („special purpose money“) gibt.
Weitere Entwicklung
• Ab Mitte der 1960er Jahre wird versucht, die verschiedenen Positionen zu überwinden, die zum Teil eben auf
der methodischen Unvereinbarkeit von Deduktion und
Induktion beruhen
• Ein Beispiel dafür ist der bereits vorgestellte Marshall
Sahlins, der zwar substantivistisch argumentiert, aber
auch formalistische Positionen integriert
• Für Sahlins ist Ökonomie ein Prozess zur Versorgung
der Gesellschaft
• Als hypothetische Gegenposition zur neoklassischen
Theorie, nach der die Bedürfnisse unbegrenzt und die
Mittel begrenzt sind, formuliert Sahlins, dass menschliche Bedürfnisse begrenzt, während die Mittel zu ihrer
Befriedigung im großen und ganzen ausreichend sind
Weitere Entwicklung II
• Ausgehend von ökonomischen Systemen der Nahrungssuche (Jäger und Sammler) ergibt sich ein interessantes
theoretisches Paradoxon. Nahrungssuchende verfügen
über minimalen Besitz an Gütern, leben aber in Entsprechung ihrer Bedürfnisse im Überfluss, während die (nach
materieller Versorgung) reichsten Menschen der Welt
mit der ‚fixen Idee‘ der Knappheit durchs Leben gehen
• Im System der Nahrungssuche ist weniger Arbeit notwendig, um die Nahrungsversorgung zu sichern als etwa
im Bodenbau. Dies bedeutet wiederum, dass im Verlaufe der Evolution die Arbeitszeit im Verhältnis zur Mußezeit immer mehr zunimmt
Weitere Entwicklung III
• Die Evolution von wirtschaftlichen Systemen resultierte
also in einer absoluten Steigerung der materiellen Versorgung, aber in einer Verarmung im Sinne der relativen
ökonomischen Situation zwischen Teilen der Bevölkerung. Armut bedeutet folglich nicht eine geringe Menge
von Gütern, sondern sie bezieht sich auf eine Beziehung
zwischen Menschen. Armut ist ein sozialer Status, und
als solcher ist sie ein Produkt der kulturellen Evolution
• Wir finden hier also Anwendungen des Substantivismus
(Evolutionsgedanke, kulturelle Einbettung, ökologische
Faktoren) und des Formalismus (neoklassische Gesetzmäßigkeiten), die Sahlins zu einer Synthese vereint
• Abschließend kann zur Diskussion um Formalismus und
Substantivismus gesagt werden, dass beide Richtungen
essentielle Überlegungen in die WA eingebracht haben.
•
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•
Neomarxistische Ansätze
Vertreter der neomarxistischen Position behaupten eine
nahezu eigenständige Rolle, die nur ansatzweise mit der
oben skizzierten Debatte in Berührung kam
Neomarxistisch wird diese Ausrichtung genannt, da ihre
theoretische Basis sehr häufig modifiziert und durch neuere, nicht-originär marxistische Theorien ergänzt wurde
Maurice Godelier (1934-), Emmanuel Terray (1935-),
Claude Meillassoux (1925-2005)
Die französischen Ethnologen waren der Meinung, dass
die Wirtschaftsanthropologie der konventionellen angloamerikanischen Wissenschaftstradition überholt werden
müsste. Es handle sich um eine unbedeutende Gedankenspielerei, die durch ein holistisches Denkmodell ersetzt werden sollte, das den Anspruch interkultureller
Gültigkeit erfüllen kann.
•
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Neomarxistische Ansätze II
Diese neue Ausrichtung bald auch im englischsprachigen
Raum rezipiert und erhielt wegen zwei Faktoren Einfluss
Erstens ist der seit langem etablierte theoretische
Hintergrund in Gestalt des gesamten Komplexes der
marxistischen Philosophie zu nennen
Zweitens spielt eine Rolle, dass sich dieser Hintergrund
bekanntermaßen zum größten Teil unmittelbar auf den
Bereich der Ökonomie bezieht
Die neomarxistische WA richten ihr Augenmerk im Unterschied zu den anderen Richtungen 1) auf den Aspekt der
Produktion (anstelle des Tausches als Fokus des Substantivismus), 2) auf die Einbeziehung einer analytischen
Ebene, die häufig über den lokalen Kontext weit hinaus
geht, und 3) auf die Betonung der Entstehungsmomente
sozialer, politischer und ökonomischer Ungleichheit
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Neomarxistische Ansätze III
Die neomarxistische WA geht nicht von der Empirie aus
Sie betont eine Logik der Evolution menschlicher Gesellschaften
Ausgehend von Marx wird argumentiert, dass Wissenschaft den wirklichen Zusammenhang und das innere
Verhältnis der Dinge nicht enthüllen kann, wenn es von
den sichtbaren Verhältnissen ausgeht
Statt also vom empirisch Beobachtbaren zu den daraus
abgeleiteten theoretischen Schlußfolgerungen zu kommen, will der neomarxistische Ansatz die interne Verknüpfung der Dinge erkennen, um dann zum Beobachtbaren zurückzukehren und dieses zu erklären
Neomarxistische WA wollen historische Zusammenhänge theoretisch erklären, wofür ihnen Modelle auf empirischer Grundlage ungeeignet scheinen
•
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Neomarxistische Ansätze IV
Die neomarxistische WA stellt gar nicht die Wirtschaft ins
Zentrum des Interesses, sondern das bei Marx zentrale
Konzept der Produktionsweise, die durch Produktivkräfte
(Arbeitskraft, Produktionsmittel und Rohstoffe) und Produktionsverhältnisse bestimmt werden
Dabei werden Zusammenhänge zwischen dem Unterbau
Produktionsweise und dem Überbau (rechtliche und politische Institutionen, je nach Sichtweise auch religiöse
und philosophische Vorstellungen) postuliert
Ausgehend von diesen theoretischen Ansätzen können
soziale und ökonomische Ungleichheit in allen Gesellschaften identifiziert werden
Elman Service beschrieb 1962 einen Prozess der politischen Evolution: band → tribe → chiefdom → state
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Neomarxistische Ansätze V
Dieser Verlauf ist für den Historischen Materialismus
nicht zufällig, sondern durch die ökonom. Verhältnisse
determiniert
Marx unterschied zahlreiche Produktionsweisen, die Eric
Wolf in Haupt- und Unterkategorien gefasst hat:
Kapitalistische Produktionsweise
Tributgebundene Produktionsweise
– Zentralisiert (asiatische Produktionsweise)
– Dezentralisiert (feudale Produktionsweise)
• Verwandtschaftlich strukturiert
– Komplex (hierarchische Gesellschaft)
– Einfach (akephale Gesellschaft – ohne Zentralgewalt)
• Diese Kategorien müssen als ineinander übergehend
betrachtet werden.
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Neomarxistische Ansätze VI
Entscheidend für die Unterscheidung der verschiedenen
Systeme ist folgende Frage: Welche Individuen haben
innerhalb einer bestimmten Produktionsweise Zugang zu
den Produktionsmitteln?
Der zentrale Stellenwert der Rechte an den Produktionsmitteln – der Kontrolle der zur Produktion eingesetzten
Ressourcen – ist ein ganz entscheidendes Merkmal des
marxistischen Ansatzes
In der kapital. Produktionsweise ist der Zugang zu den
Produktionsmitteln durch den Besitz des zur Produktion
notwendigen Kapitals definiert. Die Kapitalisten verfügen
also über ein Besitzmonopol auf die Produktionsmittel
In den beiden anderen Kategorien ist er hingegen durch
den politischen Status respektive durch verwandtschaftliche Bindungen determiniert
•
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Neomarxistische Ansätze VII
Daraus resultiert eine weitere entscheidende Frage: Inwieweit bestehen im Hinblick auf diesen Zugang zu den
Produktionsmitteln innerhalb einer Gesellschaft bzw. Produktionsweise signifikante Ungleichheiten, die sich in
Form konkreter gesellschaftlicher Gruppen, der Klassen,
definieren lassen?
Für neomarxistische WA beziehen sich die Begriffe Ungleichheit und Ausbeutung nicht nur auf den Klassenbegriff im Sinne von Marx, sondern auch auf andere Faktoren wie Geschlecht, Alter etc.
Auch dem neomarxistischen Ansatz wurde Eurozentrismus und die Nichtübertragbarkeit auf nicht-kapitalistische
Gesellschaften vorgeworfen
Es existiert ebenfalls ein Widerspruch zwischen Theorie
und empirischer Wirklichkeit
Neomarxistische Ansätze VIII
• Auf die neomarxistischen Analysen bauen auch die
Dependenztheorie und die Weltsystemtheorie (Immanuel
Wallerstein) auf.
• Beide weiten das Basiskonzept der Ungleichheit auf
Staaten beziehungsweise auf die Opposition zwischen
dem Reichtum des westlichen Kapitalismus und der
Armut der unterentwickelten Peripherie aus
• Das Verdienst des holistisch ausgerichteten neomarxistischen Ansatzes ist das Einbinden ethnologischer Untersuchungen auf der Mikroebene in umfassendere historische, politische und ökonomische Zusammenhänge
Ungleichheit
• Weitere Konzeptionen für den Ursprung der Ungleichheit
• Auch Ralf Dahrendorf stellte 1961 fest, es sei eine ebenso beharrliche wie merkwürdige Tatsache, dass Menschen auch in einer Gesellschaft im Überfluss ungleich
gestellt sind
• Will allerdings kein Plädoyer für Gleichheit verfassen,
denn er stimmt Immanuel Kant zu, der die "Ungleichheit
unter Menschen" als "reiche Quelle so vieles Bösen, aber
auch alles Guten" bezeichnet
• Warum gibt es Ungleichheit unter den Menschen? Wo
liegen die Ursachen dieses Verhältnisses? Lässt sich
Ungleichheit beschränken oder gar ganz abschaffen?
Haben wir sie als notwendigen Bestandteil der Struktur
menschlicher Gesellschaften hinzunehmen?
Ungleichheit II
1. Ungleichheit ist natürlich gegeben: Dies ist eine Auffassung, die sich von Aristoteles bis ins 18. Jh. zieht.
Dahrendorf unterscheidet vier Formen der Ungleichheit
1. die natürliche Verschiedenartigkeit des Aussehens, des
Charakters, der Interessen
2. die natürliche Verschiedenwertigkeit der Intelligenz, der Talente
und Kräfte (wenn es eine solche überhaupt gibt)
3. die soziale Differenzierung prinzipiell gleichwertiger Positionen
– wobei darunter in der Regel Arbeitsteilung gemeint ist
4. die soziale Schichtung nach Ansehen und Reichtum als
Rangordnung des sozialen Status
2. Eigentum bzw. Privateigentum:Jean-Jacques Rousseau
geht dann von einer naturrechtlichen Gleichheit aller
Menschen aus, was weitreichende Konsequenzen hatte
Ungleichheit III
Für Rousseau verlässt der Mensch mit der Entstehung des
Privateigentums den Naturzustand
Die Erklärung der Ungleichheit aus dem Privateigentum
hatte einen großen Reiz. Für Adam Ferguson war dies
ein Schritt zur Zivilisation und Friedrich Schiller begrüßt
die Aufhebung der Standesgleichheit als Ausgang des
Menschen aus der "trägen Ruhe seines Paradieses„
Dahrendorf widerspricht jedoch dieser These, weil in den
Systemen, in denen das Privateigentum bis zur Bedeutungslosigkeit zurückfällt - z.B. in der kommunistischen
Sowjetunion oder in den israelischen Kibbutzim -, dennoch soziale Schichtung bestehen bleibt
Ungleichheit IV
3. Ungleichheit resultiert aus der Erwirtschaftung eines
Überschusses, der verteilt werden muss
4. Arbeitsteilung: Lorenz von Stein und Karl Marx betonen
ebenfalls die Bedeutung des Privateigentums, erwähnen aber einen zweiten Faktor, der ab der Mitte des 19.
Jahrhunderts die wissenschaftliche Diskussion um die
Klassenbildung beherrschte: die Arbeitsteilung. Nach
Gustav Schmoller geht die Ungleichheit des Ranges
auf die Differenzierung von Berufen zurück
Daran kann kritisiert werden, dass die berufliche Differenzierung noch keinerlei wertende Unterscheidung der
differenzierten Elemente beinhaltet
Ungleichheit V
5. Ungleichheit ist für Gesellschaften funktional notwendig Erweiterung des Konzepts der Arbeitsteilung
Dieses Konzept geht von Talcott Parsons und argumentiert: Es gibt in jeder Gesellschaft verschiedene
Positionen, die unterschiedlich angenehm, wichtig und
schwierig sind. Um nun die reibungslose und vollständige Besetzung aller Positionen zu garantieren, müssen
mit ihnen gewisse Entschädigungen verbunden werden
- diese Entschädigungen machen die Kriterien der
sozialen Schichtung aus. Dabei gibt es:
1. eine Konsensperspektive, wonach die funktionale
Bedeutung von Positionen allgemein anerkannt wird
2. eine Zwangsperspektive, bei der Herrschaft und
unterschiedliche Machtverteilung dominieren
Ungleichheit VI
An dieser Erklärung gibt es zwei Kritikpunkte: Erstens ist
der Begriff der funktionalen Bedeutung von Positionen
unklar und impliziert versteckt jene wertende Differenzierung, die er erklären möchte. Zweitens liegen in den
Annahmen einer Harmonie von Schichtung und Talentverteilung (d.h. jeder übt jene Funktion aus, für die er
talentiert ist) sowie einer Motivation durch ungleiche
Anreize theoretisch problematische und empirisch
ungesicherte Vermutungen
6. Ungleichheit ist eine Folge von Normen, die durch Sanktionen durchgesetzt werden. Dahinter steckt ein Gedanke, den bereits Emile Durkheim formuliert hat. Menschliche Gesellschaften sind moralische Gemeinwesen, die
durch Normen und Sanktionen reguliert werden
Ungleichheit VII
Daher braucht es zumindest jene Ungleichheit des Ranges,
die Sanktionen vollziehen kann
Der Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen liegt
also in der Existenz von mit Sanktionen versehenen
Normen des Verhaltens in allen menschlichen Gesellschaften. Wenn wir das Recht in seiner weitesten Bedeutung nehmen und als Inbegriff sämtlicher, auch der
nicht kodifizierten Normen und Sanktionen fassen, dann
könnte man sagen, dass das Recht die notwendige und
die zureichende Bedingung der Ungleichheit in der Gesellschaft ist.
Weil es Recht gibt, gibt es Ungleichheit, wenn es Recht
gibt, muss es auch Ungleichheit unter den Menschen
geben.
Perspektiven
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Theoretische Positionierung der WA in Zukunft:
Überwinden der klassischen Dichotomien wie Formalismus-Substantivismus, Neomarxismus-Formalismus,
Produktion-Distribution und statt dessen das Bemühen
um theoretische Synthesen, um die Schwächen in sich
geschlossener Modelle zu überwinden
Einbeziehen einer Makro-Ebene, also des Kontextes
komplexer Gesellschaften oder nationalstaatlicher Aspekte der Ökonomie, und zwar nicht nur pseudo-empirisch, sondern anhand konkreter empirischer Fakten
Verzicht auf die Abgrenzung der WA als isolierter und
selbstgenügsamer Forschungsrichtung; statt dessen
das Eintreten in einen intensiven Gedankenaustausch
mit den benachbarten Teilbereichen der Ethnologie und
mit verwandten Wissenschaften
Kredit
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Ein Kredit ist die zeitlich begrenzte Überlassung von
Geld und Sachgütern gegen Entgelt (Zins) zwischen
einem Kreditgeber (Gläubiger) und einem Kreditnehmer
(Schuldner), wobei der Gläubiger auf die künftige Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Schuldners vertraut
Kreditbeziehungen sind ein kulturspezifisches System,
das wirtschaftliche und soziale Funktionen erfüllt
Kreditbeziehungen sind nicht nur reziproke und hierarchische ökonomische Beziehungen, sondern produzieren und reproduzieren auch bestimmte Formen der
symbolischen Ordnung einer Gesellschaft (C. Lipp)
Es gibt eine modernisierungstheoretische Annahme,
dass sich die Kreditbeziehungen vom persönlichen
Kredit hin zu anonymen Bankkrediten entwickelt hätten
Kredit II
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Es gibt aber bis heute Kredite in Form von mündlichen
Absprachen – häufig bei kleinen Summen, bei gewissen Gruppen aber auch bei höheren Beträgen
Besiegelt wurden und werden solche Kredite oft durch
Handschlag oder gemeinsames Trinken
Kleinere Summen wurden früher in ein Kerbholz geritzt
oder mit Kreide (oder Kohle) angeschrieben
Für größere Summen gab es schriftliche Vereinbarungen bei Darlehen; im Handel wurde mit Schuldzetteln,
beglaubigten Schuldverschreibungen und Wechselbriefen operiert
Zeit ist ein elementarer Faktor in Kreditbeziehungen
Kredite überbrücken Finanzlücken oder phasenweise
Einbrüche im Einkommen
Kredit III
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Kredite sind einerseits Ausdruck einer Zwangslage, andererseits ein Zeichen des Vertrauens in die eigene
Leistungsfähigkeit, den Kredit zurückzuzahlen
Der Gläubiger wiederum glaubt – daher ja auch das
Wort Gläubiger – an den Schuldner. Zugleich ist die
Kreditvergabe eine Investition in die Zukunft, die auf
Erfahrungen aus der Vergangenheit beruht
Bis ins 20. Jahrhundert war der Kleinkredit für den
täglichen Bedarf die häufigste Kreditform
Kleinkredite verlangen persönliche Bekanntschaft und
Kreditwürdigkeit; sie können Stammkundschaft erhalten
und neue Kundenkreise erschließen
Es gab auch spezifische Rückzahltermine: Dreikönig
(6.1.), Mariä Lichtmess (2.2.) oder Matthäi (24.2.)
Kredit IV
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Ein klassischer Kredit armer Leute war die Pfandleihe,
zielte auf die mobile städtische Bevölkerung, die nicht
über die familialen und nachbarlichen Netzwerke am
Land verfügte
Es gibt eine Milieuspezifik, wie Kredite vergeben und
genutzt werden
Kredite schaffen Loyalität, woraus sich ein Klientelsystem ergeben kann
Vertrauen und Reputation waren und sind nicht nur für
den Schuldner notwendig, auch die Person des Gläubigers wurde moralisch bewertet
Bei privaten Krediten stand meist nicht das Zinsinteresse im Vordergrund, bei notariell vermittelten Krediten
häufig schon
Moralische Ökonomie
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Konzept von Edward P. Thompson (1924-1993), britischer Historiker und Mitbegründer der Cultural Studies
The Making of the English Working Class (1963); Das
Elend der Theorie (1978); Plebejische Kultur und
moralische Ökonomie (1980)
Thompson war zwar ein marxistischer Historiker, wandte sich aber gegen eine deterministische materialistische Auffassung der Geschichte, die die Menschen nur
als Opfer der Umstände sieht. Er zeigte stets, wie Menschen auf diese Umstände reagieren, wie sie auch
kreativ mit den Problemlagen umgehen
Thompson sprach sich gegen die gängige Betrachtung
von Lebensmittelunruhen im 18. Jh., weil dabei das
soziale Wesen Mensch auf etwas reduziert würde, das
nur mehr auf elementare ökonomische Stimuli reagiert
Moralische Ökonomie II
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Er meinte hingegen, dass hinter diesen Aktionen der
Menschen Legitimationsvorstellungen stecken
Die Menschen handelten in dem Bewusstsein, traditionelle Rechte und Gebräuche zu verteidigen
Sie konnten sich hierbei im allgemeinen auf die breite
Zustimmung des Gemeinwesens stützen
Gelegentlich gewährte sogar die Obrigkeit einen gewissen Freiraum, häufig setzte man sich darüber hinweg
Diese Proteste bewegten sich im Rahmen eines volkstümlichen Konsens darüber, was legitim und was illegitim sei. Dieser Konsens wiederum beruhte auf einer in
sich geschlossenen, traditionsbestimmten Auffassung
von sozialen Normen und Verpflichtungen und von den
angemessenen wirtschaftlichen Funktionen mehrerer
Glieder innerhalb des Gemeinwesens
Moralische Ökonomie III
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Zusammengenommen bildeten sie das, was man die
‚moralische Ökonomie‘ der Armen, die ‚moral economy
of the poor‘, nennen könnte
Die moralische Ökonomie ist zwar nicht in höherem
Sinne als politisch zu bezeichnen, sie ist aber auch
nicht unpolitisch, da sie von klaren und leidenschaftlich
vertretenen Vorstellungen vom Gemeinwohl ausging
Diese Vorstellungen konfligierten mit der „neuen
Ökonomie“, die eine „Entmoralisierung“ der Theorie des
Handels und Konsums mit sich brachte
„Praktisch sollte das neue Modell so funktionieren: Das
natürliche Spiel von Angebot und Nachfrage auf dem
freien Markt würde bei allen Parteien maximale Zufriedenheit erzeugen und das Gemeinwohl gewährleisten.“
Moralische Ökonomie IV
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Beim Getreide war es aber so, dass dadurch wichtige
Grundnahrungsmittel aus einer Region abgezogen wurden, wenn die überregionalen Preise hoch waren und
es folgten überteuerte Preise und Hungerkrisen vor Ort
„Die Ökonomie der Armen war noch immer lokal und
regional, abgeleitet von einer Subsistenzökonomie. Das
Korn sollte in der Gegend konsumiert werden, in der es
angebaut wurde, besonders in Zeiten der Knappheit.
Mehrere Jahrhunderte hindurch rief der Export in Mangeljahren den Zorn der Armen wach.“
Daraus folgte spezifische Protestaktionen, die häufig
von Frauen initiiert wurden, die in der Regel mit den
Getreidehändlern oder am Markt zu tun hatten
Thompson sieht darin einen Aspekt der Emanzipation
Moralische Ökonomie V
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Bei all diesen Unruhen und Widerständen hielten die
Menschen immer gewisse Regeln ein. Das Korn oder
das Brot wurden nicht gestohlen. Oft wurden die Preise
von den Unterschichten festgelegt, wenn sie eine Kornlieferung überfielen – der Handel wurde so erzwungen.
Das heißt, der Händler musste seine Lieferung an die
Aufständischen verkaufen, wenn er sie nicht ganz verlieren wollte
Diese Form der moralischen Ökonomie blieb bis zum
Ende des 18. Jhs. Erfolgreich, dann setzte ein härteres
Vorgehen gegen Aufständische ein
Bis dahin hatten Friedensrichter und Honoratioren noch
Rücksicht auf die Bedürfnisse der Unterschichten genommen, wird jetzt das Eigentum stärker geschützt
Moralische Ökonomie VI
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Thompson argumentiert, das Verhalten der Menschen
baue auf moralischen Grundannahmen einer (zurück
liegenden) sozialen Konfiguration auf. Es sei unvorstellbar gewesen, dass irgend jemand aus der Not der anderen Profit zog
Thompson beschreibt die Bedeutung des Marktes als
öffentlicher Ort. Der Markt war der Schauplatz zahlloser
gesellschaftlicher und individueller Transaktionen, eine
Drehscheibe für Nachrichten, Gerüchte und Klatsch
Das Konzept der moralischen Ökonomie hat über die
Geschichtswissenschaft hinaus großen Einfluss ausgeübt und ist auch aus dem historischen Kontext Thompsons herausgelöst und in anderen Zusammenhängen
verwendet worden. Dies hat damit zu tun, dass die Dialektik von Ökonomie und moralischen Werten, für die er
sich so interessierte, nicht auf das 18. Jh. und den englischen Kontext beschränkt ist
Kultur des neuen Kapitalismus
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Richard Sennett: Der flexible Mensch. Die Kultur des
neuen Kapitalismus. Berlin 1998
Eine frühe Definition des Kapitalismus besagt, dass die
Kapitalisten über Arbeiter verfügten und Maschinen
befehligten. „Den postindustriellen Kapitalismus könnte
man so definieren, dass die Kapitalisten nicht nur die
Maschinen beherrschen, sondern auch das technische
Wissen und die Kommunikation.“
Die Betonung liege nunmehr auf Flexibilität
Starre Formen der Bürokratie stehen unter Beschuss,
ebenso die Übel blinder Routine
Von den Arbeitnehmern wird verlangt, sich flexibler zu
verhalten, offen für kurzfristige Veränderungen zu sein,
ständig Risiken einzugehen und weniger abhängig von
Regeln und förmlichen Prozeduren zu werden.
Kultur des neuen Kapitalismus II
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Der flexible Kapitalismus behauptet, den Menschen
mehr Freiheit zu geben, weil er das Risiko betont und
den Menschen den Wert kurzfristiger Veränderungen
statt langfristiger Bindungen vermittelt
„Vielleicht der verwirrendste Aspekt der Flexibilität ist
ihre Auswirkung auf den Charakter“, wobei unter Charakter der ethische Wert verstanden wird, „den wir unseren eigenen Entscheidungen und unseren Beziehungen zu anderen zumessen“
Der Charakter konzentriert sich auf den langfristigen
Aspekt unserer emotionalen Erfahrung. „Charakter
drückt sich durch Treue und gegenseitige Verpflichtung
aus oder durch die Verfolgung langfristiger Ziele und
den Aufschub von Befriedigung um zukünftiger Zwecke
willen“
Kultur des neuen Kapitalismus III
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Der Charakter besteht aus Empfindungen, die uns und
unserer sozialen Umwelt besonders wichtig sind, weshalb wir versuchen sie aufrechtzuerhalten.
Sennett wirft einige Fragen auf, die mit den längerfristigen Aspekten unseres Charakters und den kurzfristigen
Zieles des flexiblen Charakters zusammen hängen
Wie können in einer auf das Kurzfristige ausgerichteten
Ökonomie langfristige Ziele verfolgt werden?
Wie können Loyalitäten und Verpflichtungen in Institutionen aufrechterhalten werden, die ständig zerbrechen
oder immer wieder umstrukturiert werden?
Wie bestimmen wir, was in uns von bleibendem Wert
ist, wenn wir in einer ungeduldigen Gesellschaft leben,
die nur auf den unmittelbaren Moment konzentriert ist?
Kultur des neuen Kapitalismus IV
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Sennett geht es in seinem Buch darum, zu hinterfragen,
wie sich die veränderten Verhältnisse der spätmodernen Ökonomie mit einigen für die meisten Gesellschaften gültigen Bedeutungssystemen vertragen
Sennett wählt griffige Überschriften für seine Kapitel.
Das erste Kapitel heißt „Drift“ und schildert ausgehend
von dem Arbeiter Enrico das Leben seines Sohnes
Rico, der zwar den sozialen Aufstieg geschafft hat, aber
mit den neuen Bedingungen dennoch Probleme hat
Häufiges Umziehen gehört zu einer modernen Arbeitsbiografie, aber es herrscht Furcht vor Kontrollverlust
Rico befürchtete, durch seinen Lebensstil jede innere
Sicherheit zu verlieren, in einen Zustand des Dahintreibens – daher drift – zu geraten
Kultur des neuen Kapitalismus V
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Er fürchtet, der Inhalt seiner Arbeit könne für seine Kinder kein Beispiel moralischen Verhaltens abgeben
Loyalität zu einer Institution oder Firma sei heute eine
Falle, Distanz und oberflächliche Kooperationsbereitschaft seien heute das bessere Verhalten
Die Werte einer flexiblen Gemeinschaft lauten: bleib‘ in
Bewegung, geh‘ keine Bindungen ein und bring‘ keine
Opfer. Daran wird der Zwiespalt erkennbar, in dem sich
Rico befindet: „Du kannst Dir nicht vorstellen, wie
dumm ich mir vorkomme, wenn ich meinen Kindern
etwas über Verpflichtungen erzähle. Es ist für sie eine
abstrakte Tugend... Sie können sie im Leben ihrer
Eltern oder deren Generation nicht wahrnehmen.
Kultur des neuen Kapitalismus VI
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Die Bedingungen der neuen Wirtschaftsordnung befördern eine Erfahrung, die in der Zeit, von Ort zu Ort und
von Tätigkeit zu Tätigkeit driftet. Wie kann ein Mensch
dabei dauerhafte soziale Beziehungen aufrechterhalten? Wie kann er in einer Gesellschaft, „die aus Episoden und Fragmenten besteht, seine Identität und Lebensgeschichte zu einer Erzählung bündeln“? Der
kurzfristig agierende Kapitalismus bedroht so besonders „jene Charaktereigenschaften, die Menschen aneinander binden und dem einzelnen ein stabiles Selbstgefühl vermitteln“.
Ein weiteres Kapitel widmet Sennett der Routine und
zeigt auch die damit verbundenen positiven und negativen Einschätzungen
Kultur des neuen Kapitalismus VII
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Ausgehend von einer Gegenüberstellung von Diderot,,
der der Routine als Lehrmeister des Menschen einiges
abgewinnen konnte, und Adam Smith, der meinte, Routine stumpfe den Geist ab, bemüht sich Sennett um
eine Rehabilitierung der Routine
Anthony Giddens verwies auf den hohen Wert der Gewohnheit sowohl in der menschlichen Praxis als auch
im Selbstverständnis des Menschen
Wir erproben Alternativen nur in Bezug auf Gewohnheiten, die wir bereits übernommen haben
Sich ein Leben vorzustellen, das ganz aus momentanen Impulsen besteht, ohne stützende Routine, ohne
Gewohnheiten, heißt tatsächlich, sich ein geistloses Leben vorzustellen
Kultur des neuen Kapitalismus VIII
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Danach geht es Sennett um Flexibilität. Flexibilität gilt
heute als Gegenbegriff zu Starre und Leblosigkeit
„Im modernen Gebrauch des Wortes ‚Flexibilität‘ verbirgt sich ein Machtsystem. Es besteht aus drei Elementen: dem diskontinuierlichen Umbau von Institutionen, der flexiblen Spezialisierung der Produktion und
der Konzentration der Macht ohne Zentralisierung.“
Re-engineering ist der Begriff für die modernen Management-Praktiken, deren hervorstechendstes Merkmal
Personaleinsparungen sind
Flexible Arbeitszeit kann ein Privileg, aber auch eine
neue Form der Macht des Arbeitgebers sein
Kultur des neuen Kapitalismus IX
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Im Kapitel „Unlesbarkeit“ beschreibt er die Ambivalenz,
dass sich die Arbeiter zwar mit ihrer Arbeit identifizieren, sie unter gewissen Umständen allerdings nicht verstehen oder nicht ausüben können (durch neue Software). Die Arbeit ist gleichzeitig klar und unverständlich
Risiko: Die Risikobereitschaft, die früher nur besonderen Personen zugeschrieben wurde, wird heute zu einer
täglichen Notwendigkeit, die die Menschen auf sich
nehmen müssen.
„Die Instabilität flexibler Unternehmen selbst zwingt die
Arbeitskräfte ... zum Eingehen immer neuer Risiken“.
In Managementhandbüchern wird aus dieser Not eine
Tugend gemacht. „Die Theorie, die dahinter steht, besagt, dass der Mensch durch Risiken seine Energien
erneuert, sich selbst sozusagen ständig auflädt.“
Kultur des neuen Kapitalismus X
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Im flexiblen Kapitalismus erfahren Menschen, die sich
verändern, drei Arten von Unsicherheit, nämlich durch
‚mehrdeutige Seitwärtsbewegungen‘, ‚retrospektive Verluste‘ und unvorhersehbare Einkommensentwicklung
Mehrdeutige Seitwärtsbewegungen: Wenn pyramidenförmige Hierarchien durch losere Netze ersetzt werden,
so vollziehen Menschen beim Stellenwechsel häufig
keinen Aufstieg, sondern bewegen sich seitwärts, auch
wenn sie aufzusteigen glauben
Retrospektive Verluste: Diese entstehen dadurch, daß
Menschen in flexiblen Organisationen oft keine genauen Angaben über jene Positionen haben, auf die sie
wechseln. Dadurch erkennen sie erst nachträglich, dass
sie sich falsch entschieden haben
Kultur des neuen Kapitalismus XI
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Unvorhersehbare Einkommensentwicklung: Ein Wechsel des Arbeitsplatzes wirkt sich heute für mehr Menschen negativ als positiv aus. Nach einer von Sennett
angeführten Statistik verlieren 34% nennenswert, während nur 28% nennenswert dazu gewinnen (müsste
durch neuere Daten ergänzt werden)
„Der Imperativ, Risiken auf sich zu nehmen, hat sich in
der modernen Gesellschaft ungeheuer erweitert. Riskantes zu tun, ist eine Charakterprobe geworden: das
Entscheidende ist, die Anstrengung auf sich zu nehmen, den Sprung zu wagen, selbst wenn man weiß,
dass die Erfolgschancen sehr gering sind
Institutionen können den Beschäftigten oft nicht die
Anerkennung geben, die jene erwarten
Kultur des neuen Kapitalismus XII
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Alter: „Die jetzigen Bedingungen im Geschäftsleben
stecken voller Vorurteile gegen das Alter, negieren den
Wert der Erfahrung. Die moderne Unternehmenskultur
geht davon aus, dass Menschen mittleren Alters risikoscheu sind, nicht gerne etwas Neues auf sich nehmen.
Und diese Vorurteile sind schwer zu bekämpfen.“
Einige abschließende Gedanken von Sennett:
Sennett will zeigen, dass die Orte doch noch Macht
haben. Der neue Kapitalismus und seine Firmen müssen nach dem Grundprinzip betrachtet werden, welchen
Wert sie für eine Gemeinde haben und welchen gemeinschaftlichen Interessen sie dienen – außer jenen
von Gewinn und Verlust
Er betont, Vertrauen und Anerkennung seien wichtige
Dimensionen des Zusammenlebens
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