Innovationen in alten Bahnen? Eine Analyse zur Politischen Bildung in Österreich Dr. Thomas Hellmuth Institut für Neuere Geschichte und Zeitgeschichte, Johannes Kepler Universität Linz, Altenberger Straße 69, 4040 Linz, e-Mail: [email protected] Bildungspolitik Auf dem ersten Blick besitzt Politische Bildung besonderer Stellenwert Verankerung der Politischen Bildung in der Schule zumeist Fächerkombinationen Demokratie-Initiative infolge der Einführung von „Wählen mit 16“ Kompetenzmodell Lehrstuhl für Politische Bildung in Wien diverse andere Initiativen und Projekte Reichen diese Initiativen und Projekte aber aus, um „mündige“ BürgerInnen zu schaffen? Ist-Situation Unterrichtsprinzip seit 1978: In allen Fächern sollte Politische Bildung unterrichtet werden Politische Bildung ist – mit wenigen Ausnahmen – ein Anhängsel anderer Fächer Aus- und Fortbildung? Ausbildung (1) Fachdidaktik allgemein: geringe Bedeutung in universitärer Lehre und Forschung Keine gleichwertige Stellung von Fachdidaktik und Politischer Bildung Frage der Synthese Ausbildung (2) Periphere Bedeutung der Politischen Bildung in der Ausbildung der Pädagogischen Hochschulen Berufsbildende Höhere Schulen: keine Grundausbildung erforderlich Fortbildung (1) „Gemüsegarten“ Keine einheitliche Struktur Bunte Mischung aus verschiedenen Lehrveranstaltungen, (Kurz-)Lehrgängen und Masterstudien Fortbildung (2) Pädagogische Hochschulen einzelne Lehrveranstaltungen oft willkürlich gewählte Themen Kurzlehrgänge Studienlehrgänge (Akademischer Politischer Bildner): Schloss Hofen in Vorarlberg (in Kooperation mit der Universität Salzburg) Pädagogische Hochschule des Bundes in Oberösterreich Fortbildung (3) Universitäten Masterstudium an der Donau-Universität Krems (MSc) Masterstudium an der Johannes Kepler Universität Linz (MA) nicht nur für LehrerInnen Zentrale Problematik der Aus- und Fortbildung Politische Bildung besitzt in der Ausbildung eine nur periphere Bedeutung Die Inhalte der Aus- und Fortbildung entsprechen nur z.T. den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung. Die Abstimmung auf unterschiedliche Schulstufen ist nur partiell gegeben. In der Fortbildung wird aufgrund der Heterogenität nur ein kleiner Teil der LehrerInnen erreicht. Forschung Defizit in der Forschung zur Politischen Bildung Resultiert aus der strukturellen Situation (mit Ausnahme des Instituts für Didaktik der politischen Bildung kein institutioneller Rahmen) Zwar Ausarbeitung eines Kompetenzmodells, Forschung ist aber dynamisch Zwei Typen beim Verständnis Politischer Bildung Wissenszentrierter und kompetenzorientierter Typus In Österreich dominiert der wissenszentrierte Typus („Staatsbürgerkunde“) Wissens- und kompetenzorientierten Typus soll in Kompetenzmodellen zusammengeführt werden Kompetenzmodelle (1) Kompetenzen: erlernbare kognitive Fähigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen und diese Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll zu nutzen Kompetenz = Flexibilität Kompetenzmodelle (2) Die gängigen Modelle politischer Bildung unterscheiden drei Kompetenzbereiche politische Urteilskompetenz politische/politikbezogene Methodenkompetenz politische Handlungskompetenz Österreich zusätzlich politische Sachkompetenz Siehe dazu z.B.: http://www.politischebildung.com/pdfs/29_b asis.pdf Kompetenzmodelle (3) Österreichische Kompetenzmodell ist nicht in allen Lehrplänen verankert. Synthese mit anderen Fachkompetenzen (z.B. Geschichte und Politische Bildung, Recht und politische Bildung) ist ausständig. Kompetenzmodelle (4) Kompetenzmodelle sind nicht unwidersprochen: Willkürliche Definition von Kompetenzen Künstliche Trennung von Wissen und Kompetenzen, Zusammenhänge gehen dadurch eventuell verloren Zusammenhang der Kompetenzen mit Bildungsstandards Fazit (1) Professionalisierung bedeutet das Bestehen einheitlicher Aus- und Fortbildungsstrukturen Die Ausbildung aller LehrerInnen, die für politische Bildung verantwortlich sind Einbeziehung der neuesten Forschungsergebnisse eigene wissenschaftliche Forschung Fazit (2) Anfängliche Elan in der Bildungspolitik ist einer Lethargie gewichen Politische Bildung wurde „abgehakt“, wird als „erledigt“ betrachtet Politik hat ihre Aufgaben nicht zu Ende geführt Lösung der Misere: Strukturwandel v.a. in der Aus- und Fortbildung Politische Bildung in den Schulen (Quelle: BMUKK, Abt. V/11) Welche Fächer eigenen sich für politische Bildung? Hämmerle/Sandner/Sickinger 2008: Geschichte: 79 %, Geografie: 63 %, Deutsch: 49 %, Fremdsprachen: 29 %, Pädagogik/Psychologie: 28 %, Religion: 25 % Hellmuth/Zenaty 2008: Geschichte: 98,2 %, Geografie: 72,9 %, Deutsch: 70,5 %, Religion/Ethik: 64,8 %, Fremdsprachen: 50,5 %, Pädagogik/Psychologie: 40 % retour