Schichtung

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SoSe 2002 – Köhne-Finster
Lehrziel:
Ziel dieser Lerneinheit ist es
zentrale Dimensionen sozialer
Ungleichheit aufzuzeigen und
den Begriff der sozialen Schicht
gegen die Begriffe Soziale
Lagen und Milieus abzugrenzen.
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„Der Begriff 'Schicht' impliziert, daß
es eine 'Schichtung' der Gesellschaft
gibt. (...) Schichtung ist eine
außerordentlich verbreitete, aber
nicht universale Form sozialer
Ungleichheit.“
(Bahrdt, 1989: 132)
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Rolle – Position – Status – Prestige
Rolle ist das Bündel unterschiedlicher Erwartungen der Bezugsgruppen
z.B. die Rolle des Lehrers als erwartetes Handeln gegenüber Eltern, Schülern, Kollegen etc.
Position ist die Stellung innerhalb eines Beziehungssystems
z.B. die Position des Lehrers im System der Berufe
Status ist der Rang innerhalb eines Systems
z.B. der Status des Lehrers ist höher als der Status eines
pädagogischen Mitarbeiters.
Prestige ist das Ansehen, das mit einem bestimmten Status verbunden ist
z.B. das Ansehen eines Lehrers gegenüber eines Arbeiters
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Nennen Sie fünf Berufe, die Sie
problemlos in eine Rangfolge bringen
könnten.
Halten Sie in Stichworten fest, warum
Ihrer Meinung nach der eine Beruf höher
als ein anderer gestellt ist ?
Was bedeutet die Rangfolge für den
Alltag der Berufsinhaber/in ?
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Grundannahme: Es gibt abgrenzbare, voneinander getrennte
Bevölkerungsteile, die sich hinsichtlich ihrer sozialen Chancen unterscheiden
- soziale Schichten.
Soziale Chancen sind innerhalb einer Schicht in
ähnlichem Grad vorhanden und lassen sich
gegenüber anderen Schichten abgrenzen.
Eine Verkäuferin und eine Arzthelferin haben
unterschiedliche Positionen im System der Berufe.
Sie verfügen jedoch über einen vergleichbaren
Status hinsichtlich Einkommen, Bildung und
Einflussmöglichkeiten.
Ihre sozialen Chancen lassen sich abgrenzen gegenüber Personen anderer
Schichten wie beispielsweise die eines ungelernten Arbeiters oder einer
Professorin.
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Grundannahme: Es gibt abgrenzbare, voneinander getrennte
Bevölkerungsteile, die sich hinsichtlich ihrer sozialen Chancen unterscheiden
- soziale Schichten.
Grenzen zwischen den Schichten sind
erlebbar.
Eine Verkäuferin weiß nicht nur, dass z.B. ein Arzt über mehr
Einkommen, Bildung und Einfluss verfügt.
Sie erlebt auch, dass die Personen einer
anderen Schicht anders sprechen, sich für
andere Dinge interessieren, sich in einem
anderen Umfeld (Wohngebiet, Kneipen,
Freizeitstätten) bewegen.
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Grundannahme: Es gibt abgrenzbare, voneinander getrennte
Bevölkerungsteile, die sich hinsichtlich ihrer sozialen Chancen unterscheiden
- soziale Schichten.
Diskontinuierliche Chancenverteilung ist
dauerhaft und allgemein anerkannt bzw.
bekannt.
Die Grenzen zwischen den Schichten verändern sich
nicht ständig.
Der Unterschied zwischen den Schichten wird im Alltag
wahrgenommen und hingenommen.
Diese Unterschiede sind Orientierungspunkte für das eigene
Handeln.
Es entsteht ein „sozialer Binnenraum zwischen Ranggleichen“.
(Bahrdt; 1989: 134)
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Benennen Sie fünf Personen, die Sie zu ihrem
engeren sozialen Umfeld zählen. Vergleichen Sie
diese Personen hinsichtlich ihres Status
(Einkommen, Bildung, Einflussmöglichkeiten).
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Handeln innerhalb von Schichten
 Gegenseitige Verhaltenserwartungen im eigene sozialen
Binnenraum beruhen auf vielfältigen Erfahrungen.
 Kontakte mit Personen anderer Schichten sind seltener
(Verhaltensunsicherheit).
 Kontakte werden eher im eigenen sozialen Raum gesucht.
 Bestätigung des eigenen Verhaltens führt zu verfestigten
Interaktionsmustern und Handlungsorientierungen.
 Es bestehen schichtspezifische Teilkulturen mit spezifischen
Bräuchen, Normen und Interpretationsmustern.
 Primärsozialisation in der Familie reproduziert
schichttypische Verhaltensmuster (Übertragung auf die nächste
Generation).
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Soziale Schicht:
Voneinander abgrenzbare Bevölkerungsteile,
die sich hinsichtlich
ihrer äußerlichen Merkmale (Einkommen,
Bildung, Einflussmöglichkeiten) und
inneren Mentalitäten (Handlungsorientierungen,
Interpretationsmuster) deutlich unterscheiden.
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Soziale Ungleichheit bedeutet die ungleiche
Verteilung der Chancen, die jeweiligen
Bedürfnisse zu befriedigen:
sich mit Gütern zu versorgen
wichtige Informationen zu gewinnen
das Handeln anderer zu beeinflussen (Macht)
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Hausmodell nach Ralf Dahrendorf (60er Jahre)
Die Spitze der Gesellschaft bilden die Eliten.
Typisch für die Bundesrepublik sind Funktionseliten
Als Dienstklasse bezeichnet Dahrendorf die
wie SpitzenpolitikerInnen, Vorstände großer
bürokratischen Helfer der Elite, insbesondere
Wirtschaftsunternehmen,
Im klassischen
Sinne bezeichnet derBildungseliten etc.
nicht-technische Verwaltungsangestellte aller
Mittelstand die alten Selbstständigen wie
Ränge.
Die Arbeiterelite
(Meister,
hat sich
z.B. Handwerker,
Einzelhandel
etc. Vorarbeiter)
Sie
nach neben
oben von
Arbeitern in
abgesetzt.
Sie
„residieren“
derden
Dienstklasse
der
können
im Hinblick auf Einkommen, Bildung und
Mitte des
Hauses
Einflussmöglichkeiten nicht mehr der
traditionellen Arbeiterschicht zugerechnet
Neben der Arbeiterschicht
residiert die
werden.
Die
größte
Schicht
ist die Arbeiterschicht,
von Dahrendorf als „falscher“
d.h. bezeichnete
Beschäftigte Schicht
die in der
Mittelstand
derProduktion tätig
sind.inSie
wohnen im Hauptgeschoss des
Angestellten
einfachen
Hauses
Dienstleistungsberufen.
„Falsch“ sind
sie, da sie sich selbst eher der
Mittelschicht zuordnen, nach ihrem
Im Keller des Hauses lebt die dünne Unterschicht der Dauererwerbslosen,
Status (Einkommen, Bildung, Einfluss)
Unsteten, Rückfallkriminellen und Halbanalphabeten. Sie werden auch als
sich jedoch nicht von der Schicht der
Bodensatz der Gesellschaft oder Lumpenproletariat bezeichnet
Arbeiter unterscheiden.
Die Schichten stellen keine strikt abgegrenzten Bevölkerungsteile dar, sie
gehen ineinander über. Übergänge sind insbesondere durch soziale Aufund Abstiege (begrenzt) möglich.
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Hausmodell nach Reiner Geißler (90er Jahre)
In Anlehnung an Dahrendorf gibt es Machteliten in
sieben Funktionsbereichen: Politik, Verwaltung, Justiz,
Militär, Wirtschaft, Kommunikation, Kultur und Kirche
Der alte Mittelstand bezeichnet die Gruppe der
Selbstständigen, d.h. Personen, die nicht in einem
abhängigen Beschätigungsverhältnis stehen. Die
Gruppe
ist sehr heterogen - vom Ein-Mann-Betrieb
Mit der Verschiebung
denVeränderung
Sektoren
Landwirtschaft
Eine zwischen
wesentliche
der
bis zum Großunternehmen
- vom Kleinstbauern
(primär), Produktion
(sekundär) und
Dienstleistungen
(tertiär)
Arbeiterschicht
wird
als
bis zum Großgrundbesitzer.
Im Vergleich zu den
nimmt die Zahl der
Beschäftigen in Dienstleistungsberufen
zu „Entproletarisierung“
(Geißler)
Seit
dem
Anwerben
von
Gastarbeitern
in
60er
Jahren
hat
der
alte
Mittelstand
abgenommen
die Dienstleistungsschicht
wächst.
Statusmäßig
unterschieden
bezeichnet. Der Zuwachs der den 60er Jahren, hat sich die
sich die Dienstleistungsmittelschicht,
der auch
mittleren
und leitenden
Einkommen ermöglicht
den
Bevölkerungsgruppe der Migranten in
Angestellten bzw.Arbeitern
mittlereneinen
und höheren
Beamtendeutlich
deutlich von
Lebensstandard
Deutschland kontinuierlich erhöht.
den beschäftigtenoberhalb
Angestellten
und Beamten, die ausführenden
der Existenzgrenze.
Ausländer sind zum überwiegenden Teil in
Tätigkeiten nachgehen.
Unterschiede
in Bildung,
Einkommen und
Gleichzeitig
verschwinden
typische
der Produktion tätig und sind daher ihrem
Einfluss führen auch
zu differenten
Lebensweisen;
die Lebensweisen
Arbeiterschicht
ist innach zur Arbeiterschicht zu rechnen.
Status
Orientierungen
und bezeichnet,
Nur ein geringer
Anteileingeschränkter
ist als Facharbeiter
Als Randschichtenihren
werden
Bevölkerungsteile
die aufgrund
Konsummustern
zunehmend und
qualifiziert.
finanzieller Ressourcen
z.T. sozial diskriminiert
isoliert sind. Sie setzen sich aus sehr
mittelschicht-orientiert.
Die Darstellung
der stehende
Ausländergruppe
unterschiedlichen Gruppen zusammen z.B. Obdachlose,
ältere allein
Frauen, im
Deutlich
auch
die
innere
Differenzierung
Hausmodell
neben
dem
„Haus
Langzeitarbeitslose. Als arm gilt, wer monatlich weniger
als die
Hälfte
eines
- fürder
die
innerhalb
der
Arbeiterschicht
in
Deutschen“
verweist auf die geringe
Lebensform typischen - Durchschnittseinkommens
hat (Äquivalenzeinkommen).
Arbeiterelite,
und
Unsozioökonomische
und soziokulturelle
Tendenzen zur „Neuen
Armut“ Facharbeiter
ergeben sich aus
anhaltender
Massenarbeitslosigkeit,
, Angelernte, und
die eigene
Integration
dieser Bevölkerungsgruppe.
instabilen Familienverhältnissen
Lücken in der
sozialen Sicherung
schichttypische Mentalitäten ausbilden
SoSe 2002 – Köhne-Finster
1. Benennen Sie zu jeder Schicht eine
typische Berufsgruppe.
2. Gestrichelte Linien markieren in
Geißlers Hausmodell mögliche
Übergange, durchgezogene Linien eher
Barrieren zwischen den Schichten.
Verdeutlichen Sie anhand des Modells,
warum Ihrer Ansicht nach hier
Übergänge bzw. keine zwischen den
Schichten möglich sind.
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Sozialen Lagen
Neben der vertikalen Schichtung gibt es weitere,
horizonatale Ungleichheiten
zwischen den Geschlechtern
zwischen Alt und Jung
zwischen verschiedenen Generationen
zwischen den Regionen
zwischen verschiedenen Lebensformen (Familie - Single)
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Ein Milieu ist eine subkulturelle Einheit mit Ähnlichkeiten hinsichtlich:
Der Milieuansatz untersucht
zuerst die Lebensweise und
Mentalität der Menschen und
ordnet sie in einem zweiten
Analyseschritt den objektiven
Lebenslagen zu.
Der Milieuansatz wurde vom
SINUS-Institut (Wahl- und
Marktforschung) in den 80er
Jahren entwickelt und in der
Sozialstrukturanalyse
übernommen - als
Erklärungsansatz für eine
zunehmende Differenzierung
der Lebensweise innerhalb der
Schichten.
i allgemeiner
Wertorientierungen
i Lebenszielen und
Zukunftsperspektiven
i Einstellungen zur Arbeit
i Freizeit- und
Konsummuster
i Einstellungen zu Familie
und Partnerschaft
i
politische
Grundüberzeugungen
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Auflösungs-/ Entstrukturierungsthese (z.B. Ulrich Beck
„Risikogesellschaft“/ Gerhard Schulze „Erlebnisgesellschaft“)
Steigender Wohlstand und Massenkonsum lassen untere Schichten an den
Privilegien mittlerer und oberer Schichten Teil haben.
Statussymbole verlieren an unterscheidender Kraft.
Risiken der Risikogesellschaft kennen keine Schichtgrenzen
(Massenarbeitslosigkeit, atomare Bedrohung, Umweltschäden).
Lebensbedingungen werden immer differenzierter und damit weniger Schichten
zuordbar.
Individualisierung löst die Menschen aus ihren bisherigen Bindungen und
erweitert den Handlungsspielraum.
Schichten verschwinden im Bewusstsein der Menschen.
Die zunehmende soziale Mobilität “wirbelt“ die Lebenswege durcheinander und
verhindert die Ausbildung schichttypischer Lebensweisen.
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Gegner der Auflösungstheorie (z.B. Geißler „Die Sozialstruktur
Deutschlands“ /Vester „Soziale Milieus im gesellschaftlichen
Strukturwandel“)
Anstieg des Lebensstandards, Individualisierung und Differenzierung der
Lebensbedingungen sind wichtige Entwicklungstendenzen.
Entstrukturierende Auswirkungen werden überbewertet.
Schichtstruktur ist nicht verschwunden. Sie ist vielfältiger und dynamischer
geworden.
Wichtige Lebenschancen und wichtige Lebensrisiken sind auch heute noch
schichtspezifisch verteilt.
Individualisierung und die damit verbundene Freisetzung aus traditionellen
Bindungen ist vor allem ein Phänomen der oberen Schichten. Sie betrifft
nicht alle in gleichem Ausmaß.
Der Gegensatz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern (traditionelle
Klassen) wird auch heute noch in der Bevölkerung als Konfliktlinie bewusst
wahrgenommen.
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