08.12.03, Arzt-Patienten

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Arzt-Patienten-Beziehung und Arzt-Patienten-Gespräch
Kai Vogeley
[email protected]
www.meb.uni-bonn.de/psychiatrie/bildgebung
Homepage der Arbeitsgruppe
www.meb.uni-bonn.de/psychiatrie/bildgebung
Homepage der Abteilung für Medizinische Psychologie,
hier sind Lehrmaterialien abgelegt
Arzt-Patienten-Beziehung und Arzt-Patienten-Gespräch
Arzt-Patienten-Beziehung
Arztrolle und Patientenrolle
Arzt-Patienten-Gespräch
Funktion des ärztlichen Gesprächs,
Fragetypen, Gesprächs-, Interviewformen
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Krankheitsmodelle,
Prävention, Coping, Compliance
Zusammenfassung
Arzt-Patienten-Beziehung
Asymmetrische Beziehung
Soziale Distanz
Iatrogene Fixierung
Übertragung / Gegenübertragung
Arzt-Patienten-Beziehung
Asymmetrie
Verbale Asymmetrie
Sprachcode
Soziale Asymmetrie
Bildungsstand, Wohlstand
Situative Asymmetrie
Raumsituation, Gesprächsführung, Berufskleidung
Arzt-Patienten-Beziehung
Iatrogene Fixierung
Ärztliche Führung
- Arzt/Ärztin führt Gespräch und Untersuchung
- Arzt/Ärztin hat Kompetenzvorsprung
Patientenautonomie
- Patient/in delegiert Verantwortung
(Lebensführung bzgl. Risikofaktoren)
Arzt-Patienten-Beziehung
Übertragung und Gegenübertragung
Übertragung
Unverarbeitete affektive Einstellungen zu Schlüsselfiguren
der eigenen Entwicklung werden vom Patienten auf den Arzt
übertragen ("projiziert").
Gegenübertragung
Evtl. Reaktion des Arztes auf die Übertragung durch
den Patienten (z.B. Ablehnung, Beschützung etc.)
Übertragung und Gegenübertragung in der Arzt-PatientenInteraktion müssen erkannt und möglichst kontrolliert werden.
Selbsterfahrungs- bzw. Balint-Gruppen können dafür ein
Hilfsmittel sein.
Arztrolle
Rollenkonzept nach Parsons
Affektive Neutralität
Hilfeleistung für den Patienten unbeeinflußt von Affekten
Uneingeschränkte Hilfsbereitschaft
alle Patienten gleich behandeln
(ungeachtet persönlicher Eigenarten, sozialer Position)
Funktionelle Spezifität
Gültigkeit der Arztrolle nur während Interaktion mit Kranken
Altruismus / uneigennützige Einstellung
Notlage des Patienten nicht zu eigenen Gunsten ausnutzen
Technische bzw. fachliche Kompetenz
Patientenrolle
Rollenverhalten
- Entbindung von üblichen Rollenverpflichtungen (Beruf, Familie)
- Aufnahme der Rollenverpflichtungen bei erfolgreicher Behandlung
Verantwortlichkeit
- Keine Verantwortlichkeit für die Krankheitssituation
- Verpflichtung, gesund werden zu wollen
Gesundheitssystem
- Patient sucht zunächst Rat im Laiensystem
- Kontakt mit dem medizinischen Versorgungssystem
- Symptome werden adäquat wahrgenommen und beschrieben
- Kontakt zu und Kooperation mit medizinisch Fachkundigen
Arzt-Patienten-Gespräch
Patientenwünsche
Information
75.50%
Untersuchung
55.70%
51.30%
Medikamente
22.10%
AU-Bescheinigung
Massagen, Bäder etc.
17.60%
Kurverfahren
10.30%
9.90%
Überw. Facharzt
Einw. Krankenhaus
1.50%
0%
50%
100%
Arzt-Patienten-Gespräch
Funktionen
Vertrauensbasis zwischen Arzt und Patient
Voraussetzung dafür, auch von persönlichen Details
zu sprechen bzw. Voraussetzung für emotionalen Beistand.
Aufklärung und Entlastung des Patienten
Informationen über Ursachen, prognostische
Erwartungen und therapeutische Möglichkeiten
Errichtung eines Arbeitsbündnisses
Patient soll sich als Partner des Arztes fühlen.
Dies wirkt sich meist günstig auf den Behandlungserfolg aus.
Informationsgewinnung für den Arzt
Arzt-Patienten-Gespräch
Fragetechniken
Offene Fragen
„Wie geht es Ihnen?“
„Was können wir für Sie tun?“
Geschlossene Fragen
„Seit wann genau haben Sie die Kopfschmerzen?“
„Traten die Kopfschmerzen plötzlich auf?“
Sondierungsfragen
„Haben Sie noch andere Beschwerden, z.B.
Bewegungseinschränkungen?“
Suggestivfragen
„Geht es Ihnen immer noch nicht besser?“
Arzt-Patienten-Gespräch
Formen des Gesprächs
Nicht-direktives Gespräch
Verwendung offener Fragen
Patient kann Art und Inhalt des Gespräches mitbestimmen
Direktives Gespräch
Detailfragen
Arzt bemüht sich um relevante Informationen
Suggestive Gesprächsführung
Ratschläge, Ermunterung, Überreden, Verharmlosen, Ignorieren
Arzt-Patienten-Gespräch
Interview/Befragung
Interview
mündlich/persönlich
Befragung
schriftlich/standardisiert
Anamneseerhebung und Exploration
Verhaltens- und Selbstbeobachtung
Selbstbeurteilung (Introspektion)
verbale Mitteilung
Beurteilung über Fragebögen
Fremdbeurteilung (Verhaltensbeobachtung)
teilnehmende Beobachtung
nicht teilnehmende Beobachtung
Psychologische Testverfahren
Leistungstests
Kognitive (Teil-)Leistungen
(z.B. Intelligenz, Arbeitsgedächtnis, Konzentration)
Persönlichkeitstests
Persönlichkeitsfragebögen
projektive Tests
Arzt-Patienten-Gespräch
Typen ärztlicher Führung
Arzt-Patienten-Kooperation
- Regelfall bei einwilligungsfähigen Patienten
(z.B. Medikamenteneinnahme bei akuter Erkrankung)
- arbeitsteilige Partnerschaft bei chronischen Erkrankungen
(z.B. Diabetes mellitus)
Uneingeschränkte ärztliche Führung
- akute Erkrankungen
- fehlender Realitätsbezug
- eingeschränkte Einwilligungsfähigkeit
Arzt-Patienten-Gespräch
Grundregeln
Zuhören können
Patient und dessen Problem stehen im Mittelpunkt
Sicheres Auftreten
vermittelt Kompetenz
Kooperation
mit Ko-Therapeuten
(z.B. andere Berufsgruppen, Angehörige)
„Gesundheit“
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert
Gesundheit
als vollkommenes
physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden.
Krankheitsmodelle
Biomedizinisches Modell
Krankheit ist Ausdruck bzw. Folge pathologischer
Struktur- bzw. Funktionsveränderungen des Organismus
Psychoanalytisches Modell
Krankheit ist Ausdruck intrapsychischer Konflikte
und daraus folgender Abwehrmechanismen
Lerntheoretisches Modell
Krankheit ist Ausdruck erlernter Verhaltensweisen
(Modell-Lernen, operantes Konditionieren)
Soziologisches Modell
Krankheit ist Ausdruck sozialer Faktoren
(z.B. soziale Schicht, Migration, Rollenerwartungen,
gesellschaftlicher Benachteiligung)
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Prävention (primär, sekundär, tertiär)
Prävention ist die Verhütung von Krankheit
bzw. die Aufrechterhaltung der Gesundheit.
•
Die primäre Prävention soll das Auftreten der
Erkrankung verhindern
•
Die sekundäre Prävention richtet sich gegen Weiterentwicklung und Chronifizierung einer bestehenden
Erkrankung
•
Die tertiäre Prävention hat das Ziel, Folgeschäden
chronischer Erkrankungen zu reduzieren (Rehabilition)
(Caplan 1964)
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Prävention (universell, selektiv, indikativ)
Prävention ist die Verhütung von Krankheit
bzw. die Aufrechterhaltung der Gesundheit.
•
Die universale Prävention richtet sich auf alle Personen
einer Grundgesamtheit
•
Die selektive Prävention richtet sich auf (noch) nicht
erkrankte Personen mit höherem Risikoprofil
(„Risikopersonen“) einer Grundgesamtheit
•
Die indikative Prävention richtet sich auf Früh- und
Vorstadien einer Erkrankung bzw.
prodromal Erkrankte einer Grundgesamtheit
(Gordon 1983; Mrazek & Haggerty 1994)
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Prävention (Health Belief Modell)
Die Bereitschaft präventive Maßnahmen einzuhalten,
hängt nach dem Health-Belief-Modell von folgenden
Faktoren ab:
•
Einschätzung der eigenen Anfälligkeit für eine Krankheit
•
Wahrgenommene Gefährlichkeit der Erkrankung
•
Glauben an Effektivität und Nutzen präventiver Maßnahmen
•
Kosten der präventiven Maßnahmen
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Prävention (Health Belief Modell)
Die Wahrscheinlichkeit, daß Raucher mit dem
Rauchen aufhören, erhöht sich, wenn sie
der Überzeugung sind, daß:
•
auch sie durch Rauchen Krebs bekommen können
•
Krebs schwer heilbar ist und häufig tödlich verläuft
•
sie eine Krebsentstehung durch Beenden des Rauchens
vermeiden können
•
sie auch als Nichtraucher das Leben meistern können
sind.
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Coping-Strategien
•
Informationssuche
Der Patient konsultiert einen Arzt, um sich über die
Behandlungsmöglichkeiten zu informieren
•
direkte Aktionen (Handeln)
Der Patient sucht Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe,
um sich dort unterstützen zu lassen
•
Aktionshemmung
Der Patient zieht sich zurück (z.B. geht nicht mehr zur Arbeit,
ißt wenig, geht weniger soziale Kontakte ein etc.)
und spricht nicht über seine Krankheit
•
Intrapsychische und kognitive Prozesse
Der Patient ignoriert die Gefahr und lebt nach dem Motto:
"Ich war schon immer ein Glückskind und die Krankheit wird
verschwinden".
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Krankheitsgewinn
Vorteil oder Begünstigung, die durch Krankheit oder
Krankheitsverhaltens erreicht wird
•
Primärer Krankheitsgewinn ist die innere Entlastung
durch die Krankheit im Sinne einer neurotischen
Scheinlösung für einen bestehenden Konflikt.
•
Sekundärer Krankheitsgewinn beschreibt Vorteile oder
Vergünstigungen, die ein Kranker als Folge der
Krankheit erhält.
•
Krankheitsgewinn kann als (positiver oder negativer)
Verstärker zu einer Wiederholung oder Chronifizierung
der Erkrankung beitragen.
Gesundheits- und Krankheitsverhalten
Gesundheitsberatung
•
Förderung von Problembewußtsein
•
Förderung von Motivation
•
Förderung der Verhaltensänderung
•
Förderung der Stabilisierung
und Rückfallprophylaxe
Compliance
Bereitschaft des Patienten, ärztliche Maßnahmen
und Empfehlungen einzuhalten
Förderlich
Schädlich
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Stabilität der Familie
Krankheitsbedinge
Leistungseinschränkung
Überzeugungen des Patienten
(health belief model)
Individuelle Terminvereinbarung
Überwachung des Patienten
durch den Arzt möglich
Zufriedenheit des Patienten mit
medizinischer Betreuung
Eingehen auf Erwartungen und
Bedürfnisse des Patienten
•
•
•
•
Psychische Erkrankung
Viele Krankheitssymptome
Hohe Komplexität des
Therapieplans
Umfangreiche Verhaltensänderung
notwendig
Lange Behandlungsdauer
Lange Wartezeit vor Arztkontakt
Große Zeitspanne zwischen
Überweisung und Arzttermin
Placeboeffekt
Die Gabe von wirkstofffreien Präparaten führt zu
therapeutischen Effekten.
Ein Placebo-Präparat ist ein wirkstofffreies Präparat, das das gleiche
Aussehen hat wie ein einen Wirkstoff enthaltendes Medikament.
Der Placebo-Effekt beruht auf Hetero- und Autosuggestion.
Ein Placebo kann auch Nebenwirkungen zeigen.
Der Placeboeffekt hängt ab von der Suggestivität des Arztes, der
Beeinflussbarkeit des Patienten und von der Art und der Schwere
der Störung.
Zusammenfassung I
Arzt-Patienten-Beziehung
Asymmetrie (sprachlich, sozial, situativ)
Arztrolle
Affektive Neutralität, Hilfsbereitschaft, Funktionelle Spezifität,
Uneigennützigkeit, Kompetenz
Patientenrolle
Rollenverhalten, Eigenverantwortlichkeit, Kooperation
Arzt-Patienten-Gespräch
Funktionen: Beziehung (Vertrauen, Bündnis), Aufklärung, Information
Gesprächsführung: „Zuhören“, Kompetenz, Kooperation
Zusammenfassung II
Gesundheit
Vollkommenes physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden
Krankheitsmodelle
Biomedizinisches, psychoanalytisches, lerntheoretisches,
soziologisches Modell
Prävention
Verhütung von Krankheit bzw. Aufrechterhaltung der Gesundheit
Health-Belief-Modell: eigene Krankheitsanfälligkeit, Gefährlichkeit der
Erkrankung, Überzeugung des Nutzens präventiver Maßnahmen,
Kosten der präventiven Maßnahmen
Compliance
Bereitschaft des Patienten, ärztliche Maßnahmen und Empfehlungen
einzuhalten
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