Soziologie der Gesundheit und Medizin Klaus Feldmann 2006 Gesundheit • Gesundheit = Körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden (Glück?) • Medizin = Reparatur von Körperteilen Widersprüchliche Ziele medizinischen Handelns: • Wohlbefinden herstellen • Leben verlängern (Nebenwirkung: Herstellung von Unwohlsein) Aufgabe • Warum rauchen so viele Menschen? • Welche Merkmale haben die Personen, die rauchen? • Welche Personen oder Gruppen rauchen nicht bzw. besonders selten? • Warum rauchen in manchen Ländern weniger Menschen als in anderen? Sozialisation Imitation Tradition Kulturelles Ritual Männlichkeit Statusgewinn Gruppenintegration Erwachsenwerden wollen RAUCHEN Werbung Lustgefühle Stressbewältigung Sozialisation Imitation Tradition Kulturelles Ritual Männlichkeit Statusgewinn Gruppenintegration Erwachsenwerden wollen RAUCHEN Werbung Lustgefühle Stressbewältigung Aufgabe Versuchen Sie, Krankheit von den 3 Theorieansätzen aus in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung darzustellen: • Funktionalismus • Konfliktansatz • Symbolischer Interaktionismus Krankheit - funktionalistisch • Personen können wegen Krankheit ihre Aufgaben nicht erfüllen Verpflichtung, zum Arzt zu gehen. • Kranke verhalten sich abweichend • Mögliche Dysfunktionalität des medizinischen Systems Krankheit - Konfliktansatz • Unterschichtpersonen erkranken häufiger und sterben früher als Mittel- und Oberschichtpersonen • Ärzte kämpfen gegen andere Professionen, die auch heilen wollen • Medizin steht in Konkurrenz zu anderen Institutionen: Religion, Bildung Krankheit - interaktionistisch • Diagnosen und Therapien ergeben sich durch Interaktion und Interpretation • Alternative Deutungen: Selbstmedikation, alternative Heilverfahren • (Alltags)Theorien über Krankheiten: Ansteckung, Lebensstil, gottgegeben, Vererbung, Umwelt Medikalisierung Besetzung gesellschaftlicher Bereiche durch die Medizin. Welche Bereiche wurden in den letzten 3 Jahrhunderten teilweise oder ganz von der Medizin besetzt? Medikalisierung Bereiche, die medikalisiert wurden: Geburt, Sterben, abweichendes Verhalten, Sexualität, Aggression, Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Sprechen, Schreiben, etc Medikalisierung Medikalisierung abweichenden Verhaltens: • Homosexualität • Drogengebrauch • Suizid • Kindesmisshandlung • Sterben Medikalisierung Gibt es Bereiche, die im 20. Jahrhundert wieder teilweise entmedikalisiert wurden? Ent-Medikalisierung • Homosexualität • Masturbation • Sterben (im Hospiz) Bildung Laienkompetenz Medien Internet Lebensverlängerung Medikalisierung Dynamische Märkte Professionalisierung Spezialisierung Bürokratisierung Rousseau Marx Freud Durkheim Parsons Kulturelle Krankheit Zivilisation Kulturelle Heilung Zurück zur Natur! Kapitalismus Klassenlose Entfremdete Arbeit Gesellschaft (Revolution) TriebunterPsychotherapie drückung kultur. Skepsis IntegrationsFamilie, mangel, Anomie Religion, Beruf Modernisierungs- System stress stabilisieren Gesundheit Welche sozialen Faktoren beeinflussen den Gesundheitszustand? Bildung Berufsstatus Arbeitsbedingungen Gesundheit Religiöse Gemeinschaft Familie Primärgruppe Soziale Schicht Intelligenz Soziokultureller Kontext Sitzenbleiben Schulerfolg Kein Schulabschluss Gesundheit Arbeitslosigkeit • Warum ist die Erhaltung von Hauptschulen gesundheitsschädlich? • Warum führt die Steigerung des Anteils der Strafgefangenen zu einer Verschlechterung der Gesundheit der Bevölkerung? • Warum und unter welchen Bedingungen können Ganztagsschulen gesundheitsfördernd wirken? Oberschicht KULTUR ÖKONOMIE Mittelschicht Unterschicht Beckert-Zieglschmid 2005 Oberschicht KULTUR ÖKONOMIE Mittelschicht Unterschicht Beckert-Zieglschmid 2005 Krankenhaus und Schule Schule Krankenhaus keine Individualdiagnose Diagnose Unterricht Therapie Betreuung, Erziehung Pflege Verhaltensnormierung Verhaltensnormierung planwirtschaftliche Verfahren betriebswirtschaftliche Zielsetzung nur Schullehre, keine Universitätslehre Universitätslehre keine Forschung Forschung Depersonalisierung, Entfremdung, soziales und psychisches Sterben • • • • • • • Abtrennen von Bezugspersonen Isolierung räumliche Eingrenzung Entprivatisierung Körperkontrolle psychische Kontrolle Dienstleistungen (relativ) unabhängig von Bedürfnissen des Klienten Erklärung von Krankheit Belastungs-Bewältigungsmodell (StressCoping-Modell): • subjektive Verarbeitung sozialer Situationen, • Wissen, Einstellungen, subjektive Handlungskontrolle, Verdrängungs- und Verleugnungsstrategien, • Umweltfaktoren, • soziale Netzwerke. Theorie der sozialen Unterstützung • Soziale Netzwerke Primärgruppen, Verwandtschaftsgruppen (Clans), religiöse Gruppen • Habitus,Verfügung über ökonomisches, soziales und kulturelles Kapital • Gefahren der Desintegration (Scheidung, Isolation, Gefängnis, abweichende Gruppen etc.) Symbolischer Interaktionismus Patient und Arzt handeln die Krankheit, die Definition und die Therapie aus. Unterschiedliche Deutungssysteme Wohlbefinden und Gesundheit ist von der Qualität der Interaktionen abhängig. Bedürfnisse und Ansprüche werden gesellschaftlich hergestellt, z.B. über Werbung. Konfliktansatz Patient und Arzt gehören unterschiedlichen Gruppen an: soz. Schicht, Ethnie, Profession, Bildungsstand etc., haben verschiedene Sprachcodes. Konfliktaspekte: compliance, Selbst- und Fremdkontrolle, Situationsdefinitionen. Konflikte zwischen Professionen (Ärzte, Pflegepersonal, Psychotherapeuten etc.). Alternative Medizin 1 • Misserfolge bei der Behandlung chronischer Krankheiten, • Entmündigung und Depersonalisierung von Patienten, • zunehmende Professionalisierung, Verwissenschaftlichung und Technisierung der Medizin (damit verbunden Verunsicherung, Ängste, Misstrauen), Alternative Medizin 2 • Ganzheitlichkeit, Personbezug, • Spiritualität, • Angst vor Verstümmelung, Organverlust, Körperzerstörung, • Interesse der Medien an abweichenden Therapieformen, • Markt alternativer Heilmethoden. Marktorientierung Wiss. abgesichert Evidenzbasiert Begrenzung nach Überlebenschancen Eigenbeteiligung bei gesundheitsgefährdendem Verhalten Kostenreduktion Altersbegrenzung Erhöhung der Eigenbeteiligung Gesundheitserziehung Prävention Qualitätsverbesserung Gesundheitssystem Bildungssystem Patienteninformationssysteme Patientenbefragungen Schüler- und Elterninformationssysteme Schüler- und Elternbefragungen Schüler- und Familienberatungsstellen Qualitätskontrolle und Evaluation der Schulen und Hochschulen Patientenberatungsstellen Qualitätskontrolle und Evaluation der Krankenhäuser Der mündige Schüler Der mündige Patient Vom passiven zum aktiven Schüler Lernstrategien, metakognitive Fähigkeiten, Lernen lernen Vom passiven zum aktiven Patienten Präventionswissen, Gesundheitstraining Schüler als Tutoren und Gruppenleiter Schüler wählt Schule, Kurse, Lehrer, Lernumgebungen Patient als Kotherapeut Selbstbewertungskompetenz, sozialer Erfolg, Abzockimmunisierung Selbstbewertungskompetenz, Patientenverfügung (nicht nur fürs Sterben!) Patient wählt Arzt, Krankenhaus, Therapie, Medikamente