Prozesse im Sport statistisch analysieren und aufbereiten - Übungsmaterial - Übung 5 Interventionsstudien (Teil A) Planung und Durchführung Universität Leipzig Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie (IMISE) Wie lassen sich Studien unterscheiden? Eine Klassifizierung von Studien durch Begriffspaare: • Beobachtung oder Experiment • retrospektiv oder prospektiv • Längsschnitt oder Querschnitt • kontrolliert oder unkontrolliert ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 2 Beobachtung oder Experiment Beobachtung • Keine Intervention • Eigenschaften werden beobachtet und dokumentiert • keine Schlussfolgerungen auf kausale Zusammenhänge möglich (Was ist Ursache und was ist Wirkung) ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Experiment • Intervention (z.B. neue Trainingsmethode) • Eigenschaften werden zugewiesen • Schlussfolgerungen auf kausale Zusammenhänge prinzipiell möglich Übung 5 Folie 3 Retrospektiv oder Prospektiv Retrospektiv Prospektiv = zeitlich zurückschauend = zeitlich nach vorn schauend Daten liegen bei Beginn der Studie bereits vor • eingeschränkte Kontrollen von möglichen Störgrößen ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Daten entstehen nach Beginn der Studie • mögliche Störgrößen können kontrolliert werden Übung 5 Folie 4 Kontrolliert oder Unkontrolliert Kontrolliert (mit Kontrolle) • Experimentell – In der Regel randomisiert • Beobachtung – Fall-Kontroll-Studie ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Nicht kontrolliert (ohne Kontrolle) • Experimentell – Pilotstudien zur Prüfung der Machbarkeit und Hypothesengenerierung • Beobachtung – Registerdaten, Fallsammlungen Übung 5 Folie 5 Fall-Kontroll-Studie Retrospektive kontrollierte Beobachtungsstudie • Untersucht Zusammenhänge zwischen Exposition und Erkrankung • Kranken werden vergleichbare Gesunde zugeordnet (matching) und retrospektiv die zu untersuchende Exposition in beiden Gruppen ermittelt. Beispiel: Zusammenhang Rauchen und Bronchialkarzinom (Doll u. Hill, 1950) ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 6 Längsschnitt oder Querschnitt Längsschnitt Longitudinal Querschnitt Cross-sectional • Wiederholte Erfassung eines Merkmals • Einmalige Erfassung von Merkmalen zu einem Zeitpunkt • Dient der Verlaufsbeschreibung ©2008 Universität Leipzig (IMISE) • Dient der Zustandsbeschreibung Übung 5 Folie 7 Vergleich mit historischer Kontrolle Retrospektive Kontrollgruppe („Historische Kontrolle“) vs. Prospektiver Versuchsgruppe • Problem: Vergleichbarkeit fraglich wegen – Weiterentwicklung begleitender Maßnahmen – Veränderungen im natürlichen Krankheits- oder Leistungsverlauf durch geänderte kausale und Einflussfaktoren – Veränderte Umwelteinflüsse ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 8 Nachweis der Kausalität d.h. Zusammenhang zwischen Intervention und Beobachtung • Erfordert experimentelle Studie – d.h. prospektiv mit Intervention • Erfordert Kontrollgruppe – – – – ohne die zu untersuchende Intervention sonst gleiche Ausgangsbedingungen sonst gleiche Einflussgrößen und gleiche Messbedingungen ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 9 Was ist das Ziel einer randomisierten Studie? In der Medizin … z.B. Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer neuartigen Therapie (Medikament, Operation, ...) für eine definierte Indikation im Vergleich zu einer Kontrollgruppe Im Sport ... z.B. Nachweis der Effektivität einer Trainingsmethode in einer bestimmten Disziplin ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 10 Wie kann die Intervention in der Kontrollgruppe aussehen? • keine Intervention • bisheriger Standard • Placebo ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 11 Was ist ein Placebo? Was ist ein Placebo-Effekt? Placebo Substanz, die für sich genommen keine pharmakologische und damit keine therapeutische Wirkung hat (Scheinmedikament) Placebo-Effekt Günstige Veränderungen im Krankheitsbild eines Patienten, die dem symbolischen Charakter einer Behandlung zuzuschreiben sind, nicht ihrer spezifischen Wirkung Ursache: bewusste und unbewusste Signale und Erwartungen auf Seiten des Arztes bzw. Patienten ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 12 Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit der Studienarme Strukturgleichheit Behandlungsgleichheit Beobachtungsgleichheit Auswertungsgleichheit ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 13 Vergleichbarkeit ZEITPUNKT HETEROGENITÄTSQUELLEN ZIEL bei Eintritt in die Studie Probanden / Patientencharakteristika (bekannte und latente Faktoren, die den Erfolg der Intervention beeinflussen) Strukturgleichheit während Durchführung der Studie Behandlung (Strategien bei Unverträglichkeit der Therapie, Zeitschema, weitere Maßnahmen) Beobachtungs- und Behandlungsgleichheit Beobachtung nach Beendigung der Studie Auswertung (Zählweise nicht protokollgerecht behandelter Probanden/Patienten) ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Auswertungsgleichheit Folie 14 Strukturgleichheit • Strukturgleichheit bedeutet, dass sich die zu vergleichenden Gruppen vor Beginn der Studie in allen wichtigen Störgrößen nicht oder nur zufällig unterscheiden. - Störgrößen sind Größen, die Intervention beeinflussen können. • den Erfolg der Wie erreicht man Strukturgleichheit? Randomisation ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 15 Behandlungsgleichheit • Probanden / Patienten müssen in den zu vergleichenden Gruppen gleich behandelt werden. • Wie erreicht man Behandlungsgleichheit ? Blindversuche Standardisiertes Vorgehen bei der Behandlung Einsatz von Placebo ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 16 Beobachtungsgleichheit • Beobachtungsgleichheit bedeutet, gleiche Maßstäbe in den zu vergleichenden Gruppen anzulegen bei der Beurteilung - der Interventionsdurchführung - der unerwünschten Nebenwirkungen und - des Erfolges • Wie sichert man Beobachtungsgleichheit? Blindversuche Standardisierte Beobachtung und Dokumentation Reviewbeurteilung ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 17 Auswertungsgleichheit • Bei allen Auswertungen müssen die Daten der zu vergleichenden Gruppen gleich behandelt werden. • Wie sichert man Auswertungsgleichheit ? Nicht protokollgerecht verlaufende Fälle müssen in den Gruppen gleich gewertet werden ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 18 Techniken zur Randomisation Einfache Randomisation Würfeln Münze werfen Verwenden einer Zufallszahlentafel Beispiel: Zahlen 0 - 4: Therapie A Zahlen 5 - 9: Therapie B Vorteil: einfache Handhabung Nachteil: Imbalancen (unterschiedliche Fallzahlen) in Gruppen möglich Nicht zu empfehlen: - Auswahl nach Geburtstag - Anfangsbuchstabe des Familiennamens ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 19 Techniken zur Randomisation Blockrandomisation Beispiel:- Arm A und B - bei Blöcken der Länge 4: sechs mögliche Permutationen AABB ABAB 1 ABBA 2 3 BABA BAAB 4 BBAA 5 6 Auswürfeln der Blockreihenfolge zur Erstellung einer Randomisationsliste: ... BABA ABBA 4 3 Vorteil: Balanciertheit ©2008 Universität Leipzig (IMISE) ABBA AABB 3 1 Übung 5 Folie 20 Techniken zur Randomisation Beispiel STRATIFIKATION STRATUM 1 Stadium I + II STRATUM 2 Stadium III + IV Randomisation Randomisation Therapie A ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Therapie B Therapie A Übung 5 Therapie B Folie 21 Welche Möglichkeiten der Verblindung gibt es? • Einfachverblindung – Patient kennt Zuordnung (Placebo / Verum) nicht • Doppelverblindung – Arzt und Patient kennen Zuordnung nicht • Dreifachverblindung – Arzt und Patient und Auswerter kennen Zuordnung nicht – Zuordnung wird erst nach Abschluss der Auswertung aufgedeckt ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 22 Validität von Studien ...ist Grad, in welchem Schlussfolgerungen aus Studien gezogen werden können • Interne Validität – Methodisch korrekte Planung, Durchführung und Analyse, so dass beobachtete Effekte auch der zu untersuchenden Intervention zugeschrieben werden können • Glaubwürdigkeit der Ergebnisse – Struktur-, Behandlungs-, Beobachtungs- und Auswertungsgleichheit sind Kriterien der internen Validität • Externe Validität (Generalisierbarkeit) – Die Studienergebnisse lassen sich unverzerrt unter Praxisbedingungen reproduzieren. • Übertragbarkeit der Ergebnisse ©2008 Universität Leipzig (IMISE) Übung 5 Folie 23