Kognitive Entwicklung 1

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Kognitive Entwicklung
Seminar: Kulturvergleiche
Dozent: Dr. Peter F. Titzmann
Gliederung
• Grundlagentexte
• Historische Grundlagen
• Luria (1976)
• Meta-Analyse von F. van de Vijver (1997)
Grundlagentexte
• Luria, A. R. (1984). Cognitive development: its
cultural and social foundations. Cambridge, Mass:
Harvard University Press. kap. 4 & 5, S. 100 – 134.
• Van de Vijver, F. (1997). Meta-analysis of cross-
cultural comparisons of cognitive test performance.
Journal of Cross-Cultural Psychology, 28(6), pp.
678 – 709.
Historische Grundlagen
• Aristoteles:
Logik auf Syllogismus (1. Prämisse + 2. Prämisse =
Schluss / Konklusion) beruhend
- Beispiel:
1. Edelmetalle rosten nicht.
+ 2. Gold ist ein Edelmetall.
= 3. Gold rostet nicht.
• Piaget:
- Induktion und Deduktion = Ergebnisse von
Entwicklung
- läuft in nicht kontinuierlichen Stufen ab
-
Historische Grundlagen
• genetische Logik:
-
-
Weiterführung der Gedanken Piagets
logische Kategorien sind NICHT universell und
konstant
„logische Schemata“ = Resultate komplexer
psychologischer Entwicklung
Luria (1976)
• Fragestellung: Was ist das Wesen schlussfolgernden,
•
•
•
•
logischen Denkens?
Experiment 1: Deduktion und Schlussfolgerung
Experiment 2: logisches Denken und Problemlösen
Teilnehmer = 1. Bauern aus rückständig, ländlichem
Gebiet ohne Schulbildung und 2. junge Menschen
mit wenig Schulbildung
Ort und Zeit: Region um Kashgar (alte Stadt an der
ehemaligen Seidenstraße) in autonomer Provinz
Xinjiang (VR China) in den 1930er Jahren
Wo sind wir eigentlich?
Sie befinden sich hier
Luria (1976)
Experiment 1:
Präsentierte Syllogismen:
• Baumwolle wächst nur da, wo es heiß und trocken
ist. In England ist es kalt und feucht. Kann
Baumwolle dort wachsen?
• Im hohen Norden, wo es Schnee gibt, sind alle Bären
weiß. Nowaja Semlja ist im hohen Norden und dort
gibt es immer Schnee. Welche Farbe haben dort die
Bären?
Luria (1976)
3 Faktoren, die das logische Denken begrenzten:
Misstrauen gegenüber einer ersten Prämisse, die
nicht ihre Erfahrung widerspiegelt
2. Nichtakzeptanz der Prämissen als allgemein gültig
3. Auflösung der Syllogismen in drei unabhängige und
isolierte Einzelsätze ohne allgemeine Logik
1.
=> Kognitive Aktivität wurde von Erfahrung und nicht
von systematischen Instruktionen geleitet.
Luria (1976)
Experiment 1
Syllogismen mit
eigener Erfahrung
Syllogismen ohne
eigene Erfahrung
ungelöst
Gruppe
Lösung
ungelöst
analphabetische
Bauern (15)
sofort
6 (40 %)
9 (60 %)
13 (85 %)
2 (15 %)
-
6 (40 %)
8 (60 %)
4 (30 %)
0
15 (100 %)
0
15 (100 %)
nach
bedingter
Annahme
junge Menschen sofort
mit kurzer
Schulbildung (15)
gelöst
gelöst
Luria (1976)
Experiment 2:
Präsentierte Probleme:
• Wenn man 30 min zu Fuß braucht, um in ein
bestimmtes Dorf zu kommen und mit dem Fahrrad
6 mal schneller ist. Wie lang dauert es, um mit dem
Fahrrad dorthin zu kommen? (Einfaches Problem)
• Es sind 20 Werst von hier nach Uch-Kurgan,
während Shakhimardan 4 mal näher ist. Wie viele
Werst sind es bis Shakhimardan? (Konfliktproblem,
da Uch-Kurgan näher ist als Shakhimardan)
Luria (1976)
Experiment 2
Einfache Probleme
Konfliktprobleme
Gruppe
Lösung
ungelöst gelöst
ungelöst
analphabetische
Bauern (16)
sofort
4 (25 %)
13 (81 %)
3 (19 %)
junge Menschen
mit kurzer
Schulbildung (7)
12 (75 %)
gelöst
nach
spezifischeren
Bedingungen
0
16 (100 %) 12 (75 %)
4 (25 %)
sofort
0
7 (100 %)
7 (100 %)
0
Luria (1976)
Zusammenfassung:
• Beweis für die Wichtigkeit konkreter praktischer
Erfahrung
• nur reale Bedingungen werden akzeptiert
• Eigenkreation von Problemen, wenn Original „nicht
lösbar“
• ABER: Kurzzeitige Schulbildung verändert das
Denken!
Meta-Analyse von F. van de Vijver (1997)
• 193 Studien von 1973 – 1994
• Untersuchung von Unterschieden in der Leistung bei
kognitiven Tests
• 5 erklärende Modelle für kulturelle Unterschiede
Meta-Analyse von F. van de Vijver
1. „universalistic model“:
- grundlegende kognitive Eigenschaften sind
universell
- geprägt durch die Kulturen
2. „great divide model“:
- zur Widerlegung des „universalistic models“
- Qualitätsunterschiede im abstrakten Denken
- erworben durch Bildung und Alphabetisierung
Meta-Analyse von F. van de Vijver (1997)
3. „cognitive complexity model“:
- Quantitätsunterschiede im abstrakten Denken
- kognitive Komplexität = Integration und
Differenzierung von Informationen
4. „cumulative deficit model“:
- Unterschiede zwischen hohem und niedrigem
sozioökonomischem Status werden mit zunehmendem
Alter größer
5. „bias model“:
- Unterschiede beruhen auf Verzerrungen durch
Unzulänglichkeiten der Messinstrumente
Meta-Analyse von F. van de Vijver (1997)
Fragen an Euch:
• Welches der fünf Modelle ist nach dieser Meta-
Analyse am wahrscheinlichsten bzw. hat sich am
besten bewährt?
• Warum eignet sich gerade dieses Modell besonders
gut?
Meta-Analyse von F. van de Vijver (1997)
Das „bias model“ ist am besten geeignet, um
Unterschiede in der Leistung bei kognitiven Test zu
erklären.
Gründe:
- westlich geprägte Aufgabentypen
- hauptsächlich Studien mit Grundschülern
- unterschiedlicher Bildungsstand
(Bsp.: Analphabetismus)
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!
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