INHALTSÜBERSICHT BLOCK 1 Allgemeines, Anatomie, Eutergesundheit BLOCK 2 Qualitätssicherung – MHVO Melkarbeit – Melktechnik, Melkhygiene BLOCK 3 Euterkrankheiten Mastitis: Formen, Infektionswege, Abwehr, Erreger Ursachen: Erreger, Tier, Umwelt BLOCK 4 Eutererkrankungen - Vorbeuge und Behandlung Mastitis Therapie - Ziele, Antibiogramme, Resistenzen, Hygieneprogramme Rückstände und Hemmstoffe Behandlung in Biobetrieben ZIELE DER MASTITISTHERAPIE Wiederherstellung der vollen Eutergesundheit Leistung (Menge) Milchinhaltsstoffe Zellgehalt Elimination krankmachender Mikroorganismen Freisein von Arzneimittelrückständen VORAUSSETZUNG:WIRTSCHAFTLICHKEIT MASTITISBEHANDLUNG Mastitisbehandlung ist abhängig von: klinische Form: akut, subakut, chronisch nachgewiesene Erreger Laktationsstadium allfällige Zitzenverletzungen oder Mastitiden in der Vergangenheit Mastitis als Einzelfall Mastitis als Bestandsproblem - Sanierungskonzept!, Faktoren erkennen MASTITISBEHANDLUNG Milchveränderung, erhöhte Zellzahl (MLK) Schalm -Test Milchprobenentnahme bakteriologische Untersuchung klinische Beurteilung Ausmelken kein Injektor Therapie ! MASTITISERREGER euterassoziierte Erreger Streptococcus agalactia Staphylococcus aureus umweltassoziierte Erreger Streptococcus uberis Koagulase negative Staph.(KNS) Escherichia coli Arcanobacterium pyogenes DIAGNOSE - MASTITIS Vergleich Erreger mit klinischer Mastitisform: 50% 40% Streptokokken 30% Staphylococcus aureus 20% Enterobacteriaceae 10% Actinomyces pyogenes 0% Katarrhalische Mastitis Quelle: Obritzhauser et al, 1995 parenchymatöse Mastitis Von der Mastitisform kann nicht auf die beteiligten Erreger geschlossen werden! UNTERSUCHUNG - MILCHPROBEN Untersuchung von Milchproben, EGD: Im Labor des Eutergesundheitsdienstes können anhand von sauber (aseptisch) gezogenen Viertelgemelksproben die ursächlich am Mastitisgeschehen beteiligten Erreger (bakteriologische Untersuchung) und die Empfindlichkeit dieser Erreger gegenüber bestimmten Wirkstoffen (Antibiogramm) bestimmt werden BAKTERIOLOGISCHE UNTERSUCHUNG erregerbezogene Behandlung Vorhersage der Heilungschancen Erstellung von Erreger- und Resistenzprofil (Antibiogramme) Einengung möglicher Ursachen Vorbeugemaßnahmen Wahl des günstigsten Wirkstoffes betriebswirtschaftliche Entscheidungshilfe Therapiesteuerung, Therapiekorrektur bei akuten Mastitiden ANTIBIOGRAMM wirksam ! unwirksam Der Wert des Antibiogramms liegt nicht in der Auswahl des Antibiotikums mit dem größten Hemmhof (= der besten Wirkung im Labor), sondern in der Angabe der Wirkstoffe, die für die Therapie nicht verwendet werden sollen! RESISTENZEN Kurzdefinition: Unempfindlichkeit eines Erregers gegenüber einem (oder mehreren) Arzneimittel(n) natürliche Resistenz (z.b. E. coli gegenüber Penicillin) erworbene Resistenz RESISTENZENTWICKLUNG Faktoren der Resistenzentwicklung: Art des Wirkstoffes Dosierung Behandlungsdauer Wirkungsspektrum Resistenzmechanismus Anzahl behandelter Tiere Niedrige Wirkstoffspiegel und Langzeitwirkung (z.B. Trockensteller) fördern die Resistenzentwicklung! RESISTENZEN - STAPHYLOKOKKEN 18 16 14 Penicillin 12 Oxacillin 10 Ampicillin 8 Erythromycin 6 Kanamycin 4 Cephalosporine 2 0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 Quelle: Milchproben Steiermark - resistente Stämme in % ; n = 36.858 MASTITISTHERAPIE Effektivität der Mastitistherapie: hohe Heilungsraten (> 70%) bei Streptokokken- und Coli - Mastitiden Heilungsrate bei Staphylokokken - Infektionen unbefriedigend < 30% Zum Nachweis nicht geheilter Infektionen sind mindestens zwei bakteriologische Nachuntersuchungen (frühestens 3 Wochen nach der Therapie) nötig! ZELLZAHLVERLAUF Zellzahlverlauf Coli- und Sc. - Mastitis: log10 Zellzahl x 10³ (Median) 4 Coli-Mast. erkrankt / nicht geh. 3 Coli-Mast. erkrankt / geheilt 2 Sc.-Mast. erkrankt / geheilt gesund 1 0 1 7 14 21 28 Tage nach Mastitistherapie 35 42 Bei Colimastitiden ist 6 Wochen nach erfolgreicher Therapie der Zellgehalt noch immer erhöht (massive Eutergewebsschäden). Bei Streptokokkenmastitiden ist 4 Wochen nach erfolgreicher Therapie der Zellgehalt wieder auf physiologischem Niveau! AUSBLEIBEN DES THERAPIEERFOLGES keine ausreichende Antibiotikakonzentration Behandlungsfehler (Dosis, Intervall, Therapiedauer) Erreichbarkeit der Bakterien (Schwellung, Blut-Milch-Schranke) Medikamenteneigenschaften Resistenz negative Beeinflussung der körpereigenen Abwehr durch Antibiotika Aufflammen von Entzündungsherden, Neuinfektionen Nachkontrollen (BU) 1 - 2 Woche nach Behandlung sind nicht voll aussagekräftig (besser 3 – 4 Wochen) WICHTIGES ZUR BEHANDLUNG Melkreihenfolge einhalten/seperates Melkzeug (Hemmstoffe, Keimübertragung) Euterhygieneprogramm Ausmerzen therapieresistenter und behandlungsunwürdiger Kühe Kontrolle aller Euter vor Trockenstellen; ggf. Versorgung mit Trockenstellern Überprüfung und Reparatur der Melkmaschine Verbesserungen der Melkarbeit Verbesserungen des Fütterungsregimes und der Haltungsbedingungen VOLL - HYGIENEPROGRAMM Vormelken – Vormelkbecher verwenden desinfizierendes Zitzenreinigen mittels Einwegpapiertüchern Zitzentauchen (Dippen) mit geeignetem Desinfektionsmittel keine „Euterfetzen“ verwenden ZITZENREINIGUNG /–ZITZENTAUCHEN Variationen – Vollhygieneprogramm: Zitzenreinigen mit Seifenschaum Zitzentauchen mit desinfizierenden und hautpflegenden Komponenten BARRIERE - DIPS VORBEUGE - MASTITISERREGER Erreger Reservoir Voll - Hygiene Programm wirksam Sc. agalactiae Euter ja antibiotisches Trockenstellen wirksam Anmerkungen ja Bestandstherapie möglich Staph. aureus Euter Euterhaut meist ja* Therapieerfolg gering therapieresistente Kühe schlachten Melktechnik und – arbeit verbessern Melkreihenfolge! Sc. sp. E. coli Kot, Einstreu Wasser, etc. teilweise nein Haltungs- und Melkhygiene verbessern * Neuinfektionen während der Trockenstehzeit vermindern! ZITZENTAUCHEN - BIOBETRIEB Verbandsrichtlinien unterschiedlich Ernte - Verband untersagt das vorbeugende Zitzentauchen mit chemisch - synthetischen Mitteln in Problembeständen ist Zitzentauchen auf tierärztliche Verschreibung möglich kritische Gedanken zum Zitzentauchen: Wirksamkeitsnachweise ? Deklaration der Inhaltsstoffe ? Rückstände in der Milch ? Umweltrelevanz ? MASTITIS UND ZELLZAHL Management – Mastitis / Zellzahl: hochleistende Kühe in Hochlaktation: kombinierte (parenteral intramammäre) Therapie klinischer Mastitiden! (bei hoher Milchleistung Injektor meist zuwenig!) Kühe am Laktationsende: (frühzeitiges) Trockenstellen nach antibiotischer Therapie und mit Trockenstellern! Kontrolle aller Euter vor dem Trockenstellen (Schalm-Test / BU) und während des Trockenstehens Verbesserungen des Fütterungsregimes und der Haltungsbedingungen Nach dem Melken nochmals frisch einfüttern und Kühe (im Selbstfanggitter) für 30 min einsperren - Liegeflächen regelmäßig säubern / einstreuen! RICHTIGES TROCKENSTELLEN 1 Schalmtest vor Trockenstellen Ergebnisse der Milchleistungskontrolle beachten wenn Schalmtest positiv - bakteriologische Viertelgemelksuntersuchung kein generelles TS unter Antibiotikaschutz! Verwendung von „Trockenstellern“ bei Kühen mit hoher Leistung zum Trockensteller - Zeitpunkt, Zitzenkuppenverletzungen, schlechtem Strichkanalschluss usw. RICHTIGES TROCKENSTELLEN 2 abruptes TS besser als Auslassen von Melkzeiten (Milchproduktion wird bei Anmelken immer wieder stimuliert) - Fütterungsanpassung! „Trockensteller“ können keine bestehende Mastitis ausheilen, sondern bieten nur gewissen Schutz gegen Infektionen in der frühen Trockenstehzeit bei chronischen Mastitiden zum TS - Zeitpunkt: zuerst (2 bis 3 Tage) Laktationsformulierungen dann „Trockensteller“ TROCKENSTELLEN - BIOBETRIEB vorbeugendes Anwenden von Trockenstellern ohne Untersuchung verboten Behandlung von euterkranken Tieren erlaubt Achtung: Verdoppelung der Wartezeit! RÜCKSTÄNDE - MILCH Rückstände (Hemmstoffe) in der Milch: Produktionsausfälle gesundheitspolitische Aspekte (Allergien, Darmflora) wirtschaftliche Schäden Haftungsfragen Entsorgung hemmstoffhaltiger Milch Gefahr für das positive Image der „weißen“ Milch HEMMSTOFFE Kontaminanten: ca. 99% der Fälle (sekretorische, postsekretorische) menschliches Versagen - Verwechslung, Melkerwechsel Medikament - Wirkstoff, Pharmakokinetik behandeltes Tier - verzögerte Ausscheidung originäre Hemmstoffe: (Inhaltsstoffe von Blutzellen und Milch z.B. Ig A, Enzyme, Lysozym, Lactoferrin) Futtermittelinhaltstoffe: (z.B früher: erhöhter Kupferzusatz in Mineralstoffmischungen) BEISPIELE - KONTAMINATIONEN Verschleppung: Milchreste im Melkzeug (3 ml = 1.500 IE Pen G) kontaminieren 150 l Milch Melken einer behandelten Kuh: bei Ablieferung der Milch aus einem behandelten Viertel (= 1,5 Mio. IE Pen G) werden 150.000 l Milch (= Gemelke von 1.000 Kühen) nachweislich mit Penicillin kontaminiert HEMMSTOFFE - FEHLERQUELLEN Nichteinhalten der Wartezeit Trockenstellpräparate, Antibiotika - Spray Behandlung bei anderen Erkrankungen als Mastitiden Fütterungsarzneimittel Verfüttern der Milch behandelter Kühe, Ansaugen mangelhafte Kennzeichnung mangelhaftes Melkmanagement Nichteinhalten der Melkreihenfolge/seperates Melkzeug mangelhafte Reinigung des Melkgeschirrs Melkpersonalwechsel – Absprache und Kennzeichnung arzneimittelbedingte Euterveränderungen (selten) abgekapselte Arzneimitteldepots infolge arzneimittelbedingter Gewebsirritation / - reaktion HEMMSTOFFE - MANAGEMENT Das Freisein von Hemmstoffen - Management: striktes Einhalten der Melkreihenfolge / seperates Melkzeug eigenes Melkzeug und Melkeimer für behandelte Tiere Luftschlauch an die Luftleitung - nicht an die Melkleitung! deutliche Kennzeichnung am Tier konsequentes Führen von Aufzeichnungen kein Liefern von Milch aus unbehandelten Nachbarvierteln BEHANDLUNGEN - BIOBETRIEB 1 Stufenregelung Pflanzenheilkunde und Homöopathie sind zu bevorzugen nur wenn damit kein Erfolg zu erzielen ist, dürfen chemisch synthetische Tierarzneimittel (TAM) vom Tierarzt verabreicht werden Wartezeit Verdoppelung der gesetzlichen Wartezeit wenn keine Wartezeit angegeben, dann beträgt sie 48 Stunden (für chemisch - synthetische TAM) BEHANDLUNGEN - BIOBETRIEB 2 Tier und seine Produkte sind nicht mehr „bio“, wenn: innerhalb eines Jahres mehr als 3 Behandlungen mit chemisch – synthetischen Tierarzneimitteln erfolgten mehr als eine Behandlung bei kürzeren Produktionszyklen Ausnahmen: Impfungen, Parasitenbehandlungen, obligate Tilgungspläne alle zugelassenen TAM sind erlaubt, außer: präventive Anwendung von chem.-synthet. TAM und Antibiotika Wachstums- und Leistungsförderer Hormone zur Brunstsynchronisation HOMÖOPATHIE UND MASTITIS große Erwartungen Vorteil: keine Rückstände und Hemmstoffe, billig und nebenwirkungsfrei Nachteile: sehr aufwändige Auswahl der homöopathischen Arzneimittel nach den individuellen Symptomen des Tieres; Nachweis von Heilungsraten wegen Selbstheilungen schwierig (auch in der Schulmedizin!); Wirkung bei z.B. Staphylokokkenmastitiden auch unbefriedigend ohne genaue Tierbeobachtung ist keine homöopathische Behandlung möglich Die Homöopathie ersetzt nicht die Sanierung bzw. Behebung von krankmachenden Faktoren! BEITRAG - MASTITISTHERAPIE Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit Antibiotika in der Veterinärmedizin 1 1Quelle: WVA policy on the prudent use of antibiotics, WVA Bulletin, 1999 Antibiotika sind kein Ersatz für optimierte Haltungsbedingungen und gute Hygienestandards! VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT !