Prof. Dr. Reinhard H. Schmidt Einige Elemente der Spieltheorie U3L WS 2015/16 1 Typen/Klassen von Mehrpersonen-Entscheidungen Mehrpersonenentscheidungen Nichtkooperativ (Nichtkoop. Spieltheorie) Verhandlungen (Koop. Spieltheorie; Verhandlungstheorie) Kooperativ Abstimmungsregeln (Public Choice) 2 Spieltheorie - Einführung Ein Spiel ist eine formale Darstellung einer Situation in der (rationale) Individuen strategisch interagieren. „Strategisch“ bedeutet: unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich andere Spieler auch so verhalten, wie es für sie rational ist, wenn sie dabei bedenken, wie sich (wieder) andere verhalten, die davon ausgehen …. Benötigte Zutaten: i Spieler: Wer nimmt daran teil? ii Regeln: Wer kann zu welchem Zeitpunkt was tun? Welche Informationen liegen den Spielern vor? iii Ergebnisse: Was kann alles passieren ? iv Auszahlungen: Wie bewerten die Spieler die Ergebnisse? Beispiele: • Matching Pennies 1 („dynamisch“=nach einander ziehend) und 2 („statisch“ (=zugleich ziehend)) • Meeting in New York (Battle of the Sexes) 3 Die Problemstellung der (NK) Spieltheorie: Die Suche nach dem Gleichgewicht Wie soll ich entscheiden? Das wäre kein Problem, wenn ich genau wüsste, welche Handlung Spieler 2 wählt, d.h. wenn ich seine Aktion (a2) im voraus kennen würde. Im Grunde wäre das eine Entscheidung bei Sicherheit! Ich würde dann meine „beste Antwort“ auf a2 wählen. Problem: Da ich nicht weiß, welches a2 mein Gegner wählen wird, kann ich nur für alle möglichen Handlungen meines Gegners „bedingt beste Antworten“ spezifizieren. Mein Gegner wird dasselbe aus seiner Sicht tun. Wir haben also zwei Spieler, die wissen, „was sie täten, wenn sie wüssten, was der andere tut.“ Nur: was werden sie wirklich tun? Gibt es ein GG? -oder keines oder gar mehrere? 4 Spieltheorie - Einführung „Zutaten“ des Koordinationsspiels von Schelling: „Meeting in New York“: i Spieler: Mr. Luce und Mr. Raiffa. ii Regeln: Jeder Spieler kann sich um 12.00 mittags zur Grand Central Station (GC) oder auf das Empire State Building (ES) begeben. Keiner kennt die Pläne des anderen. Die Spieler können nicht kommunizieren. iii Ergebnisse: Sie können sich treffen oder verfehlen (siehe Zahlungsmatrix). iv Auszahlungen: Lu / Ra GC ES GC 100,100 0,0 ES 0,0 100,100 5 Spieltheorie - Einführung Die Spieltheorie hat sehr viele Anwendungen, z.B.: • Theorie der Finanzintermediation / Corporate Finance • Theorie der Unternehmung • Industrieökonomik • Theorie des allgemeinen Gleichgewichts Einige wichtige Forscher auf diesem Forschungsfeldes sind: • von Neumann und Morgenstern (1944), Nash* (1951) • Harsanyi* (1973), Selten* (1981) • Myerson (1978), Kreps und Wilson (1982), Rubinstein (1982) • Schelling* (1960), Aumann* (1959, 1976) • Smith* (1962), Kahneman und Tversky * (1979) Mit * gekennzeichnete Autoren erhielten bisher einen Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften. R. Selten hat sich in Frankfurt habilitiert. 6 Nash-Gleichgewicht: 3 Beispiele Beispiel 1: (UMD & LR) von oben 1/2 L R U 5, 1 7, 0 M 5, 1 3, 0 D 6, 4 4, 3 Beispiel 2: Meeting in New York Überlegen Sie mal, wie sich Spieler 1 und 2 entscheiden sollten, wenn sie für sich ein möglichst gutes Ergebnis anstreben. Evtl. mit Abschätzung der Wahrscheinlichkeiten dafür, wie der andere entscheidet? Aber was wären diese Wahrscheinl.? Beispiel 3: Das Gefangenenspiel 1/2 ES GC 1/2 L G ES 100, 100 0, 0 L -1, -1 -9, 0 GC 0, 0 100, 100 G 0, -9 -6, -6 7 Eliminierung dominierter Strategien als Lösungs- bzw. Gleichgewichtskonzept Beispiel: Spieler 1 (der zuerst zieht) sollte keinesfalls Strategie M spielen. Deshalb: Zeile M streichen! Spieler 2 sollte wiederum keinesfalls Strategie R wählen. Nun ist U für Spieler 1 keine streng dominierte Strategie. Aber wenn Spieler 2 rational ist, wird er keinesfalls R spielen. Unterstellt Spieler 1, dass Spieler 2 rational ist, so kann er davon ausgehen, dass dieser niemals R wählen wird. In diesem Fall, sollte er (Spieler 1) keinesfalls U wählen. 1/2 L R U 5, 1 7, 0 M 5, 1 3, 0 D 6, 4 4, 3 1/2 L R 1/2 L U 5, 1 7, 0 U 5, 1 D 6, 4 4, 3 D 6, 4 1/2 L D 6, 4 8 Nash Gleichgewicht: Definition • Definition: Eine Strategiekombination (s1*,…, si *) ist ein Nash Gleichgewicht, wenn für alle Spieler i I, gilt: ui ( si* , s*i ) ui ( si' , s*i ) (4) für alle s'i S i • In Worten (und für den vereinfachenden Fall von nur 2 Spielern): Eine Kombination der (besten) Strategien s1* (von Spieler 1) und s2* (von Spieler 2) ist dann ein Nash-Gleichgewicht, wenn gleichzeitig gilt: Die beste Strategie des Spielers 1, s1*, ist mindestens so gut wie jede andere mögliche Strategie, die Spieler 1 als Reaktion darauf wählen kann, dass der Spieler 2 seine beste Strategie s2* wählt, und zugleich: die beste Strategie des Spielers 2, s2*, ist mindestens so gut wie jede andere mögliche Strategie, die Spieler 2 als Reaktion darauf ergreifen kann, dass Spieler 1 seine beste Strategie s1* wählt. • In einem Nash Gleichgewicht muss die Strategie eines jeden Spielers i eine beste Antwort bezüglich der Strategien sein, die seine Gegner tatsächlich 9 wählen. Nash-Gleichgewicht: Beispiele Beispiel 1: (UMD & LR) von oben Beispiel 2: Meeting in New York 1/2 L R 1/2 ES GC U 5, 1 7, 0 ES 100, 100 0, 0 M 5, 1 3, 0 GC 0, 0 100, 100 D 6, 4 4, 3 D,L ist ein Nash-Gleichgewicht, und zugleich eines von 2 Pareto-Optima An diesem Beispiel erkennt man, dass es in einem Spiel mehrere NashGleichgewichte geben kann 10 Statische Spiele Dominante und Dominierte Strategien Im folgenden wird immer angenommen, dass alle Spieler rational sind und die Rationalität der Spieler allen Beteiligten bekannt („common knowledge“) ist. Auch beschränken wir uns vorläufig auf Spiele mit vollständiger Information. L=leugnen, G=gestehen Beispiel: Gefangenendilemma 1/2 L G L -1, -1 -9, 0 G 0, -9 -6, -6 Man beachte: Das Ergebnis das bei rationalen Spielern zu erwarten wäre, ist nicht Pareto effizient. – und wenn die Spieler dies erkennen, werden sie nach Möglichkeiten der Kooperation suchen oder die Situation zu verändern versuchen, etwa indem sie mehrere Spiele zusammenführen („Superspiele“) 11 Die Bedeutung des Gleichgewichts-Konzepts von John Nash Jedes Gleichgewicht der Spieltheorie ist entweder ein Spezialfall des oben dargestellten Nash Gleichgewichts oder eine Erweiterung. Beispiel: Ein Gleichgewicht in dominanten Strategien ist ein Spezialfall des Nash Gleichgewichts. Ein Bayesianisches (Nash) Gleichgewicht ist die Erweiterung des Nash Gleichgewichts auf den Fall von Spielen mit unvollständiger Information. Ein nicht zu vernachlässigendes Problem des Nash Gleichgewichtskonzeptes ist die typischerweise vorhandene Mehrdeutigkeit von Gleichgewichten. Beispiel: Meeting in New York. Hier gibt es zwei Gleichgewichte. Und weil es für die Betroffenen oft wichtig ist, ob ein Gleichgewicht vorliegt oder nicht, entsteht die wichtige Frage: Wie koordinieren sich die Spieler auf ein Gleichgewicht? 12 Nobelpreise – wer und wofür? • John Nash für das Konzept des Nash-Gleichgewichts und seiner mathematischen Begründung und des Nachweises seiner Allgemeinheit • Harsany und Selten für die „Entdeckung“ des Konzepts der „Teilspielperfektheit“ (und der Lösbarkeit durch Rückwärtsinduktion) bei Spielen, die sich als Abfolge von Spielstufen beschreiben lassen. • Reinhard Selten für „die zitternde Hand“ als „Lösung“ für das Problem der Uneindeutigkeit (und daran anknüpfend die Hinwendung zur experimentellen Wirtschaftsforschung, die sich der Frage widmet, wie Menschen wirklich entscheiden.) 13