WOLFGANG BORCHERT GEBOREN 20. MAI 1921 IN HAMBURG GESTORBEN 20. NOVEMBER 1947 IN BASEL W. Borchert/DenkMal 2000 Tafel-Inschrift: SAG NEIN! Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der Stadt, wenn sie Morgen kommen und dir den Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins: SAG NEIN! Du, Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, Du, Mutter in Frisko und London, Du am Honango und am Mississippi, Du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo, Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie Morgen befehlen, Ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins: SAGT NEIN! MÜTTER, SAGT NEIN! Wolfgang Borchert 1947 KURZBIOGRAPHIE • 1938 Schulabschluß. Veröffentlichung erster Gedichte im "Hamburger Anzeiger". • 1939 Lehre in der Buchhandlung Heinrich Boysen. Nebenher privater Schauspielunterricht. • 1941 Schauspieler an der "Landesbühne Osthannover" in Lüneburg. Gegen Ende des Jahres wird er eingezogen und hat erste Fronteinsätze im Osten. • 1942 Untersuchungshaft wegen des Verdachtes, sich eine Handverletzung selbst beigebracht zu haben. Freispruch, doch wegen Äußerungen "gegen Staat und Partei" dennoch Verurteilung zu einer Haftstrafe mit Frontbewährung. • 1943 Immer wieder Anfälle von Gelbsucht. Borchert soll wegen Dienstuntauglichkeit entlassen und für ein Fronttheater abgestellt werden. Einen Tag vor der Entlassung wird er wegen politischer Witze denunziert. • 1944 Neun Monate Untersuchungshaft in Berlin-Moabit. Anschließende Verurteilung mit erneuter "Feindbewährung". • 1945 Gefangennahme durch die Franzosen. Flucht. 600-Km-Marsch in seine Heimatstadt Hamburg. • 1946 Der schlechte Gesundheitszustand fesselt Borchert beinahe vollständig ans Bett. Aufenthalt im ElisabethKrankenhaus. Hier entstehen angefangen mit "Die Hundeblume" in rascher Folge Prosastücke. • 1947 Das Schauspiel "Draußen vor der Tür" wird innerhalb von acht Tagen niedergeschrieben und im Februar als Hörspiel gesendet. Nach zahlreichen anderen Erzählungen entsteht im Oktober im Basler Sanatorium das Manifest gegen den Krieg "Dann gibt es nur eins". • Am 20. November 1947, einen Tag vor der Uraufführung von "Draußen vor der Tür" in den Hamburger Kammerspielen, stirbt Borchert. Seine Urne wird auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg beigesetzt. WAHRHEIT “WENN DU MIT DER WAHRHEIT ZURÜCKHÄLTST, WENN DU DIE WAHRHEIT VERBIRGST, WENN DU IN DER ÖFFENTLICHKEIT SPRICHST, OHNE DIE GANZE WAHRHEIT ZU SAGEN, DANN BIST DU WENIGER WAHR ALS DIE WAHRHEIT! Jack London BÄNDCHEN “LATERNE, NACHT UND STERNE” (Verlag Hamburgischen Bücherei 1946) ANTHOLOGIE „HAMBURG, HEIMAT AM STROM” (Verlag Hamburgische Bücherei 1946) “DIE HUNDEBLUME” Diese Prosastücke im “Hundeblume” waren keine „Lektüre”, sie waren Anklage, Notschrei, Aufruhr. Borchert setzte sich mit seiner rücksichtslosen Aussage und seiner oft gewalttätig wirkenden Diktion über alle Konvention und Tradition hinweg. Er zerriß althergebrachte Bindungen und schlug der Heuchelei ins Gesicht. Er forderte mehr als nur literarische Teilnahme, er wollte Entscheidungen, Stellungnahmen erzwingen. Borchert vermochte sogar, auch diesem Leiden wegen seiner Krankheit etwas positives abzugewinnen: "... wenn ich nicht ins Gefängnis gekommen wäre, hätte ich keine Hundeblume geschrieben — wenn ich nicht krank geworden wäre hätte ich überhaupt kein Wort geschrieben. Das Leben ist doppelseitig wie ein Fisch: Manchmal blinkert die Unterseite ganz silbrig." • „Und darum lass Dich bitten: Wenn Dich keiner hören will, kein Theater Deine Stücke spielt und kein Theaterbesucher Beifall klatscht, lass Dich auf Deinem einmal beschrittenen Weg nicht beirren, schreibe für uns, für Deine Kameraden, schreibe für die Tausende von „Beckmanns”, für die Einsamen und Verlassenen, für die in keine Heimat Heimkehrten, für die Verzweifelnden und sich überflüssig Glaubenden, für alle, die draussen vor den Türen stehen, und laß nicht nach und schreibe, dass Dir die Finger bluten!” „Die Erde sinkt zurück, Die Fesseln und die Schmerzen: Ich bin am Himmel Stern geworden Und fühl´ im All den Schlag Von Gottes weitem Herzen” Wolfgang Borchert