IAB Young People in Europe (Cost Report) – Bildungs- und Beschäftigungsprobleme Jugendlicher in Deutschland Colloque “Les jeunes dans une Europe vieillissante” Regards franco-allemands Paris 5 mars 2007 Dr. Hans Dietrich Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB Die Stagnation im Bildungssystem Die Bildungsexpansion kam in den 80er Jahren zum Erliegen Anstieg der durchschnittlichen Verbleibsdauer im Schulsystem Nach wie vor verlassen etwa 9% Jugendliche das allgemeinbildende Schulsystem ohne Abschluss Sinkendes Abschlussniveau junger Männer in den neuen Bundesländern Erhebliche Bildungsprobleme junger Migranten und Jugendlicher aus bildungsfernen Familien PISA-Befunde: über 20% kompetenzarme Jugendliche Schüler über Arbeitsmarkt und Beruf wenig informiert Debatte über niedrig qualifizierte Jugendliche kommt gerade in Gang Dietrich 2007: Paris IAB Schülerinnen und Schüler im 8. Schuljahr in Deutschland 1952-2003 (ab 1991 einschl. neue Länder) 15 7 16 9 17 11 19 23 26 27 28 30 31 31 Gymnasien 15 3 21 5 4 7 10 10 integrierte Gesamtschule einschl. freier Waldorfschulen 27 26 Realschulen 7 9 25 24 24 28 29 29 78 74 72 66 56 47 41 38 34 1952 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2003 Quelle: StaBA: Fachserie A, Reihe 10 Dietrich 2007: Paris integrierte Haupt- und Realschulklassen Hauptschulen IAB Dietrich 2007: Paris IAB Strukturelle Defizite in der Berufsausbildung Strukturelle und sektorale Veränderungen in der Erwerbslandschaft führen zu verändertem Qualifikationsbedarf der Betriebe und zu einem unzureichendem Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen Steigender Kostendruck und wachsende Unsicherheit in der Geschäftsentwicklung fördern die sinkende Ausbildungsneigung der Betriebe Demographie- und Konjunkturabhängigkeit des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes für Jugendliche Wachsender Anteil von Ausbildungsplatz-Bewerbern, die das Schulsystem bereits seit Jahren verlassen haben Dietrich 2007: Paris IAB Unzureichendes Ausbildungsplatzangebot 19 78 19 80 19 82 19 84 19 86 19 88 19 90 19 92 19 94 19 96 19 98 20 00 20 02 20 04 20 06 900000 800000 700000 600000 500000 400000 300000 200000 100000 0 Bew erber insgesamt Dietrich 2007: Paris abgeschlossene Verträge IAB Gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen nach Jahr des Schulabschlusses 900000 800000 700000 770348 737797 711393 719571 23,1% 25,0% 19,7% 20,4% 740165 20,3% 21,2% 600000 25,6% aus früheren Jahren 20,5% aus dem Vorjahr 53,9% aus dem Berichtsjahr 19,6% 500000 19,6% 400000 300000 60,0% 200000 59,3% 57,2% 54,5% 100000 0 10/99-09/00 10/00-09/01 Quelle: Online-Statistik der Bundesagentur für Arbeit Dietrich 2007: Paris 10/01-09/02 10/02-09/03 10/03-09/04 IAB Jugendliche in staatlichen Ergänzungsangeboten (1999-2003) - in 1000 450 Zahl der Jugendlichen in Ergänzungsangeboten 400 178,3 Berufsfachschule, die berufliche Grundbildung vermittelt, 1. Jahr 43,2 49,2 Berufsgrundbildungsjahr (BGJ) 79,5 79,3 350 161,6 300 149,6 250 151,7 141,7 200 39,7 41,2 40,5 150 72,8 75,8 83,2 89,4 93,3 106,9 108,0 1999 2000 2001 2002 2003 68,6 Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) 100 50 0 Quelle: Online-Statistik der Bundesagentur für Arbeit; Berufsbildungsbericht (2004) Dietrich 2007: Paris berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen IAB Steigende Zahl arbeitsloser Jugendlicher Seit Jahren Rückgang sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse für Jugendliche Veränderte Arbeitsorganisation und internationale Arbeitsteilung führt zu verändertem Qualifikationsbedarf der Betriebe; deutlicher Abbau von Arbeitsplätzen mit geringen Qualifikationsanforderungen Jüngste Konjunkturschwäche führte zu steigenden Zahlen arbeitsloser Jugendlicher auch mit beruflichem Abschluss Zusammenlegung von Arbeitslosen und Sozialhilfe hat zunächst zu einem drastischen Anstieg der Zahl arbeitsloser Jugendlicher geführt; neben Sozialhilfe beziehenden Jugendlichen wurden auch Jugendliche erfasst, die sich bislang nicht bei den Ämtern gemeldet haben Dietrich 2007: Paris IAB Sinkende Jobchancen für Jugendliche N Beschäftigte Erwerbsstatus Jugendlicher 1983-2001 - aBL 5000000 4000000 3000000 2000000 1000000 0 83 9 1 85 9 1 87 9 1 89 9 1 91 9 1 93 9 1 95 9 1 97 9 1 99 9 1 Jahr Vollzeit Dietrich 2007: Paris Teilzeit Azubi Rest Insgesamt 01 0 2 IAB Entwicklung der Zahl arbeitsloser Jugendlicher in Deutschland 1992-2006 700.000 600.000 500.000 400.000 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 20 06 19 19 91 300.000 200.000 100.000 0 Insgesamt Dietrich 2007: Paris Männer Frauen IAB Maßnahmeförderung für arbeitslose Jugendliche Arbeitsmarktintegration Jugendlicher als Schwerpunkt europäischer und deutscher Arbeitsmarktpolitik Deutliche quantitative Ausweitung der aktiven Arbeitsmarktpolitik (Maßnahmen für Jugendliche) bis 2003 Ab 2004 Neubestimmung einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik mit den Hartz-Reformen: Neue Leitlinie „Fördern und Fordern“ Aktivierung junger Arbeitsloser durch: •individuelle Förderung, •passgenaue Angebote; •Beidseitige Verpflichtung erhöhen durch Eingliederungsvertrag •Sanktionen Ziel: Schnelle Integration in den ersten Arbeitsmarkt Dietrich 2007: Paris IAB Eintritte in ausgewählte Maßnahmen für arbeitslose Jugendliche – Deutschland - 2000 bis 2005 600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 0 2000 2001 2002 2003 Maßnahmeeintritte Dietrich 2007: Paris 2004 2005 IAB Fazit I Der Übergang von der Schule in Ausbildung und Beschäftigung gestaltet sich insbesondere für leistungsschwächere Jugendliche zunehmend schwieriger; Gleichzeitig wächst die Notwendigkeit berufliche Abschlüsse zu erwerben, auch wenn berufliche Abschlüsse immer weniger hinreichend sind, um den Übergang in Beschäftigung zu garantieren In hohem Umfang wird versucht, kritische Übergänge maßnahmebasiert abzufedern; vielfach wird dabei der Weg in Ausbildung oder Beschäftigung verlängert Dietrich 2007: Paris IAB Fazit II Daraus ergeben sich mehrere Perspektiven: den Anteil der Schulabgänger ohne allgemeinbildenden Abschluss bzw. mit unzureichenden Kompetenzen deutlich reduzieren; für Jugendliche ausreichend Ausbildungsangebote bereitstellen; dazu ist auch über Alternativen zum dualen System nachzudenken das Beschäftigungsangebot für Jugendliche erhöhen das Maßnahmeangebot auf seine Wirksamkeit überprüfen und Maßnahmen gezielt einsetzen Dietrich 2007: Paris IAB Herzlichen Dank Dietrich 2007: Paris IAB Struktur der arbeitslosen Jugendlichen 1998-2005 Merkmal Region: NBL Frauen Ausländer Behinderung Langzeitarbeitslos (6 Monate u. m.) Ohne Hauptschulabschluss Ohne beruflichen Abschluss Dietrich 2007: Paris 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Spaltenanteile in % Bundesrepublik Deutschland 2004 2005 32,5 44,1 15,3 1,4 34,9 43,6 13,7 1,4 39,2 42,2 11,8 1,5 36,8 41,1 11,8 1,5 36,2 39,8 11,1 1,3 34,5 40,3 10,4 1,6 35,3 41,2 9,5 1,5 35,1 43,7 10,5 x 18,6 15,2 16,8 16,8 18,4 22,2 25,2 31,9 11,8 11,4 11,1 11,3 10,3 9.8 11,6 14,9 55,4 56,3 55,4 54,2 47,5 42,1 39,9 46,7 IAB Eintritte in Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik nach Berufsabschluss 70 60 50 40 30 20 10 0 2000 2002 ohne abgeschlossene Berufsausbildung Dietrich 2007: Paris 2004 2005 mit abgeschlossener Berufsausbildung IAB Jugendliche im Kontext von SGB II Derzeit knapp 1 Million Jugendliche als SGB II Leistungsbezieher 67% nicht als arbeitslos registriert 33% arbeitslos gemeldet. SGB II arbeitslose Jugendliche unterscheiden sich in typischer Weise von Jugendlichen, die dem Rechtskreis SGB III zugehören SGB II arbeitslose Jugendliche sind tendenziell jünger häufiger (noch) ohne Schulabschuss (23% zu 7%) häufiger (noch) keine abgeschlossene Berufsausbildung (65% zu 29%) Häufiger Migranten (14% zu 3%) Geringere Berufserfahrung (28% zu 44%) Dietrich 2007: Paris IAB Angebots/Nachfrage-Relation der Ausbildungsplätze 130 alte Bundesländer neue Bundesländer Deutschland 120 112,5 110 100 90 80 1991 1992 1993 1994 Quelle: BA/BiBB; eigene Berechnungen Dietrich 2007: Paris 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004