Seminar: Kategorisierung und Etikettierung

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Seminar:
Kategorisierung und Etikettierung
Stephan Wolff
Institut für Sozial- und
Organisationspädagogik
Universität Hildesheim
Sommersemester 2007
Seminar: Kategorisierung und Etikettierung
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Zeit: Mo 12-14
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Teilnehmer: BA SOP/OP, Modul 11, andere nach Rücksprache
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Raum: D 017 Spl
Inhalt: Alle Formen organisierter sozialer Dienstleistung beinhalten
Prozesse der Kategorisierung bzw. Selbstkategorisierung zur Kennzeichnung
von Personen, Problemen, Sachverhalten und Beziehungen. Die Wahl einer
‚passenden‘ Kategorie ist für die institutionelle Bearbeitung von Fällen wie
für die Identität aller beteiligten Personen von großer Bedeutung.
Kategorisierungen können eine Eigendynamik entwickeln; man spricht dann
von Etikettierung und Stigmatisierung.
Die Veranstaltung führt in einschlägige Konzepte und
Untersuchungsmethoden (Kategorisierungsanalyse) ein und versucht diese
durch Arbeit mit empirischem Material (Akten, Zeitungsartikel,
Werbematerial, Aufzeichnungen von Gesprächen) exemplarisch zu vertiefen.
Literatur (Grundlagen):
 Lepper, Georgia (2000): Categories in Text and Talk. A Practical
Introduction to Categorization Analysis. London: Sage
 Wolff, S. (2006): Textanalyse. S. 245-273 in R. Ayaß und J.R. Bergmann
(Hg.), Qualitative Methoden der Medienforschung. Reinbek: Rowohlt
Teilnahme- und Scheinvoraussetzungen
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Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer führen ein E-mail-Tagebuch und
senden nach jeder Sitzung 3 Rückmeldungen
 Diese drei Einsichten habe ich mitgenommen
 Das möchte ich noch klären oder vertiefen
 Damit bin ich nicht einverstanden bzw., das sehe ich kritisch
an den Veranstalter, der in der nächsten Stunde zu den Rückmeldungen
Stellung
nimmt. Erwartet werden Tagebucheinträge von mindestens 7 (von 12)
Sitzungen
und eine resümierende Abschlussstellungnahme zu den drei Kategorien.
Alternative 1: Je zwei Teilnehmerinnen gestalten eine Seminarstunde. In
der Regel läuft dies auf die Präsentation von 1-2 Texten hinaus. Das
Referat wird durch ein kurzes Thesenpapier ergänzt. Die Dauer des
Referats sollte 30 Minuten nicht überschreiten. Die anschließende
Diskussion wird von den Referenten moderiert. Alternative 2: In
Einzelarbeit eine schriftliche Analyse einer Zeitungsmeldung nach dem
Muster von Wolff (2006)
Email-Tagebuch und Referat/Analyse zählen jeweils 50% der Note.
Seminarplan
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16. April: Einführung und Übung „Kategorisieren im Alltag“
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23. April: Übung „Rollenübernahme und Beobachtung: Wie Profis ihr
Arbeitsfeld sehen“ (Sacks 1972)
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30. April: Referat „Kategorisierungsarbeit bei ‚Geisteskrankheit‘ (Smith
1976; v. Gudden u.a. 1886); Referat „Etikettierungsansatz. Struktur und
Kritik“ (Scheff 1973, Kap. 3,4; Böhnisch 2000; Münch 2003: 347-360;
Esser 2001: 194-199)
07. Mai: Referat „Kategorisierung als organisatorische Routinetätigkeit in
Schulen und sozialen Einrichtungen“ (Ashford/Humphrey 1995; Holstein
1992; Kalthoff 2000)
14. Mai: Referat „Selbstkategorisierung und Gruppe“ (Turner et al 1987,
Turner 1999, Hogg/Terry 2000, Mummendey, Otten 2002 ) (Fechner,
Wogan)
21. Mai: Referat: Kategoriale Legitimationsversuche von Gewalt gegen
Frauen (Eglin/ Hester 1999a und b; Scully/Marolla 1982) (Diewald)
Seminarplan
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04. Juni: Referat „Normale Eigenartigkeiten; Methoden der
Etikettierungsvermeidung im Alltag (Lynch 1983; Widdicombe 1998)
(Musialowska)
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11. Juni: Übung „Methode zur Rekonstruktion der Systematik von
Kategorisierungsprozessen: MCD-Analyse“ (Silverman 1997, Lepper 2000)
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18. Juni: Übung „Implizite Kategorisierungen in Zeitungsüberschriften“
(Wolff 2006)
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25. Juni: Referat „Gefangen in Kategorien? Profiling in der Kriminalistik und
beim Arbeitsamt“ (Brenner/Grüner 2001; Hoffmann 1999; Meyer 2002;
Musoff/ Hoffmann 2001) (Scheidegger)
02. Juli: Referat „Kategorien- und situationsgerechte Gefühle:
Emotionalität von Zeugen vor Gericht“ (Wolff/Müller 1997:199-221)
(Eilers, Paulo)
09. Juli: Referat: Kommunikative Verfahren der Konstruktion des Fremden
(Bergmann 2001) (Dopke)
Weitere mögliche Referatthemen
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Kategoriale Legitimationsversuche von Gewalt gegen Frauen (Eglin/
Hester 1999a und b; Scully/Marolla 1982) (Diewald)
Identitätskonstruktion in Interviews : Sozialwissenschaftliche
Interviews (Widdicombe/ Woofitt 1995; Silverman 2001, S. 101110.)
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Selbstkategorisierungen beim Telefonieren im Alltag und in
Notfallsituationen (Bergmann 1993)
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Kommunikative Verfahren der Konstruktion des Fremden
(Bergmann 2001) (Dopke)
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Umgangsweisen mit eigenem Stigma (Goffman 1967)
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„Prekariat“ als neue soziale Schicht? Analyse der Karriere einer
Kategorie (Bude/ Willisch 2006)
Literaturliste
Antaki, Charles, Sue Widdicombe, ed. (1998) Identities in Talk. London: Sage
Baker, Carolyn (2004): Membership Categorization and Interview Accounts. S. 162-176
in. D. Silverman (ed.), Qualitative Research. Second Edition. London.
Brusten, Manfred/ Hohmeier (Hg.) (1975): Stigmatisierung 2. Zur Produktion
gesellschaftlicher Randgruppen. Neuwied und Darmstadt.
Bude, Heinz/ Willisch, Andreas (Hg.): „Das Problem der Exklusion. Ausgegrenzte,
Entbehrliche, Überflüssige“. Hamburger Edition, Hamburg: HISVerlagsgesellschaft 2006
Esser, Hartmut (2001): Exkurs über den Labeling Approach. S. 194-199 in: ders.,
Soziologie. Spezielle Grundlagen. Band 6. Frankfurt/New York.
Hester, Stephan/ Eglin, Peter (1992): A Sociology of Crime. London: Routledge. (Kap. 6)
Holstein, James A. (1992): Producing People. Descriptive Practice in Human Service
Work. Current Research on Occupations and Professions 7: 23-39.
Hogg, A. and Terry, D. J. (eds.) (2001), Social Identity Processes in Organizational
Contexts. Sussex: Psychology Press.
Kalthoff, Herbert (2000): “Wunderbar, richtig”. Zur Praxis mündlichen Bewertens.
Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 3: 429-446.
Lepper, Georgia (2000): Categories in Text and Talk. A Practical Introduction to
Categorization Analysis. London
Lynch, Michael (1983): Accommodation Practices: Vernacular Treatments of Madness.
Social Problems 31: 152-163.
Maeder, Christoph (1997): “Schwachi und schwierigi Lüüt”. Inoffozielle
Insassenkategorien im offenen Strafvollzug. S. 218-239, in: S. Hirschauer/ K.
Amann (Hg.), Die Befremdung der eigenen Kultur. Frankfurt.
Literaturliste
Münch, Richard (2003): Abweichendes Handeln als Karriere. S. 347-360 in: ders.,
Soziologische Theorie. Band 2. Frankfurt/ New York.
Mummendey, A. & Otten, S. (2002): Theorien intergruppalen Verhaltens. In D. Frey
& M. Irle (Eds.), Theorien der Sozialpsychologie, Band II (S. 95-199). Bern: Hans
Huber.
Sacks, Harvey (1972): Notes on Police assessment of Moral Character. S. 280-293
in: D. Sudnow (ed.), Studies in Social Interaction. New York.
Sacks, Harvey (1974): On the Analyzability of Stories by Children. In: R. Turner
(ed.), Ethnomethodology. Harmondsworth.
Sacks, Harvey (1984b): On Doing ‘Being Ordinary”. In: M.J. Atkinson/ J. Heritage
(eds.), Structures of Social Action: Studies in Conversation Analysis. Cambridge:
Cambridge University Press.
Scheff, Thomas J. (1973): Das Etikett “Geisteskrankheit”. Soziale Interaktion und
psychische Störung. Frankfurt.
Silverman, David (1998): Harvey Sacks and Conversation Analysis. Cambridge.
Smith, Dorothy (1976): K ist geisteskrank. In: E. Weingarten u.a. (Hg.),
Ethnomethodologie. Frankfurt.
Turner, J. C. (1999). Some Current Issues in Research on Social Identity and
Selfcategorization Theories. In Ellermers, N., Spears, R. & Doosje, B. (eds.),
Social Identity. Oxford: Blackwell.
Wolff, S. (2006): Textanalyse. S. 245-273 in R. Ayaß und J.R. Bergmann (Hg.),
Qualitative Methoden der Medienforschung. Reinbek: Rowohlt
Wolff, Stephan/ Müller, Hermann (1997): Kompetente Skepsis. Konversationsanalytische Studien zur Glaubwürdigkeit vor Gericht. Opladen.
Übung 1: Kategorisieren im Alltag
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Gruppe 1: Besucher einer Disco (Türsteher)
Gruppe 2: Schüler in der Klasse (Lehrer)
Gruppe 3: Zugänge in der JVA (Wachpersonal)
Gruppe 4: Jugendliche Bewerber für Lehrstellen
(Personaleinsteller)
Arbeitsaufgabe
 Welche Personenkategorien sind in diesem Kontext
relevant?
 Was passt zu den jeweiligen Kategorien an
Attributen und Handlungsweisen? Was würden Sie
typischerweise erwarten?
Zeit: 30 Minuten
Harvey Sacks:
The police assessment of moral character (1972)
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Wer sich im öffentlichen Raum kompetent bewegt, macht sich als jemand
erkennbar, der „normal“ und „ordentlich“ seinen Geschäften nachgeht
(„normale Erscheinung“)
Die Beteiligten sozialer Szenen wissen um diese Erkennbarkeit (Adam‘s
Problem) und versuchen unwillkürlich oder gezielt, dieser zu entsprechen.
Sacks untersucht, wie die Polizei mit Hilfe einer Analyse der
Erscheinungsweise von Personen auf die Wahrscheinlichkeit von
kriminellem Verhalten zu schließen versucht.
Sacks‘ Frage lautet: Wie kommen Polizisten dazu (nicht) Verdacht zu
schöpfen? Welche Methoden setzen sie dazu ein?
Er identifiziert zwei korrespondierende Vorgehensweisen:
 Polizisten organisieren ihr Arbeitsfeld bzw. ihren Bezirk als ein
„Territorium normaler Erscheinungen“.
 Sie wenden eine Unvereinbarkeitsprüfung („incongruity procedure“) an.
 Diese „Unvereinbarkeit“ wandelt sich je nach den Umständen und der
Zeit der Beobachtung.
Harvey Sacks:
The police assessment of moral character (1972)
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Ähnliche Techniken entwickeln andere AbweichungsSpezialisten wie Sozialarbeiter, Kontaktbeamte,
Sozialgeographen, Archäologen, Taxifahrer oder Psychiater.
Über diese Prozeduren reflexiv verfügen zu können, d.h. in der
Lage zu sein, zwischen Fassaden und Realität Übereinstimmungen
oder Differenzen herzustellen, unterscheidet den Novizen vom
erfahrenen Profi.
Meist ist dieses Wissen nicht explizit verfügbar und in
Lehrbüchern kodifiziert, sondern steckt den Betreffenden als
implizites Wissen in den Knochen (Gefühl, „da stimmt etwas
nicht“).
Umgekehrt verfügen auch ihre Zielgruppen über dieses Wissen
und setzen es ein, um nicht aufzufallen bzw. guten Eindruck zu
machen.
Forschungsstrategien zur Ermittlung von
diesbezüglichen Kompetenzen
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Untersuchung bzw. Herbeiführung kritischer Situationen
(Garfinkel‘s Erschütterungsexperimente, Transsexuelle)
Persönliches Sichaussetzen (Behinderung simulieren, eine
Fähigkeit lernen (wie Umgang mit Reisegruppen), in einen Kultur
eingeführt werden (Polizei) , seine Krankheitserfahrungen
reflektieren (Robillard, Good)
Ethnographie ggf. mit Interviews zu kritischen Ereignissen
(Sozialarbeiter bei Fallabwicklung beobachten, Lautes Lesen von
Akten durch Richter)
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Konversationsanalyse von Interaktionen und Texten
(Untersuchung von Gutachten)
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Kombinationen dieser Strategien
Hausaufgabe: Wie Profis ihr Arbeitsfeld sehen
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Gruppe
Gruppe
Gruppe
Gruppe
Gruppe
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Arbeitsaufgabe
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


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1: Polizisten
2: Städteplaner
3: Sozialarbeiter
4: Industrie- und Handelskammer
5: Senioren- und Behindertenbeauftragte
Welche Kategorien/Unterscheidungen von Personen, Orten und
Abläufen sind in diesem Kontext aus der eigenen Perspektive
relevant?
Was erwarten Sie an Problemen, Entwicklungen und
Arbeitsaufgaben in diesem Revier?
Berücksichtigen Sie auch den zeitlichen Aspekt (Tageszeit, kurzund langfristige Entwicklungen)
Fertigen Sie ein kurzes Protokoll
Beobachtungsgebiet
Route
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Vogelweide
Altes Dorf
Bahnhof
Hezilostrasse
Pepperworth
Bahnhofstrasse
Bahnhofsvorplat
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Rückmeldungen zu Rückmeldungen
Unterschied zwischen Kategorie, Etikett,
Vorurteil
 Zusammenhang Kategorie und Erwartung
(Beispiel Jens Förster)
 Selbstkategorisierung
 Frage: sollte man Akten vorher lesen?
 Zusammenhang Kategorisierung und
Sozialisation
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Labeling Approach (Howard Becker)
1.
Keine Verhaltensweise besitzt an sich die Qualität „abweichend“.
Abweichendes Verhalten wird durch die Norm setzenden Instanzen
definiert.
2.
Definitionen abweichenden Verhaltens werden nur verhaltenswirksam,
wenn die Normen angewandt werden. Normen werden in Interaktionen
realisiert.
3.
Normanwendung erfolgt selektiv, d.h. gleiche Verhaltensweisen werden
situations- und personenspezifisch unterschiedlich definiert.
4.
Selektionskriterien können unter den Faktor Macht subsumiert werden.
5.
Eine Etikettierung als „abweichend“ setzt Mechanismen der sich selbst
erfüllenden Prophezeiung in Bewegung, die weitere Verhaltensweisen
erwarten lassen, die als abweichend definiert werden. Gleichzeitig erfolgt
eine Reduktion der konformen Handlungsmöglichkeiten durch nonkonforme Verhaltenserwartungen. Beides macht eine kriminelle Karriere
wahrscheinlicher.
6.
Aufgrund der Zuschreibung des Abweichens bilden sich abweichende
Selbstdefinitionen heraus. Die Identität der Person verändert sich. Die
Variationen des Labeling-Approachs
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Selektions-Labeling sagt aus: In die offiziell registrierten
Kriminalitätsraten geht nur ein Teil der realen Kriminalität ein,
weil die Umwelt auf abweichende Verhaltensweisen selektiv
reagiert.
Definitions-Labeling sagt aus: In Interaktionen werden auf der
Basis von Situationsdefinitionen Normen gesetzt und
angewandt.
Zuschreibungs-Labeling sagt aus: Einer Person wird die Rolle
des Abweichlers zugeschrieben.
Verursachungs-Labeling sagt aus: Bestimmte Umweltreaktionen
auf Etikettierungsprozesse rufen erst abweichende
Verhaltensweisen hervor.
Forcierungs-Labeling sagt aus: Umweltreaktionen wirken (z.B.
durch Reduzierung der konformen Handlungsmöglichkeiten) als
Verstärker für abweichendes Verhalten.
Howard S. Becker
Primäre und sekundäre Abweichung (Lemert)
Eine sich-selbst-erfüllende Prophezeiung
Modell der Stigmatisierung (nach Lüdemann)
Szenario einer kriminellen Karriere
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Ein Jugendlicher begeht zur Lösung eines Problems eine abweichende
Verhaltensweise ohne dass das Delikt öffentlich bekannt wird, das
Kind entgeht einer Zuschreibung.
Ob sein Problem gelöst ist oder nicht, es sieht in dem unentdeckten
Normenverstoß einen Erfolg, der ihn zur Wiederholung der
abweichenden Verhaltensweise ermuntert. Damit steigt die Möglichkeit
der Entdeckung der abweichenden Verhaltensweise an.
Eine der weiteren Abweichungen wird bekannt, aber nicht geahndet,
stattdessen wird dem Kind geholfen, sein Problem zu lösen. Es wird
keine Zuschreibung vorgenommen, aber die Wahrscheinlichkeit
abweichender Verhaltensweisen steigt (intermittierende Verstärkung)
Oder die Tat wird geahndet, das Problem aber nicht gelöst. Aufgrund
der Bekanntheit des Normenverstoßes lehnt die bisherige Umwelt des
Kindes das Kind als Normabweichler ab.
Szenario einer kriminellen Karriere (Fortsetzung)
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Stattdessen findet es Bestätigung in einem neuen
Bekanntenkreis, der die Bestrafung als Auszeichnung
uminterpretiert. Bei weiteren Normverletzungen erfährt es
durch seine Freunde weitere Anerkennung.
Weitere ermittelte Abweichungen werden von den
Sanktionsinstanzen härter bestraft als die zuvor begangenen.
Der Jugendliche wird offiziell als Abweichler
(‚Intensivtäter‘) etikettiert. Durch die Fremddefinition wird
seine Selbstdefinition beeinflusst: er setzt sich mit der
Etikettierung auseinander und akzeptiert sie; sein Zugang zu
Mitteln seiner normkonformen Persönlichkeitsentwicklung wird
beschränkt.
Der Jugendliche wird aufgrund seiner verringerten sozialen
Entwicklungsmöglichkeiten zum Außenseiter. Er erlernt
Techniken der delinquenten Problemlösung und vollzieht
diese.
Szenario einer kriminellen Karriere (Fortsetzung)
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Der Jugendliche wird strafrechtlich auffällig. Die bisherigen
nicht-strafrechtlichen Ahnungen werden bei der
strafrechtlichen Ahndung strafverschärfend berücksichtigt.
Der Jugendliche begeht weitere abweichende Verhaltensweisen.
Bei der nicht strafrechtlichen Ahndung (soziale Ächtung) wird
die strafrechtliche Sanktionierung strafverschärfend
berücksichtigt, die Stigmatisierung erweitert und/oder
verfestigt.
Der Jugendliche übt die ihm zugeschriebene Rolle aus.
In die strafrechtliche Sanktionierung von Normenverstößen
werden die bisherigen nichtstrafrechtlichen und die
strafrechtliche Ahndung strafverschärfend einbezogen, die
Etikettierung nochmals erweitert u./o. verfestigt.
Szenario einer kriminellen Karriere (Fortsetzung)
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Der Jugendliche wird in seiner Außenseiterrolle bestätigt, sein
Zugang zu Mitteln normkonformer Persönlichkeitsentwicklung wird
weiter beschränkt.
Aufgrund der nochmals erweiterten Etikettierung lehnt die
bisherige Umwelt des Jugendlichen den Jugendlichen als
Stigmatisierten ab; stattdessen findet er weitere Bestätigung in
seinem neuen Bekanntenkreis.
Der Jugendliche übt die ihm zugeschriebene erweiterte Rolle aus.
In die strafrechtliche Sanktionierung werden die bisherigen
nichtstrafrechtlichen und strafrechtlichen Ahndungen
strafverschärfend einbezogen.
Der Jugendliche kommt in die Jugendjustizvollzugsanstalt, hier
erweitert und vervollständigt er seine Techniken der delinquenten
Problemlösung.
Der Jugendliche wird nach seiner Entlassung aus der
Kritik am Etikettierungs- und Stigmatisierungsansatz
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Wirkung der Stigmatisierung empirisch kaum belegbar
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keine in sich geschlossene Theorie (nur ‚halber‘
Konstruktivismus)
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Verhalten besteht auch ohne Definition
(Dunkelzifferproblematik)
Sozialpädagogische / kriminologische Forderung
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Wenig stigmatisieren (Normalisierungsprinzip)
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Möglichst entkriminalisieren (Resozialisierung)
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Nichtintervention (Vertrauen auf Selbstheilung)
Rückmeldung zu Rückmeldungen
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Schließen sich Labeling- und andere Theorien abweichenden
Verhaltens gegenseitig aus?
Nicht-Intervention als positive Verstärkung?
Rosenhan-Studien (Schule und Psychiatrie)
Wie gehen klassifizierende Organisationen mit ihrer
Verantwortung um?
Inwieweit wirkt sich die Umgebung auf Labeling aus?
Stigmatisierung und Macht
Wie entstehen Labels bzw. Stigmata? Gibt es interkulturelle
Aspekte?
Labels als Ehrenzeichen in bestimmten Subkulturen!?
Wie könnten Ent-Etikettierungs- bzw. EntStigmatisierungsprogramme aussehen?
Analogie: Primäre, sekundäre und tertiäre Viktimisierung
Behandelt werden noch: Selbststigmatisierung, Identifikation
mit Gruppen
Wertung des Etikettierungsansatzes
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Unbestritten:
 Feststellung von Abweichung durch Instanzen sozialer Kontrolle keine
Wahrheits-, sondern eine Frage der Zuschreibung
 Entscheidungen über Zuschreibungen erfolgen immer selektiv
 Zuschreibungen beruhen auf Typisierungen bzw. nutzen Kategorisierungen,
um Feststellungen und Maßnahmen zu treffen und zu begründen
 Menschen aus bestimmten sozialen Verhältnissen müssen eher mit solchen
Definitionsprozessen rechnen als andere
Gegenposition: Ätiologischer (täterorientierter) Ansatz
 Erforscht Gründe, die Personen haben, abweichende Verhaltensweisen zu
zeigen (die dann Reaktionen hervorrufen können oder auch nicht!)
 Erklärungen: rationale Kalkulation, fehlende Mittel zur Erreichung
kultureller Ziele, Anpassung an subkulturelle Erwartungen usw.)
Problematisch:
 Etikettierungsprozess ist durch die Interessen ‚herrschender Gruppen‘
dominiert
 Soziale Abweichung gibt es ohne Etikettierung nicht
 Soziale Reformen, Kriminalitätsbekämpfung kann nicht durch
Etikettierungsvermeidung bzw. durch Abschaffung der betreffenden
Instanzen (Gefängnisse, Strafrecht) geschehen (Abolitionismus)
Das ethnomethodologische Forschungsprogramm
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Unterschied zum üblichen soziologischen Vorgehen
Dieses subsumiert soziale Phänomene unter vorgängige
soziologische Kategorien. Beispiele:
 eine Geschworenengruppe unter die Kategorie „Kleingruppe“
 eine Handlungsweise unter die Kategorie „anomisches
Verhalten“
 den Zustand einer Wohnung unter die Kategorie
„Verwahrlosung“
Stattdessen wird in der Ethnomethodologie rekonstruiert, wie, d.h.
die Mitglieder „etwas“ zu „etwas“ machen.
 Was sind die sozialen Bedingungen der Möglichkeit von
Kategorisierungsprozessen? (Garfinkel 1956)
 Wie gehen individuelle und organisatorische Akteure dabei vor?
(Cicourel 1968, Zimmerman 1969)
 Welche praktische Methoden der Interpretation kommen bei
Degradierungsthese (Garfinkel 1956)
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Jede Gesellschaft verfügt über Prozeduren, mit denen abweichenden
Mitgliedern ihr Unwert gezeigt werden kann.
Die öffentliche Anklage entspricht dem Paradigma moralischer
Entrüstung und muss daher eine Anzahl besonderer, alltäglich bekannter
Zeremonien pflegen.
Bedingungen bzw. Stufen des Degradierungsprozesses,
 Vorfall und Täter werden als "außergewöhnlich" hervorgehoben,
 in ein Wertschema überpersönlicher Art gebracht werden,
 als Typ geschildert und ihrer Persönlichkeit entkleidet
 Tat wird als Beispiel einer Klasse von für die Allgemeinheit
gefährlichen Regelverstößen dargestellt
 Die negative Typisierung wird mit positiven Gegenversionen
kontrastiert
 Die Kluft zwischen normalem, anständigen und dem vorliegenden
Handeln ist nicht überbrückbar
 Die Anklage wird von anerkannten Institutionen erhoben, denen sich
der Angeklagte nicht entziehen kann
 Siegt die Anklage, dann sieht er sich um seinen Status als
Selbstmord als Phänomen
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Durkheim: Selbstmord als soziale Tatsache. Beweis: soziologisch
erklärbare statistische Regelmäßigkeiten
Sacks (1963: 8) „die Kategorie ‚Suizid’ kann so lange nicht einmal
potenziell Teil des soziologischen Apparats sein, solange wir diese
Kategorie nicht beschreiben, das heißt, solange wir keine
Beschreibung der Verfahren, mittels derer Fälle dieser Klasse
zusammengestellt werden, vorgenommen haben.“
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Ressource der Erklärung wird zum Gegenstand (Topos)
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Forschungshypothese: Soziale Tatsachen sind kunstvolle
interaktive Herstellungen („accomplishments“)
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Garfinkel (1967) untersucht, mittels welcher situativer,
praktischer Interpretationsverfahren ein Amtsarzt („Coroner“)
einen Suizid feststellt und dazu für einen aufgefundenen Leichnam
anhand der vorfindbaren Spuren eine „plausible suizidale
Vorgeschichte“ konstruiert.
Methodisches Vorgehen: Sacks‘ Empfehlung
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Bei der Analyse Nutzung des intuitiven Verständnisses
Kunstgriff: Man sieht z.B. eine Person und nimmt sie intuitiv als „wütend“
wahr. Was an dem Verhalten dieser Person hat die Intuition „wütend“
hervorgerufen? Sacks (1984) setzt vor das intuitiv wahrgenommene
Personenmerkmal ein „doing being“.
Aus „angry“ wird ein „(doing being) angry“. Aus der Intuition: Das ist ein
Polizisten, ein „(doing being) a policeman“. Nun besteht die Möglichkeit, die
eigene Intuition in beobachtbare Herstellungspraktiken aufzulösen.
Der methodische Dreh besteht darin, die zugrunde liegenden generativen
Prinzipien dieser Intuition zu analysieren.
Frage: aufgrund welcher Mechanismen verstehen wir alle eine
Fallgeschichte über einen Selbstmörder und ihren Inhalt ohne das
geringste über die Szene zu wissen?
Einsatz bestimmter institutionalisierter Kategorisierungs- und
Schlussfolgerungsregeln (”membership categorization device”)
Dorothy Smith: K ist geisteskrank – Die Anatomie
eines Tatsachenberichtes
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Frage: wie muss ein Berichterstatter Informationen
zusammenstellen, bearbeiten, überprüfen und
schildern, so dass sein Bericht von jedem
kompetenten Leser als Bericht über Tatsachen
verstanden werden kann?
Bericht einer Freundin über K, die geisteskrank ist
bzw. von ihrer Umgebung für geisteskrank gehalten
wird.
Solche Prozesse der Interpretation sind natürlich
auch Voraussetzung für Einlieferung in einschlägige
Organisationen.
These: Kein Unterschied von Laien- und Spezialisten
Relevante Punkte
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Einleitende Instruktionen (21ff., 44f.,113 f.,
135 f., 146f.)
Legitimation der Version (16 f., 29 ff.)
Konstruktion des Berichts als
Tatsachenbericht (additiv)
Aussonderungsoperation: Kontraststrukturen
(I-II)
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Beobachtungen werden geschildert: K wird
zum Objekt
Objektivität: Realität drängt sich auf, andere
Leute additiv heranziehen, guter Willen,
Kontrast, Bestätigung.
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Wir versus K, eindeutig, nicht in Ordnung
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Bericht entwickelt sich
Wesentliche Merkmale der Kategorisierungsanalyse
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Sie beschäftigt sich mit sozialen Aktivitäten und nicht mit
kognitiven oder sonstigen Idealisierungen (wie z.B. die
Schematheorie in der kognitiven Psychologie).
Der Kategoriengebrauch hat nichts auf verborgenen
psychologischen Prozessen zu tun, sondern verweist auf
kulturellen Ressourcen, die öffentlich, sozial geteilt und
transparent sind.
Kategorien kommt nur Bedeutung in einem spezifischen Kontext
zu. Diese Kontextsensitivität ist es, die im Mittelpunkt der
Analyse steht.
Es ist (zunächst) nicht der Inhalt der Kategorien, der
interessiert, sondern die methodischen Prozeduren durch
welche sie eingesetzt und verstanden werden.
Allgegenwart von Kategorisierungen
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Gedankenexperiment: Gesprächseröffnung mit derselben Person
(auf dem Flur, im Theater, im Urlaubshotel, im Prüfungsamt)
Was antworten Sie auf Fragen wie: „Mit was beschäftigst Du Dich
gerade?“ (im Theater, in der WG, in der Beratungsstelle)
Als Antwort auf derartige Fragen sind (Selbst-)
Kategorisierungen gefragt, die sich auf Beruf, Wohnort,
Studienfach, Gefühlslage oder Status beziehen.
Solche Fragen sind nicht abstrakt und ein für alle mal
beantworten.
Die Bedeutung von Frage und Antwort variiert nach
Gesprächspartner, Situation (auf einem Kongress, in der Disco,
nach einer Krankheit) oder dem Gesprächskontext (am Anfang
oder eher am Ende des Gesprächs)
Praxis der Kategorisierung
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Die gewählte Kategorie legt bestimmte Schlussfolgerungen nahe
 Kategorien haben Implikationen
 Kategorien werden auf den Zusammenhang hin „relevant
gemacht“
 Situationen „kippen“, wenn Kategorisierungen verwendet
werden, die nicht zur Form des Gesprächs bzw. der Beziehung
passen (aus einem Interview wird ein Streitgespräch, aus einem
Problemgespräch eine Beratung).
 Umgekehrt gibt es Tätigkeiten, Attribute und Zustände, die
auf dazu passende Personenkategorien verweisen
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Kategorisierungen sind keine Vorurteile, sondern kulturell
institutionalisierte Instrumente der Sinnproduktion
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Arbeiten mit Kategorisierungen bei der Erstellung von
Beschreibungen und Erklärungen.
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Grundfrage: welche Maschinerie setzten kompetente Mitglieder in
Gang um verständliche und sinnvolle Beschreibungen zu
Übung 1
The X cried. The Y picked it up.
Aufgabe: Ergänzen Sie diesen Satz!
Praxis der Kategorisierungsanalyse
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Für kompetente Sprecher keine Schwierigkeit, diesen Satz zu
vervollständigen.
Interpretationsprozeduren, die sagen, was zusammen passt und
welche Bedeutung des Satzes von daher naheliegt. Sacks‘ These:
Gebrauchsregeln weisen eine Systematik auf, die sich empirisch
rekonstruieren lässt.
Die Kategorisierungsanalyse beschäftigt sich damit, wie
Kategorien in natürlichen Gesprächen und Texten eingesetzt und
verstanden werden.
Der Satz „The baby cried. The mommy picked it up“ stammte von
einem Kind mit 2 ¾ Jahren. Was macht die Kompetenz dieses
Kindes aus?
Wenn wir die Aktivitäten von X und Y hören, dann verweisen diese
– ohne jede empirische Bestätigung – auf bestimmte dazu
passende Teilnehmerkategorien („Membership Categories“).
Teilnehmerkategorien sind soziale Typen oder Klassifikationen, die
Praxis der Kategorisierungsanalyse (2)
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Ein typisches Merkmal solcher Kategorien: manche von ihnen
gehören zur „natürlichen Kollektionen“ („membership
categorization devices“). Ein solcher Device („Vorrichtung“) ist in
unserem Fall „Familie“. Zu ihm gehören die Kategorien Mutter,
Vater, Sohn, Tochter usw..
Andere Kategorien wie Angler, Taxifahrer, Nacherbe, Patient oder
Faschist sind hingegen ausgeschlossen, obwohl dies Kategorien
darstellen, die sich grundsätzlich auf eine oder gar alle
bezeichneten Personen ebenso anwenden ließen.
Eine Kategorie kann mehreren Kollektionen angehören: Das Kind
gehört nicht nur zur Kollektion „Familie“, sondern ebenso zur
Kollektion „Jugend“, die Kategorien wie Junge, Mädchen, und ihre
jeweiligen Qualifikationen (guter Junge, altkluges Mädchen)
einschließt.
Darüber hinaus Oberkategorien wie „Lebensalter“ „Deutsche“ oder
„Weltbürger“ denkbar.
Praxis der Kategorisierungsanalyse (3)



Besonders interessant sind Kategorien, die
natürlicherweise aufeinander bezogen sind: Solche
standardisierten Beziehungspaare („standardized
relational pairs; SRP) sind etwa: Ehemann-Ehefrau,
Mutter-Kind.
„R-Kollektionen“: beide Partner können Rechte und
Verpflichtungen gegeneinander geltend machen
können.
„K-Kollektionen: Paare, deren Beziehung durch eine
bestimmte Wissensdifferenz gekennzeichnet ist und
von denen vor diesem Hintergrund bestimmte
Handlungen zu erwarten sind, wie Arzt-Patient oder
Professor-Student.
Übung 2
1 S1: Sind Sie jemals verheiratet gewesen, Frau A ...?
2 C1: Nein.
3 S2: Und sie sind ganz auf sich gestellt in der jetzigen schweren
Situation?
4 C2: Genau so ist es.
5 S3: Da ist wirklich niemand?
6 C3: Gut, ich hab da ein Paar Kusinen, aber eben nur Kusinen 3 und
4. Grades ...
Aufgabe
 Identifizieren Sie die Standardisierten Beziehungspaare, die im
Text angesprochen werden.

Welche Rechte und Pflichten werden dabei angesprochen?

Welche Schlussfolgerungen kann man hinsichtlich des gerade
relevanten MCD ziehen?
Praxis der Kategorisierungsanalyse (3)

Zunächst Frage nach primärem (R-(SRP (EhemannFrau).Unterstellung: Hilfeerwartung.

Stufenweise sich entwickelnde Fragestruktur

Frage: Wie schließen wir alternative Lesarten aus?

Zwei Anwendungsregeln für den MCD


Konsistenzregel (wenn eine Population von Personen kategorisiert ist,
und eine Kategorie dieses MCD benutzt wurde um die erste Person zu
charakterisieren (Baby->Familie), dann sollte man die folgenden
Kategorisierungen als aus diesem MCD stammend hören.
Ein kompetentes Gesellschaftsmitglied wird zunächst einmal dieser
„Hörermaxime“ folgen und beide Personen, wenn dies möglich ist, einer
Kollektion zuordnen. Dies schließt den Fall aus, dass die Mutter zu
einer ganz anderen Familie gehört.
Praxis der Kategorisierungsanalyse (4)




Der Fall, dass das Baby eine Bezeichnung für einen Erwachsenen
sein könnte, wird durch die sog. Ökonomieregel ausgeschaltet. Sie
besagt, dass grundsätzlich eine Kategorie zur Kennzeichnung einer
Person ausreicht.
Die Konsistenzregel enthält noch eine Verfeinerung, die Sacks als
Vervielfältigungs-Organisation („duplicative organization“)
bezeichnet.
Mitglieder einer Kollektion bilden eine Einheit, die sich gegen
anderen Einheiten abgrenzen lässt. Die Mitglieder sind insoweit als
eine Einheit behandelbar, nicht als eine Summe von
Einzelindividuen. Wenn man nun eine Kategorie dieser Einheit
nennt oder beschreibt, dann kann man daraus bestimmte (analoge)
Schlussfolgerungen für den Rest der Kollektion ziehen. Die
Kollektion wird als „Team“ behandelt. Man muss nur einen nennen,
um auch über die nicht ausdrücklich erwähnten Teammitglieder
Annahmen machen und Unterstellungen aktivieren zu können.
Man denke wieder an den MCD Familie, der übrigens für die
Blick auf Übung 2




Der Fragesteller (ein Berater eines Krisentelefons für
Selbstmordgefährdete) sucht nach einem standardisierten
Beziehungspaar, innerhalb dessen man Hilfe für die Anruferin
erwarten könnte.
Wäre die Anruferin verheiratet, dann ließe sich unmittelbar auf
den Ehemann und dessen mögliche oder möglicherweise
unterlassene Hilfeleistung schließen.
Da aber in diesem Fall kein Ehemann vorhanden ist, geht die Suche
innerhalb der Familie weiter. Kann man kein passendes Gegenüber
in einen SRP finden, so ist dies „programmatisch relevant“, d.h.
notizwürdig.
Diese Suchprozedur wird erst in dem Augenblick abgebrochen, als
C als „letztes Aufgebot“ ihre Kusinen 3. und 4. Grades nennt, diese
aber als im Grunde eigentlich außerhalb des MCD „Familie“ stehend
bezeichnet.
Blick auf Übung 2



Umgekehrt: Wenn wir von einer Person hören, dass sie
eine kategorienbezogene Aktivität ausübt, können wir
auf eine bestimmte Kollektion schließen, der diese
Person angehört.
Weitere „category predictions“, die gemacht werden
können, wenn man die relevante
Beschreibungskategorie einer Person kennt: Rechte,
Verpflichtungen, Attribute, Kompetenzen,
Verhaltensweisen etc.
Wann ist eine Person „suizidal“?


Ergebnis einer Nachfrageprozedur, nicht ein
psychologischer Zustand
Selbstmordverhinderung durch Irritation von
Selbstkategorisierungsprozessen
Membership Categorization Analysis: Schritte



Identifiziere eine Beschreibung (in einem Gespräch
oder einem Text)
Halte Dein Commonsense-Verständnis dieser
Beschreibung fest und markiere, wie Du sie beim ersten
Lesen verstehst
Untersuche Deine Interpretation der Beschreibung
indem Du nach den Methoden der
Mitgliederkategorisierung suchst, die du dabei
eingesetzt hast
Theorie des realistischen Gruppenkonflikts (Sherif, 1948)
Wenn zwei Gruppen um ein Ziel wetteifern, das nur eine Gruppe (auf Kosten der
anderen) erreichen kann, kommt es zu kategorialen Abgrenzungen und zu
Feindseligkeiten zwischen den Gruppen.
Kontextabhängigkeit von (Inter-)Gruppenhandeln
Kategorisierung als ‚natürwüchsige‘ Tendenz:
Sherif: Ferienlageruntersuchungen
Differenzierung zwischen Gruppen



Die Akzentuierungstheorie beschreibt, warum Menschen, wenn sie feststellen,
dass sie unterschiedlichen Kategorien zuzurechnen sind, Unterschiede
zwischen diesen Kategorien besonders hervorheben. Wenn Menschen
unterschiedlichen Gruppen zugehören, dann hat das zur Folge, dass die
Unterschiede zwischen diesen Gruppen betont werden, und dass die
Gruppenmitglieder die Mitglieder der jeweils anderen Gruppe tendenziell
abwerten.
Eine zur Erklärung dieses Problems bieten die sog. Minimal-GroupUntersuchungen. Vpn wurden nach Zufall in zwei Gruppen eingeteilt bzw ihnen
wir Zugehörigkeit suggeriert. Im zweiten Teil der Untersuchung wurden sie
dann unter einem Vorwand aufgefordert, an zwei andere Versuchspersonen
nach vorgegebenen Verteilungsmatrizen Geldbeträge zu verteilen. Wer diese
beiden anderen Personen waren, wurde nicht gesagt. Mitgeteilt wurde
lediglich, dass die eine dieser Personen derselben Gruppe angehörte wie die
jeweilige Versuchsperson und die andere der alternativen Gruppe.
Die Ergebnisse zeigen, dass unter den geschilderten Bedingungen das Mitglied
der eigenen »Gruppe« systematisch gegenüber dem Mitglied der anderen
Gruppe bevorzugt wird. Vor die Alternative gestellt, entweder dem Mitglied
der eigenen Gruppe einen maximalen Gewinn und gleichzeitig dem Mitglied der
fremden Gruppe einen nur unwesentlich kleiner Gewinn zuzuweisen oder den
Gewinn für das Mitglied der eigenen Gruppe zu reduzieren und gleichzeitig
dem Mitglied der fremden Gruppe einen deutlich niedrigeren Gewinn zukommen
Differenzierung zwischen Gruppen



Befunde der Minimal-Group Untersuchungen:
 Schon (auch für die Beteiligten erkennbar) sehr künstliche Klassifikationen von
Menschen reichen aus, um ein Bewusstsein von Gruppen und Gruppenmitgliedschaften
zu schaffen.
 Gruppen entstehen aus der Abgrenzung von anderen Gruppen.
 Intergruppensituationen sind konfliktträchtig. Die bloße Aufteilung in zwei Gruppen ist
hinreichend, um eine Abwertung der fremden und eine Aufwertung der eigenen Gruppe
zu evozieren.
Erklärt werden die Ergebnisse der Minimal-Group-Untersuchungen mit der Theorie der
sozialen Identität (Tajfel & Turner, 1979). Die sozial-psychologischen Grundannahmen
dieser Theorie:
 Menschen definieren ihre soziale Identität, über die Mitgliedschaft in Gruppen
 Menschen streben nach einer positiven Identität.
 Eine positive soziale Identität ergibt sich aus einem positiven Vergleich zwischen einer
relevanten Ingroup mit einer oder mehreren Vergleichsgruppen.
Gruppenzugehörigkeiten haben identitätsstiftende Funktionen. Um eine positive Identität
aus ihrer Gruppenzugehörigkeit ableiten zu können, sind die Gruppenmitglieder bemüht, die
eigene Gruppe positiv von wichtigen fremden Gruppen abzugrenzen. Zwei Voraussetzungen
müssen dafür gegeben sein: Zum einen müssen die Gruppenmitglieder sich mit ihrer Gruppe
identifizieren. Erst wenn einer Person ihre nationale Gruppenzugehörigkeit relevant ist,
wird sie auf Mitglieder fremder nationaler Gruppen mit Intergruppendiskriminierung
reagieren. Zum zweiten muss eine Gruppe in einem Interaktionskontext für die
Gruppenmitglieder relevant, salient sein: In einer Diskussion um ethnische Konflikte
werden ethnische Gruppenmitgliedschaften salient und weniger die Zugehörigkeit zu einer
Entstehung von (Inter-)Gruppenverhalten
nach dem Social Identity Approach
Salienz = Hervorstechen
Kausalmodell für Vorurteilsbildung
(Hamberger/Hewstone 1997)
Theorie der Selbstkategorisierung
1.
Personen können sich auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen
selbst kategorisieren:

Interpersonale Ebene (Selbst als Individuum)

Intergruppale Ebene (Selbst als soziale Kategorie)

Ebene der Spezies (Selbst als Mensch)
2.
Innerhalb der Ebenen besteht horizontale wie vertrikale
Differenzierung (z. B. verschiedene soziale Kategorien).
3.
Der soziale Kontext bestimmt die spezifische Kategorisierung, die
man anwendet. Dabei kommt das Prinzip des „Meta-Kontrasts“ zur
Geltung: Minimierung der Intragruppen-, Maximierung der
Intergruppenunterschiede
4.
Salienz einer gemeinsamen sozialen Identität bewirkt eine
Depolarisierung der Selbstwahrnehmung (Austauschbarkeit statt
Einzigartigkeit).
Die Salienz einer bestimmten Selbstkategorisierung
in einer bestimmten Situation ergibt sich
(nach Oakes, 1987, 1994)
in Interaktion von
a)
relativer Verfügbarkeit der Selbstkategorie in der
Situation
und
b) Passung zwischen Kategorie und Stimulussituation
Theorie der Selbstkategorisierung
Diese Depolarisierung der Selbstwahrnehmung führt zu
intergruppalem
statt interpersonalem Verhalten.

Also:

Die Theorie der Selbstkategorisierung (SCT)
erklärt den Prozess der Selbstkategorisierung als Mitglied
sozialer Gruppen und seine Konsequenzen,
 Die Theorie der sozialen Identität (SIT) thematisiert
Intergruppenverhalten als eine spezielle Konsequenz
Selbstkategorisierung
Re-Categorization
Intergroup-Categorization
Inklusive level of
Self-Categorization
„We“
„We“
„They“
Ingroup
Outgroup
Interpersonal
Level
De-Categorization
Other
Individual
Intergroup
Level
Other
Individual
„Me“
Other
Individual
Other
Individual
Situatives Switchen
von einem
zum anderen
Kategorisierungsschema
Wahl der Selbstkategorisierung
Depersonalisierung in Abhängigkeit von Gruppengröße und Bedeutsamkeit der Kategorisierung
(Simon, Hastedt & Aufderheide 1997, Exp. 1)
0,29
Depersonalisierungs
-Index
0,3
0,2
Majorität
0,1
Minorität
0
-0,1
-0,2
-0,04
*Depersonalisierung:
Übergang zu stereotyper
Wahrnehmung
-0,06
-0,18
Bedeutsamkeit der Kategorisierung
Wahl der Selbstkategorisierung
Ingroup-Bias in Abhängigkeit
vom Intergruppenabstand und der Gruppenvariabilität
(Jetten, Spears & Manstead, 1998, Exp. 2)
Ingroup-Bias
0,5
0,42
0,45
0,4
0,3
0,2
0,13
0,1
0,01
0
niedrig
hoch
Intergruppenabstand
heterogene
Gruppen
homogene
Gruppen
Intergruppentheorien
Bewertung sozialer Kategorien
Übergeordnete umschließende Gruppe
Gruppe A
Gruppe B
Bewertung sozialer Kategorien


Wie werden soziale Gruppen bewertet?
Annahme der Selbstkategorisierungstheorie:
 Eine Gruppe kann nur relativ zu einer anderen Gruppe bewertet werden.
 Durch soziale Vergleiche werden sie bewertet.


Selbstkategorisierung bedeutet, sich selbst nicht mehr als Individuum, unterschieden von
anderen Individuen wahrzunehmen, sondern als Repräsentant einer sozialen Kategorie
unterschieden von anderen Kategorien wahrzunehmen
Aber: Welche Dimensionen sind relevant für die Bewertung einer Gruppe relativ
zu einer anderen?

Lösung: Zwei Gruppen werden mit Referenz auf eine übergeordnete beide Gruppen
umschließende Kategorie bewertet.

Je näher eine Gruppe am Prototypen der übergeordneten Gruppe liegt, desto
besser wird sie bewertet (Prototypikalität).


Je näher eine Gruppe im Vergleich zu der anderen am Prototypen der
übergeordneten Gruppe liegt, desto besser wird sie im Vergleich zu der anderen
Gruppe bewertet (relative Prototypikalität).
Beispiel: Spatzen vs. Pinguine als Vögel
Bewertung sozialer Kategorien
Übergeordnete
umschließende
Gruppe
Projektion
Prototyp
a
Eigengruppe
b
Fremdgruppe
Wenn Abstand a < b, dann Eigengruppe positiver als Fremdgruppe
Selbstkategorisierung
Projektion

Die Inklusion zweier sozialer Kategorien in einer gemeinsamen inklusiven
Kategorie macht sie vergleichbar.

Die Vergleichsdimensionen liefert die gemeinsame inklusive Kategorie.
ABER: Wer bestimmt genau deren Beschreibung?

Projektion der Eigengruppenmerkmale auf die gemeinsame inklusive
Kategorie

Da beide Gruppen ihre Merkmale auf die gemeinsame inklusive Kategorie
projizieren, kommt es zur Perspektivendivergenz in der Bewertung beider
Gruppen.

Die Eigengruppe wird jeweils im Vergleich zur Fremdgruppe als
prototypischer gesehen (relative Prototypikalität).

Je größer die relative Eigengruppen-Prototypikalität, desto schlechter
die Bewertung der Fremdgruppe
Projektion

Messung der relativen Prototypikalität
1. Schritt:
Aufschreiben der typischen und distinkten Merkmale der
Eigengruppe und der Fremdgruppe
z.B.
“Mitglieder der Eigengruppe sind – verglichen mit Mitgliedern
der Fremdgruppe -eher..."
a)
b)
c)
d)
Projektion

Messung der relativen Prototypikalität
2. Schritt:
Bewertung der gemeinsamen inklusiven Kategorie auf
den Merkmalen der Eigengruppe und Fremdgruppe
3. Schritt:
Berechnung des Differenzwerts aus
Relative Prototypikalität =
Mittelwert (Eigengruppenattribute) – Mittelwert
(Fremdgruppenattribute)
Projektion
3.8
Perspektivendivergenz
3.6
3.4
Prototypikalität der
Mittelwert
3.2
3.0
Chopperfahrer
2.8
Sportfahrer
Sportfahrer
Chopperfahrer
Subgruppen
Gemeinsame inklusive Kategorie: “Motorradfahrer”
Interaktion: F (1,52) = 8.61, p = .005
Projektion
Perspektivendivergenz
1.2
1.1
1.0
Prototypikalität
Mittelwert
.9
Grundschule
.8
Gymnasium
.7
Grundschule
Gymnasium
Subgruppen von Lehrern
Gemeinsame übergeordnete Kategorie: “Lehrer”
Interaktion: F (1,56) = 17.60, p < .001
Beispiel: “Mother charged in death of child”
(Hester/Eglin 1992)




Konsistenzregel: Mutter und Kind gehören zur Kollektion Familie und zwar
nach der Hörermaxime zu einer Familie. Es handelt sich also um das Kind
dieser Mutter.
Kategorienbezogene Aktivitäten: Nirgends ist von Polizei die Rede, aber wir
lesen den Satz automatisch in dieser Richtung und verstehen auch das Verb
„charged“ entsprechend, weil es eben zu den Aufgaben der Polizei gehört,
Leute festzunehmen. Dies zusammen genommen lässt uns folgern, dass die
Mutter festgenommen wurde, weil man ihr der Tod des Kindes zu Last legt,
und nicht aus irgend einem anderen Grunde.
Hier tritt ein weiteres Prinzip in Aktion, jenes der Co-Selektion, d.h. das
wir die verschiedenen Teile einer Äußerung im Zusammenhang hören und
zunächst einmal immer davon ausgehen, dass dieser Zusammenhang auch vom
Sprecher beabsichtigt ist.
Zudem kann man aus dem standardisierten Beziehungspaar Polizei –
Beschuldigter entnehmen, dass die Mutter die oder zumindest eine
Beschuldigte ist, obwohl nirgends ausdrücklich von einer Beschuldigung der
Mutter die Rede ist.
Funktionen der Mitgliederkategorisierung für die
Lösung praktischer sozialer Handlungsprobleme




Beispiel Party, bei welcher der Gastgeber eine Reihe von Gästen
vorstellen soll. Wie macht er das?
Lösung gibt: Benütze die Konsistenzregel! Wenn man die früheren
Gäste mit Vornahmen oder über ihre Titel und/oder Berufe
vorgestellt hat, so übernimmt man diese Prozedur für die n-te
Person.
Es bedarf schon einer besonderen Begründung, wollte man
mittendrin von dieser Prozedur abweichen. Man kann diesen Effekt
andererseits dazu nutzen, um die betreffenden Person in
irgendeiner Weise besonders herauszuheben oder aber um die
anderen Gäste zu irritieren.
Was aber tun, wenn man es nur mit einer Person zu tun hat, wo die
Konsistenzregel nicht anzuwenden ist? Wenn aber die Person
irgendetwas tut, dann kann man die Kategorie, zu der diese
Aktivität passt, als Bezugspunkt heranziehen (man ist in der Uni
und jemand neues tritt hinzu; Frage: was studierst Du?)
Funktionen der Mitgliederkategorisierung für die
Lösung praktischer sozialer Handlungsprobleme



Typischerweise reicht der bloße Name zur adäquaten (Selbst)Identifizierung nicht aus. Man muss sich noch anderweitig
einordnen können („wohin gehörtst Du denn“; „was machst Du?“,
„was tust Du gerade – auf Kongressen kann z.B. man nur mit
Forschungsprojekten antworten).
Der MCD ist somit eine systematische Lösung für das
Identifizierungsproblem, freilich eine, die am besten in gemeinsam
geteilten kulturellen Welten funktioniert.
Fremde durch den momentanen gemeinsamen Ort oder gemeinsame
Aktivitäten (etwa im Wartezimmer) eine gegenseitige
Identifizierungsmöglichkeit.
Strategische Selbst-Kategorisierung




Beispiel New York Times-Artikel über ein Interview mit einem
Bomberpiloten in der Zeit des Vietnamkriegs:
How does he feel about knowing that even with all the care he took in
aiming only military target someone was probably being killed by his
bombs?
“I certainly don’t like the idea that I might be killing anybody, “ he replied.
”But I don’t lose sleep over it. You have to be impersonal in this business.
Over North Vietnam I condition myself to think that I’m a military man
being shot at by another military man like myself.” (Sacks LC1: 205).
Selbstbeschreibung als „military man“, der es mit anderen „military men“
zu tun hat. Er konstruiert damit eine SRP, bezüglich dessen sich keiner
beschweren kann, wenn er Schaden durch den anderen erleidet.
Zudem verwendet er das Wort „business“, das eine abstrakte
Austauschbeziehung impliziert und zu welchem abstrakte, unpersönliche
Aktivitäten passen, ja dort sogar angemessen sind.
Natürlich werden die Nordvietnamesen die Konstellation ihrerseits in ganz
anderer Weise beschreiben. Vermutlich so, dass dies eine Kategorisierung
des Piloten als Kriminellen und damit eine Selbstkategorisierung als Opfer
Beispiel Interviewsendung (mit einem konservativen
Unterhausabgeordneten und einem nicht sprechenden Vertreter einer Bürgerinitiative,
gegen deren Demonstration ein Gericht eine einstweilige Verfügung erlassen hat).
Moderator: Mr. First, begrüßen Sie die einstweilige Verfügung?
MP First: Ja, sehr gut. Lassen Sie uns nicht vergessen, dass das keine
friedliche Demonstration war, gehen die diese Verordnung erlassen wurde.
Es waren diese Leute, die Streit angezettelt haben, die immer wieder
gefährliche Situationen heraufbeschworen haben. Und ich kann nur hoffen,
dass diese Art von Demonstranten in Zukunft zuhause bleiben wird.
Moderator: Würden Sie so weit gehen zu sagen, dass alle diese fünfzig
Demonstranten notorische Unruhestifter sind?
MP First: Ich sage nur, dass das Gericht die Sache ganz offenbar so gesehen
hat als es seine Entscheidung traf. Und ich unterstütze das in jeder
Hinsicht.
Moderator: Herr G. (ein Vertreter der Protestierer), sind sie ein
Unruhestifter?
Aufgabe: Zeigen Sie, wie die kategoriale Zuschreibung hier gemanged wird, um
das
disjunktive Paar Beschuldiger/ Beschuldigter zu erzeugen. Wie wird dies
Wie funktioniert eine Schlagzeile?

Überschriften von Zeitungsartikeln (und andere Parolenartige Äußerungen
auf Wahlplakaten oder in Werbeanzeigen) sind ein beliebtes Thema der
konversationsanalytischen Textanalyse. Sie bieten sich nicht nur wegen ihrer
leichten Zugänglichkeit, sondern auch deshalb als Untersuchungsgegenstand
an, weil sie im Zusammenhang der Mediennutzung eine bedeutsame Rolle
spielen.

Überschriften ermöglichen es
 die Aufmerksamkeit des Lesers auf eine bestimmte Geschichte zu lenken;
 sie überreden ihn dazu, den annoncierte Bericht tatsächlich zu lesen, und
 bereiten ihn schließlich auf eine bestimmte Lesart des Geschriebenen vor
und
 instruieren ihn, wie er die folgende Geschichte verstehen soll.

Diese Punkte wollen wir an folgender (zufällig über Google News
ausgewählten) Schlagzeile nachvollziehen:
Ehemann begeht Selbstmord,
Frau erwacht aus Koma

Diese ursprünglich aus Italien stammende Meldung erschien im Januar 2005 in den
meisten deutschsprachigen Tageszeitungen.




Gut ein Viertel aller Überschriften war so wie wiedergegeben formuliert.
Eine weiteres Viertel ersetzt „Mann“ durch „Ehemann“. Manchmal wird noch ein „dann“
eingefügt.
Bei der anderen Hälfte der Überschriften werden dem Satz die Worte „Erschütterndes
Ehedrama:“ vorangestellt, oder es ist von „Romeo und Julia“ die Rede, verbunden meist mit
einer Ortsangabe („in Italien“ oder „aus Padua“).
Die analysierte Schlagzeile stellt somit die knappste, d.h. die am meisten auf die rekonstruktive
Mitarbeit des Lesers angewiesene Variante dar.

Die Wirkungsweise des von Sacks angesprochenen ”Teilnehmer-KategorisierungsApparats” (MCD) wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass mit der Auswahl
einer bestimmten Beschreibungskategorie zugleich auf andere dazu passende ‚natürliche’
Kategorien verwiesen wird, mit denen zusammen sie eine ”Kollektion’ bildet In unserem
Beispiel verweisen die Bezeichnungen „Mann“ und „Frau“ auf die Kategorie
„Ehepartner“ und beide zusammen auf die Kollektion „Ehepaar“. Dieser
Kollektionsbildung helfen manche Zeitungsredakteure noch dadurch nach, dass sie
ausdrücklich von „Ehemann“ sprechen. Wir haben somit eine Geschichte vor uns, die mit
der Beziehung beiden Personen als Ehepaar zu tun hat, nicht etwa mit einer
Familienangelegenheit.

In einem standardisiertes Beziehungspaar gehen beide Partner typischerweise bestimmte
gegenseitige Verpflichtungen ein. Sacks spricht deshalb von einer R(esponsibility)Kollektion, in Abgrenzung zu K(nowledge)-Kollektionen, bei denen eine Wissensdifferenz
im Vordergrund der Beziehung steht (wie bei Arzt-Patient oder Professor-Student).

Von den beiden in der Überschrift genannten Personen kann man konventioneller Weise
erwarten, dass sie sich zu gegenseitigen Fürsorglichkeit, Unterstützung und
dauernder Gemeinsamkeit verpflichtet fühlen.

Sacks formuliert noch zwei Anwendungsregeln für die Handhabung des MCD:
 die Konsistenzregel besagt, dass, wenn eine Population von Personen kategorisiert
ist, und eine Kategorie dieses MCD benutzt wurde um die erste Person zu
charakterisieren („Mann“), dann sollte man die folgenden Kategorisierungen als aus
diesem MCD stammend hören. Dies macht verständlich, warum in keiner der
Überschriften von „Ehefrau“ die Rede ist bzw. sein musste. Ein kompetentes
Gesellschaftsmitglied wird nämlich zunächst einmal dieser „Hörermaxime“ folgen,
d.h. beide Personen einer einzigen Kollektion zuordnen. Dies schließt den Fall aus,
dass die Frau zu einer ganz anderen Paarbeziehung gehört.


Die Ökonomieregel besagt, dass grundsätzlich eine Kategorie zur Kennzeichnung
einer Person ausreicht. Der Ehemann mag noch Jäger, Parteimitglied oder Autofahrer
sein, diese Eigenschaften sind aber für die folgende Geschichte nicht relevant, die sich
also primär um den Aspekt ihrer Paarbeziehung dreht.
Die Kategorisierung geht über eine bloße Etikettierung insoweit hinaus, als mit einer
Kategorie bestimmte sozial erwartbare Handlungsweisen und Attribute verbunden
sind. Dies gilt ebenso umgekehrt: Wenn wir von einer Person hören, dass sie eine
bestimmte kategorienbezogene Aktivität ausübt, können wir auf eine bestimmte Kategorie
bzw. Kollektion schließen, der diese Person angehört.

Von einem Ehemann beispielsweise kann man erwarten, dass sich um seine kranke
Partnerin kümmert. Diese Frau ist aber nicht bloß krank, sondern lag über längere
Zeit im Koma. Für einen offenbar kinderlosen Ehemann ist ein Selbstmord in dieser
Situation eine durchaus nachvollziehbare Tat. Er ist Ausdruck einer besonderen, aber
zu dieser Kategorisierung durchaus passenden Emotionalität, nämlich des Wunsches
dem geliebten Partner in den scheinbar sicheren Tod zu folgen. Der Selbstmord ist
eindeutig der Selbstmord eines Ehemanns, nicht etwa der einer psychisch gestörten
oder einer in möglicherweise verwerflicher Weise selbstbezogenen Person. Man stelle
sich die Veränderung der impliziten Moral der Aussage vor, wenn in der Schlagzeile
von einem „Vater“ die Rede gewesen wäre, insoweit als „Väter“ kategorisierte
Personen der institutionellen Erwartung unterliegen primär für ihre Kinder zu sorgen.

Wir können allein aufgrund der vorgenommenen Kategorisierungen und der weiten
geschilderten Aktivitäten darauf schließen, dass die Situation für den Ehemann
hoffnungslos erschien und es niemand gab, an den er sich noch um Trost wenden
konnte.

Der Autor der Überschrift macht sich die implizite Leseregel zu Nutze, dass zuerst
genannte Begebenheiten auch vor den danach genannten abgelaufen sind (nur eine
von etwa 50 Überschriften verwendete ein „dann“). Jeder kompetente Leser weiß nach
diesen sechs knappen Worten, dass ihn eine tragische Geschichte eines Liebespaars
erwartet, denen es – wie Romeo und Julia - nur im Tod vergönnt sein wird, wieder
zusammen zu kommen.
Analyse der Überschrift: „Vater und Tochter im Schneechaos“
Erklärung
Überschrift
Kategorie
Jede Person kann in vielen Formen korrekt
bezeichnet werden
Personen werden später als „Manager eines
Supermarkts“ und als „Studentin“
beschrieben
Membership
Categorization
Device
Kategorien lassen sich zu Kollektionen
gruppieren
MCD = „Familie“
Ökonomieregel
Eine einzige Kategorie reicht um eine Person
zu beschreiben
Es wird jeweils nur eine Kategorie verwendet
Konsistenzregel
Wenn eine Person als Mitglied einer
Kollektion identifiziert ist, dann rechne die
nächste Person auch dieser Kollektion zu!
„Tochter“ gehört zum selben MCD wie
„Vater“
Duplikative
Organisation
Wenn Kategorien als Team hörbar sind, dann
höre es so!
Diese „Tochter“ ist die Tochter dieses
„Vaters“
Kategorien
bezogene
Aktivitäten
Handlungen werden als mit bestimmten
Kategorien verbunden empfunden
Schneechaos hat nichts mit den Kategorien
„Tochter/Vater“ zu tun. Das macht den
Neuigkeitswert der Geschichte aus
Standardisierte
Beziehungspaare
(SRP)
Kategorienpaare sind miteinander in einer
Standardisierten routinemäßigen Weise
verbunden
„Vater“ und „Tochter“ sind verbunden durch
„Fürsorglichkeit“ und „Unterstützung“; wie
konnten sie gleichwohl in ein Schneechaos
geraten?
Konzept
"Host Du des jetzt grad
ghört, wia i nix gsagt hab?"
Karl Valentin
Membership-Categorization Analysis


The other half of CA is the study of how people use categories in their talk. That
is, how their choice of ways of describing themselves and others, and what they and
others do, carries with it significant implications.
The basic idea is that the words we use to describe things bring with them a very
heavy set of implications - implications that go a long way beyond the dictionary,
and a long way beyond 'ordinary' pragmatics. I'm going to talk about in this lecture
is a special kind of implication: namely, an implication about about the units out of
which society is structured. That is a very abstract way of putting it, so let us
turn to an example.

The baby cried...

Sacks' simple example illustrates the theme well. He found these two sentences as
the opening of a story written by a child:

There is nothing in logic or pragmatics to tell us that the mommy is the baby's
mommy; still less that she picked up her baby because it cried. Yet these are two
judgements that we make automatically. This simple observation revealed a very
powerful engine that people used in their talk. The childish author of those two
sentences had (correctly) assumed that her or his readers would unconsciously
make the inferential leap between the words and the social arrangements they
represented. And any other speaker or writer can do the same. It is obviously
economical; you don't have to spell things out. But it is also subtle, and can go
Membership-Categorization Device




Words can work as 'devices' that force a set of otherwise random objects into a
'category' with 'members'. In the child's story, above, the effect was achieved
by the word 'mommy'. That forced the implication that the two people in the
story were joined in a set.
Another example. Suppose I read out a list of two people: Anna, 34, and Ivan, 50.
The very fact that I have put them into a list strongly (but hardly logically)
implies that they have some relationship. But what relationship? As soon as I say
'Anna, the doctor, is telling Ivan...' you have fixed them into a framework of
doctor and patient. Like family-member names, job descriptions are among
society's most powerful devices for organising how we see people.
In fact it is so powerful that we need to remember that these descriptions are
always a matter of choice. If I say 'Anna, the doctor, is telling Ivan...' then the
doctor-patient relationship seems the natural and perhaps even exhaustive one.
For all current purposes, speaker and hearers are seeing Anna interacting with
Ivan as doctor to patient. All other descriptions are off.
Indeed it would be an effort to suddenly talk about (say) Ivan as a Christian. If
you did, the strong assumption would be that this was somehow relevant to his
now-established membership of a doctor-patient category (perhaps they are
talking about euthanasia, or contraception, or something else where religion and
medicine overlap).
Membership-Categorization Device


This is Sacks' point. What you call them affects hugely influences the
implications your listeners can draw about what sort of scene they are
acting in, and therefore what the rules are of the other actors, and
what sort of plot they are in.
Try some other alternatives.



If you identified Anna as 'the Canadian" then you would be using the
Membership Categorisation Device (MCD) of 'nationality', and implying that
Ivan was not Canadian, and that their nationalities mattered at this point,
and you're ready for a story along those lines.
If you identified Anna as 'white', you would be invoking the MCD of 'race',
and suggesting that Ivan was non-white, and you would be ready for race to
be significant.
They are always the same people, and all of those descriptions might be
equally true. But their consequences would be quite different. So the
message is: speakers can cast the people they're talking about (or
themselves, of course) as members of a category with implications for
how to see the other participants in the scene.
Category-bound activities




We've made the point that each category (be it 'family', 'medical consultation') has
its set of members (mother-child, doctor-patient and so on). But there is more to it
than that. Each member has a set of behaviour, feelings, rights and obligations that
go along with the role. Mothers are nurturing, babies are helpless, doctors are
expert, patients are in need of attention.
So when you say the words 'Anna, the doctor, is telling Ivan....' then the listener is
going to assume that she is telling him the sort of things that doctors tell patients,
and that he is going to receive it as a patient as patients receive what doctors say
as doctors.
This is a normative assumption. That is, if the speaker has said Anna is a doctor,
that's how people will understand what she is reported to say. They would think it
very odd if the speaker then protested that they never meant her to be understood
that way, and 'just mentioned' that she was a doctor.
Real examples of using category membership devices
1 Mar:one three five?
2 (.)
3 Les:Oh hello it's um Leslie Field he:re:
4 Mar:Oh hello.
5 Les:Hello, .tch I hope you don't mind me getting in touch
6→but uh- we metchor husband little while ago7→at a Liberal meeting.
Category-bound activities



When introducing oneself to a person one doesn't know well, one has to choose some
description that makes sense of calling, and makes sense of what the call will be
about.
Leslie's choice of 'we met your husband at a Liberal meeting' (the Liberals are a
political party in Britain) set up two categories. The "we" sets her up as a member of
some team, presumably husband and wife (suggested by calling the person they met
'your husband'). The other device is the one of 'political affiliation', set up through
the explicit nomination of a Liberal meeting. Leslie need have said neither of these
things. The fact that she did, means that Mary is to understand Leslie as calling on
those two bases, and gives Mary a sense of what basis she herself is now expected to
speak - a member of her own husband-and-wife team, and someone with Liberal
sentiments. How these are relevant to the call, we don't know yet, but they set up a
footing for it.
Using categorical descriptions can be crucial in getting yourself a proper footing in
the interaction when you have very little time - as in the case of calling the
emergency services, for example. If you can establish a 'legitimate' identity then do
so quickly, as this caller does:
From Zimmerman (1998) (CT= call-taker, C: = caller)
1CT: Mid-City emergency
2
(.)
3→
C:tch .hh u::h This is u::h Knights of Columbus
4→
Hall at uh: twenty twenty ni:ne West Broadway
Category-bound activities



Saying you are "Knights of Columbus Hall" gives you an institutional identity, and
institutions talking to institutions are 'serious' and 'professional'. You are not 'just
anybody' or 'some idiot' etcetera. Moreover, giving your address without prompting
shows that you know the routine, that you are a co-operative partner in the Calltaker's business. Both those things together help cement a proper footing for the
call to proceed smoothly (next lecture we'll see an example where it doesn't).
Examples of "trouble"
Claiming a category for yourself is usually trouble-free, but not always. Hutchby
and Wooffitt give some useful examples from Wooffitt & Widdicombe's work on
"goth" and "punk" identities. They went to rock festivals and wandered around the
crowd, asking people if they would care to be interviewed. here are some
interesting exchanges:
From Hutchby and Wooffitt, 1998 p 179
1 I:
how would you descri:be (.) yourself
2
and your appearance and so on
3→
(.)
4→ R:describe my appearance.
5I
yeah6 (1)7 R:su- su- slightly longer than average hair ((goes on to
describe appearance))
Category-bound activities




Notice the pause at line 3, and R's choice of a 'clarificatory' question,
rather than an answer, at line 4. This is, as we know, a 'dispreferred'
response to a question (which usually expects an answer).
Notice also that the R in repeating the question, edits it; the bit about
'describe yourself' is dropped and what remains is 'describe your
appearance".
The way that Wooffitt and Widdicombe analysed this was to see that
the R was orienting to the implications of answering the question as put
by the interviewer. The R could have self-categorised themselves as "a
Punk" or "a Goth", but this would mean that they would then be
responsible for a whole load of category-implications which they might
not be comfortable with.
So a neat move is not to answer the question in a legitimate way, by
asking for a clarification; and to exercise control over that clarification
and steer it into safer territory - the R's appearance, rather than their
category-membership.
Some general principles



"...a person's identity is their display of, or ascription to, membership of some
social category, with consequences for the interaction in which the display or
ascription takes place. Which category, or combination of categories, and which of
the characteristics it affords are matters of changeable arrangements made locally.
Membership of a category is ascribed (and rejected), avowed (and disavowed) and
displayed (and ignored) in local places and at certain times, and it does these things
as part of the interactional work that constitutes people's lives.
In other words...[it is] not that people passively or silently have this or that identity,
but that they work up and work to this or that identity, for themselves and others,
there and then, either as an end in itself or towards some other end. If this workingup and working-to of identity happens in interaction, the argument continues, then
the best tools to examine it will be those appropriate to the medium of interactional
business, namely, talk."
Here are five more specific principles:
 For a person to 'have an identity' - whether he or she is the person speaking,
being spoken to, or being spoken about - is to be cast into a category with
associated characteristics or features (the sort of thing you'd expect from any
member of that category; their actions, beliefs, feelings, obligations, etcetera)
 Such casting is indexical and occasioned. That is, it only makes sense in its local
setting.
 The casting makes relevant the identity to the interactional business going on.
 The force of 'having an identity' is its consequentiality in the interaction - what
On 'indexical and occasioned',
on 'relevance', and on 'consequentiality'.
Indexical and occasioned
 This is just to point out that a category-label - like 'cyclist' or 'aunt' or 'midwife' takes a good part of its colour from the local surroundings. Obviously words like
'her', 'that' and so on are completely indexical because what they point to changes
on each occasion, but even 'cyclist' means somewhat different things according to
the environment it appears in. It can mean a professional sporting cyclist, if we are
talking about the Tour de France; or a vulnerable kind of road-user, if we are
talking about road safety; and so on.
 That's related to the notion of the category-word's being occasioned: it is called up
by some expectation or demand of the local environment. To stay with the word
'cyclist', you would only use it if it was in keeping with the current range of
categories appropriate to the topic, and called up by it (Tour-de-France-talk, or
road-safety-talk). Otherwise you would need to do some work to initiate some topic
shift and make sure that people understood what sort of 'cyclist' you wanted to
talk about.
Relevance and orientation
 The idea is that analysts should simply ignore all those (possible) identities
participants might have, unless the participants make them relevant. That is, unless
the participants actually do seem to be treating each other as (say) 'business
partners' and not some other equally true, but not currently relevant identities (one
may be a woman and the other a man; one may be gay and the other straight; both
may be Christians; both may be in poor health; and so on ad infinitum). So
'relevance' is relevance to the people involved.
 'Orientation' simply reminds us that, when an identity-category has been made
relevant, then we shall see people visibly reacting to it, or to its implications. This
On 'indexical and occasioned',
on 'relevance', and on 'consequentiality'.
Consequentiality
 This is a still tougher analytical recommendation. The idea is that categories are
essentially for use, so that we can only really be confident that a category is 'live'
in the interaction (relevant for the participants, and oriented to by them) if
something happens. Someone has brought the category into being just so that
something happens, so we should see the effects. It's worth remarking how radical
an argument this is. If we take it seriously, we must not talk about any identity
unless it can be shown that it does some business for the participants in the
interaction. It means CA has an uncomfortable time with analysis in more abstract
political terms, where the analyst may want to claim that two people are acting as
they do because one is a man and the other a woman, and so on - even though there
is no evidence in the interaction (or even no interaction) that the category of
'gender' is relevant to them.

Read through the following excert a few times to get a sense of what is going on.
We can characterise it as something to do with Alan selling Pete insurance. How do
Pete and Alan achieve their ends by using categories?
Actions (from Schenkein (1978, p 65)
50 Alan:
51
52
53
54Pete:
55Alan:
56
57
58
59
60
61
62
63
64 Pete:
65
66 Alan:
67 Pete:
68
69 Alan:
70
71
72
73
Mm hmm. It just tells you some of the
basic concepts. And, I give a memobook,
out. And also let me put my magic card
innit.
Your magic card?
My magic card, this sort of makes the whole
thing a s- sort of a kaleida-scopic
experience - not really it's just,
y'know, uh two dimensional a(hh)ctually hehh hehh hehh hehh hehh he ih- it
all depends on y'know, what you've
been doing right before you, look at
the card I guess if it's two dimensional
Righ(h)t
(2.0)
Uhh,
I gather you also wanna try t'sell me some insurance
(2.0)
Now- that doesn't sound like a bad
idea- no, ih- it would be nice. But
what I'd like to do,
(3.0)
Alan:Uhh, do you have any insurance.



Alan: We join the extract at the point where Alan is giving Pete some printed
information. This could be an exchange between friends, but note that what Alan is
handing over is something that 'just tells you the basic concepts' (lines 50-51) .
Presumably he can only say that if he is in a position to recognise what is basic and
what is advanced, so he is claiming some sort of authority in the matter. That is
perhaps the first hint in the extract that Alan is doing more than just talking to
Pete as an ordinary friend or acquaintance (of course, the material before may have
been even more explicit).
Then Alan says 'I give my memobook out'. This is an habitual action, something he
routinely does - he gives it to lots of people. A memobook is some sort of relatively
cheap but ostensibly useful thing to have, but for the office rather than the home.
Another hint that this is business. Moreover, he gives it out - and 'giving out' is
somehow more official than just giving. You'd give a friend a present, but you would
give out advertising flyers in the street. Another hint.
These hints are what Sacks would have called category-bound activities. They are
the kind of actions that are done by a certain category of person. We don't know
exactly what that category is yet, but it seems to be something to do with the sort
of business where Alan is in command of information (both the 'basic concepts' and
whatever else he seems to know) which he is 'giving out' to Pete, who does not know
it. Something technical or business-like, not really social. Alan's category is a
business one, and if 'business' is what binds him and Pete together, then Pete must
be some complementary category, maybe 'customer'.


Now look at line 52-3 for a clever move.
50 Alan:
51
52→
53→
54 Pete:
Mm hmm. It just tells you some of the
basic concepts. And, I give a memobook,
out. And also let me put my magic card
innit.
Your magic card?
Something 'odd' at the end of one's turn, which more or less guarantees that the
next speaker (unless they want to imply it's not odd, or they know what's being
talked about, or want to be rude) will ask about it. Schenkien called it the 'puzzlepass-resolution' sequence. You see a lot of this sort of identifiable structure in talk,
if you look for them. It allows Alan to come back and explain this reference to his
'magic card', as if reacting to a spontaneous question from Pete.
55 Alan:
56
57
58
59
60
61
62
63
64 Pete:
My magic card, this sort of makes the whole
thing a s- sort of a kaleida-scopic
experience - not really it's just,
y'know, uh two dimensional a(hh)ctually hehh hehh hehh hehh hehh he ih- it
all depends on y'know, what you've
been doing right before you, look at
the card I guess if it's two dimensional
Righ(h)t




What do you make of Alan's explanation of why the card is 'magic'? Why does it give
the whole thing a 'kaleida-scopic experience'?
It comes across as a very strong 'hint' that the card looks different if the viewer's
vision is somehow altered. Not just randomly or accidentally altered, or altered by
something like myopia or some disease of the eye, but something the viewer has done
to themselves ("it all depends on what you've been doing right before"). What would
that be? Well, add in the chuckling, and the 'oblique' references, and indeed the
description of the effect as being a 'kaleida-scopic experience' and you get
something like an alcoholic, or more probably a drug experience. The card is 'magic' is
you have been drinking, or have taken drugs, immediately beforehand. Obviously this
is a rather joking fancy, and Alan himself delivers it with laughter (line 59). Pete puts
a tiny breath of laughter in his response; he gets the joke.
It's not hard to see this as Alan trying to change the current categories in which he
has put himself and Pete (remember they were something to do with office-type
business). If Alan hints at activities only a drug user would recognise, and he gets
Pete to join in, they can both share a new category: fellow recreational drug users.
The kind of guys who enjoy making the world look different (more kaleidoscopic).
If he gets that in play, Alan can make what he says sound less 'business-like' and
more social, friendly, and more persuasive. That is to say, whatever he says will not
risk being dismissed by Pete as coming from someone offering a business proposition,
but from a fellow who shares his tastes in recreation, even rather naughty ones. (In
fact, look again at what happens and you see that Pete actually is alive to this and his
Categories fitted to the business in hand


The category in which you're cast (or cast yourself)
is crucial for getting your business done. The Alan
and Pete example was good because there we see
someone actively (and rather crudely) trying to
change his category, to wrench his footing onto that
of a quite different persona. That made the identitywork very obvious. Of course, most category-identity
work is done more quietly, as it is usually a matter of
maintaining the categories you are currently in.
That kind of work is still necessary, as it allows the
speakers to keep the interaction going on the footing
they find appropriate. For example, during a physical
check-up, doctor and patient will stick to medicalconsultation talk so as to keep at bay any
Category conflicting with the business-athand

We can look at a case from Zimmerman's
collection of emergency calls to see what
happens when one party fails to choose the
'right' category on which the other party
wants to talk.
From Zimmerman (1998) pp 88-89
1CT:
Mid-City police an fire
2
((background noise and music ))
3C:
(YA::H) This is thuh (
) ((voice is
4
very slurred))
5
(1.5) ((loud background noise))
6CT:
Hello?
7
(0.4)
8C:
YEA::H?
9CT:
Wadidja want'?
10
(0.5)
11 C:
Yea::h we- we wan' forn'cay (h) heh
12 (0.6)
((background noises, noise))
13 CT:
'Bout wha::t?
14
(5.3)
15
((noise, voice: 'hey gimme dat ..'))
16 C
17
18CT:
19 CI
20
21 CT
wanna
22
23 C:
24(0.4)
25
26
27CT:
28C:
29
30CT:
31C:
32
Hay=I've=uh ri:ddle for ya::
(0.3)
HU:H?
have uh ri:ddle for ya
(0.3)
I don't have time f'r riddles=do-ya
squa:d'rno:t=
=NO jes' uh simple que::stion,
((loud music)) Wha' fucks an leaks
like a ti:ger,
(0.2)
HU:H?
What fucks an leaks like uh ti:ger,
Huh? ((background noise))
Good bye
Why::?
((disconnected))
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