Überlegungen zur ethischen Beurteilung von

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Ethische Beurteilung des
Strahlenrisikos
Thomas Leitha
Abt. für nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie, Donauspital – Wien
Gutachter der Ethik-Kommission der Medizinischen Universität Wien
und des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien - AKH
Roadmap

Grundlagen

Risikoabwägung:
– Wie hoch ist das Risiko?

Informed Consent:
– Wie kommuniziere ich dieses Risiko?

Probleme aus der Praxis:
– Lücken in Anträgen
– Versicherung
– Entwicklungen
T. Leitha 2009
Grundlagen





T. Leitha 2009
Helsinki Deklaration
1964, 1996
WHO
Technical report series 611, Geneva
Use of ionising radiation and radionuclides on human beings for
medical research, training and non medical purposes
ICRP 62
„Strahlenschutz in der biomedizinischen Forschung“
Euratom Grundnormen–Richtlinie
80/836, aktuell 96/29/Euratom
„Gesundheitsschutz der Bevölkerung und der Arbeitskräfte
gegen die Gefahren ionisierender Strahlungen“
Euratom
84/466, aktuell MED Richtlinie 97/43
„Richtlinie über den Strahlenschutz bei
ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen “

AllgStrSchV

MedStrSchV
Begriffe

Radioaktivität
– 1 Becquerel = 1 Zerfall pro Sekunde
– 1 Curie = 3.7E10 Bq

(Ionendosis)
– 1 Röntgen = 1 C/kg

Energiedosis
– 1 Gray = 1 Joule absorbierte Strahlungsenergie pro kg Gewebe

Äquivalentdosis
– 1 Sv = 100 Rem
– Strahlenwichtungsfaktor wR (rel. biol. Wirksamkeit)

Effektive Dosis
– Gewebewichtungsfaktor wT (untersch. Empfindlichkeit)
T. Leitha 2009
Ionisierende Strahlen
ABSORPTION DER STRAHLUNGSENERGIE
RADIOLYSE von WASSER - RADIKALBILDUNG
REPAIR
DIREKTE WIRKUNG DNA, RNA, ENZYME, ....
FUNKTIONSSTÖRUNG
FUNKTIONSÄNDERUNG
TOD
T. Leitha 2009
MUTATION
somatisch
Erbkrankheit
Malignom
genetisch
SCHWELLWERT
STRAHLENUNFÄLLE
RADIOTHERAPIE
0,1
T. Leitha 2009
ATOMBOMBEN
LD 50
Wirkung
Deterministische Strahlenwirkung
1 Sv
2 Sv
3 Sv
4 Sv
Dosis
Wirkung
Stochastische Strahlenwirkung
0,1
T. Leitha 2009
1 Sv
2 Sv
3 Sv
4 Sv
Dosis
1 a Kerala
Wirkung ?
Stochastische Strahlenwirkung
Diagnostik
10 mSv
T. Leitha 2009
50 mSv
100 mSv
Dosis
T. Leitha 2009
2 mSv
CT Thorax
4 mSv
Myocardscan
1 a Waldviertel
Knochenscan
1 a Graz
SD Scan
LWS ap
Wirkung
Med. & nat. Strahlenwirkung
6 mSv
8 mSv
Dosis
Lineare Extrapolation
T. Leitha 2009
7000 mSv
Tödliche Dosis
4500 mSv
50% Todesfälle
1000-2000 mSv
Schwere Blutbildveränderungen
500-1000 mSv
Merkbare Blutbildveränderungen
1000 mSv
Abort
100 mSv
0,5 % Karzinom
Lineare Extrapolation ??

200 Männer
– 8000 Zigaretten/a (400 mSv/a)
 1 Toter/a stat. gesichert

20.000 Männer
– 80 Zigaretten/a (4 mSv/a)
 1 Toter/a ?

1,600.000 Männer
– 1 Zigarette/a (0,05 mSv/a)
 1 Toter/a ????
T. Leitha 2009
Wie hoch ist das Risiko?
A. radialis Kathether
–
–
–
–
–
–
–
Permanente Ischämie
Temporäre Okklusion
Sepsis
Lokalinfektion
Pseudoaneurysma
Haematom
Blutung
0,09%
19,70%
0,13%
0,72%
0,09%
14,40%
0,53%
Crit Care. 2002; 6(3): 199–204
T. Leitha 2009
Wie hoch ist das Risiko?
Ionisierende Strahlen





T. Leitha 2009
Über die biologische Wirkung ionisierender Strahlen
< 100-200 mSv ist keine sichere Aussage möglich.
Hormetische Wirkungen kleiner Dosen werden von
ICRP und BEIR als nicht hinreichend überzeugend
angesehen.
Für stochastische Wirkungen wird eine lineare
Dosiswirkungsbeziehung ohne Schwellendosis
postuliert.
Biological Effects of Ionizing Radiation committee V
risk of cancer death is
0.08% per rem (acute)
0.04% per rem (chronic)
100 mSv = 0,5% Malignome
INFORMED CONSENT –
Nürnberger Prozess

Der Prozess der informierten Zustimmung ist
vor allem eine Übertragung des Vertrauens
zwischen Arzt und Patient auf das Verhältnis von
Forscher zur Versuchsperson.
Wenn der Prozess der informierten Zustimmung,
besonders in seiner schriftlichen Form, jetzt auch
schon rechtliche Aspekte aufweist, ist die
informierte Zustimmung im wesentlichen ein
ethisches Engagement.
T. Leitha 2009
D.D. Kerrigan, et al. ‚Who’s afraid of informed consent?‘ BMJ 306 (1993): 298-300
J.P. Demarez, ‚Consentements‘, La Lettre du Pharmacologue, 6.9 (1992) 215-218
J.P. Gérard, et al. ‚Evaluation des conséquences de la signature d’un consentement écrit sur la
relation médicin-malade. A propos de la loi Huriet‘, Bull. Cancer 80 (1993): 903-904
Y Lambert-Faivre, „La résponsabilité médicale confrontée á l’évolution du droit de la science,“
Journal de Médecine Légale Droit Médical 39.2 (1996): 83-86
Professor Internal Medicine
Robert J. Levine
Senior Fellow, Interdisciplinary Center for Bioethics
Director, Law, Policy and Ethics Core
Yale University
Es gibt ein wichtiges Dauerproblem
auf dem Gebiet der
„Strahlenforschung“
Es ist äußerst schwierig, den
möglichen Versuchspersonen eine
sinnvolle Information über die
Risiken der Strahlen-exposition zu
vermitteln.
Brief an Ruth R. Faden, Chair of the United States Advisory Committee on Human Radiation
Experiments, 24. Februar 1995, veröffentlicht in Adsvisory Committee on Human Radiation Experiments, )LQDO
5HSRUWSupplementary Volume 1, S. 816.
T. Leitha 2009
F.P.Crawley
Ethikarbeitsgruppe, Europ. Forum für gute klinische Praxis
Uni Brüssel-Kessel Belgien

Während uns dieses Prinzip in der komfortablen
Umgebung einer gepflegten Diskussion oder in einem
Sitzungszimmer als offensichtlich erscheint,
ist es möglich,
dass es in der akuten Situation eines Forschungsvorgangs, wo oft viele andere Kräfte versuchen, die
Oberhand über moralische Betrachtungen zu erlangen,
nicht immer an erster Stelle steht.
T. Leitha 2009
Leitlinien und Empfehlungen
für europäische Ethik-Kommissionen Löwen
Europäisches Forum für bewährte klinische Praxis, 1997

Medizinische und biomedizinische Forschungen
mit ionisierender Strahlung
–
–
sollten nur von „anwendenden Fachkräften“
nach Zustimmung von Ethik-Kommissionen und/oder der
zuständigen Behörde
durchgeführt werden.
T. Leitha 2009
Dosimetrie



Beim Einsatz von Radiopharmaka ist
– interne Dosimetrie notwendig.
Allerdings muss die
– gestörte Organfunktion
bei einer Erkrankung dabei berücksichtigt werden.
Dosimetrieberechnungen sind stets durchzuführen
und entsprechend zu berücksichtigen, so dass die
– Risiken bekannt sind
– und nicht unzulässig verharmlost werden.
Europäische Kommission: Strahlenschutz 99 Leitlinien für med. Strahlenexpositionen in der med. und biomed. Forschung
T. Leitha 2009
Wie klassifiziere
ich das Risiko ?
Risikoeinteilung ICR 62

Kategorie I:
– Effektive Dosen unter 0,1 mSv (Erwachsene)
– Risiko 1:1.000.000
– „Erweiterung der Kenntnisse“

IIa:
– Effektiver Dosisbereich 0,1–1 mSv (Erwachsene)
– Risiko: 1:100.000
– „Kenntniserweiterung mit zu erwartendem gesundheitlichem Nutzen“

IIb:
– Effektiver Dosisbereich 1–10 mSv (Erwachsene)
– Risiko: 1:10.000
– „angemessen, direkt auf die Diagnose, Heilung oder Prävention“

T. Leitha 2009
III:
– Effektive Dosen über 10 mSv (Erwachsene)
– Risiko > 1:10.000
– „erheblich, Erhaltung von Leben oder Prävention bzw.
Linderung ernsthafter Erkrankung“
T. Leitha 2009
Wie kommuniziere
ich das Risiko ?
RISIKO
NRC Draft guide DG-8012 and were adapted from B.L Cohen and I.S. Lee,
"Catalogue of Risks Extended and Updates", Health Physics, Vol. 61, September 1991
T. Leitha 2009
Radiobiology for the Radiologist, Forth Edition; Eric Hall 1994, J.B. Lippincott Company
RISIKO
T. Leitha 2009
Strahlenschutzratgeber BuMin Inneres: 6. überarbeitete und erweiterte Auflage, Juni 2001
Grenzwert für Probanden
Monitoring
 Beruflich strahlenexponierte Personen (AllgStrSchV):
– Kat. A: 6 mSv in 12 Monaten
– Kat. B: 1 mSv in 12 Monaten
Kein Monitoring
 Helfende Personen (MedStrSchV):
– 3 mSv/a
 Probanden (MedStrSchV):
– 2 mSv/a
 Normalbevölkerung (AllgStrSchV):
– 1 mSv/a
T. Leitha 2009
CHECKLIST (Besonderheiten)
T. Leitha 2009

wiss. Nutzen vs. individuelles Risiko ?

„Fachkraft“ im Forscherteam ?

Wer klärt auf ?

Dosimetrie vorhanden ?

Alter der Probanden/Patienten ?

Aufklärung über „20 mSv/10a“ ?

Versicherungsdeckung ?
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