Kopfzeile TimesNewRoman 9 Strahlenexposition durch diagnostische und interventionelle Röntgenanwendungen: Erfassung der kumulativen 5-Jahresdosis von Krebspatienten Brix, Gunnar1; Nissen-Meyer, Sven2; Lechel, Ursula1; Nissen-Meyer, Johannes2; Griebel, Jürgen1; Nekolla, Elke1; Becker, Christoph2; Reiser, Maximilian2 1 Abteilung 2 Institut für Medizinischen und beruflichen Strahlenschutz, BfS, Neuherberg für Klinische Radiologie, Klinikum Großhadern, München Einleitung Bei der Bewertung der aus Röntgenanwendungen resultierenden Strahlenexposition der Bevölkerung stellt die unterschiedliche Dosisbelastung verschiedener Personengruppen einen wichtigen Aspekt dar. So werden z.B. Krebspatienten häufig geröntgt, haben aber oft eine verkürzte Lebenserwartung. Ziel der Studie war es, diesen Aspekt für Patienten mit den zehn häufigsten Krebserkrankungen zu quantifizieren. Material und Methode Anhand der aktuellen Krebsstatistik des Robert-Koch-Instituts wurden die zehn häufigsten Krebserkrankungen und die entsprechenden ICD-Codes identifiziert. Es handelt sich um Tumoren des Darms (16,8%), der Brust (13,0%), der Prostata (11,5%), der Lunge (10,6%), der Blase (6,1%), des Magens (4,6%), der Nieren (3,9%), des Pankreas (3,0%) sowie um Melanome (3,3%) und NonHodgkin-Lymphome (2,9%). Für alle Patienten, denen im Jahr 2000 am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (Großhadern) erstmals der entsprechende ICD-Code zugewiesen wurde, wurden die folgenden Angaben aus dem KIS/RIS ermittelt: Patientennummer und Alter bei Diagnosestellung sowie Datum und Aufnahmeparameter für jede der in den nachfolgenden fünf Jahren durchgeführte diagnostische und interventionelle Röntgenanwendung. Aus diesen Daten wurde für jeden Patienten die Zeit zwischen Diagnosestellung und letzter Röntgenuntersuchung im 5-Jahreszeitraum sowie die kumulative effektive 5-Jahresdosis berechnet. Ergebnisse Die genannten personen- und untersuchungsspezifischen Daten wurden für insgesamt 1652 Krebspatienten (Alter: 61,1 13,9 Jahre) erhoben. In den Abb. 1 und 2 sind für die zehn untersuchten Tumorarten die ermittelten Untersuchungsdauern und kumulativen effektiven 5-Jahresdosiswerte als Boxplots dargestellt. Die mittlere Untersuchungsdauer im Klinikum lag zwischen 8,4 (Magentumoren) und 23,9 (Brusttumoren) Monaten; für die mittlere effektive Fünfjahresdosis ergaben sich Werte zwischen 8,6 (Prostatatumoren) und 68,8 mSv (Pankreastumoren). 5,4 % der Patienten erhielten eine Dosis zwischen 100 und 200 mSv, 1,2 % zwischen 200 und 300 mSv sowie 0,2 % zwischen 300 und 375 mSv (Maximum). In Abb. 2 sind die Dosiswerte für Tumorarten mit einer 5-Jahresüberlebensrate von weniger und mehr als 70 % in unterschiedlichen Grautönen dargestellt. Im Vergleich zu Patienten mit einer schlechten Überlebenserwartung ist die Exposition bei Patienten mit einer 5-Jahresüberlebensrate von mehr als 70 % (z.B. Brust- und Prostata) deutlich niedriger. Die 90%-Perzentile der kumulativen effektiven 5-Jahresdosis lag in den zuletzt genannten Fällen unter 50 mSv. Diskussion Die ermittelten Dosiswerte stellen eine untere Abschätzung dar, da Untersuchungen der Patienten in anderen Einrichtungen nicht berücksichtigt wurden. Dennoch belegen unsere Ergebnisse, dass Krebs- Fußzeile TimesNewRoman 10 Kopfzeile TimesNewRoman 9 patienten eine hochexponierte Subpopulation innerhalb der Bevölkerung darstellen. Bei deutlich mehr als der Hälfte der Patienten ist die Exposition jedoch strahlenbiologisch nicht relevant, da sie aufgrund ihres im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöhten Lebensalters sowie ihrer in der Regel deutlich verkürzten Lebenserwartung einen möglicherweise strahleninduzierten Sekundärtumor nicht erleben werden. Unsere Studie verdeutlicht – am Beispiel von Krebspatienten – die Notwendigkeit, Nutzen-RisikoBewertungen diagnostischer Strahlenanwendungen erkrankungsspezifisch durchzuführen, da die Art der Erkrankung nicht nur die Höhe der Strahlenexposition, sondern auch das mittlere Alter der Patienten, ihre mittlere Lebenserwartung und den Nutzen der Bildgebung bestimmt. Beobachtungszeit (Jahre) 5 Perzentilen 4 90% 75% 3 50% 2 25% 10% 1 ag ta os kr Pr Pa n 69 en ta s ea H t N au om 198 M el an Br 96 M 132 L 26 d. H en m ng Lu re se 254 197 N ie us td rü la nb ar H 132 D ar 462 se 86 n 0 5-Jahresüberlebensrate < 70 % 180 5-Jahresüberlebensrate > 70 % 160 Perzentilen 90% 100 75% 80 50% 60 25% 40 10% 20 en ag st ea 69 M at a 198 Pr o kr H N 96 s L t 132 Pa n om d. H au en m ng 26 M el an D ar n re se dr ü Br u st la nb ar H 254 197 462 132 Lu 86 N ie 0 se Kumulative effektive 5-Jahresdosis (mSv) Abb. 1: Zeitraum zwischen Zuweisung des ICD-Codes und der letzten Röntgenanwendung innerhalb der nachfolgenden 5 Jahre für Patienten mit den zehn häufigsten Tumorerkrankungen. Die Zahlen unter den Balken geben die Anzahl der Patienten pro Gruppe an, die gestrichelten horizontalen Linien in den Balken den jeweiligen Mittelwert. Abb. 2. Kumulative effektive 5-Jahresdosis für Patienten mit den zehn häufigsten Tumorerkrankungen. Die Zahlen unter den Balken geben die Anzahl der Patienten pro Gruppe an, die gestrichelten horizontalen Linien in den Balken den jeweiligen Mittelwert. Fußzeile TimesNewRoman 10