Strahlenbelastung und Schwangerschaft Die besondere Strahlenempfindlichkeit des Embryos bzw. Fetus ist heute eine bekannte Tatsache. Während für die Auslösung von Missbildungen und Intelligenzdefiziten (maximales Risiko in der 8.-15. Schwangerschaftswoche) eine Dosis von über 100 mSv einwirken muss, ist kein Schwellenwert für die Krebsauslösung bekannt, weshalb diesbezüglich besondere Vorsicht angebracht ist. In der allerfrühsten Embryonalphase, wenn die Mutter noch nichts von ihrer Schwangerschaft bemerkt hat, gilt die „Alles-oder-Nichts–Regel“: Entweder bleibt die Strahlung folgenlos, oder es kommt selten zu einem Abort, der wie eine Monatsblutung erscheinen kann. Sobald eine Schwangerschaft bekannt ist, müssen Schutzmassnahmen ergriffen werden , die von der Eidgenössischen Kommission für Strahlenschutz und Überwachung der Radioaktivität (KSR) in Umsetzung der ICRP-Empfehlungen (International Commission on Radiological Protection) festgelegt werden. Konsequenzen für beruflich strahlenexponierte Schwangere Vor Feststellung der Schwangerschaft genügt (auch dank der „Alles-oder-Nichts-Regel“) der übliche Schutz der Arbeitenden. Nach Feststellung der Schwangerschaft gelten schärfere Grenzwerte, keine Anwesenheit in Untersuchungsräumen, während dort Röntgenstrahlen appliziert werden, kein direkter Kontakt mit nuklearmedizinischen Patienten. Diese Vorschrift gilt nicht für nichtberuflich Pflegende und Flugpersonal. Natürliche Strahlung und allfällige medizinische Massnahmen werden nicht zur beruflich erhaltenen Dosis addiert. Konsequenzen für eventuell oder sicher schwangere Patientinnen Hier gilt noch mehr als sonst, dass die Strahlenbelastung minimiert werden muss. Grundsätzlich liegt die Verantwortung beim Arzt, der die Untersuchung anordnet. Die alte „10-Tage-Regel“ (Röntgen nur in den ersten 10 Zyklustagen) als Vorsichtsmassnahme ist nicht mehr gültig. Gebärfähige Frauen sollten z.B. vor Röntgenaufnahmen immer nach einer Schwangerschaft gefragt werden, im Zweifel wird von einer Schwangerschaft ausgegangen. Die folgenden Dosiswerte schwanken je nach Untersuchungstechnik bis zu einem Faktor von drei. Das ungeborene Kind erhält laut KSR durchschnittlich an Dosis bei: Röntgenaufnahmen von Lunge, Schädel, Arm usw.: unter 0,01 mSv Beckenübersichtsaufnahme: ca. 1 mSv Nuklearmedizin (z.B. Schilddrüsenszintigraphie): bis 5 mSv CT mit Embryo im Untersuchungsgebiet: ca. 20 mSv Röntgenaufnahmen von Thorax („Lungenröntgen“), Schädel, Armen und Beinen (ohne Hüftgelenke) dürfen aufgrund dieser Daten notfalls zu jedem Zeitpunkt trotz Schwangerschaft angefertigt werden. Sonstige Röntgen- oder CT-Aufnahmen bzw. nuklearmedizinische Untersuchungen sind nur im äussersten Notfall („vitale Indikation“) angebracht, wenn keine andere brauchbare Methode zur Verfügung steht. Wenn doch ein ungeborenes Kind relevanter Röntgenstrahlung ausgesetzt wurde, dann gehen wir nach dem „Dreistufenplan“ der Schweiz. Gesellschaft für Med. Radiologie (Schweizerische Ärztezeitung Heft 18/1994) vor.