17 15 CAP3 R.1

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Entscheidungstheorien in
Psychologie und Ökonomie
Economics, Psychology,
and Decision Making
Interdisziplinäres Seminar
Christian Kaernbach
Ulrich Schmidt
Psychologie
Volkswirtschaft
Fr., 18. Juli 2008 Informationsveranstaltung /
1715 CAP3 R.1
vorgezogene Anmeldung
Entscheidungen
• Immer wieder stehen Menschen vor Entscheidungen.
Neben den wenigen und seltenen großen Entscheidungen
wie Studien- oder Berufswahl stehen hunderte kleine
alltägliche Entscheidungen wie die Wahl der Bekleidung,
oder die Wahl des Essens in der Mensa.
• Entscheidungen sind die Grundlage menschlichen
Handelns und Ausdruck der menschlichen
Willensfreiheit.
Expected Value (EV)
• Der Entscheider versucht, den zu erwartenden Wert zu
maximieren. Er verhält sich rational, berechnet
(intuitiv oder exakt) wahrscheinliche Kosten und
Nutzen jeder Entscheidungsoption, und wählt dann
diejenige Alternative, die für ihn den höchsten Nutzen
und/oder die geringsten Kosten bietet.
(Grundlagenthema)
Das „Wahrheitsserum“
• Durch geeignete Anreize kann man die Sicherheit, mit
der Entscheidern ihre Entscheidung treffen, erfahren.
• So könnte es bei einer Klausur mit multiple choice eine
zusätzliche Option „ich weiß es nicht“ geben. Warum
sollte der Klausurteilnehmer verraten, daß er nichts weiß?
Weil die Punktzahlen für die richtige, die falsche und die
ehrliche („weiß ich nicht“) Antwort so gewählt werden,
daß es sich für ihn lohnt, ehrlich zu sein.
• Diese Theorie weist Ähnlichkeiten zur Receiver
Operating Characteristics (ROC, s.u.) auf, die es
aufzuzeigen gilt (Referatsthema).
Expected Utility (EU)
• Nicht immer entscheiden Entscheider nach dem
maximalen Wert. Wenn man ein Los anbietet, das zu 50%
100 Euro gewinnt, oder 40 Euro fix, wählen viele
Menschen den fixen Betrag.
• Das kann rationales Verhalten sein, wenn man
berücksichtigt, welchen Nutzen 100 bzw. 40 Euro haben.
Doppelt so viel Geld bedeutet oft nicht doppelt so viel
Nutzen. EU wird in der Regel als normative Theorie
angesehen, da sich die Maximierung des EU aus
Rationalitätspostulaten (Axiomen) ableiten lässt.
(Grundlagenthema)
Prospect Theorie
• Es wird angenommen, daß jede Situation isoliert
betrachtet wird, also nicht das Gesamtvermögen, sondern
der Zugewinn oder Verlust die entscheidende Rolle spielt.
Die Vorhersage ist, daß man sich im Gewinnbereich
risikovermeidend, im Verlustbereich aber eher
risikofreudig verhält. Zudem werden
Wahrscheinlichkeiten gewichtet, da empirische Studien
gezeigt haben, daß kleine Wahrscheinlichkeiten oft einen
überproportional starken Einfluss auf die Attraktivität von
Lotterien haben, während es bei großen
Wahrscheinlichkeiten umgekehrt zu sein scheint
(Referatsthema).
Configural Weight Theorie
• Diese Theorie ist wie die Prospect Theorie eine
Alternative zu EU. Es werden ebenfalls
Wahrscheinlichkeiten gewichtet, wobei die Gewichtung
abhängig von der Rangordnung der Konsequenzen ist.
Eine Besonderheit der Configural Weight Theorie ist es,
daß sogenannte Splitting Effekte erklärt werden können:
Stellt man eine gute Konsequenz in einer Lotterie
zweimal mit halbierter Wahrscheinlichkeit dar, erhöht
dies die Attraktivität dieser Lotterie (Referatsthema).
EU und Wiederholungen
• Welchen Einfluß hat im Rahmen der expected utility eine
Wiederholung der Entscheidungssituation auf die
Entscheidung? Es zeigt sich, daß Entscheidungen
zunehmend nach dem expected value getroffen werden
(Referatsthema).
Signalentdeckungstheorie
(Signal Detection Theory, SDT)
• Bei vielen Entscheidungen verfügt der Entscheider über
mehr oder weniger valide Hinweise, die es erlauben,
a posteriori Wahrscheinlichkeiten zu bestimmen.
• Die Art dieses Wissens kann sehr detailliert exploriert
werden durch das Erheben eine sogenannten Receiver
Operating Characteristics (ROC). Dabei werden Kosten
und Nutzen einer binären Entscheidung so variiert, daß
die Versuchsteilnehmer, um den expected value zu
maximieren, ihre Kriterien variieren müssen
(Grundlagenthema).
Verteilungen
• Die klassische SDT unterstellt Normalverteilungen für
die zugrunde liegenden Hinweise. Experimentell
erhobene ROC-Daten weisen jedoch Asymmetrien auf,
die sich viel besser mit einer Poissonverteilung erklären
lassen. Das deutet darauf hin, daß die Hinweise oft in
diskreten Stufen vorliegen. Es gibt aber noch weitere
Verteilungen, die asymmetrische ROC-Kurven ergeben
(Referatsthema).
Aberglauben
• Eine Anwendung mißt die Bereitschaft von mehr oder
weniger abergläubigen Personen, Sprachsignale (Worte)
in weißem Rauschen zu hören. Es zeigt sich, daß die
mehr oder weniger abergläubige Einstellung zwar die
Kriterien verändert, aber nicht die
Diskriminationsfähigkeit (Vortrag Kaernbach).
Differentielle Schwellen
• Die SDT bezieht sich meist auf Absolutschwellen. Bei
differentiellen Schwellen geht es um die Erkennung eines
Unterschieds bei überschwelligen Reizen. Wenn die
Richtung des Unterschieds unbekannt ist, ergibt sich auch
bei normalverteilten Hinweisreizen eine asymmetrische
ROC. Interessant ist die Frage, was sich für eine bekannte
Richtung des potentiellen Unterschieds ergibt
(Referatsthema).
Multiple-payoff Matrix
• Methodisch läßt sich das Verfahren effizienter gestalten,
wenn man mehrere Antworten zuläßt. Mit einer multipleresponse payoff Matrix läßt sich eine ROC mit einem
einzigen Datensatz erheben (Vortrag Kaernbach).
Indecision Theory
• Manchmal möchte ich mich nicht entscheiden. Auch die
Entscheidung, sich nicht zu entscheiden, kann rational
gefällt worden sein (Vortrag Kaernbach).
Fehler in der Entscheidungstheorie
• Zahlreiche Studien haben gezeigt, daß sich Personen bei
wiederholter Wahl zwischen Lotterien nicht immer
konsistent verhalten. Geht man von unveränderten
Präferenzen aus, bedeutet dies, daß Entscheidungsfehler
vorliegen. Die Modellierung derartiger Fehler ist eine
wichtige Fragestellung, die in letzter Zeit verstärkt
betrachtet wird. Ein Vergleich der deskriptiven Eignung
verschiedener Theorien ist ohne eine explizite
Spezifikation von Fehlertermen nicht möglich
(Referatsthema).
Disparität Kauf-/Verkaufspreise
• Möchte man das Sicherheitsäquivalent einer Lotterie
bestimmen, kann man Probanden entweder nach dem
maximalen Kaufpreis oder dem minimalen Verkaufspreis
fragen. Beide Vorgehensweisen sollten im Rahmen von
EU zu sehr ähnlichen Ergebnissen führen. Einige
Experimente haben jedoch gezeigt, daß dies nicht der Fall
ist, da der Verkaufspreis durchschnittlich doppelt so hoch
ist wie der Kaufpreis. Es gibt verschieden
Erklärungsansätze für diese Disparität. Es ist in der
Literatur allerdings umstritten, ob die Disparität
tatsächlich existiert oder nur eine Folge eines verzerrten
experimentellen Designs ist (Referatsthema).
Wahrnehmung von
Wahrscheinlichkeiten
• Bei den bisherigen Fragestellungen sind wir meist von
gegebenen Wahrscheinlichkeiten ausgegangen. In der
Realität sind die Wahrscheinlichkeiten jedoch häufig
unbekannt. Es stellt sich somit die Frage, wie die
Wahrscheinlichkeiten von einzelnen Umweltzuständen
wahrgenommen werden. Dazu wurden zahlreiche Studien
durchgeführt. Eine beliebt Vorgehensweise in diesem
Zusammenhang das Wettverhalten bei Pferderennen zu
beobachten. Hier zeigt sich, daß eine Präferenz für
Außenseiterwetten existiert, was auf die Überbewertung
unwahrscheinlicher Ereignisse schließen lässt
(Referatsthema).
Heuristiken und kontextabhängige
Präferenzen
• In der Wirtschaftstheorie wird häufig davon ausgegangen,
daß Personen bei der Wahl zwischen Alternativen
versuchen, eine implizit gegebene Nutzenfunktion zu
maximieren. Dies in der Realität jedoch oft nicht der Fall.
Stattdessen werden Entscheidungen durch einfache
Regeln, sogenannte Heuristiken, getroffen
(Referatsthema) oder durch nicht-relevante Faktoren (den
Kontext) beeinflußt (Referatsthema).
Emotionen in Entscheidungstheorien
• Emotionen spielen in Entscheidungstheorien oft die Rolle
eines Störfaktors. Sie werden dem rationalen Denken als
erratisch gegenübergestellt, und aus den Theorien
herausgerechnet. Tatsächlich läßt sich aber menschliches
Entscheiden ohne Emotionen nicht vollständig
beschreiben, und oft sind Emotionen auf ihre Weise
rational (Referatsthema).
Somatic Marker Hypothese
• Damasio und Kollegen haben eine Theorie vorgeschlagen, wie
emotionale Prozesse Entscheidungsverhalten steuern oder
zumindest beeinflussen können. Demnach werden im präfrontalen
Kortex Assoziationen abgelegt zwischen Hinweisen auf zu
erwartende positive oder negative Reize einerseits und den
resultierenden peripherphysiologischen (somatischen)
Erregungszuständen andererseits. Bei späteren Entscheidungen in
ähnlichen Situationen können diese Assoziationen hilfreich bei der
Entscheidung sein. Bei Patienten mit Schädigungen des
präfrontalen Kortex zeigt sich in Entscheidungssituationen (z. B.
dem Iowa Gambling Task), daß riskante Entscheidungen nicht
vermieden werden, auch wenn sie die Bilanz deutlich
verschlechtern (Referatsthema).
Unbewußte Verarbeitung und
Willensfreiheit
• In einem vieldiskutierten Experiment hat Libet (1985)
nachgewiesen, daß einer bewußten Entscheidung (für das Heben
eines Fingers) ein Vorbereitungspotential vorausgeht, das bereits
300 ms vor der Entscheidung Prozesse im Gehirn anzeigt, die diese
Entscheidung vorbereiten. Dieser Befund hat eine zum Teil
vehement geführte Diskussion auch in den deutschen Feuilletons
ausgelöst über die Frage, ob der Mensch einen freien Willen hat
oder nicht. Bei diesem Thema steht nicht so sehr die „Technik“ im
Mittelpunkt, mit der ein Entscheider eine Entscheidung trifft,
sondern die metaphysische Grundlage von Entscheidungen: sind
sie Ausdruck autonomen Handelns, oder unvermeidliche
Ergebnisse einer determinierten Mechanik? (Referatsthema)
Ethische Entscheidungen
• Würde ich einen Fremden von einer Fußgängerbrücke aus vor den
Zug stoßen, wenn ich damit eine größere Katastrophe verhindern
könnte? Würde ich einen Hebel umstellen, der einen Zug so
umleitet, daß er nicht in die Reisegruppe fährt (zehn Tote), sondern
den Fremden überfährt? Warum fallen die Antworten auf das
trolley dilemma und ähnliche ethische Fragen so unterschiedlich
aus, obwohl die Entscheidungssituation anscheinend gleich ist?
Eine entscheidende Rolle spielt die Frage, ob die Zahl der
Alternativen als begrenzt (zwei Stellungen des Hebels) oder als
offen (freies Handeln, eventuell noch viele andere Möglichkeiten
denkbar) empfunden wird, was durch die Art der Fragestellung
beeinflußt wird (Referatsthema).
Ablauf des Seminars
• In der Semesterpause Literaturrecherche (P&V),
Erstellung der Seminararbeit bis 27.10.2008, 12:00 (V)
• einleitende Grundlagenvorträge
• Gastvortrag Christian Wiesner:
Kognitiv-neurobiologische Theorien des Entscheidungsverhaltens
• Tutorium mit Übungen zur Entscheidungstheorie
(Matlab)
• Blockseminar mit Vorträgen (P),
Termin nach Vereinbarung
• Abschlußklausur, Termin nach Vereinbarung
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