Biodiversität Genetische Biodiversität Biodiversität „Die Vielfalt der Arten auf der Erde, die genetische Vielfalt sowie die Vielfalt von Ökosystemen.“ (Bezeichnung gemäß dem „Übereinkommen über biologischen Vielfalt)“ Somit umfasst sie drei verschiedene Ebene: Artendiversität die Vielzahl an Arten Ökosystem-Diversität die Vielfalt an Lebensräumen und Ökosystemen genetische Diversität _____________________ die Vielfalt aller Gene innerhalb einer Art (= genetische Variation) und die gesamte genetische Vielfalt einer Biozönose oder eines Ökosystems Methoden Problem: genetische Diversität durch Beobachtung alleine nicht exakt bestimmbar Pedigree-Daten Morphologische Marker RAPDs RFLPs AFLPs Mikrosatelliten Pedigree-Daten Stammbaum-/Ahnendaten Berechnung der genetischen Diversität beruhend auf Untersuchungen von verwandschaftlichen Beziehungen Wichtige Methode in der Zucht (z.B. Zoos) Vermeidung von Inzucht keine Daten des genetischen Codes nötig Beobachtungen vieler oder sogar aller Individuen über langen Zeitraum (mehrere Generationen) nötig für Freilandbeobachtungen eingeschränkt oder nicht anwendbar Morphologische Marker monogen dominant/rezessive vererbte, am Phänotyp erkennbare spezifische Eigenschaften ( z.B. Wuchsform oder Krankheitsresistenz) dienten bis in die siebziger Jahre Maß für den genetischen Abstand/Diversität bilden noch heute die Grundlage der systematischen Biologie, anhand derer die taxonomische Einordnung von Organismen erfolgt lassen Aussagen über evolutionäre Prozesse zu Können irreführend sein, Verwandschaften „vortäuschen“ RAPD – Zufällig amplifizierte polymorphe DNA die RAPD-Methode ist eine PCR mit einem (oder mehreren) zufällig erzeugten, kurzen Primern (8–12 Nukleotide) DNA-Abschnitte mit der entsprechenden Sequenz werden amplifiziert* bei der Elektrophorese entstehen individuelle Bandenmuster, welche erlauben, die Erbsubstanz unterschiedlicher Lebewesen zu vergleichen, ohne diese im Detail zu kennen keine aufwendigen Sequenzierungen erforderlich In der Praxis dient das Verfahren zur Untersuchungen der phylogenetischen Verwandtschaft von Tier- und Pflanzenarten. *vermehrt RFLPs - Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus Untersuchung der Entstehung und des Verlustes von Restriktionsstellen durch Mutation zu untersuchender Genabschnitt wird mit Restriktionsenzym verdaut Ähnlichkeit kann durch die Entstehung von gleichen oder ungleichen Fragmentlängen bei der Elektrophorese (direkt) abgelesen werden Nutzung: dient zur Genkartierung dient zur Suche nach Quantitative Trait Loci, Zur Untersuchung der genteischen Biodiversität ist nur nur Teilweise geeignet, da die Methode eine zu geringe Auflösung besitzt größere Genabschnitte einer Art zu vergleichen nur mit sehr „groben“ Restriktionsenzymen anwendbar, da sonst zu viele Fragmente entstehen oder nur kleiner Abschnitt des Gens exakt untersuchbar AFLPs- - Amplifikationtsfragmentlängenpolymorphismus Untersuchung der Entstehung und des Verlustes von Restriktionsstellen durch Mutation Erster Schritt: zu untersuchender Genabschnitt wird mit zwei Restriktionsenzymen verdaut, wobei ein Enzym eine 4 Basenpaaren Erkennungssequenz besitz recht kurz => häufige Schnitte (frequent cutter) das andere Enzym eine 6 Basenpaaren Erkennungssequenz besitz schneidet seltener („rare cutter“) Zwischenergebniss: 3 Fragmenttypen (a/a => am häufigsten, a/b, b/b => selten) Erste Amplifikation Zweiter Schritt: Primer mit 1 bis 2 definierten Basen am Ende werden zugegeben Nur Fragmente mit den entsprechenden Basen werden amplifiziert* Zwischenergebniss: Reduktion der Fragmentanzahl *vermehrt um 1/16 bei einer Base und 1/256 bei 2 Basen Zweite Amplifikation Dritter Schritt: erneute Zugabe von Primern mit weiteren zwei „Extrabasen“ unter Markierung des „rare cutters“ Ergebniss: Reduktion der Fragmentzahl auf 1/256 und Reduktion auf Fragmente vom Typ a/b und b/b Nutzung: durch die Methode des AFLP ist es möglich größere Genabschnitte und sogar ganze Genome von nahezu identischen wie auch artverschiedenen Individuen exakt zu untersuchen sehr gut geeignet zur Untersuchung der genetischen Biodiversität Problem Restriktionsstücke stellen keine neutrale Marker da Mikrosatelliten oder SSR - Simple Sequence Repeats Mikrosatelliten sind kurze, am selben Locus konzentrierte nicht kodierende DNAWiederhohlungen (z.B. 5`CACACA…3`) können zur Ähnlichkeitsanalyse verwendet werden, da die Anzahl der Wiederholungen sich bei verschiedenen Individuen (durch Crossing-over) unterscheidet d.h. bei der Restriktion, entstehen DNAFragmente unterschiedlicher Länge Nutzung: Methode mit der höchsten Auflösung neutrale Marker „Repeats“ unterliegen (fast) keinerlei Selektionsdruck (im Gegensatz zu möglichen Veränderungen in Restriktionsfragmenten) Jedoch sehr Aufwendig, da „Repeats“ zuvor erst mit anderen Methoden (z.B. DNASequenzierung) lokalisiert werden müssen. „Problem“ Lepomis macrochirus Grundsatz der genetischen Biodiversität: Je größer eine Population, desto höher ihre Fähigkeit sich anzupassen. Jedoch: Wie konnten 15 Individuen vom Lepomis macrochirus, welche 1960 in Japan eingeführt wurden, zur heute dominierenden Art werden (über 50 Mill. Exemplare)? Lepomis macrochirus Lepomis macrochirus – blauer Sonnenbarsch Vorkommen: Flüsse der USA (mittlerweile selten) (seit 1960 Japan und Korea) Nahrung: Allesfresser (ursprüngliche Form) Einführung: vom Japanischen Kaiser selbst zur Ansiedlung als wohlschmeckender Speisefisch Bildquelle: http://www.livt.net/Clt/Ani/Cho/Ost/Pcm/Pcf/Pcd/Cnt/cnt007.jpg Ursprungstheorie Theorie: Die gefangenen blauen Sonnenbarsche sind verschiedenen Ursprungs und ermöglichten so bei einer kleinen Individuenzahl eine hohe genetische Diversität. Untersuchungsmethode: RFLP-Analyse vom mitochondrialen D-loop und einer NADH verschlüsselnden Unterregion vieler Individuen des Ursprungs- und des Verbreitungsgebietes. Ursprungstheorie Ergebniss: Variante einer Nukleotidsequenz im Genom eines Lebewesens mit zufälligen Mutationen 38 verschiedene Haplotypen in den USA haplotypen Gutenbergpopulation • Fanggebiet – „Gutenbergpopulation“ Ursprungstheorie Ergebniss: 5 verschiedene Haplotypen in Japan haplotypen Gutenbergpopulation Ursprungstheorie alle 5 in Japan vorkommenden Haplotypen sind in den 6 Haplotypen der „Gutenbergpopulation“ enthalten 4 von 5 Haplotypen sind einzigartig in „Gutenbergpopulation“ vorhanden Alle Japanischen Tiere vom gleichen Ursprung! Keine erhöhte genetische Diversität für Erfolg verantwortlich. Ökologische Nische Theorie: Lepomis macrochirus besetzte in japanischen Gewässern eine freie ökologische Nische optimal und konnte sich so, ohne Konkurenz und ohne größere Anpassung an veränderte Umweltbedingungen, rassant vermehren. Untersuchungsmethoden: Unteruschung des Verhaltens in Japan und USA. Ökologische Nische Ergebniss : Verhalten USA: Allesfresser, im gesamten Gewässer Verhalten Japan: 5 spezialisierte Typen benthische Wirbellose im Küstenbereich Unterwasserpflanzen im Küstenbereich Zooplankton (Crustaceen) im tieferen Wasser Zwei verschiedene Arten von Copepoda (Ruderfußkrebsen) Ökologische Nische Beobachtung: Alle 5 Ernährungstypen besitzen morphologische Unterschiede. Frage : Sind die unterschiedlichen Morphen am besten auf ihre Beute angepasst ? Untersuchung: Laborexperiment zur Untersuchung eines Zusammenhangs zwischen der Morphologie und des Ernährungsverhaltens. Ökologische Nische Ergebniss: Hauptnahrung: benthische Wirbellosen Morphe Zooplankton Morphe Ökologische Nische Ergebniss: Durch verschiedene morphologische Modifizierungen gelang es Lepomis macrochirus sich an verschiedene Gebiete optimal anzupassen und sich so rasant in diese auszubreiten. Umweltbedingte Anpassungsfähigkeit Wie erklärt sich die hohe Anpassungsfähigkeit bei so extrem geringer Population und niedriger genetischer Biodiversität. im Verhalten der ursprünglichen (USA) Vertreter von Lepomis macrochirus sind alle anderen Verhalten integriert jedoch keine Umweltfaktoren bedingen eine Speziallisierung auf ein bestimmtes Verhalten (eine Beute) Fähigkeit aus einem Genom durch unterschiedliche ökologische Einflüsse (hier die bereits vorhandene Gewässerfauna Japans) verschiedene morphologische Merkmale auszuprägen. Weiter Erkenntnisse: Anhand der umfangreichen Daten (exakte Dokumentierung der Einwanderungsdaten sowie die RFLPAnalysen von Lepomis macrochirus in den einzelnen Gebieten Japans) kann man sehr gut die Wirkung von zwei Effekten darstellen, welche einen wichtigen Einfluss auf die genetische Biodiversität besitzen. Gründereffekt („Founder-Effect“) und Gendrift Gründereffekt beschreibt eine genetische Abweichung einer isolierten Population („Gründerpopulation“) von der Stammpopulation Abweichung entsteht aufgrund der geringen Anzahl vorhandenen Allele, der an ihrer Gründung beteiligten Individuen und nicht infolge unterschiedlicher Selektionsbedingungen Folgen Genpool der Ausgangsart in der Regel nur unvollständig repräsentieren Mangel an Ausgangsmaterial für die genetische Selektion verringerte Überlebenschancen beim Auftreten extremer Umweltbedingungen deutlich geringere geno- und phänotypische Variabilität der Nachkommen in einigen Fällen kann der Gründereffekt auch zur Entstehung neuer Arten führen: z.B.: Darwinfinken auf den Galápagos-Inseln Artenstehung durch Gründereffekt die Fixierungswahrscheinlichkeit eines Allels ist im Allgemeinen gleich ihrer anfänglichen Allelfrequenz entsteht z.B. durch Mutation ein neues Allel so tritt dieses einmal unter 2 Allelen (diploid) in N (gesammte Population) Individuen auf Allelfrequenz des neues Allels ist demnach 1 / (2N) Wahrscheinlichkeit mit der sich dieses Allel durchsetzen wird ist ebenfalls 1/(2N) vorteilhafte Allele können sich in kleinen Populationen mitunter leichter/schneller durchsetzen als in großen Gendrift Wahrscheinlichkeitseffekt beruht darauf das weitergegebene Gene, keine vollständige Kopie der Gene der erfolgreichen Mitglieder, sondern eine zufällige Auswahl aller Gene sind Stichprobe mit zufälligen Schwankungen mögliche Abweichung der Zusammensetzung der Genfrequenz geschieht dies, sind die Genfrequenzen im Genpool gedriftet Gendrift ist durch statistische Ursachen umso stärker bemerkbar je kleiner eine Population ist Beispiel Münzenwerfen: 50% Wahrscheinlichkeit, welche jedoch erst mit höherer Anzahl von Würfen eintritt Deshalb sind bei kleinen Populationen die Fluktuationen der Genfrequenzen größer als bei Populationen mit vielen Individuen. Gendrift und natüliche Selektion sind Evolutionsfaktoren und wirken gleichzeitig bewirken eine Änderung in der Zusammensetzung des Genpools Gendrift: Häufigkeit von bestimmten Allelen und damit die vorherrschenden phänotypischen Merkmale werden verändert Veränderung in der Häufigkeit der Allele unabhängig von Vor- oder Nachteil Zufallsbedingt und unabhängig von der genetischen Fitness natürliche Selektion: phänotypischen Merkmale (und damit Allele) bevorzugt, welche die genetische Fitness erhöhen In großen Populationen, wo der Gendrift klein ist, wird die natürliche Selektion selbst bei niedrigem Selektionsdruck den größeren Betrag zur Veränderung der Genfrequenzen haben. In kleinen Populationen werden die größeren statistischen Schwankungen durch den Gendrift die Änderungen durch Selektion überlagern. Gendrift am Beispiel von Lepomis macrochirus Starke Abhnahme des Genpools durch Gendrift in der Population von Lepomis macrochirus bedingt durch den Gründereffekt in den 1960ern. Genetischer Flaschenhals durch geringe Populationsgrößen (Gründereffekt) hervorgerufenes Problem, das ein Fehler in der Erbinformation eines Allels nicht durch ein zweites gesundes Allel ausgeglichen werden kann Folgen sind: Inzuchtdepression und damit erhöhte Anfälligkeit Kann zum Aussterben einer bereits bedrohten Art führen Fazit: Um einen effektiven Schutz einer Art oder der Biodiversität im Allgemeinen zu gewährleisten, nützt es nichts nur die Artdiversität durch wenige Vertreter aufrecht zu erhalten. Sondern man muss ganze/größere und verschiedene Populationen schützen, da es sonst schon vor dem eigentlichen Aussterbeprozess zur Verarmung der genetischen Diversität kommt, was eine Minderung der Anpassungsfähigkeit (durch Gründereffekt, Gendrift…) und somit der zukünftigen Überlebenschance nach sich zieht. Quellen Paper: „A peculiar relationship between genetic diversity and adaptability in invasive exotic species: bluegill sunfish as a model species“ Paper: „Potentials for monitoring gene level biodiversity: using Sweden as an example“ Vorlesung: „Naturschutz Genetik“ von Dr. Andrea R. Pluess,Institut fuer Terrestrische Oekosysteme Vorlesung: „Erhalt genetischer Diversität“ von N. Michiels Internet: http://ipp.boku.ac.at/pz/uebungen/Div_1.htm http://www.genres.de/infos/pdfs/bd08/08_13.pdf http://www.eawag.ch/publications/eawagnews/www_en56/en56d_screen/en56d_winde r_s.pdf http://books.google.de/books?id=zjNWtnudFGQC&pg=PA210&lpg=PA210&dq=method en+genetische+diversit%C3%A4t&source=web&ots=VGXJGnCTYt&sig=f58BNYLvBkH QX458VgsppJU_iJQ&hl=de&sa=X&oi=book_result&resnum=1&ct=result#PPA216,M1 http://www.dgaae.de/html/publi/mitt2006/067.pdf http://ubt.opus.hbz-nrw.de/frontdoor.php?source_opus=353