20er und 30er Jahre Tanz und Musik Es schien, als ob sich die Menschen die Kriegsjahre vom Leib tanzen und zugleich ihre Hoffnungen mit dem Tanz ausdrücken wollten, als 1918 das Tanzverbot aufgehoben wurde. Es gab einen wahrhaften Tanztaumel, der eine komplette Veränderung des Gesellschaftstanzes mit sich brachte. Die neuen Tänze hatten afrikanische und amerikanische Wurzeln. In diesen neuen Tänzen und der dazugehörigen Musik drückte sich die neue Rolle der Frau aus, die ein neues Selbstbewusstsein erlangte und nun nicht nur auf dem Tanzparkett eine Führungsrolle übernahm. Die neuen Tänze machten die Tänzer (Mann und Frau) „gleich“. Den Anfang der neuen und wilden Tänze machte der Foxtrott, der 1918 mit dem dazugehörigem Ragtime von den Amerikanern mitgebracht wurde. Dieser Foxtrott war wild und wenig reglementiert, eher eine Art zappeliger Stepptanz. Um 1920 trat der Shimmy und Jazzmusik das Erbe des Foxtrotts an und brachte auch eine Veränderung der Tanzkapellen mit sich, die nun mehr auf den Jazz ausgerichtet waren. Jazz und die neuen Klänge, wie z.B. Trompeten, Gitarren, Saxophone und Schlagzeug spalteten die Gemüter. Die einen fanden es grotesk, die anderen waren von den neuen Möglichkeiten fasziniert. Auch der Tanz an sich stieß nicht nur auf Gegenliebe, denn die Tänze bekamen eine neue Körperlichkeit und Erotik, die letztlich in dem Charleston gipfelte. Es waren nicht nur Künstler, die die Jazzlokale besuchten. Menschen aus allen Bevölkerungsschichten konnten sich der Verruchtheit der Tanzkneipen hingeben, zumindest für die begrenzte Zeit des Wochenendes (siehe die Bilder von Otto Dix). Eine Vorliebe für Jazz und Swing aus Amerika entwickelte sich in Deutschland: Louis Daniel „Satchmo“ Armstrong, amerikanischer Jazztrompeter und Sänger war sehr beliebt. Tänze der 20er Jahre. Hier eine kurze Aufzählung mit Beschreibung der drei wichtigsten und populärsten Tänze der zwanziger Jahre nicht nur in Deutschland, sondern in Europa. Foxtrott: Entstand 1910 in Amerika und kam erst 1918 nach Deutschland. Es gibt viele Abwandlungen und Entwicklungen des Foxtrotts, von komplizierten Schritten bis zum einfachen und beliebten Tanz der heutigen Zeit. Durch eine vereinfachte Schrittfolge und schnelleres Tempo entstand aus ihm 1924 der sogenannte Quickstep. Shimmy: Gesellschaftstanz des 20. Jh. aus afroamerikanischer Herkunft. Er kam in den Jahren 1920 und 1921 in Europa zu großer Verbreitung als beliebter Modetanz. Er ist mit dem Foxtrott verwandt. Die dazugehörige Musik ist ragtimeverwandter Jazz mit 4/4 – oder ¾ - Takt. Die Beine werden bei diesem Tanz steif gehalten und die Fußspitzen bleiben geschlossen. Dies ist auch das Besondere des Shimmys: Es wurde erstmals auf virtuose Beintechnik verzichtet, stattdessen bewegt man schüttelnd Becken, Hüfte und Po. Dies macht den Shimmy zu einem sogenannten Platztanz. Charleston: Hat seine Bezeichnung von der gleichnamigen Stadt in South Carolina. Wurde 1922 in New York erstmals von einer Tanztruppe vorgeführt. Fand um 1925 seinen Einzug in die Tanzsalons Europas, wo er allerdings schon nach kurzer Zeit die Wildheit seiner Bewegungen einbüßte und in gemäßigter Form getanzt wurde. Die Besonderheit des Tanzes ist, dass die Unterschenkel wild seit- oder rückwärts nach oben geworfen werden während die Knie geschlossen bleiben Schüler üben den Charleston Tänze Schülerinnen zeigen Foxtrottschritte Die goldenen 20er Jahre/ Mix Weitere Schülertexte Jazz Deutsche Sänger/innen der 20er und 30er Jahre DIE GUTE-LAUNE-MUSIK der 20er/30er Jahre Comedian Harmonists Veronika, der Lenz ist da Veronika, der Lenz ist da, die Mädchen singen Trallala, die ganze Welt ist wie verhext, Veronika, der Spargel wächst. Veronika, die Welt ist grün, drum laß uns in die Wälder ziehn, sogar der Großpapa sagt zu der Großmama: Veronika, der Lenz ist da. Mädchen lacht, Jüngling spricht, Fräulein, wolln Sie oder nicht, draußen ist Frühling. Der Poet Otto Licht hält es für seine Pflicht, er schreibt dieses Gedicht. : Veronika, der Lenz ist da, die Mädchen singen Trallala, die ganze Welt ist wie verhext, Veronika, der Spargel wächst. Veronika, die Welt ist grün, drum laß uns in die Wälder ziehn, sogar der Großpapa sagt zu der Großmama: Veronika, der Lenz ist da. Comedian Harmonists mein kleiner grüner Kaktus Blumen im Garten, so zwanzig Arten, von Rosen, Tulpen und Narzissen, leisten sich heute die kleinsten Leute, das will ich alles gar nicht wissen. Mein kleiner grüner Kaktus steht draußen am Balkon, hollari, hollari, hollaro. Was brauch ich rote Rosen, was brauch ich roten Mohn, hollari, hollari, hollaro. Und wenn ein Bösewicht was Ungezognes spricht, dann hol ich meinen Kaktus und der sticht, sticht, sticht. Mein kleiner grüner Kaktus steht draußen am Bakon, hollari, hollari, hollaro. Man find gewöhnlich die Frauen ähnlich den Blumen, die sie gerne tragen. Doch ich sag täglich, das ist nicht möglich, was soll'n die Leut sonst von mir sagen. Mein kleiner ... Heute um viere klopfts an die Türe. Nanu, Besuch so früh am Tage? Es war Herr Krause vom Nachbarhause, der sagt: "Verzeihn sie, wenn ich frage? Sie hab'n doch einen Kaktus, da draußen am Balkon, der fiel soeben runter, was halten sie davon? Er fiel mir auf's Gesicht, ob's glauben oder nicht, nun weiß ich daß ihr kleiner grüner Kaktus sticht. Bewahrn' sie ihren Kaktus gefälligst anderswo, hollarie, hollarie, hollaro. Claire Waldoff Lieber Leierkastenmann Jeder schimpft heut auf Berlin, alle aber loben Wien, überall steht ein Tenor und singt Wiener Lieder vor. Niemals hörte ich in Wien Lieder aus der Stadt Berlin, doch, ich muss euch eingesteh`n, ich find sie genauso schön; es braucht nicht gleich von Mozart sein, es kann vielleicht auch so zart sein: Lieber Leierkastenmann, fang noch mal von vorne an deine alten Melodien von der schönen Stadt Berlin. Stehst du unten uff`n Hof, wird mir jleich ums Herz janz doof; noch eenmal so`n junget Blut sein, noch eenmal im Tanz sich zärtlich drehn. Lasst man, Kinder, lasst man jut sein, unsre Stadt Berlin is doch janz schön. LOUIS PRIMA singt „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ (zuerst auf Deutsch gesungen, dann auf Englisch „Just a Gigolo“) Schöner Gigolo, armer Gigolo Der kleine Leutnant, er war der beste Reiter, und alle Herzen, sie flogen ihm gleich zu. Er konnte küssen und tanzen, wie kein zweiter, er kam und sah und siegte auch im Nu. Viel Monde hat er gekämpft in Frankreich drüben, bald an der Weichsel, Piave, irgendwo; jetzt ist ihm nichts mehr geblieben, er wurde Gigolo. Schöner Gigolo, armer Gigolo, denke nicht mehr an die Zeiten, wo du als Husar, goldverschnürt sogar, konntest durch die Strassen reiten. Uniform passée, Liebchen sagt: Adieu! Schöne Welt du gingst in Fransen! Wenn das Herz dir auch bricht, zeig' ein lachendes Gesicht, man zahlt und du musst tanzen. Er wurde Tänzer, die Erde dreht sich weiter, der kleine Leutnant tanzt für sein täglich Brot. Wenn nur das Mütterchen einmal wieder heiter, sie darf nichts fühlen mehr von bittrer Not. Dort wo beim Sekt er gelauscht der schönen Lieder, wo er getanzt hat in Dulci Jubilo; dort tanz er täglich, jetzt wieder, doch nur als Gigolo. Die Film- und Kinomusik In den Zwanziger Jahren war Deutschland der europäische Staat mit den meisten Kinos. Täglich gingen zwei Millionen Menschen in die Kinos. Deutschland produzierte in den 20er und 30er Jahren mehr Filme als alle anderen europäischen Staaten zusammen. Der deutsche Film brachte einige große Regisseure mit bedeutenden Produktionen hervor, wie z.B. „Das Kabinett des Dr. Caligari“ (1919/ 1920) von Robert Wiene. Die Film- und Kinomusik ist genauso alt wie die bewegten Bilder in Film und Kino. Bereits in der Frühzeit des Films waren öffentliche Vorführungen mit musikalischer Begleitung üblich. Sogar die Epoche des Stummfilms wurde von Klaviermusik begleitet. Ende der 20er, Anfang der 30er Jahre Filme / Musik / Lieder Sehr wichtig waren die neuen Tonfilme, die oft musikalische Stücke miteinbezogen. Beliebt waren auch Operetten (leichte Opern) und frühe Musicals, die klassische Musik mit der neuen Unterhaltungsmusik zusammenbrachten. Lieder ,Musicals & Operetten der 30iger Jahre: 1930: „Mackie Messer“ aus der Dreigroschenoper (Bertolt Brecht) 1930: „Ich bin die Christl von der Post“ aus Im weißen Rößl (Lucia Popp) 1930: 1930: „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ aus der Blaue Engel (Marlene Dietrich) 1930:„Ein Freund, ein Guter Freund“, „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“ aus „Die drei von der Tankstelle“ (Heinz Rühmann und Willy Fritsch) Die Moritat von Mackie Messer (Dreigroschenoper / Bertolt Brecht) Und der Haifisch, der hat Zähne und die trägt er im Gesicht und Macheath, der hat ein Messer doch das Messer sieht man nicht. Ach, es sind des Haifischs Flossen rot, wenn dieser Blut vergießt. Mackie Messer trägt 'nen Handschuh drauf man keine Untat liest. An 'nem schönen blauen Sonntag liegt ein toter Mann am Strand und ein Mensch geht um die Ecke den man Mackie Messer nennt. Und Schmul Meier bleibt verschwunden und so mancher reiche Mann und sein Geld hat Mackie Messer dem man nichts beweisen kann… Ich bin die Christel von der Post (Im weißen Rößl) Ich bin die Christel von der Post; Klein das Salär und schmal die Kost. Aber das macht nichts, wenn man noch jung ist Wenn man nicht übel, wenn man im Schwung ist. Ohne zu klagen Kann man's ertragen. Wenn man dabei Immer lustig und frei! Bin ja die Christel von der Post! Mein Amt ist herrlich, Wenn auch gefährlich. Auf die Adresse kommt es an; Ist's ein galanter, Ist's ein charmanter, Wird es fatal oft dann und wann. Statt Rezepisse Möchte gern küssen; Pfiffig jedoch benehm' ich mich da! Lass 'ihn vor allem 's Porto erst zahlen. Sage dann lachend zu ihm: ja, ja! Einen Kuss Wenn ich muss, wenn ich muss... Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt (Der blaue Engel) Ein rätselhafter Schimmer, Ein "je ne sais-pas-quoi" Liegt in den Augen immer Bei einer schönen Frau. Doch wenn sich meine Augen Bei einem vis-à-vis Ganz tief in seine saugen Was sprechen dann sie?: Ich bin von Kopf bis Fuß Auf Liebe eingestellt, Denn das ist meine Welt. Und sonst gar nichts. Das ist, was soll ich machen, Meine Natur, Ich kann halt lieben nur Und sonst gar nichts… „Ein Freund, ein guter Freund“ (Die drei von der Tankstelle) Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Ein Freund bleibt immer Freund und wenn die ganze Welt zusammenfällt. Drum sei auch nie betrübt, wenn dein Schatz dich nicht mehr liebt. Ein Freund, ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den es gibt. Sonniger Tag, Wonniger Tag! Klopfendes Herz und der Motor ein Schlag! Lachendes Ziel, Lachender Start und eine herrliche Fahrt! Rom und Madrid nehmen wir mit. So ging das Leben im Taumel zu dritt! Über das Meer, über das Land, haben wir eines erkannt: Liebling, mein Herz lässt dich grüßen (Die drei von der Tankstelle) Liebling, mein Herz lässt dich grüßen und dir sagen, wie gut ich dir bin. Liebling, mein Herz lässt dich grüßen, nur mit dir allein, kann es glücklich sein, all meine Träume, die süßen, leg ich in den Gruß mit hinein. Lass nicht die Tage verfließen, bald ist der Frühling dahin. Liebling, mein Herz lässt dich grüßen und dir sagen, wie gut ich dir bin. Noch verknüpft uns nur Sympathie, noch sagen wir "Sie" und küssten uns nie. Doch im Traume sag ich schon "Du" und flüstere leis dir zu: Liebling, mein Herz lässt dich grüßen, nur mit dir allein, kann es glücklich sein, all meine Träume, die süßen, leg ich in den Gruß mit hinein. Lass nicht die Tage verfließen, bald ist der Frühling dahin. Liebling, mein Herz lässt dich grüßen und dir sagen, wie gut ich dir bin. Besuch eines Konzertes in Kassel /Mai 2009 (Filmlieder der 30er Jahre) Radio als Musikträger Radioapparate, die noch Detektoren genannt wurden, besaßen nur wenige Familien und wurden aus Kostengründen häufig selbst zusammengebaut. Richard Tauber war der Starinterpret einer im Radio übertragenen Operette. Musiksendungen, Autorenlesungen und Hörspiele erfreuten sich großer Beliebtheit, politische Sendungen waren hingegen weitgehend tabu. Radio in den 20 er Jahren Radio-Werbung MODISCHE VERÄNDERUNGEN Frisuren Einige der entscheidensten Veränderungen in der Geschichte der Damenmode fanden in den Zwanziger Jahren statt. Während des Ersten Weltkrieges waren die jungen Frauen dazu übergegangen das Haar kürzer zu tragen, weil die Langhaarfrisuren der Vorkriegsmode sie bei der Arbeit auf dem Bauernhof oder in den Munitionsfabriken störten. Wie die Kleidermode in den Zwanziger Jahren sollte sich auch die Haarmode gründlich verändern. Die Damen trugen jetzt Bubikopf. Der revolutionäre Bubikopf wurde von dunkel umrahmten Augen und einem tiefroten Mund mit deutlich ausgemalten Amorbogen ergänzt. Der neue Frauentyp wurde als „garconne“ bezeichnet. 3. Eine andere neue Frisur war der noch kürzerer Etonschnitt. Die ganze Aufmachung war eine Provokation. Jedes "Flappergirl" zupfte sich nun die Augenbrauen, lackierte die Nägel und tuschte die Wimpern. Sich in der Öffentlichkeit zu schminken, galt als ungehörig und gerade deswegen als sehr schick. 1921 entwickelten Elizabeth Arden und auch die Polin Helena Rubinstein die wasserfeste Wimperntusche. Der Wettkampf in der Kosmetikindustrie begann. 4. Für den Abendauftritt veränderten die Damen ihren kurzen androgynen Bob. Streng gescheitelt schmiegte sich das Haar mit Pomade brillant an den Kopf. Hutmode Der Hut galt neben seiner schützenden Funktion auch als Erkennungszeichen für soziale Herkunft, Religion, Nationalität und politische Zugehörigkeit. Im 20. Jahrhundert ist der Hut vor allem Teil der Mode. Um 1900 verlangte die Etikette von Damen, dass sie nicht ohne Hut das Haus verließ. Die Hüte symbolisierten den Wohlstand der Trägerin. Um 1908 waren die Hüte sehr groß und üppig dekoriert. Der Modemacher Paul Poiret entdeckte den Turban, welcher schnell einer der beliebtesten Kopfbedeckungen wurde. Die Trägerin konnte durch die verschiedensten Formen und Qualitäten ein individuelles Erscheinungsbild hervorbringen In der Alltagsmode war ab 1923, der Glockenhut, Cloche genannt, in den Zwanziger Jahren überall zu sehen. Der Cloche erfreute sich besonderer Beliebtheit. Der Hut sollte so schmal und elegant wie Figur und Kleid sein. In unendlichen Variationen wurde er aus Filz, Velours oder Stroh hergestellt. In den Zwanziger Jahren wurden die schweren Hüte durch die schmale Toque abgelöst. Unter einem Toque konnte die Kurzhaarfrisur des Bubikopfes nicht vollständig verdeckt werden. Damenmode Bei den Accessoires kam es nicht auf den Wert, sondern auf die schockierende Wirkung an. Deshalb war die endlose Zigarettenspitze sehr begehrt. Sie gaben den Damen einen leicht mondänen Anstrich. Mit zum Abendoutfit gehörten auch meistens Perlenketten, Boas, Stirnbänder und Handtaschen. Mit den kürzeren Röcken standen in den 20er Jahren die Beine und Schuhe im Rampenlicht. Die Abendschuhe glänzten aus fein gewebten Stoffen, durch Gold- und Silberleder, waren teilweise mit Metallfäden bestickt und hatten mitunter zierende Schnallen aus Perlmutt, Emaile, Strass oder Perlen. In den Zwanziger Jahren waren die Abendschuhe zum Tanzen gedacht, sie durften bei Charleston und Shimmy nicht von den Füßen fallen. Fotos Mode Frisuren Herrenmode 1919 sah man die Männer noch im Gehrock mit Zylinder. Die Herrenmode in den Zwanziger Jahren war überwiegend klassisch, dunkel und korrekt. Zu Beginn des Jahrzehnts war die Form des Sakkos recht gedrungen. Im Lauf des Jahrzehnts wurde diese Jackenform legerer, leicht tailliert und weniger gepolstert. Der beliebte Tagesanzug dieser Zeit geht auf den Namen des deutschen Reichskanzler Stresemann zurück und wird heute noch gern zu Festlichkeiten getragen. Er besteht aus einem einreihigen schwarzen Sakko, grauer Weste, heller Krawatte und gestreifter Hose. Betont modisch waren die Knickerbockers, mit langem Jackett als Golfanzug getragen, waren sie auch in der Kombination mit auffälligen Kniestrümpfen und Norweger-Pullover auf dem Land und beim Sport modern. Knickerbocker gehörten zur üblichen Kleidung in der Freizeit. 1922 wurde die Oxford- oder Tangohose mit eng geschnittenem Sakko getragen. Die Oxfordhose wirkte provokant und ausgefallen. In der Freizeitbekleidung trug man statt der Weste einen Pullover unter dem Sakko. Im Alltag und zu formellen Anlässen trug der Herr stets Hut, Mantel und Handschuhe. Herrenmäntel waren den Sakkos ähnlich, immer der Mode folgend. In der Oberschicht zog man sich zum Abendessen um, so wurde am Abend als Alternative zum Frack ein Smoking getragen. Die Klassenmerkmale in der Herrenbekleidung waren deutlich sichtbar: Ein Arbeiter kaufte sich einen Anzug auf Herrenmode OTTO DIX malt „die goldenen Jahre“ Das „Großstadt – Tryptychon“ von Otto Dix in der Galerie der Stadt Stuttgart kann wohl mit Recht als das bekannteste Gemälde der „goldenen Zwanziger“ bezeichnet werden. Mehr noch: Da es 1927/28 kurz vor der großen Weltwirtschaftskrise, die das Ende der ersten deutschen Republik einläutete, entstand, gilt es als Inbegriff der „Roaring Twenties“, als Sittenbild einer dekadenten, Gewissen und Bewusstsein in fragwürdigen Vergnügungen betäubenden Gesellschaft. Die Großstadt-Triptychons Tänzerin in den 20er Jahren Bildnis der Tänzerin Anita Berber, 1925 Tanzsaal in den 20er Jahren Dix führt uns auf das spiegelnde Parkett eines Tanzsaals. Eine Musikkapelle spielt. Welche Art Musik sie macht, zeigen Saxophon und Schlagzeug: es handelt sich um Jazz. Ein Paar tanzt dazu den Shimmy, einen dem Charleston ähnlichen Modetanz der zwanziger Jahre. Es ist schon von ganz eigenem Witz, wie Dix Tempo und Ausdruck der neuen, wilden Musik in Gestik und Mimik der Musiker umsetzt. Am Rande der Tanzfläche steht im Tanzschritt eine extravagant gekleidete Frau. Sie trägt ein kurzes perlenbesticktes Kleid mit einem großen Strassschmetterling. Es dürfte sich um die Sängerin der Band handeln. Der hochmodische Haarschnitt und das scharf geschnittene Profil mit der langen Höcker-Nase geben der Sängerin etwas entschieden Herbes. Die Sängerin verkörpert in perfekter Weise den androgynen Frauen-Typus der zwanziger Jahre. Rechts im Vordergrund sitzt ein großbürgerliches Paar mittleren Alters in großer Toilette. Die Tanzpartner bilden einen merkwürdigen Gegensatz: Während der Mann stocksteif, wie hölzern wirkt – nur die nach innen gedrehten Schuhe lassen auf Bewegung schließen-, wirft die Frau ihre Beine weit von sich. Der Saum des kurzen Kleides hüpft, und ihre blauen Nouveau - Strumpfbänder sind weithin sichtbar. Sie waren der letzte Schrei in der Modewelt; man trug sie über und sogar unter dem Knie, aber immer so, dass die Aufmerksamkeit auf die Beine gezogen wurde.