Grüne Toleranz Döbeln Die Tierrechtsbewegung bis zur 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts Döbeln 2.August 2011 AHIMSA Buddha(~ 560 – 480 v.C.): “Alle Lebewesen sollen glücklich sein” Mahavira (+ in 477 or 467 V.C., Gründer des Jainism) “Keine Gewalt gegen Mensch, Tier, Pflanze.” Reinkarnation Pythagoras (~ 560 – 480 V.C.) und Schüler Empedokles (~ 483 – 420 V.C.) Verweigerung des blutigen Tieropfers als abstoßend, ggf. Kannibalistisch, denn die Seelenwanderungslehre verbietet Töten, Tiere verdienen Respekt und Mitleid Mensch-TierVerwandtschaft Theophrast (~ 372 – 287 v.C.), Schüler und Freund von Aristoteles: “Tiere sind Verwandte der Menschen, ihnen ähnlich in Wahrnehmungen, Affekten, Gefühlen und auch im Denken. Sie können von Menschen gerecht oder ungerecht behandelt werden, sie zu töten ist ungerecht.” Naturrecht Ulpian (Römischer Jurist, 170 – 228) „Jus naturale est, quod natura omnia animalia docuit; nam ius istud non solum humani generis proprium, sed omnium animalium, quae in terra, quae in mari nascuntur, avium quoque commune est.“ („Es gibt ein natürliches Recht, das die Natur alle Lebewesen gelehrt hat, die in der Luft, auf dem Lande oder im Wasser leben.“) Aufklärung + Pietismus Strafrechtsreformen gegen Folter und Todesstrafe Mitgefühl für Mensch und Tier Augustinus Leyser fordert Berücksichtigung der Tiere im positiven Recht (1683-1752) 1764 Cesare Beccaria, Über Verbrechen und Strafe 1765/66 erstmals Strafe für Tiermisshandlung: Karl Ferdinand Hommel (1722-1781) (“Der deutsche Beccaria”) Gründung der ersten Tierschutzund Vegetariervereine (19./20.Jhdt.) • • • • England: 1824 – Gründung der RSPCA 1. Dts. TSverein, Stuttgart 1837, Pfr. Dann 1847 1. Veg. Ges. in Manchester (J. Brotherton) 1867 Gesellschaft der Freunde der natürlichen Lebensweise (Pfr. Eduard Baltzer, 1848-er) • 1868 Vegetarische Gesellschaft Stuttgart Gustav Struve (1832) (Revolutionär von 1848) • 1892 Deutscher Vegetarierbund, Leipzig • 1.11.1944 Vegan Society, Donald Watson, Magnus Schwantje (1877 – 1959) 1907 “Gesellschaft zur Förderung des Tierschutzes und verwandter Bestrebungen, nach dem Vorbild der englischen Humanitarian League”) 1912 – 1915 “Ethische Rundschau” 1919 - 1934 “Bund für radikale Ethik” (“Mitteilungen des Bundes …”) Biographie Magnus Schwantje • • • • * 3.6.1877 Oldenburg Schule bis 14 ½ Buchhandelslehre Buchhändler (Angestellter) in München u. Wien • Autodidaktische Weiterbildung (Sprachen) • Vorleser + Sekretär • Ab 1902 Redner für Tierschutzorg. Berlin • 1898 „Das edle Waidwerk und der Lustmord“ • 1901 „Das Recht der Laien gegenüber den Ärzten“ (Demokratische Kontrolle der Fachleute, medizinische Information der „Laien“, gesunde Lebensführung, Hygiene, soziale Aspekte) • Seit 1902: „Ehrfurcht vor dem Leben“ (im Druck nachgewiesen 1908; lt. Albert Schweitzer 1916) • 31.01.1903 Disputation in der Universität Bern • 1902 – 1906 Redner für den Berliner Tierschutzverein und den Internationalen Verein (gegen die Vivisektion) • Mehrere hundert Vorträge u.a. vor Arbeiter- u. Gewerkschaftsvereinen, Bildungs-, Naturheil- u. Ethischen Gesellschaften • Zusammenarbeit mit Ludwig und Margarethe Quidde (L. Quidde Friedensnobelpreis 1927) • Keine Teilnahme am 1. Weltkrieg, Verbot ER • 1933 2 x Befragung, Sept. 1934 Verhaftung durch Gestapo, Columbiahaus • Dezember 1934 Schweizer Exil • 1935 Publikationsverbot für Deutschland • Keine Arbeits-, befristete Aufenthaltserlaubnis („heimliche Arbeit“ für TS, große Armut) • 1950 Rückkehr in die Bundesrepublik • Vergeblicher Kampf um Anerkennung als politisch Verfolgter • Unterstützung durch ehemalige ISK-Mitglieder • + 11. September 1959 „Verwandte Bestrebungen“ (1909) • • • • • • • - sociale und strafrechtliche Reformen - Bekämpfung des Alkoholismus - Erhaltung des Friedens - Erweiterung der Frauenrechte - Kinderschutz und Erziehungsreform - Reform der Lebens- und Heilweise - der christlichen, theosophischen und monistischen Vereine „Verwandte Bestrebungen“ (1909) • • • • • • • - sociale und strafrechtliche Reformen - Bekämpfung des Alkoholismus - Erhaltung des Friedens - Erweiterung der Frauenrechte - Kinderschutz und Erziehungsreform - Reform der Lebens- und Heilweise - der christlichen, theosophischen und monistischen Vereine „Radikale Ethik“ • geht an die Wurzel der gesellschaftlichen Übel, Basis: „Ehrfurcht vor dem Leben“ • „radikaler Tierschutz“ (Vegetarismus, Antivivisektion, Jagdkritik) – Bedeutung: • - Wechselwirkung von Gewalt gegen Menschen und Gewalt gegen Tiere - Vernachlässigung des Tierschutzes - Tierschutz als „radikalste Betätigung des Mitgefühls“, Grundlage sittlichen Handelns Radikale Ethik als Kritik der Gewalt • • • • • • • • direkte Gewalt (Krieg, Schlachten, Todesstrafe) strukturelle Gewalt - soziale Ungerechtigkeit, („Randgruppen“) - Diskriminierung von Frauen - Gewalt in der Erziehung, im Strafvollzug - Diskriminierung (Geistig) Behinderter Gewaltfördernde Ideologien - Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus, („Sozialdarwinismus“) • - Tierverachtung („Speziesismus“) Ideologiekritik • „Gerade weil der Mensch von den Tieren großen Nutzen empfängt, verachtet er sie. Die heutige Tierverachtung hat dieselbe Ursache wie die Unterschätzung der Arbeiter, der Frauen, der Neger und anderer unterdrückter und ausgebeuteter Menschen. Immer wenn die Menschen andere Menschen unterdrücken und ausbeuten wollen, pflegen sie sich Ansichten über diese Mitmenschen zu suggerieren, die ihnen die Ausbeutung erleichtern (1928). Antispeziesismus • „Die Ansicht, daß eine Handlung, die einem Wesen schadet, das einer anderen Gattung als der des Handelnden angehört, nach anderen Grundsätzen beurteilt werden müsse als eine, die einem Angehörigen der Gattung des Handelnden schadet, ist ganz unbegründet“ (1942) Direkte Gewalt – Vegetarismus und Pazifismus • Tolstoi: „Solange es Schlachthöfe gibt, wird es Schlachtfelder geben“ • Schwantje: Schlachthöfe wird sehr viel länger geben, die Arbeit für den Frieden wird durch das Fleischessen jedoch stark gehemmt, daher: • „Friedensbewegung und Vegetarismus als Bundesgenossen“ Argumente gegen Fleischessen • • • • • • • • • • • Tierethik (Leiden) Psychologie/ Sozialpsychologie: Gewöhnung an - Grausamkeit, verminderte Empathiefähigkeit - Egoismus: Fremdschädigung für minimalen Eigennutzen - gewaltsame Konfliktlösungen = kriegerische Politik Ökonomie/ Politik: Fleischproduktion verursacht - Ressourcen-/Raumverschwendung, kriegerische Politik - Landflucht, Lohndrückerei = soziale Ungleichheit - Überflüssige gesellschaftliche Arbeit (statt Kultur) - Ungerechtigkeit der Verachtung des Schlächters, Schlachterlehre = Kindesmisshandlung • Ästhetische Argumente • Gesundheitliche Argumente Pazifismus und Vegetarismus • Tierschutz- und Friedensbewegung als „Bundesgenossen“ • Thema in der Ethischen Rundschau • Autoren der Friedensbewegung in der ER • Begrüßung des V. Deutschen Friedenskongresses Berlin 1912 • Statt „Gott strafe England“ Friedensgruß • Friedenshefte der ER BfrE und Friedensbewegung • 1916 „Tiermord und Menschenmord, Vegetarismus und Pazifismus“ (Ascona) • Mitbegründer „Bund der Kriegsdienstgegner“ • Rede über „Sozialismus und Pazifismus“ VIII Dts. Pazifistischer Kongress 1919 Berlin • Antrag an DFG 1919 wg. Reform des naturkundlichen Unterrichts • Mitarbeit im „Deutschen Friedenskartell“ • 1922 „Das Recht zur Gewaltanwendung“ • 1927 „Tierschlachtung und Krieg“ (Dem. Friedenskongress Würzburg) • 1929 „Radikaler Tierschutz und Kriegsbekämpfung“ (TSKongress Wien) Pazifisten im BfrE/ der TR/Vegetarischen Bewegung • • • • • • • • • • Bertha von Suttner Hans Paasche Ludwig Quidde Otto Umfried Leonard Nelson Emil Julius Gumbel Friedrich W. Förster Adolf Richter Willi Eichler Walter Hammer • • • • • • • • • • Johannes Ude Arthur Kalisch Viktor Fraenkl Paul Geheeb Anita Augspurg Lida G. Heymann Ludwig Gurlitt Leopold Katscher Richard Feldhaus Walter von Gyzicki Schriften zu Tierrechten • 1919 „Gründe gegen die Vivisektion“ • 1921 „Hat der Mensch das Recht, Fleisch zu essen?“ (2. 1923) • 1942 „Sittliche Gründe gegen das Fleischessen“ Flugblätter und Vorträge www.magnusschwantje-archiv.de Tiere sind leidensfähig, daher Interessen, daher Rechtssubjekte, Natur keine Norm Der BfrE 1919 (1907) - 1934 • • • • • • Verbreitung der Ideen der „radikalen Ethik“ Vertiefung der Individualethik Cc. 800 Mitglieder maximal Zusammenarbeit mit ISK/ Nelson Politisch im linken Spektrum aktiv: Positionen: Für die Freiheit der Kunst (1925), für die Fürstenenteignung (1925), Flugbl. Hindenburg (1925), gegen die Strafbarkeit der Homosexualität (1925) für Wiederzulassung des Rotfrontkämpferbundes (1929), gg. Friedericusbriefmarke Kinder und Jugendliche • ER = Publikationen v. Reformpädagogen • Adele Schreiber und Schwester Johanna Arendt (gegen Kinderhandel) • Für Schulreformen gg. Prügelstrafe • Gg. Militarisierung der Jugend, Kriegsspielzeug • Gg. Einsatz von Kindern bei Treibjagden,(Zirkus) • „Breslauer Sittenskandal“ • Bedeutung des Lernens: „Der erste Schritt zur Grausamkeit“ (1908) Frauenfrage • Für Frauenwahlrecht (Berichte über Frauenbewegungen anderer Länder in der ER) • Anerkennung der Arbeit von Frauen im TS • Wichtigkeit der Berufsausbildung • Geistige und moralische Fähigkeiten von Frauen werden gleich geschätzt • (M.S. persönlich „Antinatalist“/ Pessimist) Lebensweise • Minimalistische vegane Lebensführung, große Hilfsbereitschaft • Homöopathische Behandlung • Förderung des „Veganismus“, z.B. Kunstleder (pers. Vegane Schuhe) • Für andere: Diskussion des „Veganismus“ unter den gegebenen Bedingungen – weniger oder mehr Schlachtungen? • Forderung: Keine Kompromisse bzgl. Fleisch • Rationale, vorurteilsfreie Argumentation, gg. Pauschalisierung, für Einzelfallorientierung • „Internationalist“, Kritik am Nationalismus Auflösung des BfrE, Exil • Arbeit in Tierschutz- Antivivisektions- und Vegetarierorganisationen fortgesetzt • Aktivisten des ISK nach 1945 in SPD • Vegetarismus von ihnen privat gelebt • Schwantje gibt Schriften im ISK-Verlag „Öffentliches Leben“ heraus • Ehem. ISK-Mitglieder erwirken „Ehrenpension“ Leonard Nelson (1882-1927) Tiere haben Rechte! (Kant verwechselt Rechtssubjekt und Pflichtsubjekt) Tiere haben Interessen, können sich aber nicht wie Menschen für ihre Interessen einsetzen. Sie haben Rechte, weil sie von den Handlungen anderer betroffen sein können. -Ausbeutung betrifft Menschen und Tiere, der Kampf gegen sie + für Sozialismus muss beide einschließen. Leonard Nelson • Ja, die der Behandlung, die dieses Problem der Ethik erfahren hat, würde ein vernichtendes Zeugnis für die Kräfte des menschlichen Verstandes abgeben, wenn nicht von vorneherein klar wäre, daß hier weniger der Irrtum als ein Interesse im Spiel ist.“ (GS 5:164) • „Es ist rein zufällig, daß der Mensch in der Lage ist, diese seiner Willkür ausgesetzten Wesen als Mittel zu seinen Zwecken benutzen zu können.“ (GS 5:168) Tierrechte • „folgt das Verbot der Tierquälerei unmittelbar aus dem Sittengesetz. Wer nämlich das Quälen eines Tieres für möglich hält, setzt voraus, daß die Tiere Interessen haben. Er braucht sich daher nach dem Sittengesetz nur die Frage vorzulegen, wie er selbst in einer der Lage des Tieres analogen Situation behandelt zu werden wünschen würde.“ (GS 8:87) • Es folgt, dass „alle Wesen, die Interessen haben“ Subjekte von Rechten sind, Subjekte von Pflichten sind alle, „die darüber hinaus der Einsicht in die Anforderung der Pflicht fähig sind.“ (GS 5: 162) Internationaler Sozialistischer Kampfbund ISK (1917-1945) • 1917 als Internationaler Jugendbund von Leonard Nelson gegründet (Frauen, Juden) • Effective Widerstandsorganisation gegen das NS-Regime (300 Mitgl. 1000 Symp.) • Implementation von Tierrechten in das politische Programm + pol. Arbeit („Funken“) • Gegen Ausbeutung zu kämpfen, bedeutet zumindest Vegetarier zu werden (Eichler 1926) • Zusammenarbeit mit BfrE „Hochvegetarismus“ (Veganismus) • Tierrechts- statt Gesundheitsorientierung (DVB – DVV in der Weimarer Republik) „Milch schlimmer als Alkohol“ „Vegetarier als wahre Tierschützer“ Ablehnung von Zoo, Zirkus, Jagd, Tierversuchen, Wolle, Leder, Seide (Mitglieder cc 1000, fallende Tendenz) („genereller Pazifismus“ – daher Repression in der NS-Zeit, Vegetarismus auf Diät beschränkt) Ethischer / Gesundheitsvegetarismus • Der Deutsche Vegetarierbund betont…, daß ihm die Lösung der Ernährungsfrage immer erst in zweiter Linie steht, während ihm die ethische Frage die allein wirklich wesentliche ist“ (VW 5, 1931) • „Das alte Schlagwort „nichts vom toten Tier“ hat sich als höchst gefährlich und somit als unhaltbar erwiesen, der neuen Parole „gar nichts mehr vom Tier“ allein gehört die Zukunft! • (WV 3,1931) • Alkohol = kleineres Übel, weil er nur den Menschen schädigt, der ihn freiwillig trinkt, während der Milchausschank Tiermord bedingt (VW 5,1932) Clara Wichmann (1885-1922) 1913 Juristin, 1914 Zentralbüro für Statistik Den Haag Until 1917 Vorsitzende der Gesellschaft für Frauenstimmrecht der Niederlande 1919 Gründungsmanifest des Aktionskomitees gegen die vorherrschende Auffassung von Verbrechen und Strafe (C.M.S.) 1917 -1917 “Bond van Christen-Socialisten” 1919 “Bond van Revolutionnair Socialistische Intellectueelen” 1920 “Bond van Religieuze AnarchoCommunisten” Clara Wichmann “Es geht um eine gründliche innere Veränderung des Verhältnisses der Menschen zu den Tieren. Um eine Umwandlung der alten Gewohnheit, die Tiere als Sachen anzusehen, die Adam übergeben wurden, auf dass er Profit und Vergnügen davon haben soll. (Die Rechtsstellung der Haustiere, 1920) Anarchismus und Tierrechte • Leo Tolstoi (1818-1910) • Elisée Reclus (1830-1905) • Pierre Ramus (1882-1942, 1920-1934 „Bund herrschaftsloser Sozialisten“) • Clara Wichmann (1885-1922) • Herbert Müller-Guttenbrunn (1882-1945) • Franz Prisching (1864-1919) • Felix Ortt (1866-1959) • Siedlungen: Monte Verita, Eden