Neuere und neueste Geschichte der Rechtswissenschaft Die historische Rechtsschule Inhalt 1. Rezeption 2. Savigny – Biografie 3. Zum Text: „Grundgedanken der historischen Rechtsschule“ 1. Rezeption Römisches Recht in Mitteleuropa - nie ganz „verschwunden“, z.B. Volksrechte - Pavia - Institutionen - Kirche: „ecclesia vivit lege romano” = subsidiäre Geltung - unbekannt: Digesten; wiederentdeckt in Pisa, 12. Jh. 1. Rezeption Theoretische Rezeption - Mittelalterliche Universitäten - Gründung mit päpstlichem Privileg zumeist unter kirchlichem Einfluss, 12. Jh. Bologna, Paris, Oxford Bedeutung / Entdeckung der Wissenschaften Verweltlichung - heraus aus den Klöstern 1. Rezeption Theoretische Rezeption - Mittelalterliche Universitäten - Studium: zuerst „artes liberales“, dann Jura Artes liberales - freie Künste Trivium: Rhetorik, Grammatik, Logik Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie Kaiserliche leges und päpstliche decretalen Corpus iuris als „Ergänzung“ der ‚Rhetorik‘ Fund von ca. 100.000 Kontroversen / Lösungen Glossatoren, Postglossatoren 2. Savigny - Biografie Friedrich Carl von Savigny (21. 2. 1779 – 25. 10. 1861) 2. Savigny - Biografie - geb. 21. 2. 1779 in Frankfurt/Main Tod der Eltern 1791 und 1792 er wächst bei einem Vormund auf 1795 – 1799 Studium der Rechte in Marburg 1800 Promotion 1803 Veröffentlichung von „Das Recht des Besitzes“ 2. Savigny - Biografie - - 1804 Heirat mit Kunigunde von Brentano 1808 ord. Prof. für Römisches Privatrecht in Landshut 1810 ord. Prof. in Berlin 1812/13 Nachfolger von Fichte als Rektor 1814 „Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft“ → Kodifikationsstreit mit Thibaut 2. Savigny - Biografie - - - - 1814 „Grundgedanken der historischen Rechtsschule“ 1835 Beginn mit seinem Hauptwerk „System des heutigen Römischen Rechts“ 1842 Staats- und Justizminister in Preußen März 1848 Rücktritt zusammen mit den anderen Ministern Savigny verstarb am 25. 10. 1861 3. Zum Text Friedrich Carl von Savigny: „Grundgedanken der historischen Rechtsschule“ - Kampfschrift von 1814 - Zeitgeist: gegen Demokratie - Restauration - Historismus – Romantik (antirational) Text: 1. Analyse der Herkunft des Rechts 2. Programm der historischen Rechtsschule 3. Zum Text 1. Savignys Analyse zur Entstehung des Rechts: - organisch (Herder, Romantik, Schelling) - stillwirkende Kräfte im Volk - Gewohnheitsrecht 3. Zum Text S. 320: „Wo wir zuerst urkundliche Geschichte finden, hat das bürgerliche Recht schon einen bestimmten Charakter, dem Volk eigentümlich, so wie seine Sprache, Sitte, Verfassung. Ja, diese Erscheinungen haben kein abgesondertes Dasein, es sind nur einzelne Kräfte und Tätigkeiten des einen Volkes, in der Natur untrennbar verbunden, und nur unsrer Betrachtung als besondere Eigenschaften erscheinend. Was sie zu einem Ganzen verknüpft, ist die gemeinsame Überzeugung des Volkes, das gleiche Gefühl innerer Notwendigkeit, welches allen Gedanken an zufällige und willkürliche Entstehung ausschließt.“ 3. Zum Text - Text S. 322: „dieser organische Zusammenhang des Rechts mit dem Wesen und Charakter des Volkes bewährt sich auch im Fortgang der Zeiten“ - Text S. 322: „Das Recht wächst (…) mit dem Volke fort, bildet sich aus diesem und stirbt endlich ab, so wie das Volk seine Eigentümlichkeit verliert.“ 3. Zum Text Text S. 330 f., 333 f.: Gegensatz zwischen geschichtlicher und ungeschichtlicher Schule: a) geschichtlich: „der Stoff des Rechts sei durch die gesamte Vergangenheit der Nation gegeben, (…) aus dem innersten Wesen der Nation selbst und ihrer Geschichte“ b) ungeschichtlich: „Recht werde in jedem Augenblick durch die mit der gesetzgebenden Gewalt versehenen Personen mit Willkür hervorgebracht, ganz unabhängig von dem Gesetze der vorhergehenden Zeit“ 3. Zum Text S. 323 unten: „Die Summe dieser Ansicht also ist es, daß alles Recht auf diese Weise entsteht, welche der herrschende, nicht ganz passende, Sprachgebrauch als G e w o h n h e i t s r e c h t bezeichnet, d. h. daß es erst durch Sitte und Volksglaube, dann durch Jurisprudenz erzeugt wird, überall also durch innere, stillwirkende Kräfte, nicht durch die Willkür eines Gesetzgebers.“ 3. Zum Text - Savigny: „Recht entwickelt sich durch stillwirkende Kräfte“, „nicht durch die Willkür eines Gesetzgebers“ = politischer Anachronismus 3. Zum Text 2. Forderung an die Rechtswissenschaft: - Historische Arbeit - Abschichtung des ‚Abgestorbenen‘ - Herausarbeitung dessen, was sich als ‚sinnvoll‘ (gerecht, wirtschaftlich adäquat) erwiesen hat - gegebenen Stoff durchschauen, „verjüngen, und frisch zu erhalten“ (Text S. 333) - Prinzipien, die immer galten, sollen herausgearbeitet werden - Konfliktfälle können nur gelöst werden, wenn man sich der Geschichte bewusst ist 3. Zum Text Spezialistendogma: - Recht lebte vorher im Bewusstsein des Volkes, nun sollen sich die Juristen dessen annehmen - Volk wird nun in dieser Funktion von den Juristen repräsentiert 3. Zum Text 3. Politische Konsequenzen von Savignys Ansicht: - Rechtsbildung nicht durch ‚das Volk‘ / Parlament - Juristen bilden fort und kontrollieren - Marx: Man kann nicht auf der Quelle des Stromes fahren - pers. Savigny = Minister Friedrich Wilhelm IV. 3. Zum Text 4. Savigny – Was fehlt? - soziale Frage - Kinder- und Frauenarbeit - Weberaufstände - Regelungen der Wirtschaft - Politische Polizei; Repression - sozialistische Bewegung 3. Zum Text 5. Weitere Entwicklung: Aufspaltung der historischen Rechtsschule 1. Romanistischer Zweig - Corpus iuris: römisches Recht im MA - Geschichte - System (röm. R) Savigny 1840 ff. 2. Germanistischer Zweig - Eichhorn ( 1854) - Brüder Grimm (J.G. 1863) - Geschichte des germanischen + m.a. deutschen Rechts - Dt. Privatrecht - System des Dt. Privatrechts