ETHIK DER WERBUNG

Werbung
ETHIK DER WERBUNG
Prof. Dr. Karl Golser
Vorlesung 2006 in Fakultät für
Informatik
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Viele unserer Mitbürger haben eine eher negative
Einstellung zur Werbung, vor allem zur Werbung im
Fernsehen und erst recht zur Wahlwerbung.
Werbung wird als zu aufdringlich angesehen, als vor
allem schwächere Personen, Kinder und einfachere
Leute manipulierend.
Auf der anderen Seite besteht eine Beziehung zwischen
der Möglichkeit, Werbung zu machen, und der
Marktwirtschaft.
Eine totale Planwirtschaft, in der von oben her
beschlossen wird, welche Produkte die Leute brauchen,
ist nicht auf Werbung dieser Produkte angewiesen,
zumindest nicht auf Werbung, wie wir sie heute
verstehen.
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Aber schon die Ausstellung eines bestimmten
Produktes in der Vitrine bzw. noch einfacher, auf der
Straße, wie es die Wanderhändler tun, ist eine Form
von Werbung.
Erst recht ist die Vorstellung eines Produktes
entweder direkt oder über beauftragte Mittelsmänner
(Werbefachleute, Werbeagenturen), sind seine
Verpackung und Aufmachung, sind die
verschiedenen medialen Vermittlungen (über
Plakate, Radio, Fernsehen, Internet, Telefonate
usw.) Werbung.
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Werbung hat eine doppelte Aufgabe:
sie soll über das Produkt informieren
(informativer Wert), und
sie soll den Konsumenten verleiten,
überzeugen, dieses Produkt auch zu kaufen
(persuasiver Wert).
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen einer
Wirtschaft, in der mehr oder weniger ein Gleichgewicht
zwischen Angebot und Nachfrage besteht – hier muss
die Werbung bloß die schon vorhandenen Nachfragen
auf die angebotenen Produkte hinlenken –
und einer Wirtschaft der Massenproduktion, wo es
einen Überschuss von Produkten gibt – hier muss die
Werbung erst verborgene Wünsche ansprechen und
wecken.
Die Werbung nimmt hier verstärkt die neueren
Kenntnisse von Psychologie und Soziologie zu Hilfe, um
so auch Einfluss nehmen zu können auf die möglichen
Konsumenten.
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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sogenannte „subliminale Verführung“:
in einer Geschwindigkeit, die das Auge nicht
mehr registrieren kann, werden Bilder
gesendet, die aber dann doch einen Einfluss
ausüben, z.B. eine Coca Cola Flasche, die
bei den Zuschauern, die sie wegen der zu
kurzen Einblendung gar nicht sehen können,
dennoch den Wunsch auslöst, Cola zu
trinken
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Umfragen zufolge ist die Einstellung der
Bevölkerung zur Werbung gar nicht so negativ, ja
die Akzeptanz einer guten und kreativen Werbung
ist sogar im Steigen begriffen.
Die Ansprüche an die Werbung sind aber auch
gestiegen: Längst ist der informative Wert über das
Produkt in den Hintergrund getreten und das
ästhetische Moment, die ganze Aufmachung ist in
den Vordergrund getreten, wobei ziemlich genau
erforscht wird, wo latente Wünsche vorhanden sind,
die man ansprechen könnte (man vgl. z.B. die
Tourismuswerbung in Südtirol).
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Oft geht auch die Kritik an der Werbung gar nicht
mehr so sehr auf die Werbung selbst, sondern auf
das ganze System der freien Marktwirtschaft.
Werbung verteuert eindeutig die Produkte, denn
deren Kosten werden ja auf die Konsumenten
abgewälzt.
Auf der anderen Seite kann eine effiziente Werbung
in dem durch Konkurrenz gekennzeichnetem Markt
auch zu einem entsprechenden Absatz beitragen,
so dass bei großem Absatz es wieder eine
Verbilligung geben kann
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Oft aber wird kritisiert, dass durch die Werbung die
Menschen dahin gebracht werden, Dinge sich zu
wünschen und auch zu erwerben, die sie in
Wirklichkeit gar nicht brauchen.
Aber wer kann die Wünsche der Menschen genau
definieren? Eine von oben festgelegte Liste der
Bedürfnisse der Menschen, wie es in der Planwirtschaft
geschehen ist, war zum Scheitern verurteilt.
Ohne zu leugnen, dass in bestimmten Situationen einer
Gesellschaft es primäre Bedürfnisse gibt, die von den
Verantwortlichen für das Gemeinwohl erfüllt werden
müssen, muss doch darauf hingewiesen werden, dass
die menschliche Person viel komplexer ist, als man
gemeinhin annimmt
Werbung – was sie ist und wie sie
angesehen wird
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Die Werbung kann so nur Wünsche wecken, die
schon latent vorhanden sind.
Wenn bestimmte Produkte dann von der Mehrzahl
der Konsumenten wirklich nicht gewünscht sind,
dann kann auch die Werbung nichts ausrichten –
immer unter der Voraussetzung, dass die Menschen
frei bleiben.
Selbstverständlich müsste man die Psychologie
menschlicher Motivationen noch mehr vertiefen,
denn man kauft nie eine Sache bloß wegen des
reinen Sachwertes, sondern wegen der damit
verbundenen Vorteile und Wunschziele.
Werbung - Unterscheidungen
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Werbung ist nicht dasselbe wie Marketing
(Gesamtkomplex der unternehmerischen
Tätigkeiten, mit denen die Güter von den
Produzenten an die Verbraucher herangeführt
werden sollen)
oder Öffentlichkeitsarbeit im Sinne von Public
Relations (das systematische Bemühen, einen
günstigen öffentlichen Eindruck oder ‚Image' von
einer bestimmten Person oder Gruppe herzustellen).
Werbung wird aber von diesen beiden (Marketing
und Öffentlichkeitsarbeit) als Technik bzw. Werkzeug
eingesetzt.
Werbung – Unterscheidungen
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Die Werbung bedient sich nicht nur vieler
verschiedener Medien und Techniken; man muss
bei der Werbung selbst mehrere verschiedene
Typen unterscheiden:
die kommerzielle Werbung für Produkte und
Dienstleistungen;
die Werbung des öffentlichen Dienstes für
verschiedene Einrichtungen, Programme und
Anliegen;
und — ein Phänomen, das heute zunehmend an
Bedeutung gewinnt — die politische Werbung
zugunsten von Parteien und Kandidaten
Werbung und Gesellschaft
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Oft wird gesagt: Werbung spiegle einfach die
Haltungen und Werte der umgebenden Kultur wider.
Zweifellos fungiert Werbung ebenso wie die sozialen
Kommunikationsmittel im allgemeinen als ein
Spiegel der Gesellschaft.
Doch genauso wie die Medien überhaupt ist sie
auch ein Spiegel, der hilft, die von ihm reflektierte
Wirklichkeit zu prägen,
und bisweilen zeigt sie ein verzerrtes Bild der
Wirklichkeit.
Werbung und Gesellschaft
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Werbemanager sind selektiv, was die Werte und
Haltungen betrifft, die unterstützt und angeregt werden
sollen, indem sie manche fördern, während sie andere
ignorieren.
Diese Selektivität straft die Behauptung Lügen, Werbung
reflektiere lediglich die umgebende Kultur. So kann z.B.
das Fehlen bestimmter rassischer und ethnischer
Gruppen in der Werbung in manchen multi-rassischen
und multi-ethnischen Gesellschaften zum Entstehen
von Image- und Identitätsproblemen unter den
Vernachlässigten und Missachteten beitragen
und der von der Wirtschaftswerbung beinahe
unvermeidlich vermittelte Eindruck, ein Überfluss an
Gütern führe zu Glück und Erfüllung, kann irreführend
und frustrierend sein.
Werbung und Gesellschaft
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Fazit:
Werbung hat zweifelsohne einen wirtschaftlichen
Nutzen, sie dient der Politik, sie kann auch, wenn
sie an dementsprechenden Kriterien ausgerichtet
ist, einen kulturellen, ethischen und religiösen Dienst
leisten.
Genauso kann sie in den genannten Bereichen
auch Schaden anrichten.
Deswegen braucht es eine Regelung der
Werbung, die als verantwortliche bestimmte
Kriterien zu beachten hat.
Ethische Regelung der Werbung
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Wenn man es geschichtlich betrachtet, so hat es
immer eine gewisse Regelung der Werbung
gegeben, aufgrund von ethischen Vorgaben.
Zuerst war es mehr eine bestimmte von allen
anerkannte Praxis der Händler und Kaufleute selbst,
z.B. ungeschriebene Verhaltensweisen auf den
Bauernmärkten oder Regelungen für die Märkte in
den Städten.
Dann ist man auf dieser Linie auch dazu
übergangen, Codices für eine Selbstregelung
(autoregolamentazione) zu entwerfen
Ethische Regelung der Werbung
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In den Kernbereichen, die das Leben der
Gesellschaft selbst betreffen, hat es auch staatliche
Gesetze zur Regelung der Werbung gegeben.
So gab es schon im Jahre 1909 für Deutschland ein
„Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“, das
anscheinend immer noch in Kraft ist.
Es ist nun unmöglich, die verschiedenen Gesetze
der einzelnen Länder zu besprechen, die zumal nur
Einzelprobleme behandeln, zu denen es
Streitfragen gegeben hat, welche die Gerichte zu
lösen haben.
Ethische Regelung der Werbung
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Wie bei anderen Berufen –z.B. bei den Medizinern – hat
man aber mehr auf eine Selbstregelung gesetzt, deren
Bestimmungen von jenen angenommen werden
müssen, die den entsprechenden Beruf ausüben – oft ist
dies auch die Voraussetzung für die Aufnahme in ein
entsprechendes Berufsalbum.
Für die Kontrolle dieser Bestimmungen wacht dann eine
entsprechende institutionelle Vertretung der
entsprechenden Berufsgruppe.
Für die Werbung heißen diese Institutionen je nach
Ländern unterschiedlich, z.B. „Advertising Standard
Authority“ für Großbritannien, „Deutscher Werberat“
für Deutschland, „Istituto della Autodisciplina
Pubblicitaria“ für Italien.
Ethische Regelung der Werbung
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Es gibt dann auch internationale Gremien.
So hat die Internationale Handelskammer – ICC
International Chamber of Commerce (1919
gegründet) - schon im Jahre 1936 einen ersten
Kodex der Selbstregelung der Werbung
herausgegeben, der regelmäßig erneuert wurde,
ebenso verschiedene Einzelbestimmungen, z.B. für
die Umweltwerbung, gegen die Korruption im
Geschäftsverkehr, und auch für die Werbung im
Internet, die wir anschließend behandeln.
http://www.icc-deutschland.de/icc/frame/1.3.html
Ethische Regelung der Werbung
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Für Europa wurde 1992 eine Europäische Allianz
der Werbeselbstkontrolle (EASA) mit Sitz in
Brüssel gegründet.
EASA als Zusammenschluss der nationalen
Einrichtungen der Werbeselbstdisziplin zur
Koordination von Beschwerden bei
grenzüberschreitenden Werbemaßnahmen
gegründet worden.
Durch den Beitritt von Organisationen aller Stufen
der Werbebranche konnte nun ein gemeinsames
Sprachrohr für alle Fragen der Werbeselbstkontrolle,
deren Förderung und Durchsetzung geschaffen
werden.
Ethische Regelung der Werbung
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EASA
konnte im Jahr 2001 insgesamt 218 grenzüberschreitende
Beschwerdefälle abschließen. Im Vergleich zu 120 Fällen im Jahr
2000 wurde damit erneut ein Höchststand erreicht. Ein Großteil der
Vorgänge (186) betrifft Werbebriefe, die überwiegend aus den
Niederlanden oder der Schweiz nach England geschickt werden und
die häufig einen betrügerischen oder irreführenden Hintergrund
haben.
Diese Fälle stellen sowohl den Gesetzgeber als auch die
Selbstkontrolleinrichtungen vor große Schwierigkeiten, da der
Werbungtreibende sich bewusst einer Regulierung entzieht und
Lücken der unterschiedlichen nationalen Vorschriften für sein
unrechtmäßiges Tun ausnutzt.
Die EASA hat mit ihren Mitteln auf die Zunahme solcher
Betrügereien reagiert und ein Alarmsystem ("Euro Ad-AlertSystem") geschaffen, mit dem die nationalen
Werbeselbstkontrolleinrichtungen, die Verbraucherverbände,
nationale Behörden und die Kommission vor solcher Art von
Werbung gewarnt werden.
Ethische Regelung der Werbung
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DEUTSCHER WERBERAT ZUM THEMA HERABWÜRDIGUNG
UND DISKRIMINIERUNG VON PERSONEN (1991):
Darstellungen und Aussagen in der Werbung dürfen nicht die
Menschenwürde und das allgemeine Anstandsgefühl verletzen und
bestimmte Personen oder Personengruppen nicht herabwürdigen
oder verächtlich machen. Deshalb darf vor allem nicht der Eindruck
erweckt werden, dass bestimmte Personen oder Personengruppen
unter anderem wegen ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer
Anschauungen minderwertig seien oder in Gesellschaft, Beruf und
Familie willkürlich ungleich behandelt werden können.
Zur Beachtung dieser Grundsätze zählt insbesondere auch, dass
bei der Darstellung von Personen in der Werbung sexuell
aufreizende Abbildungen oder Texte unterlassen werden.
Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen diesen Grundsatz
vorliegt, sind auch die Art des beworbenen Produkts/der
beworbenen Dienstleistung und der Charakter des Mediums zu
berücksichtigen.
Ethische Regelung der Werbung
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Deutscher Werberat:
Bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen diese Grundsätze
vorliegt, stellt der Deutsche Werberat auf den Eindruck ab, den
ein verständiger Durchschnittsbetrachter hat oder haben
kann. Den berechtigten Anliegen und Anschauungen von
Minderheiten wird in angemessener Weise Rechnung getragen.
Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Werbung ein Spiegelbild
der Gesellschaft und ihrer - sich wandelnden - Einstellungen
ist, und dass Darstellungen und Aussagen in der Werbung auch
daran zu messen sind, was die Medien in ihren redaktionellen
Beiträgen als gesellschaftliche Wirklichkeit darstellen.
Der Deutsche Werberat appelliert an die Werbewirtschaft,
aufgrund ihres Selbstverständnisses und ihrer gesellschaftlichen
Verantwortung, diese Grundsätze zu beachten.
Ethische Regelung der Werbung
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Unterstellte Vorwürfe 2000 2001 2002
Frauendiskriminierung 89 108 99
Gefährdung von Kindern/Jugendlichen allgemein 17 21 29
Gewaltdarstellung 40 40 26
Diskriminierung von Personen/-gruppen 2 8 19
Verletzung religiöser Gefühle 16 35 11
Rassendiskriminierung 9 8 6
Verstoß gegen Alkoholregeln des Werberats 6 5 5
Verstoß gegen Kinderregeln des Werberats - 17 5
Darstellung gefährlicher Situationen 4 5 3
Männerdiskriminierung 4 - andere Inhalte 81 58 67
Gesamt 268 305 270
Quelle: Jahrbuch Deutscher Werberat 2003
Ethische Regelung der Werbung
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Für Italien hat das Istituto di autodisciplina
pubblicitaria 1966 einen „Codice“ herausgegeben,
der immer wieder erneuert wurde.
Die letzte Fassung ist vom 18. Januar 2006
Immer größere Komplexität der Bestimmungen
Problem aller Selbstregelung: Man kann nur
öffentliche Rügen aussprechen, klare Verbote
greifen nicht;
mindest kurzfristig bringt „transgressive“ Werbung
Vorteile (Beispiel: Benetton).
Die Wahrheit und Ehrlichkeit der
Werbung
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Der Hauptverdacht gegen die Werbung ist
sicherlich, dass sie nicht ehrlich informiert, sondern
dazu tendiert, den Konsumenten zu täuschen bzw.
ihn so zu beeinflussen, dass er es nicht immer merkt
und so in seiner Freiheit eingeschränkt wird.
Die Anzahl der Fälle, wo dies geschieht, ist gewiss
sehr lang.
Gerade deswegen, um die Werbung nicht gänzlich
in Misskredit zu bringen, heißt die erste
Verhaltenregel des italienischen Kodex lapidar: „La
pubblicità deve essere onesta, veritiera e
corretta. Essa deve evitare tutto ciò che possa
screditarla.”
Die Wahrheit und Ehrlichkeit der
Werbung
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Alle ersten 8 Regeln des italienischen Kodex
beziehen sich auf die Problematik der Wahrheit.
Vor allem bringt es die zweite Regel auf den Punkt:
“La pubblicità deve evitare ogni dichiarazione o
rappresentazione che sia tale da indurre in errore i
consumatori, anche per mezzo di omissioni,
ambiguità o esagerazioni non palesemente
iperboliche, specie per quanto riguarda le
caratteristiche e gli effetti del prodotto, il prezzo, la
gratuità, le condizioni di vendita, la diffusione,
l'identità delle persone rappresentate, i premi o
riconoscimenti.”
Die Wahrheit und Ehrlichkeit der
Werbung
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Beispiel Istituto di Autodisciplina pubblitaria,
Pronunciamento del Giurì. 36/2006 del 24/2/2006: Parti Henkel spa
contro Procter & Gamble Holding srl Mezziconfezioni, Internet
Presidente Gambaro Relatore Falabrino
Prodotto Detersivi in polvere "Dash, nuova formula" e "Dash, Bianca
Purezza con Bicarbonato"
Messaggio
Risveglia il tuo bianco in soli 3 lavaggi" - "Risveglia il bianco ingrigito
dei tuoi capi in soli 3 lavaggi"
"Il Giurì, esaminati gli atti e sentite le parti, dichiara che la pubblicità
contestata è in contrasto con l'art. 2 Codice di Autodisciplina
Pubblicitaria e ne ordina la cessazione, rinvia l'esame della domanda
riconvenzionale al giorno 21 marzo, alle ore 15.00, con termine per il
deposito di memorie al giorno 8 marzo 2006."
(Art. 2 - Pubblicità ingannevole)
Die Wahrheit und Ehrlichkeit der
Werbung
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Hier muss nun Bezug genommen werden auf den in der
Rechtsprechung verwandten Begriff des „dolus bonus“, also
einer guten, d.i. gerechtfertigten Täuschung.
Gemeint ist, dass ein guter Kaufmann durchaus seine eigene
Ware in Superlativen anpreisen darf und dass es von der
Schläue des Käufers abhängt, die Qualität der Ware zu
erkennen, so wie auf einem Bauernmarkt der Käufer dem Gaul
ins Maul schauen muss.
Nun, in einer überschaubaren Gesellschaft kann dies durchaus
zugelassen werden, denn die nötigen Kenntnisse kann man sich
erwerben. Aber heute ist der Markt dermaßen komplex und auch
technisch hochgerüstet, dass der Durchschnittskäufer total
überfordert ist – man denke z.B. an die Hard- und Software der
EDV oder bei den Versicherungen, es sei denn man wendet sich
zur Beratung eigens an entsprechende Fachleute (z. B.
Agenturen des Konsumentenschutzes).
Die Wahrheit und Ehrlichkeit der
Werbung
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Es kommt darauf an, die Trennlinie
festzumachen zwischen dem, was noch eine
„esagerazione palesemente iperbolica“ ist
und dem was Täuschung und Ausnutzung
der Unerfahrenheit und auch
Leichtgläubigkeit einzelner Personen ist
z.B. Art. 8: „La pubblicità deve evitare ogni
forma di sfruttamento della superstizione,
della credulità e, salvo ragioni giustificate,
della paura.
Die Wahrheit und Ehrlichkeit der
Werbung
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Sehr wichtig ist auch der Artikel 7, wo es
heißt dass die Werbung klar erkenntlich sein
muss:
„La pubblicità deve essere sempre
riconoscibile come tale. Nei mezzi in cui, oltre
alla pubblicità, vengono comunicati al
pubblico informazioni e contenuti di altro
genere, la pubblicità inserita deve essere
nettamente distinta per mezzo di idonei
accorgimenti.”
Die Wahrheit und Ehrlichkeit der
Werbung
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Schon bei der Ethik des Journalismus wurde gesagt,
dass man Nachricht und Werbung klar trennen
muss. Man bedenke aber, wie schwer dies ist, wenn
von Politikern Berichte gegeben werden, die doch
immer auch Werbung für die eigene gute Arbeit ist
(So wurden der Südtiroler Landesregierung von der
Opposition Vorwürfe gemacht, als sie in den letzten
Monaten vor den Wahlen verschiedene Berichte
über die geleistete Arbeit vorgelegt hat).
Der Respekt der guten Sitten bzw. das
Verbot unsittlicher Werbung
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Viele sehen die Hauptproblematik darin, dass sehr
oft mit erotischen Bildern geworben wird – man
braucht sich nur die entsprechenden Titelbilder
verschiedener Zeitschriften anzusehen oder auch
die Werbung der Autos mit schönen Frauen.
Benetton hat dies praktiziert: je mehr schockierende
und die guten Sitten verletzende Bilder verwendet
werden, umso mehr fällt die Werbung auf und wird
diskutiert.
Auch ausgesprochene Verbote oder Zensuren
haben zumeist eine Werbewirkung.
Der Respekt der guten Sitten bzw. das
Verbot unsittlicher Werbung
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Der Text des deutschen Werberats geht so auf die Problematik
ein:
„Darstellungen und Aussagen in der Werbung dürfen nicht die
Menschenwürde und das allgemeine Anstandsgefühl
verletzen und bestimmte Personen oder Personengruppen nicht
herabwürdigen oder verächtlich machen.
Deshalb darf vor allem nicht der Eindruck erweckt werden, dass
bestimmte Personen oder Personengruppen unter anderem
wegen ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer
Anschauungen minderwertig seien oder in Gesellschaft, Beruf
und Familie willkürlich ungleich behandelt werden können.
Zur Beachtung dieser Grundsätze zählt insbesondere auch, dass
bei der Darstellung von Personen in der Werbung sexuell
aufreizende Abbildungen oder Texte unterlassen werden“.
Der Respekt der guten Sitten bzw. das
Verbot unsittlicher Werbung
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Der italienische Kodex spricht das Problem in den
Artikel 9 und 10 an:
“La pubblicità non deve contenere affermazioni o
rappresentazioni di violenza fisica o morale o tali
che, secondo il gusto e la sensibilità dei
consumatori, debbano ritenersi indecenti, volgari o
ripugnanti.”
“La pubblicità non deve offendere le convinzioni
morali, civili e religiose dei cittadini. La pubblicità
deve rispettare la dignità della persona umana in
tutte le sue forme ed espressioni.”
Der Respekt der guten Sitten bzw. das
Verbot unsittlicher Werbung
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Wichtig ist im deutschen und im italienischen
Text, dass man hier vor allem auf die
Menschenwürde abzielt; sie ist das
entscheidende Kriterium, und nicht eine mehr
oder weniger prüde Moralvorstellung.
Die Urteile z.B. über eine sittlich oder
unsittliche Kleidung sind ja sehr
kulturbezogen und wir haben bei uns in den
letzten Jahrzehnten feststellen müssen, wie
sehr sich hier ein Wandel vollzogen hat.
Der Respekt der guten Sitten bzw. das
Verbot unsittlicher Werbung
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Selbstverständlich muss hier auch über die
Vermarktung der Frau gesprochen werden,
die weiterhin geschieht. Feministische
Bewegungen haben hier mit Recht auch
Einspruch erhoben, allerdings noch nicht mit
großem Erfolg.
Exkurs zur Vermarktung des Körpers Vgl.
Regina AMMICHT-QUINN, Corpus delicti: Körper – Religion –
Sexualität, in: Salzburger Theologische Zeitschrift 6 (2002) 255268.
Exkurs zur Vermarktung des Körpers
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Kirche und Museum verdrängt worden – durch die
Fitnesstudios.
Der Körper als Markt ist entdeckt worden
Der Männerkörper..., völlig in sich verspannte Kraftpakete, die
einmal in ihrem Leben ein-, aber nie wieder ausgeatmet haben.
Das ästhetische Design-Problem: Frauenkörper… Die endlose
Sisyphusarbeit von Lebensunterhalt und Haushalt wird ersetzt
oder ergänzt durch die ‚endlose Sisyphusarbeit an der eigenen
Schönheit’, die die Energien ...bindet
....Weibliches Fett, jahrhundertelang Zeichen der Erotik und
weiblicher Sexualität, ist in den westlichen Industrienationen zu
einem moralischen Thema geworden. Weibliches Fett wird mit
Schmutz assoziiert
Die soziale Verantwortlichkeit
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Kinder sind am ungeschütztesten der Werbung
ausgeliefert
Der italienische Kodex spricht die Problematik im
Art. 11 an:
Una cura particolare deve essere posta nei
messaggi che si rivolgono ai bambini e agli
adolescenti o che possono essere da loro ricevuti.
Questi messaggi non devono contenere nulla che
possa danneggiarli psichicamente, moralmente o
fisicamente e non devono inoltre abusare della loro
naturale credulità o mancanza di esperienza, o del
loro senso di lealtà.
Schutz der Kinder in der Werbung
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Art.11 Codice italiano:
In particolare questa pubblicità non deve indurre a:
violare norme di comportamento sociale generalmente accettate;
compiere azioni o esporsi a situazioni pericolose;
ritenere che il mancato possesso del prodotto pubblicizzato
significhi inferiorità, oppure mancato assolvimento dei loro
compiti da parte dei genitori;
sminuire il ruolo dei genitori e di altri educatori nel fornire valide
indicazioni dietetiche;
adottare l’abitudine a comportamenti alimentari non equilibrati, o
trascurare l’esigenza di seguire uno stile di vita sano;
sollecitare altre persone all'acquisto del prodotto pubblicizzato.
Schutz der Kinder in der Werbung
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Art. 12 (Codice italiano) geht dann auf eine
Werbung ein, die Anlass bieten könnte zu
einem Verhalten, das gefährlich ist.
So wurde z.B. ein Werbespot verboten, in
dem jemand sich einen Plastiksack über den
Kopf gezogen hat. Kinder könnten zum
Nachahmen veranlasst werden und
ersticken. Ebenso wurde die Werbung für
gewisses Ballspiel verboten.
Schutz der Kinder in der Werbung
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In zahlreichen europäischen Staaten und auch auf gesamteuropäischer
Ebene ist Kinderwerbung Gegenstand kontroverser Diskussionen. Mit
Blick auf mögliche Beschränkungsmaßnahmen haben Organisationen
und Unternehmen der werbungtreibenden Wirtschaft das Advertising
Education Forum AEF gegründet. Das AEF mit Sitz in Brüssel verfügt
über eine umfassende Datenbank mit wissenschaftlichen
Forschungsdaten und Informationen über Werbung und Kinder. Unter
www.aeforum.org sind im ‚Legislative Overview' die die Werbung
betreffenden gesetzgeberischen Maßnahmen in den einzelnen
europäischen Ländern festgehalten.
Der Bereich Werbung mit und vor Kindern ist in Deutschland durch ein
hohes Schutzniveau geprägt, insbesondere durch die Bestimmungen der EU-Fernsehrichtlinie - des deutschen Rundfunkstaatsvertrags - der
Werberichtlinien der öffentlichen Rundfunkveranstalter - sowie durch
die "Verhaltensregeln des Deutschen Werberats über die Werbung mit
und vor Kindern in Fernsehen und Hörfunk".
Die soziale Verantwortlichkeit
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Von besonderer Wichtigkeit sind dann die
Bestimmungen zur Werbung mit alkoholischen
Getränken (Art 22), mit Tabakwaren, mit Kosmetika
(Art. 23), mit Diätprodukten Art. 23bis, mit
Schönheitsoperationen (Art. 24), mit Medikamenten
(Art. 25).
Man vgl. auch das nachfolgende regolamento per la
pubblicità degli integratori alimentari proposti per il
controllo o la riduzione del peso e di altri tipi di
integratori - hierzu könnte jemand ein kleines
Referat halten), mit Medikamenten. Es gibt hierzu
auch gesamteuropäische Regelungen
Die soziale Verantwortlichkeit
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Ein eigenes Kapitel wären dann die
Bestimmungen zur Finanzierungen von
Käufen, zur Werbung über bestimmte
Dienste, Reisen, mit Kinderspielzeug usw.
Manche Erfahrungen haben hier detaillierte
Vorschriften erfordert
Werbung und Wirtschaft
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Abschließend: Es besteht ein Zusammenhang
zwischen der Werbung und der Wirtschaft
Eine Planwirtschaft, wo von oben her festgelegt
wird, was die Leute brauchen und dementsprechend
produziert wird, braucht eigentlich keine Werbung.
Hingegen ist eine freie Wirtschaft mit einem
Überschuss an Gütern auf Werbung angewiesen
Die Werbung selbst ist Teil der Wirtschaft und trägt
auch bei zur Finanzierung vieler Projekte (z.B. der
Medien), andererseits machen die Ausgaben für
Werbung einen beachtlichen Teil der verschiedenen
Wirtschaftsbranchen aus.
Werbung und Wirtschaft Entwicklungsländer
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Besonders müsste man achten auf die Konsequenzen, die eine
bestimmte Werbung auf die Entwicklungsländer ausübt.
Darauf weist besonders ein Dokument des Päpstlichen Rates für
die sozialen Kommunikationsmittel aus dem Jahre 1997 hin:
"Ein wohlüberlegter Einsatz der Werbung kann den
Entwicklungsländern helfen, einen höheren Lebensstandard zu
erreichen. Allerdings wäre der Schaden groß, wenn eine
unablässige, verantwortungslose Werbung diese Völker bei
ihrem Aufstieg aus der Armut zu einem erträglichen
Lebensstandard dazu verführen würde, den Fortschritt in der
Befriedigung von Wünschen zu suchen, die künstlich erzeugt
wurden. Das Ergebnis wäre, dass diese Völker ihre Mittel
verschleudern, ihre wirklichen Bedürfnisse vernachlässigen und
ihre genuine Entwicklung verfehlen".
Werbung und Wirtschaft Transformationsländer
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„Ähnlich wird Ländern, die Formen der Marktwirtschaft zu
entwickeln versuchen, welche — nach Jahrzehnten in
zentralistischen, staatlich kontrollierten Systemen — den
Bedürfnissen und Interessen der Menschen dienen sollen, ihre
Aufgabe durch eine Werbung erschwert, die ein
Konsumverhalten und Werte fördert, welche die menschliche
Würde und das Gemeinwohl verletzen.
Besonders akut ist das Problem, wenn — wie es oft geschieht —
die Würde und das Wohlergehen der ärmeren und schwächeren
Glieder der Gesellschaft auf dem Spiel stehen. Es darf nie
vergessen werden, dass es "Güter gibt, die auf Grund ihrer Natur
nicht verkauft und gekauft werden können und dürfen", und es
gilt "eine ‚Vergötzung' des Marktes" zu vermeiden, der unter
Beihilfe der Werbung diese entscheidende Tatsache
ignoriert.“(Päpstl. Rat f. soziale Kommunikationsmittel, 1997)
Werbung im Internet
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Regeln der ICC- International Commerce
Chamber (1919 gegründet, als
durchsetzungsfähige Organisation, die die
Interessen ihrer Mitglieder aus Handel,
Industrie und Dienstleistung direkt und
weltweit mit einer Stimme vertritt.
Über 1500 Wirtschaftsorganisationen und
über 5000 Unternehmen aus mehr als 130
Ländern sind Mitglied in der ICC und nutzen
sie als ihr Sprachrohr und Service Center.
Werbung im Internet
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Englischer Text der ICC Revised Guidelines
on Advertising and Marketing on the Internet
(1998)
Deutsch: Grundsätze für
verantwortungsvolle Werbung und
verantwortungsvolles Marketing über das
Internet, das World Wide Web, Online
Dienste und elektronische Netzwerke
Werbung im Internet
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Aus der Einleitung:
Der globale Charakter und die technologischen Eigenschaften
der neuen Medien haben ein einzigartiges Geschäftsfeld
geschaffen. Medieneigentümer, im herkömmlichen Sinn, gibt es
in diesem Bereich nicht, was zur Umgehung traditioneller
Vermittler wie Verleger und Rundfunkveranstalter geführt hat.
Verantwortungsvolle Inserenten und Anbieter (das heißt in
diesem neuen Zusammenhang, jede Person oder jedes
Unternehmen, die/das eine elektronische kommerzielle Botschaft
versendet) sollten erkennen, dass es in ihrem eigenen Interesse
ist, selbstdisziplinarische Richtlinien, die speziell auf
elektronische oder interaktive Werbung und Marketing angepasst
sind, zu beachten. Inserenten und Anbieter sollten sich
bemühen, eine elektronische Umgebung zu schaffen, der die
Verbraucher weltweit voll und ganz vertrauen können.
Werbung im Internet
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Die ICC räumt ein, dass sich Werbung und Marketing in
interaktiven Medien in einem frühen Entwicklungsstadium
befinden. Die relevanten Grundsätze und Richtlinien müssen
möglicherweise abgeändert und weiterentwickelt werden, da wir
mit den neuen Technologien und ihre spezifische Anwendung
einem ständigen Lernprozess unterliegen.
Unter Berücksichtigung der bislang erworbenen Erfahrung
präsentiert die ICC daher im folgenden eine überarbeitete
Fassung der Richtlinien aus dem Jahr 1996.
Die ICC verpflichtet sich zu einer regelmäßigen Überarbeitung
dieser revidierten Richtlinien, um ihre Anwendbarkeit langfristig
sicherzustellen.
Werbung im Internet
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Wesentliche Grundsätze
Artikel 1
Werbung und Marketing sollen gesetzlich zulässig, mit
den guten Sitten vereinbar, redlich und wahr sein.
Werbe- und Marketingbotschaften sollen mit Themen
über soziale Verantwortung einfühlsam umgehen und
darüber hinaus mit den allgemein anerkannten
Grundsätzen, was ethisches Marketing anbetrifft,
übereinstimmen.
Werbe- und Marketingbotschaften sollen nicht auf eine
Weise konzipiert oder übermittelt werden, die das
allgemeine öffentliche Vertrauen in das Internet als
Medium und Markt beeinträchtigt.
Werbung im Internet
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Richtlinien ICC
Art. 2 Bekanntgabe der Identität
Art 5 Rechte der Anwender
1. Erheben und Gebrauch von Daten
Inserenten und Anbieter sollen dem Anwender den Zweck/die Zwecke
für die Erhebung und den Gebrauch persönlicher Daten mitteilen und
die Daten nicht in einer mit diesem Zweck/diesen Zwecken
unvereinbaren Weise gebrauchen. Dateien sollen genau, vollständig
und aktuell sein.
2. Datenschutz
3. Bekanntgabe von Daten
Dem Anwender soll die Gelegenheit gegeben werden, der Weitergabe
seiner Daten an andere Inserenten und Anbieter zu widersprechen.
4. Korrektur und Sperrung von Daten
Inserenten und Anbieter sollen dem Anwender das Recht einräumen,
ihre personenbezogenen Daten zu erhalten und, falls erforderlich, zu
berichtigen, zu vervollständigen oder zu sperren.
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