Menschliche Wahrnehmung

Werbung
Menschliche Wahrnehmung
(Fortsetzung)
Thomas Jung
Gliederung
 Modelle zur menschlichen Wahrnehmung
 Aufgaben der Wahrnehmung
 Physiologie des Gehirns
 Farbwahrnehmung
• Objektwahrnehmung
• Wahrnehmung von Tiefe und Größe
• Bewegungswahrnehmung
• Hören
Objektwahrnehmung
• Elementtheorie (ca. seit 1900)
• Gestalttheoretischer Ansatz (Wertheimer und andere,
1912)
• Wahrnehmung als Konstruktionsprozess (Rock,
Brosgole, 1964)
• Objektwahrnehmung in Stufen (Julesz, 1981)
• Algorithmischer Ansatz (Marr, 1976)
• Raumfrequenzerklärung (Campbell, Robson 1969)
Elementttheorie
• Einzelne Empfindungen addieren sich zur
Wahrnehmung
• Problem:
– Scheinbewegung zwischen
zwei Lichtbalken kann
nicht erklärt werden
Bild1
Bild2
Bild3
In welche Richtung geht das Pferd ?
Und jetzt ?
• Reiter fehlt, Führungspferd zusätzlich
Gestalttheorie
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“
•
•
•
•
•
•
Gesetz der Einfachheit
Gesetz der Ähnlichkeit
Gesetz der fortgesetzt durchgehenden Linie
Gesetz der Nähe
Gesetz des gemeinsamen Schicksals
Gesetz der Vertrautheit
Gesetz der Einfachheit
• Die wahrgenommene Struktur ist so einfach
wie möglich
statt
Gesetz der Ähnlichkeit
• Spalten oder Zeilen ?
Gesetz der fortgesetzt
durchgehenden Linie
• Welche zwei Linien ?
Weitere Gestaltgesetze
• Gesetz der Nähe
• Gesetz des gemeinsamen
Schicksals
• Gesetz der Vertrautheit
– Maus / Kopf
Grenzen der Gestalttheorie
• Was ist einfach ????
• Was ist ähnlich ???
Wahrnehmung als
Konstruktionsprozeß
• Sensorische Stimulation führt zu Hypothesen
• Hypothesen werden überprüft
– Auge tastet Bild z. B. zielgerichtet ab.
Objektwahrnehmung in Stufen
(Treisman 1987)
• Stufe der präattentiven Verarbeitung
– Reizmuster wird in Elementarteilchen zerlegt
• Stufe der aufmerksamkeitsgerichteten Verarbeitung
– Elementarteilchen werden zusammengefügt
• Wahrnehmung eines 3D-Objekts
• Vergleich des Objekts mit einer im Gedächtnis
gespeicherten Repräsentation
• Bei Übereinstimmung Identifikation des Gegenstands
Elementarteilchen
• Textone
(Belesz)
• Geone
(Biederman)
Algorithmischer Ansatz
•
•
•
•
David Marr, 1982
Stufenmodell
Kantenerkennung ist essentiell
Visuelles System kann Veränderung von
Intensitäten durch Beleuchtung ignorieren
Abbildung
des Objeks
auf die
Netzhaut
Kanten und Elementarmerkmale
identifizieren
Primäre Rohskizze
Elementarmerkmale gruppieren
und verarbeiten
2 1/2 D-Skizze
Dreidimensionales Objekt
wahrnehmen
Raumfrequenzerklärung
• Texturen haben eine gewisse Frequenz
• Mit der Entfernung zum Objekt vergrößert sich
die wahrgenommene Frequenz
• Jedes Muster kann auf Menge von Sinuswellen
abgebildet werden (Fourier, um 1800)
– Fourier-Analyse transformiert Bild vom Orts- in den
Frequenzbereich, Fourier-Synthese wieder zurück
• Visuelles System führt Fourier-Analyse durch !
– Campbell, Robson, 1968
Wahrnehmung von Tiefe
• Okulomotorische Tiefenkriterien
– Konvergenz
– Akkomodation
• Monukulare Tiefenkriterien
• Bewegungsinduzierte Tiefenkriterien
– Bewegungsparallaxe (Blick aus Zugfenster)
– Fortschreitendes Zu- oder Aufdecken von Flächen
• Querdisparation und stereoskopisches Sehen
Monokulare Tiefenkriterien
Relative Größe
Gewohnte Größe
Relative Höhe
im Blickfeld
Atmosphärische
Perspektive
Verdeckungen
Texturgradient,
lineare Perspektive
Wahrnehmung von Größe
• Erfordert Hinweise auf die Tiefe
• Beispiel:
– Sonne und Mond erscheinen gleich groß
– gleich großes Abbild auf Retina (Sehwinkel: 0,5 Grad)
• Entfernungsänderung zu Objekten verursacht
Veränderung des Sehwinkels
– Wahrnehmung der Größe ändert sich nicht
– Gehirn besitzt Mechanismus zur Größenanpassung,
wenn Entfernung bekannt ist
Müller-Lyersche Täuschung
Fehlangewandte Korrektur der
Größenkonstanz
Innenecke ist meist weiter weg
muß vom Größenkonstanzmechanismus subjektiv
vergrößert werden
Das geschieht hier irrtümlich
Bewegungswahrnehmung
• Lebenswichtige Funktion bei Tieren
– Lokalisation von
Beutetieren
– Flucht vor
Freßfeinden
Welche Bewegungen
nehmen wir war ?
• Reale Bewegungen
• Scheinbewegungen
Wann entsteht ein
Bewegungseindruck ?
< 30ms
Gleichzeitig
(keine Beweg.)
30...60ms
Teilbewegung
60...200ms
Scheinbewegung
> 200ms
Nacheinander
(keine Bewegung)
Zoetrop
Neuronaler Schaltkreis
Blau stimulierend
Rot hemmend
+
=
Reafferenzprinzip
• Bei Kopfdrehung bewegt sich das Abbild der Umwelt auf
der Retina
• Bewegtes Objekt (fliegender Ball), auf das fokussiert wird,
hat konstante Position auf der Retina
Druck auf Augapfel
verursacht
Scheinbewegung !
Wahrnehmung gehender
Personen
• Schon anhand weniger Lichtpunkte
läßt sich Bewegung erkennen
– Tiefeninformation, Geschlecht,
Schwere getragener Gegenstände
• Wahrnehmung von Mustern statt
Punkten
• Gehirn kann Korrespondenz
zwischen zwei aufeinanderfolgenden Mustern herstellen
Lösen des
Korrespondenzproblems
• Regel der Trägheit
– Objekte folgen Ihrer Bahn
• Regel der Starrheit
– Objekte sind selten transparent, hängen zusammen
• Regel des Verdeckens und Aufdeckens
Reiz1
Reiz2
Wahrnehmung
Hören
• Liefert Informationen über Art, Intensition
und Position von Schallquellen
• auch über unsichtbare Phänomene
–
–
–
–
Telefon im Rücken
Flugzeug am Himmel
Auto auf der Straße
Verdauung im Magen
Schall
• Druckveränderung der Medien Luft und Wasser
• Ausbreitungsgeschwindigkeit 340 m/s in Luft
• Erzeugung durch Lautsprecher
– Membran wird zum Raum hingeschoben: Verdichtung
– oder vom Raum weggezogen: Verringerung der Dichte
Reine Töne
• Membran schwingt sinusförmig
• Beschreibbar durch
– Amplitude (Druck)
• logarithmische Skala in Dezibel
-5
2
• L = 20 * log ( Druck / ( 2 * 10 / N/m ) )
• Hörbar von L = 0 bis 180?
– Frequenz
• Hörbar von 20 bis 20000 Hz
Schallpegel: Beispiele
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Kaum hörbares Geräusch
Blätterrascheln
ruhiges Wohngebiet
normales Gespräch
laute Radiomusik / Straßenlärm
U-Bahn-Expreßzug
startendes Propellerflugzeug
startender Düsenjet (Schmerzschwelle)
Raketenstart in unmitelbarer Nähe
0 dB
20 dB
40 dB
60 dB
80 dB
100 dB
120 dB
140 dB
180 dB
Komplexe Töne
• Besitzen Klangfarbe
– z. B. unterschiedliche Instrumente
• Überlagerung verschiedenener Töne
– kleinste Frequenz: Grundschwingung / Tonhöhe
– größere Frequenzen: harmonische
Oberschwingungen
• zeitliche Veränderung
Ohr - Anatomie
Ohr - Anatomie (2)
• Außenohr
– inklusive Ohrmuschel
– schützt vor Schmutz, Insekten, etc.
• Mittelohr
– Übertragung der Schwingungen zum Innenohr
– Druckverstärkung circa um Faktor 22
• Innenohr
– gefüllt mit Flüssigkeit
– enthält Haarzellen, Verbindung zum Hörnerv
Cochlea
•
•
•
•
•
Schneckenförmig, mit Flüssigkeit gefüllt
Zwei parallele Gänge durch Wand getrennt
Innerhalb der Trennwand Cortisches Organ
Cortisches Organ besitzt äußere und innere Haarzellen
3500 innere Haarzellen sind mit jeweils 8 bis 30
Hörnervenfasern verbunden
• 12000 äußere Haarzellen enden auf weniger Hörnervenfasern
Haarzellen
•
•
•
•
•
•
•
Cortisches Organ bewegt sich (mechanisch übertragen)
direkte Auslenkung der Sinneshärchen (äußere Haarzellen)
indirekte Auslenkung über Flüssigkeit (innere Haarzellen)
Transformation hin zum Ende
Ausschüttung eines chemischen Transmitters
Erzeugung eines Elektrischen Signals
Reizschwelle bei 100 Billionstel Millimeter !!!
Wahrnehmung von Frequenzen
• örtliche Codierung
– Nur bestimmte Bereiche der Basiliarmembran
des Cortischen Organs schwingen
• zeitliche Kodierung
– neuronale Entladungsrate hängt von Frequenz ab
• Neuronen sind in der Reihenfolge der wahrgenommenen Frequenz im Gehirn angeordnet
Lokalisation von Schallquellen
• Interaurale Zeitdifferenz
– Die Ohren empfangen Geräusch zu
unterschiedlichen Zeiten
• Interaurale Pegeldifferenz
– Der Kopf dämpft den Schall bevor er
das abgewandte Ohr erreicht
frequenzabhängig
• Schallreflexion an der Ohrmuschel
Ähnlichkeit zwischen Hör- und
Sehsystem
• Fourier-Analyse
– Beide Systeme können Frequenzbereiche bestimmen
• Spezifische Empfindlichkeit
– Auge: Reaktion auf Bewegungsrichtungen
– Ohr: Reaktion auf schmale Frequenzbereiche
• Neuronale Kartierung, Organisation in Säulen
– Zellen sind analog zu Rezeptoren angelegt
• Neuronen für spezielle Reize
– Auge: Geone, Formen
– Ohr: Klirren von Schlüsseln
Wahrnehmung
Sehen
Hören
• Haptisch-Somatisches System
– ( Hautsinne: Eingabegeräte )
– Haltungssinne: Vorlesung Locomotion Interfaces
• Geruchs- und Geschmackssinn
Herunterladen