Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau WS 2009/10 y, s.y y* f(k) VII. Zinssatz und Gütermarkt bei (n+d)k konstanter Inflation c* s.f(k) s.y* k* k 1 Verzeichnis der wichtigsten Symbole a autonomer Konsum G Staatskonsum A Prod.technologie BD Budgetdefizit C Konsum d. Haushalte c marg. Konsumquote d Abschreibungsrate D Abschreibungen E Ertragserwartungen e Wechselkurs ($/€) F Faktoreinkommen/ Wertschöpfung i nom. Zinssatz H Humankapital I Nettoinvestitionen J‘ Importe von Gütern und Dienstleistungen J = J‘ zzgl. Faktorl. K Kapitaleinsatz Lr reale Geldnachfrage N Arbeitseinsatz n Bev.wachstumsrate 2 NKE Nettokapitalexp. T0 Pauschalsteuern NNE Nettonationaleink. Tr Transfers an Ausland P Verbraucherpreisindex V Vorleistungen p Inflationsrate pe erw. Inflation Y Nettoinlandsprodukt r realer Zinssatz R staatl. Transfers S Ersparnis s marg. Sparquote (= Investitionsquote) t Steuersatz T Steuern Yb Bruttoinlandsprodukt Y pot. Inlandsprodukt Yv verf. Einkommen X‘ Exporte von Gütern und Dienstleistungen X = X‘ zzgl. Faktorl. Z Subventionen 3 Pflichtlektüre: Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das Keynesianische Konsensmodell, WiST, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387394. Jarchow, H.-J. (2003), Theorie und Politik des Geldes. 11. Aufl. 40-43 und 70-77. Keynes, J.M. (2008), On Air – Der Weltökonom am Mikrofon der BBC. S. 71-77. Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript, University of California, Berkeley, S. 1-19, http://elsa.berkeley.edu/~dromer/ 4 • Die vorherigen Abschnitte hatten gezeigt, dass Investitionen sich die zu ihrer Finanzierung notwendigen Ersparnisse selbst erzeugen aufgrund des Multiplikatorprozesses. • Wie wird dann aber der Realzins bestimmt? • Wir hatten in Abschnitt III bereits gesehen, dass der nominale Zinssatz von der Zentralbank bestimmt wird. • Die Zentralbank beobachtet permanent die laufende und in der Zukunft erwartete Inflation. 5 • Wird dieser Wert vom nominalen Zinsniveau subtrahiert, so ergibt sich das reale Zinsniveau. • Die Zentralbank führt die Geldpolitik durch mit dem Ziel, makroökonomische Größen optimal zu steuern. • Da hohe Realzinsen die Investitionen dämpfen und niedrige Realzinsen zu einem expansiven Impuls führen, wird die Zentralbank der Höhe der Realzinsen besondere Aufmerksamkeit schenken. • Sie wird daher direkt das Realzinsniveau steuern. 6 • Bei hoher Inflation wird die Zentralbank den Realzins erhöhen. Hierdurch soll der Preisauftrieb gedämpft werden. • Bei zu niedriger Inflation wird der Realzins gesenkt, damit zusätzliche gesamtwirtschaftliche Nachfrage entsteht. • Ist das reale Inlandsprodukt, Y, niedriger als das potentielle Inlandsprodukt, so resultiert Arbeitslosigkeit und vorhandene Kapazitäten an Sachkapital sind ungenutzt. Die Zentralbank steuert dem durch Senkung des Realzinses entgegen. 7 8 • Ist das Inlandsprodukt höher als sein potentielles Niveau, so müssen Arbeitskräfte Überstunden machen. Sachkapital wird übermäßig verschleißt. Um die Wirtschaft zu dämpfen wird die Zentralbank den Realzins erhöhen. • Es ergibt sich eine geldpolitische Reaktionsfunktion, die positiv vom realen Inlandsprodukt und ebenfalls positiv von der Inflationsrate abhängig ist. • Diese Regel wird als Taylor-Regel bezeichnet: r r ' P Y Y I p ; r ', P , I 0 9 • Hierbei bezeichnen P das Ausmaß mit dem die Zentralbank auf Schwankungen des Inlandsprodukts reagiert. Je ausgeprägter der Wunsch nach einer Stabilisierung des Inlandsprodukts, desto größer fällt dieser Parameter aus. • Analog fällt I groß aus, falls bereits kleine Schwankungen der Inflationsrate vermieden werden sollen. • Sofern die Zentralbank eine Inflationsrate größer als Null anstrebt, wäre dies im letzten Term zu berücksichtigen, worauf wir hier verzichten. 10 • Dies impliziert, dass r' einen von der Zentralbank im langfristigen Mittel für geeignet angesehenen Realzins bezeichnet. • Eine Änderung von r' bringt eine bewusste Änderung der geldpolitischen Ausrichtung zum Ausdruck. • Mit einem Anstieg von r' wird der Übergang zu einer restriktiveren geldpolitischen Regel ausgedrückt. • Mit einem Senken von r' wird ausgedrückt, dass die Zentralbank gezielt eine laxerer geldpolitische Regel verfolgt. • Hiervon ist eine fehlerhafte Realzinssteuerung der Zentralbank zu unterscheiden, die durch ein Abweichen von der MP-Kurve dargestellt wird. 11 • Wir setzen dabei den Wert für das potentielle Inlandsprodukt, Y , auf 100 und passen den Wert der Güternachfrage, Y, dementsprechend an. • Bei einem Produktionspotential von 2500 Mrd. € und einer Güternachfrage von 2400 Mrd € schreiben wir dann: 2400 2500 Y Y 100 96 100 2500 • Wir bringen somit zum Ausdruck, dass die Güternachfrage 4% unterhalb des Produktionspotentials liegt. • Taylor schlägt als Werte für P und I jeweils 0,5 vor. 12 • Damit erhalten wir eine Kurve, welche die monetäre Politik der Zentralbank beschreibt. Diese Kurve bezeichnen wir als MP-Kurve. • Sie hat eine positive Steigung. • Ein Anstieg der Inflation oder ein Übergang zu einer restriktiveren geldpolitischen Regel (r' steigt) verschieben die MP-Kurve nach oben. r MP-Kurve p; r' Y 13 • Die IS-Kurve sei durch die folgende Gleichung charakterisiert (b0 bezeichnet die in den vorherigen Abschnitten identifizierten Einflüsse). Y b0 b1r; b0 , b1 0. • Die geldpolitische Regel und die IS-Kurve können zusammengefasst werden, um das gleichgewichtige Inlandsprodukt und den hierzu gehörigen Realzins zu bestimmen. r IS MP r0 P0 Y0 Y 14 • Im Gleichgewicht muss die nominale Geldmenge, Ln, mit der Inflationsrate steigen. • Dies zeigt ein Blick auf die Geldnachfragegleichung. Ln P L(Y , r p e ) • Da im Gleichgewicht der Realzins, die erwartete Inflationsrate und das Inlandsprodukt konstant sind, ist auch die reale Geldnachfrage konstant. • Dies ergibt sich nur bei einer proportionalen Entwicklung von Geldmenge und Preisniveau. • So lange somit der Zinssatz konstant ist, gilt die Quantitätsgleichung. 15 Erhöhung der Staatskonsums IS1 r IS0 b0 MP rA r0 P0 Y0 PA YA Y 16 • Die Erhöhung des Staatskonsums auf ein dauerhaft höheres Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts. • Aufgrund des Anstiegs des Inlandsprodukts ergibt sich eine Überauslastung der Kapazitäten. • Die Zentralbank wird gemäß ihrer Reaktionsfunktion den Realzins erhöhen. • Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher bleibt die MP-Kurve unverändert in ihrer Lage. Es ergibt sich ein neues Gleichgewicht im Punkt PA. • Das Inlandsprodukt ist angestiegen, allerdings ist der Anstieg gedämpft, da die höheren Realzinsen die Investitionen reduzieren. 17 • Der Anstieg des Inlandsprodukts fällt insgesamt geringer aus als bei der bisherigen Multiplikatoranalyse. • Die Zentralbank wirkt stabilisierend einer Ausweitung des Inlandsprodukts entgegen. • Dies wird auch in der Literatur als „Dämpfungseffekt des Geldmarkts“ oder genauer als „Dämpfungseffekt der Zentralbankpolitik “ bezeichnet. 18 Straffere geldpolitische Regel MP1 r IS0 rA r0 r' MP0 PA P0 YA Y0 Y 19 • Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MPKurve nach oben. • Der Realzins erhöht sich. • Aufgrund des steigenden Realzinses sinkt das Inlandsprodukt. • Dies wiederum bewirkt, dass die Erhöhung des Realzinses etwas gedämpft wird. • Es ergibt sich ein Gleichgewicht in PA bei kurzfristig konstanter Inflationsrate. 20 • Eine straffere geldpolitische Regel geht mit einer einmaligen Reduktion der Geldmenge einher. • Dies zeigt die Gleichung für die Geldnachfrage: Ln P L(Y , r p e ) • Da das Inlandsprodukt sinkt und der Realzins steigt, sinkt die reale Geldnachfrage. 21 • Wieso geht eine einmalige Reduktion der Geldnachfrage mit einem Sinken des Inlandsprodukts einher? • Teilweise finden sich hier irreführende, vulgärökonomische Argumente für diesen Zusammenhang, z.B. : „Die Güternachfrage verringert sich weil weniger Geld für Konsumzwecke zur Verfügung steht“. • Dieses Argument ist falsch, denn für Konsum ist Einkommen notwendig. Geld wird zu Transaktionszwecken gehalten. Konsumgüter werden verbraucht, Geld nicht. • Der Grund besteht vielmehr darin, dass durch den höheren Realzins die Investitionen sinken und als Begleiterscheinung auch die Geldnachfrage sinkt. 22 Liquiditätsfalle • Die Zentralbank kann keine negativen nominalen Zinssätze am Markt durchsetzen. • Ein Grund für dieses Versagen besteht darin, dass die Geschäftsbanken keine Kredite mit negativen Nominalzinsen vergeben, weil sie stattdessen die Geldhaltung bevorzugen. • Dies wird als Liquiditätsfalle bezeichnet, da alle Wirtschaftssubjekte eine unbegrenzte Neigung zur Haltung von Liquidität hätten. • Bei einer Inflationsrate von Null kann die Zentralbank dann keine negativen Realzinsen erreichen. 23 Expansivere geldpolitische Regel mit Liquiditätsfalle r IS0 r0=0 MP P0=P1 r' Y Y0=Y1 24 • Statt Punkte auf der MP-Kurve zu erreichen muss die Zentralbank dann von dieser Kurve abweichen. • Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr. • Eine expansivere geldpolitische Regel ist dann ohne Einfluss auf r. • Demzufolge kann sich auch kein Anstieg der Investitionen und des Inlandsprodukts einstellen. • Eine Änderung der geldpolitischen Regel ist in der Liquiditätsfalle somit wirkungslos. 25 Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau WS 2009/10 y, s.y y* VIII. Das makroökonomischef(k) Konsensmodell c* (n+d)k s.f(k) s.y* k* k 26 Pflichtlektüre: Lambsdorff, J. Graf und C. Engelen (2007), Das Keynesianische Konsensmodell, WiST, Wirtschaftswissenschaftliches Studium, August, S. 387394. Romer, D. (2006), Short-Run Fluctuations. Manuskript, University of California, Berkeley, S. 44-70, http://elsa.berkeley.edu/~dromer/ Taylor, J.B. und A. Weerapana (2009), Economics, 6. Aufl. S. 672-693; 694-708. 27 Weiterführende Lektüre: Blanchard, O. (2006), Macroeconomics. 4. Aufl. S. 1215. Burda, M. und C. Wyplosz (2005), Macroeconomics – A European Text. 4. Aufl. S. 281-302. Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 358371. 28 • Bisher haben wir ein konstantes Inflationsniveau unterstellt. • Tatsächlich aber schwankt die Inflationsrate und reagiert auf geld- und fiskalpolitische Aktionen. • Wir müssen daher die Bestimmungsfaktoren der Inflationsrate herausarbeiten und die Rückwirkung auf Realzins und Inlandsprodukt modellieren. • Das gesamtwirtschaftliche Angebot wird langfristig von den Einsatzfaktoren und dem technischen Fortschritt bestimmt. 29 • • • • • Dieses langfristige Niveau wird auch als „potentielles Inlandsprodukt“ bezeichnet oder als „Vollbeschäftigungsproduktion“. Wir hatten das entsprechende Niveau im Rahmen eines Wachstumsmodells bestimmt. Hat die Inflationsrate hierauf einen Einfluss? Zum einen existieren Kosten der Inflation (Schuhlederkosten, Menukosten …), welche einen negativen Einfluss nahelegen. Zum anderen wird darauf verwiesen, dass diese Kosten bei mäßiger Inflation gering sind und zu starre Preise auch die Anpassungsfähigkeit einer Volkswirtschaft behindern. 30 • • • Für das letztere Argument spricht auch, dass es in Betrieben oftmals schwer ist, die Löhne zu senken, auch wenn die wirtschaftliche Lage dies erfordert. Bei mäßiger Inflation könnte demgemäß bei konstantem nominalen Lohn stetig (und ohne drohenden Streik) das passende reale Lohnniveau erreicht werden. In Abwägung der konträren Argumente erscheint die Annahme vertretbar, dass insgesamt die Inflationsrate keinen Einfluss auf das langfristige Inlandsprodukt besitzt. p Y Y 31 • Im Falle eines Zustroms von Arbeitskräften, Kapital oder natürlichen Ressourcen sowie bei technischem Fortschritt erhöht sich das „potentielle Inlandsprodukt“ und die Angebotskurve verschiebt sich nach rechts. • Kurz- und mittelfristig ist es jedoch möglich, dass das gesamtwirtschaftliche Angebot von diesem langfristigen Niveau abweicht. • Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Inflationsrate kurzfristig konstant ist. Dies resultiert einerseits aus Menukosten. 32 • • So sind Löhne kurzfristig fixiert (sticky wages). Lohnverhandlungen werden nur alle 1-2 Jahre durchgeführt. Hierbei wird die zukünftige Inflationsrate abgeschätzt und als Zuschlag auf den Lohn gewährt. Oder es wird ein Ausgleich für die Inflation der Vergangenheit gewährt. Für den Zeitraum des Vertrages bleibt das Lohnniveau dann konstant. Genauso sind Preise kurzfristig konstant (sticky prices). Preise werden je nach Branche teilweise seltener als einmal pro Jahr angepasst. Bei der Bestimmung des Preisniveaus wird die Inflationsrate der Vergangenheit und die für die Zukunft erwartete Rate berücksichtigt. 33 • • • Angenommen, ein Wirtschaftssubjekt hat Information über eine verringerte gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Trotzdem könnte es davon absehen, den Preis seines Gutes (oder den Lohn) zu senken, sofern diese Information nicht allen Anbietern von Gütern, Diensten oder Faktorleistungen zur Verfügung steht (sticky information). Wirtschaftssubjekte ohne Besitz der Information werden Preise und Löhne nicht verringern, sondern sich nur an der bestehenden Inflationsrate orientieren. Diejenigen im Besitz der Information sehen daher keine (oder nur eine geringe) Veranlassung, als einzige die Absenkung ihres Preis- oder Lohnniveaus durchzuführen. Information über einen Boom führt umgekehrt nicht zu steigenden Preisen und Löhnen, sofern verringerte Marktanteile gegenüber uninformierten Marktteilnehmern 34 befürchtet werden. • Die Ausführungen implizieren, dass die Inflationsrate kurzfristig konstant ist. • Bei einer gegebenen Inflationsrate sind Produktionsbetriebe und Arbeitskräfte bereit, jede beliebige nachgefragte Produktion durchzuführen. Es variiert also kurzfristig nur die Produktion. • Wir erhalten wir eine horizontale Inflationsanpassungs-Kurve (IA) im p/Y-Diagramm. p p0 IA Y 35 • Die IA-Kurve wiederholt die im Rahmen der Multiplikatoranalyse gemachte Annahme bezüglich des Angebotsverhaltens: Dieses orientiert sich nur an der Nachfrage. Anbieter sind bereit, ohne einen Anstieg des Preisniveaus (und damit der Inflation) jede nachgefragte Menge zu produzieren. • Wie wird nun aber die Höhe der Inflationsrate bestimmt? Erfahrung lehrt, dass diese aus der Vergangenheit „ererbt“ wird. Eine hohe Inflationsrate in der Vergangenheit bewirkt, dass auch in der Zukunft mit einer hohen Inflationsrate gerechnet wird. • Es können aber auch unabhängig von der Inflationsrate der Vergangenheit erhöhte 36 Inflationserwartungen auftreten. Veränderungen der erwarteten Inflation. Eine autonome Erhöhung der Inflationserwartung verschiebt die IA-Kurve nach oben. • So würde z.B. ein Anstieg der Ölpreise zur Erwartung einer erhöhten zukünftigen Inflation führen. • Auch die Glaubwürdigkeit einer Zentralbank kann Einfluss auf die Inflationserwartung haben. Kündigt eine Zentralbank eine straffere geldpolitische Regel an und wird ihr dies geglaubt, so verschiebt sich unmittelbar die IA-Kurve nach unten. Bei fehlender Glaubwürdigkeit verharrt die IA-Kurve in ihrer Lage. 37 • Wie wirken nun die kurzfristige Inflationsanpassungsgerade und die langfristige Angebotskurve zusammen? • Die Inflationsrate erhöht sich, wenn das Inlandsprodukt größer ist als sein potentielles Niveau. • In diesem Fall bewirkt nämlich eine Überauslastung der Kapazitäten einen schnelleren Anstieg der Preise. • Maschinen verschleißen schneller, die Motivation und Konzentration der Mitarbeiter sinkt. Dies müssen die Firmen durch einen beschleunigten Anstieg der Preise ausgleichen. 38 • Für abgeleistete Überstunden muss ein Zuschlag bezahlt werden, der den Lohnsatz erhöht. • Zudem steigen die Löhne schneller, weil aufgrund der geringen Arbeitslosigkeit sich leichter Lohnsteigerungen durchsetzen lassen. • Ist das Inlandsprodukt dagegen kleiner als sein potentielles Niveau, so resultiert Arbeitslosigkeit. • Bei hoher Arbeitslosigkeit können Unternehmen die Löhne drücken. • Nur die hoch motivierten und qualifizierten Arbeitskräfte verbleiben in den Betrieben und erlauben es den Firmen, die Preissteigerungen moderater ausfallen zu lassen. 39 • Formal gilt für die Inflationsrate: p p e d Y1 Y ; mit p e p 1 • Entspricht das Inlandsprodukt seinem potentiellen Niveau, Y1 Y , so folgt : p p e p 1 • Liegt also bei der Produktion eine dauerhafte Ruhelage vor mit Y Y , dann ändert sich die Inflationsrate nicht. • Weicht jedoch die Höhe des Inlandsprodukts von seiner potentiellen Höhe ab, so hat dies eine Veränderung der zukünftigen Inflationsrate zur Folge. 40 • Mittelfristig dürfte die Angebotskurve weder horizontal noch vertikal verlaufen, sondern eine positive Steigung aufweisen. • Eine solche Angebotskurve wird auch als PhillipsKurve bezeichnet. • Hiermit wird verdeutlicht, dass mittelfristig ein erhöhtes Inlandsprodukt und eine Absenkung der Unterbeschäftigung nur mit einer Inflation „erkauft“ werden kann. • Wir verzichten in der Graphik auf die Darstellung dieses mittelfristigen Zusammenhangs. 41 • Die Nachfragekurve (aggregate demand) im p/YDiagramm ist durch eine negative Steigung gekennzeichnet. • Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel von IS-Kurve und MP-Kurve. • Ein Anstieg der Inflationsrate verschiebt die MP-Kurve nach oben. • Aufgrund des steigenden Realzinses verringert sich daher das Inlandsprodukt. • Die AD-Kurve stellt die Schar der Inflationsraten und des jeweils korrespondierenden Inlandsprodukts dar. 42 Steigung der AD-Kurve MP1 r p IS MP0 r0 P0 Y0 p Y AD p1 p0 P0 Y Y 43 • Die negativ geneigte Nachfragekurve ähnelt einer aus der Mikroökonomie bekannten Nachfragekurve. • Erhöht sich der Preis für Bier, so sinkt die Nachfrage. • Dieser mikroökonomische Effekt ist aber auf Substitutionsbeziehungen zurückzuführen: Der relative Preis für Bier steigt an; statt Bier werden andere Güter nachgefragt. • Diese Substitution ist aber gesamtwirtschaftlich nicht möglich. • Die negative Neigung ist daher anders zu begründen: Die Zentralbank möchte einen Anstieg der Inflation vermeiden. Daher erhöht sie den Realzins und bewirkt einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen 44 Nachfrage. Das Grundmodell r IS MP r0 P0 Y0 p Y AD p0 P0 Y IA Y 45 Erhöhung des Staatskonsums IS1 r r1 IS0 b0 MP p P1 r0 MP P0 p AD1 PA Y Y0 =Y1 AD0 p1 p0 P1 PA P0 Y IA Y 46 • Die Erhöhung des Staatskonsums auf ein dauerhaft höheres Niveau verschiebt die IS-Kurve nach rechts. Aufgrund des Anstiegs des Inlandsprodukts wird die Zentralbank gemäß ihrer Reaktionsfunktion den Realzins erhöhen. Es ergibt sich ein Zwischenpunkt in PA. • Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher liegt die Zwischenlösung im p/Y-Diagramm auch im Punkt PA. • Aufgrund einer Überschussnachfrage erhöht sich nun die Inflation. Hierdurch wird die Zentralbank veranlasst, den Realzins zu erhöhen. Die MP-Kurve verschiebt sich nach oben. • Die Anpassung verläuft so lange, bis wieder ein Gleichgewicht im Punkt P1 erreicht ist, mit einem Inlandsprodukt i.H. des potentiellen Niveaus. 47 • Die Inflationsrate ist nun gegenüber der Ausgangslage dauerhaft angestiegen. • Dies resultiert daraus, dass die Zentralbank den anfänglichen Güternachfrageimpuls nicht vollständig neutralisiert. Erst durch eine steigende Inflationsrate wird dann die Zentralbank zu der weiteren, notwendigen Erhöhung der Realzinsen induziert. • Möchte die Zentralbank entgegen dieser Lösung dauerhaft an der Inflationsrate der Ausgangslage festhalten, so müsste sie auf die erhöhte Güternachfrage mit einer Straffung der geldpolitischen Regel, r', antworten. 48 • Mit der nun variierenden Inflationsrate kann auch die Sparquote wieder auf die Investitionen wirken, entgegen der Modellergebnisse bei konstanter Inflationsrate. • Sofern nämlich die Sparquote steigt, verschiebt sich die IS-Kurve nach links. Die Zentralbank beobachtet eine zu geringe gesamtwirtschaftliche Nachfrage und eine nachlassende Inflationsrate. Sie wird die Zinsen senken. Die gesunkenen Zinsen erhöhen dann die Investitionen. • Allerdings funktioniert dieser Zusammenhang nicht in der Liquiditätsfalle. 49 • Eine erhöhte Investitionsneigung führt nun auch nicht mehr unbedingt zu steigender Ersparnis. • Sie bewirkt eine Rechtsverschiebung der IS-Kurve und damit eine erhöhte Nachfrage und zukünftige Inflationsgefahren. • Um dies zu vermeiden, wird die Zentralbank die Zinsen erhöhen. • Hierdurch kann sich eine erhöhte Investitionsneigung aber nicht durchsetzen. 50 Straffere geldpolitische Regel MP1 r p IS0 r' MP PA r0 p P0=P1 AD0 Y0 =Y1 Y AD1 p0 P0 IA PA p1 P1 Y Y 51 • Eine straffere geldpolitische Regel verschiebt die MPKurve nach oben. Aufgrund des steigenden Realzinses sinkt das Inlandsprodukt. Es ergibt sich ein Zwischenpunkt in PA. • Die Inflationsrate ist kurzfristig konstant. Daher liegt die Zwischenlösung im p/Y-Diagramm auch im Punkt PA. • Aufgrund eines Überschussangebots verringert sich die Inflation. Hierdurch wird die Zentralbank veranlasst, den Realzins wieder zu senken. Die MP-Kurve verschiebt sich nach unten. 52 • Die Anpassung verläuft so lange, bis wieder ein Gleichgewicht im Punkt P1 erreicht ist, mit einem Inlandsprodukt i.H. des potentiellen Niveaus. • Wir sehen also, dass die Zentralbank bei Straffung der geldpolitischen Regel die Inflationsrate reduzieren kann. • Hierbei muss sie aber eine temporäre Reduktion der Produktion und des Einkommens in Kauf nehmen. • Dem langfristigen Vorteil einer reduzierten Inflation stehen daher temporäre Einbußen gegenüber. • Da zukünftige Vorteile im Kalkül der Wirtschaftssubjekte abdiskontiert werden müssen, ist nicht sichergestellt, dass eine straffere Geldpolitik insgesamt vorteilhaft ist. 53 • Möchte die Zentralbank langfristig die Inflationsrate reduzieren, so kündigt sie für die laufende und die zukünftigen Perioden einen erhöhten Wert für r' an. • Inwieweit die resultierende Verschiebung der AD-Kurve eine Verringerung des Inlandsproduktes zur Folge hat, hängt allerdings auch von der Glaubwürdigkeit der Zentralbank ab. • Schätzen die Wirtschaftssubjekte die Glaubwürdigkeit nämlich als hoch ein und erwarten, dass die Zentralbank ihre Politik auch in der Zukunft beibehalten wird, so passen sie ihre Erwartungen der zukünftig geringeren Inflation an. Dadurch verschiebt sich die IA-Kurve sofort nach unten, wodurch die Reduktion des Inlandsproduktes relativ geringer ausfällt als im Punkt PA. 54 • Das gegenteilige Ergebnis folgt für eine Zentralbank, die das Inlandsprodukt dauerhaft erhöhen möchte. Sie müsste hierfür r' von Periode zu Periode weiter absenken. • Ob sich hiermit aber tatsächlich das Inlandsprodukt dauerhaft erhöhen lässt, wurde insbesondere von dem Nobelpreisträger Robert Lukas bezweifelt. Sein Argument, auch als Lukas-Kritik bezeichnet, zieht in Zweifel, ob Wirtschaftssubjekte ihre Inflationserwartung nur an Werten der Vergangenheit orientieren. Bei einem substantiellen Politikwechsel sind Wirtschaftsubjekte vielmehr in der Lage, die zukünftige Entwicklung korrekt zu antizipieren. • In obigem Beispiel bewirkt die erhöhte Inflationserwartung eine schnelle Verschiebung der IA–Kurve nach oben; ein Anstieg des Inlandsprodukts könnte unterbleiben. 55 • Eine andere Situation liegt vor, wenn die Zentralbank jedoch den Ruf hat, ihre Ankündigungen nicht konsequent durchzusetzen, sondern oftmals ihren geldpolitischen Kurs unter politischem Druck zu revidieren. • In diesem Fall werden die Wirtschaftssubjekte nicht unbedingt den Ankündigungen einer lascheren oder schärferen geldpolitischen Regel in der Zukunft glauben. • Die bloße Ankündigung wird dann nicht sofort zu einer veränderten Inflationserwartung führen. In diesem Fall würde sich die IA-Kurve nicht unmittelbar verschieben. • Die Anpassung erfolgt dann bei einer kurzfristig konstanten IA-Kurve. Für die Anpassung ist dann eine längere Phase erforderlich, in der die Produktion von ihrem potentiellen Niveau abweicht. 56 Deflation und Liquiditätsfalle r MP(p=0) IS0 r0=1 P0 r0=0 p p0=0 Y Y0 AD0 P0 IA Y p0=-1 Y 57 • Die Zentralbank kann keine negativen Nominalzinsen erzielen, denn die Geschäftsbanken würden lieber horten (z.B. Bargeld in den Tresoren halten), als Kredite mit negativem Ertrag auszugeben und die Nichtbanken würden Sichteinlagen halten und unbegrenzt Kredite bei den Geschäftsbanken aufnehmen. • Daher kann eine Senkung der Realzinsen bei Preisniveaustabilität (p=0) nicht herbeigeführt werden. Unterhalb von r=0 gilt die MP-Kurve nicht mehr. • In dieser Situation kann die Zentralbank die Inflationsrate nicht mehr steigern, da sie nicht kurzfristig die gesamtwirtschaftliche Nachfrage erhöhen kann. 58 • Sinkt die Inflationsrate nun (Deflation), so möchte die Zentralbank wie bisher mit einer Senkung der Realzinsen reagieren. • Da die Nominalzinsen aber bereits Null betragen, gelingt ihr dies nicht. • Entgegen dem Wunsch der Zentralbank führt die Deflation zu einem Anstieg der Realzinsen. Hierdurch sinkt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage weiter ab. • Insgesamt ergibt sich bei einer Kombination aus Deflation und Liquiditätsfalle ein positiver Verlauf der gesamtwirtschaftlichen Nachfragekurve. 59