Ingo Rechenberg PowerPoint-Folien zur 3. Vorlesung „Bionik II / Biosensorik“ Zwischen Bionik und Biotechnologie Wie baut man einen Biosensor ? Weiterverwendung nur unter Angabe der Quelle gestattet Biotechnologie versus Bionik Lotus Effekt Biotechnologie Lotusblatt-Zellkultur versus Bionik Synthetisches Produkt Erkundung des Effekts Photobiologische Wasserstoffproduktion H2 Biotechnologie Blaualge Nostoc muscorum versus H2O Vegetative Zelle O2 O2 H2 Bionik N2 CO2 <CH2O < H2 Heterocyste Algen-Analoga Bakterien-Analoga Konstruktion eines Schallschnelle-Vektormessgeräts Partikel Geschwindigkeit Technische Schaltung Biotechnologie versus Bionik Der bionische Ansatz zur Realisation einer künstlichen Nase Vorbild Biologie: Verstärkung durch eine Enzymkaskade Duftstoff Rezeptor AC cAMP cAMP cAMP cAMP ATP G-Protein ATP ATP cAMP AC = Adenylcyclase cAMP cAMP cAMP = cyclo-Adenosinmonophosphat Was passiert, wenn ein Duftmolekül auf ein Rezeptormolekül trifft 1. Das Duftmolekül aktiviert den Rezeptor 2. Der Rezeptor spaltet ein G-Protein 3. Das gespaltene G-Protein aktiviert das Enzym Adenylcyclase (AC) 4. Die Adenylcyclase synthetisiert die Botenmoleküle cAMP 5. Das cAMP-Molekül dockt an die Ionenkanäle an 6. Die Ionenkanäle öffnen sich für Natriumionen 7. Der Einstrom von Natriumionen erzeugt ein elektrisches Signal Was passiert, wenn ein Lichtquant auf ein Rhodopsinmolekül trifft 1. 11-cis Retinal wird in all-trans-Retinal umgewandelt 2. Es entsteht Metarhodopsin 3. Metarhodopsin zerfällt in Opsin und all-trans Retinal 4. Metarhodopsin aktiviert Transducin 5. Transducin aktiviert Phosphodiesterase (PDE) 6. PDE spaltet c-GMP in 5'-GMP 7. Dadurch schliessen sich Na-Kanäle 8. Es kommt zu einer Hyperpolarisation 9. Messbare Spannungsänderung: - 40 mV 3 000 2 000 Molekulare Verstärkung: 6000 000 Ein synthetischer Einmoleküldetektor müsste auf eine Katalysatorkaskade aufbauen ! Entwurf eines mechanischen Modells für eine Katalysatorkaskade Wilhelm Ostwald (1853-1932) "Katalyse ist die Beschleunigung eines langsam verlaufenden chemischen Vorgangs durch die Gegenwart eines fremden Stoffes" (1894). "Ein Katalysator ist jeder Stoff, der, ohne im Endprodukt einer chemischen Reaktion zu erscheinen, ihre Geschwindigkeit verändert. (1901)" Wilhelm Ostwald Dr. Jörg Libuda, Prof. Hans-Joachim Freund Fritz-Haber-Institut Berlin Durch einen Molekularstrahl, in dem Moleküle gebündelt in eine Richtung geschickt werden, konnte nachgewiesen werden, dass die Aufspaltung der C-O-Bindung des Methanols gerade an den Kantenatomen ( ) der Palladium-Katalysatorteilchen besonders beschleunigt wurde. Entwurf eines mechanischen Modells für eine Katalysatorkaskade S N S N oder S N Mechanisches Modell eines Moleküls, das in eine andere Form umgewandelt wird (z. B. Rhodopsin in Metarhodopsin) S N S N Mechanisches Enzym S N S N N S S N S N S N S N 1000 · · · 1000 1000 1000 · · 000 · 1 S N 1000000 An die Stelle der Mechanik muss die Chemie treten Bisher konnte (z. B. für ein Sprengstoffmolekül) eine solche Katalysatorkaskade nicht synthetisiert werden Deshalb wird der biotechnologische Weg beschritten Das sieht dann so aus: Was zeichnet den Biosensor aus ? Extreme Empfindlichkeit Selektivität auf biologische Stoffe Der geschichtlich erste Biosensor, der die Selektivität auf eine biologisches Substanz nutzte Der Glukose-Biosensor Elektrode Messlösung Membran Immobilisiertes Enzym Elektronik Membran ? Es fehlt in dem Bild die 2. Elektrode Reaktionsschritte in einem Glukose-Biosensor Der Glukose-Biosensor wurde bereits in den 1960er Jahren entwickelt Text Schaltkreis Signalmoleküle Signalumformer Anzeigegerät Sensor Molekulare Formerkennung Schema eines Biosensors Effekt Chemische Substanz Temperatur Transducer Elektrode Thermistor Licht Masse Elektrisches Potenzial Piezokristall Verstärker Funktionsprinzip eines Biosensors Elektrisches Signal Analytlösung Selektor (Rezeptor) Van-der-Waals-Bindung (Adsorption) des Enzyms Einbau des Enzyms in eine Polymer-Matrix Kovalent gebundene Atome teilen sich die Orbitale der Valenzelektronen Kovalente atomare Bindung des Enzyms Enzym Technisches Substrat In Biosensoren benutzte Immobilisierungsmethoden Enzym in semipermeabler Membran-Hülle EnzymVernetzung Magensäure Eiweiß spalten ! Kann kein Eiweiß spalten. Pepsin: Kann noch Pepsinogen: Theoretische Beispiel für die Konstruktion eines Magensäure-Biosensors mit immobilisiertem Enzym Immobilisiertes Pepsinogen Pepsin Eiweißspaltung Messung des Theoretische Beispiel für die Konstruktion eines Eiweiß-Spaltprodukts Magensäure-Biosensors mit immobilisiertem Enzym Effekt Chemische Substanz Temperatur Transducer Elektrode Thermistor Licht Masse Elektrisches Potenzial Piezokristall Verstärker Funktionsprinzip eines Biosensors Elektrisches Signal Analytlösung Selektor (Rezeptor) Amperometrie Lumineszenz Glucose + 1 2 O2 + H2O Sauerstoffelektrode Lumineszenz Glucoseoxidase Kalorimetrie Gluconolacton + H2O2 + 7 kcal Gluconolactonase Gluconsäure + H+ pH-Elektrode MOSFET Mögliche technische Messaufnehmer für einen Glukose-Biosensor Zum Glukosesensor Transducer Thermodynamik Mechanik Optik Kalorimetrie Mikrogravimetrie Photometrie Temperaturmessung Elektrochemie Potenziometrie Amperometrie Voltammetrie Konduktometrie Wägung Lumineszenz-, Farb-Messung Potenzialdifferenz bei Strom Null Strom bei konstanter Spannung Strom mit Spannungsänderung Widerstands/Leitfähigkeitsmessung Glukose-Sensor heute Metallstab Elektrochemische Zelle Wird eine Metallelektrode in einen Elektrolyten getaucht, so werden an der Phasengrenze Ladungsträger verschoben. Die Potenzialdifferenz ist aber separat nicht messbar. Elektrolyt V Elektrode 1 Leitende Brücke Um das Potenzial zu messen ist eine zweite (Ableit)elektrode notwendig ! Elektrolyt Elektrode 2 Bei der Amperometrie wird an die Elektroden ein konstantes Potenzial gelegt und der dadurch resultierende Stromfluss gemessen. Angelegtes Potenzial A Arbeitselektrode z.B. 600mV Elektrolyt Referenzelektrode U Konzentrationselement eAg e- Semipermeable Membran eAg NERNSTsche Gleichung NO3 cox = Elektrolytkonzentration auf der Seite des Oxidationsmittels cred= Elektrolytkonzentration auf der Seite des Reduktionsmittels Reduktion = Elektronenaufnahme, Oxidation = Elektronenabgabe in der Chemie cox R T U ln c zF red ( ) U= Spannung R = Gaskonstante T = Absolute Temperatur F = Faraday-Konstante z = Anzahl der pro Ion übertragenen Elektronen c = Elektrolytkonzentration Weitere Beispiele für Biosensoren Foto: Forschungszentrum Jülich Der Knoblauch-Biosensor kann die wertvollen Inhaltsstoffe des Knoblauchs in den verschiedenen Pflanzen aufspüren. Biosensor für Knoblauch Foto: Forschungszentrum Jülich Für einen erwachsenen Menschen ist die Aufnahme von etwa 50 Milligramm Zyanid tödlich. Der Biosensor spricht bereits auf den Millionstel Teil dieser Menge an. Das Enzym Cyanidase zerlegt das Zyanid in Ameisensäure und Ammoniak. Dadurch ändert sich der pH-Wert der Lösung. Diese Veränderung wird von einem Halbleiterchip als elektrische Kapazitätsänderung registriert. Biosensor für Zyanid Der Penicillinsensor besteht aus einem Schichtpaket aus Aluminium, p-dotiertem Silizium, Siliziumdioxid, pH-empfindlichem Siliziumnitrid und dem Penicillin abbauenden Enzym Penicillinase. Das Enzym ist mit “Cross-Linker-Molekülen” an die Oberfläche gekoppelt. Taucht der Sensor in eine penicillinhaltige. Lösung, werden bei der enzymatischen Reaktion Wasserstoffionen frei. Diese lagern sich an die Siliziumnitridoberfläche an und ändern die elektrische Kapazität des Schichtpaketes. Penicillin-Biosensor Enzym immobilisiert in einer Matrix Verkapselung Platinelektrode Elektr. Anschluss Siliziumchip 300 µm SiO2 Aktive Sensoroberfläche 130 µm Querschnitt durch einen Glukosesensor mit Containment Glukosesensor in Mikrosystemtechnik Referenzelektrode Gate (Tor) Membran Enzymgemisch Drain (Senke) Isolator Source (Quelle) Gehäuse n n p A Spannungsquelle Strommessgerät Integration: Biosensor/Feldeffekttransistor (BioFET) Isolatoren Halbleiter Selen Kunststoffe Germanium Diamant Quarz 10 10 Silber Eisen Glas Glimmer -16 Metalle Kupfer Silizium -12 -8 10 -4 10 Leitfähigkeit 0 10 1 Wm 4 10 8 10 Als elektrische Leitung wird die gerichtete Bewegung von Ladungsträgern in einem elektrischen Feld bezeichnet. Die Leitfähigkeit wird durch die Konzentration und Beweglichkeit der wanderungsfähigen Ladungsträger bestimmt. n-dotiert Silizium Bor Phosphor p-dotiert Fähigkeit der Elektronenleitung und Löcherleitung im dotierten Halbleiter Zur Menge des Dotierungsstoffs im Halbleiter Beispiel: “Dotierung” des Wassers in einem Schwimmbecken p-dotiert n-dotiert + + Mit Elektronen und Mit Elektronen und „Löchern“ Durchlass Sperrschicht „Löchern“ verarmte Schicht angereicherte Schicht Bewegung der Elektronen Bewegung der Löcher n-dotiert Gate Drain Source n n p-dotiert p MOSFET Metal Oxide Semi Conductor Field Effect Transistor Der MOS-FET befindet sich im Sperrzustand (deshalb selbstsperrend genannt), wenn keine positive Spannung zwischen Gate- und Source-Anschluß anliegt. n-dotiert G S n D n p-dotiert p MOSFET Wird zwischen Gate und Source eine positive Spannung angelegt entsteht im Substrat ein elektrisches Feld. Die Löcher im p-leitenden Substrat werden vom Gate abgestoßen. Die Zone unterhalb der gelben Isolierschicht wird mit Elektronen als freie Ladungsträger aufgefüllt. Zwischen Source und Drain bildet sich eine n-leitende Brücke. Liegt rechts die positive Spannung an kommt es zu einer Driftbewegung der Elektronen von links nach rechts. n-dotiert S G n D n p-dotiert p CEMFET BIOFET Das Gate ist Elektrode einer elektrochemischen Zelle. Ein Produkt der Enzymreaktion sei elektrodenaktiv, und zwar derart, dass sich das Gate gegenüber der Referenzelektrode positiv auflädt. Das Wegdrücken der Löcher baut unter der gelben Isolierschicht wieder ein leitende Brücke auf. Ionen Membran Vergleich Signalmolekül Na+-Tore / BIOFET Rezeptor Immobilisierte Enzyme V Im weitesten Sinn ähneln sich Zellmembran und Halbleiter. Statt Poren in einer Membran zu öffnen werden Poren in einem Halbleiter durchlässig, jeweils gesteuert durch das vom Signalmolekül aktivierte Enzym. Statt mit Ionen arbeitet die Elektrotechnik aber mit Elektronen! S G n D n p A Bei der klassischen Elektronenröhre verhält sich das Steuergitter A wie die Membran einer Sinneszelle, deren Durchlässigkeit enzymatisch kontrolliert wird. Was zeichnet den heutigen Biosensor aus ? Extreme Empfindlichkeit Es fehlt das Kaskadenprinzip ! Selektivität auf biologische Stoffe Analyt-Detektion in der medizinischen Diagnostik Glukose: Harnstoff: Potentiometrischer Biosensor Lactat: Hepatitis B: Amperometrischer Biosensor Chemolumineszenz Immunoassay Candida albicans: Piezoelektrizität Immunoassay Amperometrischer Biosensor Amperometrischer Biosensor Cholesterin: Penicillin: Potentiometrischer Biosensor Natrium: Ionenselektive Glas-Elektrode Kalium: Ionenselektive Austausch-Elektrode Kalzium: Ionophore ionenselektive Elektrode Fluoreszenz Quench-Sensor Sauerstoff: pH-Wert: Ionenselektive Glas-Elektrode Enzyme für Biosensoren Harnstoff-Biosensor Enzym Urease Zyanid-Biosensor Enzym Cyanidase, zerlegt Zyanid in Ameisensäure und Ammoniak Formaldehyd-Biosensor Enzym Formaldehyd-Dismutase aus dem Bakterienstamm Pseudomonas putida J3 Anthrax-Biosensor Enzym ??? Ende www.bionik.tu-berlin.de Das erste Messsystem, das als Biosensor bezeichnet werden kann, wurde 1962 von L.C. CLARK und C. LYONS entwickelt. Es wurde ein Messsystem beschrieben, dass die Bestimmung von Glucose im Blut während und nach Operationen ermöglicht. Dieser Biosensor bestand wahlweise aus einer Sauerstoffelektrode nach CLARK oder einer pH-Elektrode als Transduktor, vor denen zwischen zwei Membranen das Enzym Glucose-Oxidase aufgebracht war. Die Glucosekonzentration konnte als Änderung des pH-Wertes bzw. als Änderung der Sauerstoffkonzentration infolge der Oxidation der Glucose unter katalytischer Wirkung des Enzyms Glucose-Oxidase bestimmt werden. Elektrode Messlösung Membran Immobilisiertes Enzym Membran Elektronik Reaktionsschritte in einem Glukose-Biosensor Der Glukose-Biosensor wurde bereits in den 1960er Jahren entwickelt