Labor für autonome Funktionen und Biofeedback Ana Isabel Penzlin Inhalt • Einleitung autonome Funktionen • Klinische Diagnostik und Relevanz • Untersuchung der Wirkung von HerzratenVariabilitätsgestütztem Biofeedback auf Patienten mit somatoformen Schwindel • Resumee und Blick in die Zukunft Autonome Funktionen • Komplexes Sympathicus-Parasympathicus-Gleichgewicht – Herzratenvariabilität (HRV) – Hautleitwiderstand nach sympathischer Stimulierung (SSR) – Orthostatische Regulation – HRV-gestütztes Biofeedback Autonome Funktionen: HRV • "Wenn der Herzschlag so regelmäßig wie das Klopfen des Spechts oder das Tröpfeln des Regens auf dem Dach wird, wird der Patient innerhalb von vier Tagen sterben." Wang Shuhe-he, „Mai Jing“ („The Pulse Classics“), late Han dynasty Autonome Funktionen: HRV • Auswertung einer 24h EKG-Aufzeichnung • RMSSD • Frequenzsubanalyse: – LF (Low frequency) – HF (High frequency) – LF/HF Autonome Funktionen: SSR • Antwortpotential sympathischer C-Fasern auf sympathischen Stimulus • Hinweis auf autonome Neuropathie • Frühdiagnostische Relevanz bei neurodegenerativen Erkrankung Gegenstand klinischer Prüfung Autonome Funktionen: Orthostase • Schellong Untersuchung – Hf und RR nach 10min Liegen, unmittelbar nach dem Aufrichten und erneut nach 2,4,6,8,10 Min – Sympathikotoner Typ – Parasympathikotoner Typ – Hypertoner Typ – Asystoler Typ Autonome Funktionen: HRV gestütztes Biofeedback • Biofeedback: Begriff aus der Kybernetik (griechisch: kybernetes = der Steuermann), Wiener (1894-1964) • Operante Konditionierung • Erster Einsatz als Lügendetektoren • Ziel: Verschiebung der autonomen Homöosthase in Richtung Parasympathikus Autonome Funktionen: HRV gestütztes Biofeedback Autonome Funktionen: HRV gestütztes Biofeedback • Affektive Störungen erhöhen das kardiovaskuläre Risiko. (Musselman et al. 1998) • Eine mögliche Erklärung hierfür ist ein erhöhter Sympathikotonus bei Patienten mit Depression. (Mück-Weymann et al. 2002) • Patienten mit Depression haben eine verringerte Herzratenvariabilität (Catipovic -Veselica et al. 2007) • Eine verminderte Herzratenvariabilität erhöht das kardiovaskuläre Risiko (Ohira et al. 2008) Autonome Funktionen: HRV gestütztes Biofeedback • Depressive Patienten mit kardiovaskulärer Erkrankung haben eine geringere Herzratenvariabilität als euthyme Herz-Kreislauf Erkrankte (Krittayaphong et al. 1997) • HRV gestütztes Biofeedback führt zu einer Erhöhung der Herzratenvariabilität bei gesunden Probanden (Lehrer et al. 2003) • HRV gestütztes Biofeedback führt zu einer Erhöhung der Herzratenvariabilität und zu einer Verbesserung der affektiven Störung bei Patienten mit Angst und Depression. (Siepmann et al. 2008) Autonome Funktionen: HRV gestütztes Biofeedback Siepmann et al. 2008 Autonome Funktionen: HRV gestütztes Biofeedback • Indikationen: – Angst – Depression – somatoforme Störungen – Chronische Schmerzen – kardiovaskuläre Erkrankungen Autonome Funktionen: Befundbericht • Aussagen: – – – – – Dysautonomie Sympathicus / Parasympathicus Bilanz Autonome periphere Neuropathie Orthostatische Regulation Zusammenfassende Beurteilung und Therapieempfehlungen, insbesondere auch unter pharmakologischen Gesichtspunkten Untersuchung der Wirkung von Herzraten-Variabilitätsgestütztem Biofeedback auf Patienten mit somatoformen Schwindel (Biofeedback 003) Biofeedback 003 • Zielsetzung: In der vorliegenden klinischen Studie soll die Wirkung von HRV-gestütztem Biofeedbacktraining auf die Herzratenvariabilität (HRV), die kutane Schweissdrüsenantwort auf sympathische Stimuli (SCR), das orthostatische Regulationsvermögen und die Symptomausprägung von Patienten mit somatoformen Schwindel untersucht werden. Biofeedback 003 • Hintergrund: – Patienten mit somatoformen Schwindel weisen ein erhöhtes Angstniveau und eine Regulationsstörung ihres autonomen Nervensystems auf (Staab 2006). – Angst resultiert in einer verminderten Herzratenvariabilität (Catipovic Veselica et al. 2007). – Eine verminderte Herzratenvariabilität führt zu einem erhöhten kardiovaskulären Risiko. (Ohira et al. 2008) Biofeedback 003 • Design: – Multizentrisch, kontrolliert, randomisiert, klinischprospektiv – Between-Subject Vergleich (experimentelle Gruppe vs. Kontrollgruppe) – 48 männliche und weibliche Patient/innen mit somatoformen Schwindel im Alter zwischen 18 und 50 Jahren – Biofeedbacktraining dreimal wöchentlich für jeweils 30 Minuten über 2 Wochen – Messungen vor Studienbeginn, an Tag 14, 21 und 42 (Follow up) Biofeedback 003 • Ausschlußkriterien: - Einnahme von Betablockern innerhalb von 14 Tagen vor Studienbeginn - Einnahme von Antidepressiva innerhalb von 3 Monaten vor Studienbeginn - Diabetis mellitus - KHK - Herzinsuffizienz - Schwindel mit organischer Ursache - Demenz, Schizophrenie, Major Depression oder Bipolare Erkrankung Biofeedback 003 • Methoden: Biofeedbacktraining: • „Streß Pilot“ - Geräte der Firma Biocomfort Diagnostics, Neuhausen Messung autonomer Funktionen: • HRV, SSR, Schellong Test Pyschometrische Messungen: • Symptomausprägung (Vertigo Handicap Scale, Vertigo Symptom Scale) • Angst und Depressivität (State Anxiety Inventory, Beck Depression Scale) • psychische Belastung (Symptomcheckliste 90) • Entspannungsgrad (Erholungs-BelastungsFragebogen 24) Biofeedback 003 • Statististik – ANOVA-Prozedur für wiederholte Messungen – Fallzahlschätzung – Für die Stichprobengröße n=24 kann für die HRV Parameter ein Unterschied zwischen Behandlungsund Kontrollgruppe von 11 % mit einer statistischen Power von 0,82 erfasst werden. Resumee • Die vegetative Homöstase ist multifaktoriell gesteuert • Autonome Funktionsparameter repräsentieren komplexes Gleichgewicht aus Sympathikus- und Parasympathikusaktivität • Sympathikotone Dysautonomie korreliert mit kardiovaskulärem Risiko • Psychiatrische und neurologische Erkrankung beeinflussen vegetative Funktionen • Autonome Funktionsdiagnostik in klinischer Praxis wenig etabliert Resumee • Einfluß von Biofeedbackverfahren auf Erkrankungen mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko Gegenstand klinischer Prüfung • Weiterer Forschungsbedarf durch komplexe pathophysiologische Zusammenhänge und hohen potentiellen therapeutischen Nutzen • Erweiterung des diagnostischen Spektrums und weitere Untersuchungen im Labor für Autonome Funktionen und Biofeedback in Planung befindlich Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit Literatur • • • • • • • Musselman, D. L., Evans, D. L., & Nemeroff, C. B. The relationship of depression to cardiovasucular disease. Epidemiology, biology and treatment. Archives of General Psychiatry 1998, 55(7): 580–592. Mück-Weymann, M., Moesler, T., Joraschky, P., Rebensburg, M., Agelink, M. W. Depression modulates autonomic cardiac control: A psyhopsycho- physiological pathway linking depression and mortality? German Journal of Psychiatry 2002, 5: 67-69. Ohira, T., et al. Associations of psychosocial factors with heart rate and its short-term variability: multi-ethnic study of artherosclerosis. Psychosom Med 2008; 70: 141-146 Catipovic-Veselica, K., Galic, A., Jelik, K., et al. (2007). Relation between major and minor depression and heart rate, heart-rate variability, and clinical characteristics of patients with acute coronary syndrome. Psychological Reports, 100(3 Pt2), 1245– 1254. Krittayaphong, R., Cascio, W., Light, K., et al. (1997). Heart rate variability in patients with coronary artery disease: Differences in patients with higher and lower depression scores. Psychosomatic Medicine, 59, 231–235. Lehrer, P. et al. : Heart rate variability biofeedback increases baroreflex gain and peak expiratory flow. Psychosom Med 2003; 65: 796-805 Staab JP. Chronic dizziness: the interface between psychiatry and neuro-otology. Curr Opin Neurol 2006;19: 41-48