Herzfrequenzvariabilität zur Diagnostik - Ruhr

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Trotz sorgfältig publizierter Standards für die Messung und Interpretation von HRV
sollte die Interpretation der hier beschriebenen Ergebnisse (Reduktion der vagalen
kardialen Modulation und sympathovagale Imbalance zugunsten des Symathikus bei
schwer depressiven Patienten) nicht zu eine unscharfen Sichtweise der komplexen
Regulationsmechanismen des autonomen Regelkreises verleiten. Gemessene HRV
stellt letztlich die elektrische Entsprechung einer Endorganantwort dar, an deren
Entstehung Elektrochemische Kopplung, Sensitivität kardialer Adrenorezeptoren,
postsynaptische Signaltransduktion und vielfältige Reflexbögen gekoppelt sind
(Kingwell et al. 1994). Die diagnostizierten Veränderungen lassen keine Rückschlüsse
auf Lokalisation oder Art der Beeinträchtigung der Regelkreise zu. Ob die vagale
Dysregulation Ausdruck einer Pathologie des zentralen oder peripheren Nervensystems
ist, ist so nicht genauer zu differenzieren. Da jedoch durch Ein- und
Ausschlusskriterien versucht wurde, Patienten mit Erkrankungen des peripheren
autonomen Nervensystems nicht mit einzubeziehen und die zu untersuchende
Grunderkrankung der Depression mit zentralnervösen Alterationen einhergeht, darf
man annehmen, dass die Hypothese einer zentral bedingten autonomen Dysregulation
am wahrscheinlichsten ist.
Zusammenfassung
In vielen epidemiologischen Studien zeigen sich deutliche Hinweise auf ein erhöhtes
relatives Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie eine erhöhte kardiovaskuläre
Mortalität bei Patienten mit depressiven Symptomen oder klinisch manifesten
depressiven Erkrankungen.
Diese Beobachtung trifft sowohl für Vergleiche unter kardial vorerkrankten als auch
unter zuvor herzgesunden Populationen zu. Neben weiteren möglichen Hypothesen
zum pathophysiolgischen Mechanismus dieser Beobachtungen rückte in den letzten
Jahren die Hypothese der durch eine Depression verursachten kardialen autonomen
Neuropathie in den Blickpunkt wissenschaftlichen Interesses.
Die hier vorliegende Untersuchung vergleicht die Funktion des kardialen autonomen
Nervensystems zwischen Subgruppen mit einem unterschiedlichen Ausprägungsgrad
einer schweren vitalisierten Depression. Zur Anwendung kam eine autonome
Testbatterie, die unter Berücksichtigung publizierter internationaler Standards
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vergleichbare Untersuchungsergebnisse liefern sollte. Zur Evaluierung der
Herzfrequenzvariabilität (HRV) wurden in drei Untersuchungsabschnitten mittels
computergestützter Transformierung gewonnener elektrokardiographischer Daten
verschiedene Untersuchungsparameter bestimmt.
In der Fünf-Minuten-Ruhe-Untersuchung während freier Atmung wurde eine so
genannte Spektralanalyse durchgeführt, mittels derer verschiedene Frequenzbänder der
HRV voneinander abgegrenzt wurden, die eine quantitative Abschätzung der
parasympathischen Modulation der Herzfrequenz erlauben. Diese wird ebenfalls über
den Deep-Breathing-Test – eine Wiederholung der Messung bei forcierter Respiration –
quantifiziert. Die während eines Valsalva-Manövers gewonnenen und transformierten
EKG-Daten hingegen erlauben eine Aussage über die Balance zwischen sympathischer
und parasympathischer Innervation und deren Störung.
In einem multivarianzanalytischen Ansatz wurde die Wirkung des unabhängigen
Faktors Depression (nicht-depressive Probanden versus leicht depressive versus schwer
depressive Probanden) auf den Valsalva-Quotienten als zentrale Prüfvariable und die
restlichen gemessenen HRV-Indizes als Nebenzielgrößen untersucht.
Depressive Probanden zeigten im Vergleich zu nicht-depressiven Probanden eine
signifikante Erniedrigung des Valsalva-Quotienten als Ausdruck einer verminderten
Herzfrequenzvariabilität. Die beobachtetenVeränderungen der Nebenzielgrößen stellen
deutliche Hinweise für eine verminderte vagale Komponente der HRV und eine
Verschiebung der symathovagalen Balance der HRV zu Gunsten des Symphathikus
dar.
Die beobachteten Veränderungen zeigten Korrelation zum Ausmaß der Schwere der
Depression und ließen sich in der Gruppe der schwerer depressiven Patienten
eindeutiger darstellen. Die Konstellation der Befunde steht in Analogie zu
Untersuchungsergebnissen bei körperlichen Erkrankungen wie z.B. Diabetes mellitus,
die mit einer autonomen Neuropathie vergesellschaftet sind und ein erhöhtes
kardiovaskuläres Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko tragen, dass mit der Schwere der
Einschränkung der HRV korreliert. Somit könnten die erhobenen Befunde einen
möglichen Mechanismus abbilden, der die epidemiologischen Beobachtungen zur
erhöhten kardiovaskulären Morbidität und Mortalität bei Patienten mit Depressionen
mit erklärt.
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