Politische Güter zweiter Ordnung

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Neoliberalismus und Neue
Politische Ökonomie
Peter Weichhart
Institut für Geographie und Regionalforschung
der Universität Wien
Ringvorlesung des HÖZ, TU Cottbus, SS 2006:
„Demokratie, Ökologie und Kapitalismus: Der Zukunft zugewandt“
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Weltverschwörung?
Bei der Betrachtung der Weltlage fällt es schwer,
nicht an Verschwörungstheorien zu denken.
Die gegenwärtig zu beobachtenden Entwicklungspfade der Menschheitsgeschichte erscheinen dermaßen erschreckend und hoffnungslos, dass man
fast geneigt ist, das vorsätzliche Wirken des Bösen
oder irgendwelcher dunkler Mächte zu vermuten.
Dies ist natürlich Unsinn, denn:
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Ausgangsthesen
Die gegenwärtigen globalen Krisensyndrome der Menschheitsentwicklung sind die
Konsequenz der aktuellen Systemrationalität von Ökonomie und Politik, deren
Handlungslogiken schon immer komplementär miteinander verknüpft waren,
sich heute aber geradezu perfekt ergänzen.
Zentrale Steuerungsvorgaben:
Doktrin des Neoliberalismus
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Ausgangsthesen
Der hohe Wirkungsgrad des Neoliberalismus ist damit zu erklären, dass er in besonderem Maße den Erfordernissen der
Politischen Ökonomie entgegenkommt.
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Politische Ökonomie
Unter „Politischer Ökonomie“ verstehe ich einerseits den Prozess der Produktion „politischer Güter“
sowie andererseits jene ökonomischen Theorien,
welche diesen Prozess beschreiben und erklären.
Politische Ökonomie erklärt (unter anderem) den
Nutzen oder Ertrag, welche politische Aktivitäten
für die Herrschenden, also die Politiker selbst,
produzieren.
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Themen und Fragen
• Globalisierung und die Symptome der Krise
• Die „Operation Peso-Shield“ als Beispiel
• Der Neoliberalismus und seine „ethische“ Begründung
• Politische Ökonomie und politische Güter
„zweiter Ordnung“
• Ethik als Problemlösung? Zur lebensweltlichen
„Logik“ ethischer Begründungen
• Governance und Zivilgesellschaft
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Krisensymptome
• Globalisierung – eine Einbahnstraße?
• Entdemokratisierung
• dramatische Zunahme sozialer und räumlicher
Disparitäten
• „Kapitalakkumulation durch Enteignung“
• Privatisierung des Nutzens, Sozialisierung des
Schadens
• Kostenexternalisierung zulasten des Gemeinwohls
• Verschärfung der „Umweltprobleme“
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Globalisierung
„... eine Intensivierung weltweiter sozialer
Beziehungen, durch die entfernte Orte in
solcher Weise miteinander verbunden
werden, dass Ereignisse an einem Ort
durch Vorgänge geprägt werden, die sich
an einem viele Kilometer entfernten Ort
abspielen, und umgekehrt.“
A. GIDDENS, 1995, S. 85
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Globalität versus Globalismus
„GLOBALITÄT“: Leben in der Weltgesellschaft (Diskurs über ein empirisch fassbares Phänomen).
„GLOBALISMUS“: Globalisierung als Ideologie (Diskurs über ein normatives Konzept: Globalisierung als Patentlösung für
Erklärungsansätze und als Handlungsanweisung).
(Nach U. BECK, 1997, S. 27 ff)
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Globalismus
„Mit Globalismus bezeichne ich die Auffassung,
dass der Weltmarkt politisches Handeln verdrängt
oder ersetzt, d.h. die Ideologie der Weltmarktherrschaft, die Ideologie des Neoliberalismus. Sie verfährt monokausal, ökonomistisch, verkürzt die Vieldimensionalität der Globalisierung auf eine, die
wirtschaftliche Dimension, die auch noch linear
gedacht wird …“
Ideologischer Kern des Globalismus: Liquidierung
einer Grunddifferenz der Ersten Moderne, nämlich
jener zwischen Politik und Wirtschaft.
U. BECK, 1997, S. 26
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Einseitigkeiten der Globalisierung
• Nahezu perfekter Abbau aller Beschränkungen
für die Geldwirtschaft
• Weitgehender Abbau von Handelsbeschränkungen
versus unzulängliche Globalisierung von
• Menschenrechten
• Naturschutz
• Minderheitenschutz
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Soziale und räumliche Disparitäten
Fordismus und Sozialstaat:
„generelle Wachstumsmaschine“, Verkoppelung
von Produktivitätsgewinnen der Betriebe mit
Kaufkraftsteigerungen der unselbstständig Beschäftigten, tendenzieller Abbau von Disparitäten
Postfordismus und der „Nachtwächter- und
Suppenküchen-Staat“: Umverteilung von unten
nach oben, „selektive Wachstumsmaschine“, Entkoppelung von Produktivitätssteigerung und Kaufkraft, dramatische Verschärfung von Disparitäten,
„Kapitalakkumulation durch Enteignung“
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Die Triade
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Quelle: P. L. KNOX u. S. A. MARSTON, 2001, S. 599
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Ungleichverteilung der Vermögen
Einkommen und Netto-Vermögen 1998 in Deutschland Verteilung auf 10 Haushaltsgruppen (in 1000 DM)
1200
Haushaltseinkommen pro
Jahr
Nettogeldvermögen
1000
800
NettoImmobilienvermögen
Gesamtnettovermögen
600
400
200
0
-200
1.
2.
Nach N. GELBMANN, 2002
3.
4.
5.
6.
Quelle: H. Creutz 2001, S. 35
7.
8.
9.
10.
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Vermögensdisparitäten in Österreich
Anteile am Gesamtvermögen in Prozent (2002)
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Die "Reichen"
(oberste 1%)
Die "Wohlhabenden"
(oberste 2-10%)
Die untersten 90%
Quelle: Bundesministerium für soziale Sicherheit, 2005, Bericht über die soziale Lage, S. 248
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Einkommensdisparitäten in den USA,
Frankreich und Großbritannien
Quelle:
Task Force on
Inequality and
American Democracy, 2004,
S. 3
www.apsanet.org
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Operation „PESO-SHIELD“
• Dezember 1995: Ankündigung einer Abwertung
der mexikanischen Währung um 15%
• Panikreaktion bei Anlegern (bisher als sicher geltender) mexikanischer Schuldverschreibungen
und Anleihen (Gesamtsumme ca. 50 Mrd. US $)
• Mexikanische Werte wurden in großer Menge auf
den Markt geworfen.
• Der Peso sank innerhalb von 3 Tagen nicht um
15%, sondern um 30%.
• „Operation peso shield“: Kreditgarantie der USRegierung über 40 Mrd. US $.
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Die Krise eskaliert
• Der Peso-Kurs gibt trotz Stützung weiter nach;
Währungen anderer Schwellenländer geraten
unter Druck.
• 30. 1. 96: Dollarreserven Mexikos aufgebraucht,
keine Mehrheit im US-Kongress für Mexiko-Kredit
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Die Rettung
• US-Regierung setzt „Krisenfonds“ (20 Mrd. US $)
ein, der IWF interveniert.
• M. CAMDESSUS (IWF) gewährt ohne weitere
Konsultationen kurzfristig eine weitere Stützung
von 10 Mrd. US $, die BIZ beteiligt sich kurzfristig
an der Rettungsaktion.
• 31. 1. 96: Clinton gibt Stützungszusage über
insgesamt 50 Mrd. US $.
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Die Operation „PESO-SHIELD“ ...
... verhinderte zwar tatsächlich eine schwere
Finanzkrise der Entwicklungs- und Schwellenländer, ...
... bedeutet aber auch den „Freikauf von Anlegern,
die sich verspekuliert haben“ (RIMMER DE VRIES,
Bankhaus Morgan).
… war ein Geschenk der Steuerzahler der Industriestaaten an die Reichen.
Das Risiko der Anleger wurde
von der Allgemeinheit abgedeckt
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Die Operation „PESO-SHIELD“...
… zeigt in aller Deutlichkeit die „neuen Spielregeln“ der postfordistischen Weltwirtschaft auf:
• Die politischen Systeme haben die Aufgabe, mit
Hilfe der Bretton-Woods-Organisationen die
Interessen des internationalen Finanzmarktes
und des Großkapitals zu schützen.
• Entscheidungen von höchster Bedeutung werden
unter Umgehung jeglicher parlamentarischen
Kontrolle von wenigen mächtigen Einzelpersonen
getroffen.
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Die stille
Umverteilung –
das Beispiel
Österreich
Die Lohnquote (Anteil der
Löhne am Volkseinkommen)
ist von 78% im Jahr 1978
auf 63% im Jahr 2003 gesunken; Unternehmen und
Selbständige machen immer
mehr Gewinne und zahlen
immer weniger Steuern.
Quelle: Der Standard, 14./15. 6. 06, S. 24
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„Race to the Bottom“
Die Konkurrenz der Staaten um mobile Faktoren
(Kapital, Betriebe) führt zu einem Wettlauf der
Steuer- und Abgabensenkung.
Unternehmensgewinne und Kapitalerträge werden
immer weniger besteuert, Lohnsteuer und Konsumabgaben (UST) werden – gleichsam als
Kompensation – erhöht.
Dies muss auf längere Sicht zu einer Umverteilung
von „unten“ nach „oben“, zu einer erheblichen
Erosion der Mittelschicht und letztlich zu einer
Einschränkung der Staatstätigkeit führen.
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Neoliberalismus – ein „Umbrella Term“
„Neoliberalismus“ ist heute ein unscharfer Sammelbegriff für verschiedene, zum Teil nicht vergleichbare weltanschauliche, ökonomische und
politische Doktrinen und Theorien, der vor allem
von seinen Gegnern und Kritikern verwendet wird.
Auch der „Ordo-Liberalismus“, die „Soziale Marktwirtschaft“ und die „Ökosoziale Marktwirtschaft“
müssen zur Familie der neoliberalen Doktrinen
gezählt werden.
In einem weiteren Sinne können auch Joseph
STIGLITZ, J. Bradford DeLONG oder Amartya
SEN als „Neoliberale“ bezeichnet werden.
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Neoliberalismus – ein „Umbrella Term“
Eine einheitliche und klar definierbare neoliberale
Theorie lässt sich nicht ausmachen. Wesentliche
Kennzeichen des „real existierenden“ Neoliberalismus sind:
• eine ausgeprägte Bindung an die Neoklassik und den
Monetarismus
• das Bemühen, den Einfluss des Staates zurückzudrängen
und die Kräfte des Marktes zur Geltung kommen zu lassen
• eine ausdrückliche Gegnerschaft zum Keynesianismus
• Vertrauen in die Bretton-Woods-Institutionen (IWF, WTO)
• Glaube an die „Trickle-down-Theorie“ („Rossäpfel-Theorie“)
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„Geburtsfehler“ des Neoliberalismus
Als „Geburtsfehler“ werden axiomatisch gesetzte
Vorentscheidungen bezeichnet, die sich empirisch
als nicht haltbar erweisen oder in der Praxis nur
selektiv angewendet werden.
• Glaube an die „Trickle-down-Theorie“
• Glaube an die Gleichheit und Eigenverantwortlichkeit des Individuums
• Strikte Umsetzung der Doktrin gilt nur für
„die anderen“ (Scheitern der Doha-Runde)
• Wettbewerbsdoktrin versus Monopolbildung
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„Edel sei der Mensch, hilfreich
und gut …“
Die ethische Begründung neoliberaler Politik:
„Freedom is the Almighty‘s gift to every man and
woman in this world … as the greatest power on
earth we have an obligation to help the spread of
freedom“.
G. W. BUSH, 2004
„This official mantra … that the supreme achievement of the
preemptive invasion of Iraq has been to render the country
,free‘ … appears to be a persuasive argument …“
D. HARVEY, 2005, S. 7
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Die Umsetzung der Freiheitsforderung
am Beispiel Irak
BREMER-Dekrete vom 19. 9. 2003:
• full privatization of public enterprises;
• full ownership rights by foreign firms of Iraqi business;
• full repatriation of foreign profits;
• opening of Iraq‘s banks to foreign control;
• elimination of nearly all trade barriers.
„The orders were to apply to all arenas of the economy, including public services, the media (and) … finance. … The
right to unionize and to strike … were strictly circumscribed.“
Verstoß gegen die Genfer und Haager Konvention
D. HARVEY, 2005, S. 7/8
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Die neoliberale Wende: der Staat im
Dienste der Kapitalakkumulation?
„What the US evidently seeks to impose by main force on
Iraq is a full-fledged neo-liberal state apparatus whose
fundamental mission is to facilitate conditions for profitable
capital accumulation.”
„The sorts of measures that Bremer outlined, according to
neo-liberal theory, are both necessary and sufficient for
the creation of wealth and therefore for the improved wellbeing of whole populations.“
Trickle-down-Theorie!
„ The conflation of political freedom with freedom of the
market has long been a cardinal feature of neo-liberal
policy …“
D. HARVEY, 2005, S. 8
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Die Interpretation marxistisch
orientierter Kritiker
Neoliberale Politik führt zu einer neuen Form des
Klassenkampfes, bei der Macht und Reichtum nur
dem obersten Stratum der Population zugeführt wird.
Der Staat spielt dabei eine entscheidende Rolle, weil
er von der besitzenden Klasse und den Institutionen
der Geldwirtschaft mit Hilfe der Mainstream-Ökonomie dazu instrumentalisiert werden konnte, die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
„Accumulation by dispossession“
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Die Interpretation marxistisch
orientierter Kritiker
Diese Interpretation unterstellt, dass neoliberale Politik
absichtsvoll und intentional die Interessen der Finanzwirtschaft und des Großkapitals auf Kosten anderer Segmente
der Ökonomie vertritt.
Gegenthese:
Die gegenwärtige Entwicklung der Weltwirtschaft
ist die nichtintendierte Folge der Bemühungen
des Politiksystems zur Stabilisierung der Ökonomie. Ursache: Systemfehler der neoliberalen
Theorie und die Abhängigkeit der Politik von politischen Gütern zweiter Ordnung.
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„Politische Güter“
„Politische Güter erster Ordnung“:
• Sicherheit
• Ausbildung
• Gesundheitsdienste
• Vollbeschäftigung
• Wirtschaftswachstum
• Rechtssicherheit
•…
Gesellschaftliche Problemlagen, zu deren Lösung Politiker vom Volk durch Wahlen beauftragt werden.
„Wohlfahrt“
„Politische Güter zweiter Ordnung“:
• Wählerstimmen
• Budgetmittel
• Nutzen für das eigene Klientel
•…
Eigennutzen der
Regierenden
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Basistheorem der „Neuen
Politischen Ökonomie“ (NPÖ)
Die NPÖ geht davon aus, dass Regierende,
Bürokratie und Interessenvertretungen in
Wahrheit nicht die allgemeine Wohlfahrt
maximieren wollen, sondern in erster Linie
ihren eigenen Nutzen.
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Produktionspotenziale des Neoliberalismus für politische Güter 2. Ordnung
• Über ethische und ökonomische Begründungen
(Freiheit und Selbstbestimmung für Individuen,
Sparsamkeit, schlanker Staat, Deregulierung,
Bezug auf konservativ-religiöse Werte, …) lassen sich Wählerstimmen maximieren.
• Durch die Produktion von Nutzen für das Klientel
Großkapital und Finanzwirtschaft können Einfluss, Macht und Budgetmittel maximiert werden.
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Ethik als Problemlösung?
Die Suche nach universellen ethischen Prinzipien
zur Bewältigung der globalen Problemlagen erscheint als extrem schwieriges Unterfangen mit
niedriger Erfolgswahrscheinlichkeit.
Begründung:
• Wertepluralismus westlicher Gesellschaftssysteme
• Interessenkonflikt zwischen Arm und Reich
• alltagsweltliche und politische „Logik“ ethischer
Diskurse
• multiple Prinzipal-Agenten-Konflikte
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Ethik, Werte und Handeln – ein
„flexibles“ Verhältnis
• Alltagsweltliche „Logik“:
Akteure verfügen über ein sehr großes und
überaus flexibles Repertoire argumentativer
Bewusstseinsakte, durch die nahezu beliebige Zusammenhänge oder Kausalbeziehungen zwischen Sinnstrukturen und Handlungsfolgen hergestellt werden können.
• Mit ethischen Begründungen lassen sich die
grauenhaftesten Handlungen rechtfertigen (Attentäter vom 11. 9., Baader-Meinhoff, Hexenverbrennungen, Kreuzzüge etc.).
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Governance und Zivilgesellschaft
als Problemlöser?
Bei der Suche nach neuen Formen globaler Steuerung und Ordnungspolitik wird in den letzten Jahren
ausdrücklich auf Global-Governance-Konzepte und
die aktive Beteiligung einer internationalen Zivilgesellschaft verwiesen.
„Governance“ bezeichnet generell das Steuerungs- und Regelungssystem gesellschaftlicher Strukturen und wird als Gegenbegriff zu „Government“ verwendet. Das Konzept geht davon
aus, dass gesellschaftliche Entwicklung nicht nur vom Staat,
sondern auch von der Privatwirtschaft und dem „dritten Sektor“ (Vereine, Interessenvertretungen, NGOs) gesteuert wird.
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Governance und Zivilgesellschaft
als Problemlöser?
Viele Autoren setzen hohe Erwartungen in die
kontrollierende, mäßigende und auf Gerechtigkeit
drängende Kraft des dritten Sektors, der über Governance-Netzwerke auch zur Lösung der vom
Neoliberalismus verursachten Problemlagen beitragen solle.
Tatsächlich konnten NGOs wie Greenpeace, Attac
oder „Gerechtigkeit jetzt!“ zum Teil erstaunliche Erfolge im Kampf gegen Umweltzerstörung und Turbokapitalismus erreichen.
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Der dritte Sektor als alleiniger Problemlöser ist eine vergebliche Hoffnung
Zivilgesellschaftliche Aktivitäten allein werden die
vom real existierenden Neoliberalismus verursachten
Probleme sicher nicht lösen können.
• Eklatante Machtasymmetrie gegenüber Wirtschaft und
Politik
• Die Wirkung einer kritischen Gegenöffentlichkeit ist in
hohem Maße auf die Unterstützung der Medien angewiesen und muss deren Logik berücksichtigen.
• Auch NGOs sind von Finanzmitteln abhängig.
• Zivilgesellschaft ist sowohl in ihren Organisationsformen
als auch in ihren Zielen heterogen; oft elitäre Strukturen
P231DGHNeolib/40
Warten auf einen Wertewandel?
„Der Sinn der (kapitalistischen) Ökonomie liegt
darin, keinen anderen Sinn mehr anzuerkennen
als den, der ihr selbst zugrunde liegt und das bedeutet, alles dem Markt-Code ,Zahlen‘/,Nichtzahlen‘ zu unterwerfen. Die viel beklagte Ökonomisierung aller Lebensbereiche ist nur ein Beispiel für die Durchdringung aller Segmente der
Gesellschaft mit dem Sinnkriterium der Wirtschaft,
das alle anderen Zielsetzungen menschlichen
Handelns außer Kraft setzt.“
Konrad Paul Liessmann, 5. Wiener Karl Kraus Vorlesung
P231DGHNeolib/41
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