Boolesche Zufallsfunktionen Florian Voß Seminar „Simulation und Bildanalyse in Java II“ Universität Ulm, Abteilungen SAI & Stochastik 10.11.2003 1 Inhalt : 1. 2. 3. 4. Motivation Boolesche Zufallsmengen Boolesche Zufallsfunktionen Spezialfälle a) Boolean Islands b) Rocky Deeps 5. Literatur 2 1. Motivation Modellierung und Simulation von Materialstrukturen durch Boolesche Zufallsmengen AAC-Schaum Aluminium-Schaum 3 1. Motivation Modellierung und Simulation von Oberflächen durch Boolesche Zufallsfunktionen Bruchoberfläche von Glasfaser Bild von Elektronenmikroskop (Bsp. Boolean Islands) UO2-Pulver (Bsp. Rocky Deeps) 4 2. Zufällige Mengen Boolesche Zufallsmengen: Seien • • • {xi,iI} ein Poisson-Punktprozess von Keimen in Rd Ai unabhängige Kopien eines zufälligen Primärkorns A0, d.h. unabhängige identischverteilte zufällige Mengen in Rd Dann ist A=iI(xi + Ai) eine Boolesche Zufallsmenge (Boolesches Modell). 5 2. Zufällige Mengen Eine Realisierung eines PoissonProzesses von Keimen in R2 Eine Realisierung einer Booleschen Zufallsmenge in R2 6 2. Zufällige Mengen Eine Realisierung einer Booleschen Zufallsmenge in R3. Das Komplement kann z. B. einen Schaum modellieren. 7 3. Boolesche Zufallsfunktionen Erweiterung der Booleschen Zufallsmenge um eine Dimension 8 3. Boolesche Zufallsfunktionen Eine Realisierung von Boolean Islands Eine Realisierung von Rocky Deeps 9 3. Boolesche Zufallsfunktionen Definition : Seien • • • µn das Lebesgue-Maß auf Rn ein -endliches Maß auf R I ein Poisson-Punktprozess in RnR mit Intensitätsmaß µn(dy)(dt), y Rn, t R. Somit ist die Intensität des Poisson-Prozesses „konstant“ in horizontalen t-Schnitten, daraus folgt horizontale Stationarität. 10 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Sei {*(x, t) | *( . , t): Rn R} eine Familie von unabhängigen oben halbstetigen Zufallsfunktionen mit Parameter t, sodass Xu:={x : *(x, t) u}, -<u<+, f.s. kompakt sind. 11 3. Boolesche Zufallsfunktionen • • Die Boolesche Zufallsfunktion mit dem primären Korn *( . ,t) und Intensität (dt) ist dann wie folgt definiert : (x):=sup{*(y,t)(x,t) | (y,t) I} Dabei werden 1. Die Bezeichnung *(x,t) für Umbra und Funktion verwendet. 2. *(y,t)(x,t) verstanden als Umbra von *(x,t) verschoben um (y,t) 3. *(x, t) primäres Korn (zentriert im Ursprung) genannt. 12 3. Boolesche Zufallsfunktionen Kapazitäts-Funktional : • • Sei B Rn R eine kompakte Menge. Die Wahrscheinlichkeiten Q(B):=P(Bc), dass B die Umbra von nicht schneidet, charakterisieren die Boolesche Funktion . 13 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Für die Formel von Q(B) wird die Bildoperation Dilatation benötigt: AB:={a + b | a A, b B} Dilatation B der Umbra einer Funktion mit dem Kreis B 14 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Dann gilt: Q(B) exp(- (dt ) n [( * ( . , t ) (-B)) t ]) - • • Dabei bezeichnet t die horizontale n-dimensionale Hyperebene in Höhe t. -B={(-x,-t) RnR | (x,t) B} 15 3. Boolesche Zufallsfunktionen Boolesche Funktionen für den Fall =t1+t2 mit verschiedenen Primärkörnern für t = t1 und t = t2 16 3. Boolesche Zufallsfunktionen Eindimensionale Verteilung : • • • Sei B={(0,t)} und qt:=Q({(0,t)}) qt wird die Porosität des Schnittes von in Höhe t genannt. Dann gilt: P( ( x) t ) q t exp(- (du ) n [( * ( . , u)) - t u ]) - 17 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Hieraus folgt außerdem: 0 0 E ( ( x)) m (1 qt )dt qt dt • Der Erwartungswert hängt nicht von x ab, da stationär ist. 18 3. Boolesche Zufallsfunktionen Zweidimensionale Verteilung : • • Sei nun B={(0,t),(h,u)} Dann ist P((0) < t, (h) < u)=Q(B)=Q(h,t,u)= exp - (dv) n ( * ( . , v)) -t ( * ( . , v)) (-h,-u) v - 19 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Die Kovarianz C(h)=E[(0) (h)] – m² kann bestimmt werden durch : E[ (0) (h)] tu dQ(h, t , u ) R2 20 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Das Variogramm 1. Ordnung 1(h)=½E|(0) - (h)| kann bestimmt werden durch : 0 0 1 (h) (qt Q(h, t , t )) dt Q(h, t , t )dt • Denn |(0)-(h)|= (0)+(h)-2inf{(0),(h)}. 21 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Das Variogramm 2. Ordnung 2(h)=½E[((0) - (h))2] kann bestimmt werden durch : 2(h) =C(0) - C(h) 22 3. Boolesche Zufallsfunktionen Teilbarkeit unter Vereinigung • Sei {j}={*j, j(dt)} eine Familie von Booleschen Zufallsfunktionen nummeriert mit jJ, sodass ( R) jJ j Dann ist =sup{j, j J} eine Boolesche Zufallsfunktion. 23 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Sei eine Boolesche Zufallsfunktion in RnR. Dann ist H eine Boolesche Zufallsfunktion für alle Hyperebenen HRn parallel zur t-Achse und eine Boolesche Zufallsmenge für H orthogonal zur t-Achse. 24 3. Boolesche Zufallsfunktionen • Jede Boolesche Zufallsfunktion : Rn R ist unendlich teilbar unter dem sup, d.h. für jedes kN kann geschrieben werden als : =sup{i,i{1,..,k}} wobei i k unabhängige identischverteilte Boolesche Zufallsfunktionen sind. 25 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Definition: • • • Spezialfall, bei dem (dt) ein Diracmaß im Ursprung ist, d.h. (dt)= 0(dt). Der Keim-Prozess I ist dann ein ndimensionaler stationärer PoissonPunktprozess in 0 mit Intensität . O.B.d.A. setzen wir *(x)0 f.s. 26 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Simulation von Boolean Islands mit Kegeln als Primärkörner (Sicht von oben) Realisierung von Boolean Islands 27 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Metallische Oberfläche modelliert durch Boolean Islands (mit Sicht von oben) 28 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Kapazitäts-Funktional : • Sei B eine kompakte Menge. Dann gilt: Q(B) exp( µn [( * ( B) 0 ]) • Falls B um den vertikalen Vektor (0,t) verschoben wird, d.h. Bt=B + (0,t), dann gilt : Q(Bt ) exp( µn [( * ( B)) t ]) 29 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Berechnung verschiedener Kenngrößen • Um Eigenschaften wie z.B. den Erwartungswert des Volumens des primären Korns * zu berechnen, benötigt man folgende Formel : M(B) : log Q(Bt )dt 0 E[ ( * ( B))( x)dx] Rn 30 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Volumen vom Untergraph von * und seinem Träger: • B={0} M({0}) log (q t )dt E[ * ( x)]dx n1 ( *) 0 • Rn Sei nun B das vertikale Segment der Länge dessen höchster Punkt der Ursprung ist. M(B) n1 ( *) n (supp ( *)) 31 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Anzahl von Maximumstellen: • Falls * f.s. nur eine Maximumstelle hat, dann gilt für die spezifische Anzahl von Maximumstellen z, d.h. die durchschnittliche Anzahl von Maximumstellen pro Einheitsvolumen im Rn : z qt G (dt ) • 0 Dabei ist G(t) die Verteilungsfunktion der maximalen Höhe des primären Korns * 32 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Konvexität für Boolean Islands: • • Um Parameter schätzen zu können, benötigt man Annahmen über die Konvexität des Primärkorns. Außerdem kann dann die Oberfläche des Primärkorns berechnet werden. 33 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Steiner-Formel: • in R3 für die Einheitskugel B: 1 2 4 3 v( A B ) v( A) s ( A) d ( A) 2 3 • in R2 für die Einheitskreisscheibe B: a( A B) a( A) u( A) 2 34 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Oberfläche von *: • • Sei der Rand der Umbra glatt genug, um ein Oberflächenmaß s(*) einführen zu können, im Halbraum RnR+. Sei B die Einheitskugel mit dem Mittelpunkt im Ursprung und sei * konvex , dann gilt: | M (B) M ({0}) | 0 s( *) 35 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Annahme über die Konvexität des Trägers von * • Betrifft die Berechnung von . Falls Boolean Islands ist, dann erfüllt Q(B) für die Einheitskugel B0 mit Zentrum in 0 die Gleichung: log Q(B) µn [ Supp( f *) (B)] • Für A=Supp(*) ergibt dies im R2 bzw. R3 ein Polynom vom Grad 2 bzw. 3 in (Steiner-Formel) 36 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands • • Zum Beispiel über Methode der kleinsten Quadrate können die Koeffizienten bestimmt werden und so getestet werden, ob 0 Boolesche Zufallsmenge ist. Außerdem kann aus dem Wert des Koeffizienten höchsten Grades geschätzt werden. 37 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Annahme über die Konvexität der Schnitte: • • Durch das gleiche Vorgehen wie für den Träger kann getestet werden, ob alle horizontalen Schnitte t Boolesche Zufallsmengen sind. So erhält man eine starke Vermutung, dass Boolesche Zufallsfunktion ist. 38 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands • Falls der Schnitt in Höhe t eine Boolesche Zufallsmenge ist mit Intensität t, dann gilt : t (1 G(t )), • wobei G(t) die Verteilungsfunktion der maximalen Höhe von * ist. Hieraus kann G(t) geschätzt werden aus experimentellen Werten von t und . 39 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Supremum von Boolean Islands : • Sei {j,jJ} eine endliche Familie von Boolean Islands mit Keimen in Höhe tj. Dann ist :=supjJ{j} eine BooleanIslands-Funktion mit Keimen in Höhe tmin=minjJ{tj}. 40 4.a) Spezialfälle: Boolean Islands Supremum von 2 Boolean Islands mit Keimen in Höhe t1 bzw. t2 41 4.b) Spezialfälle: Rocky Deeps Definition: • • (dt) = 0, falls t > 0 (dt) = |dt|, falls t 0 * unabhängig von t, d.h. *(x, t) = *(x) für t 0. 42 4.b) Spezialfälle: Rocky Deeps Eine Realisierung von Rocky Deeps 43 4.b) Spezialfälle: Rocky Deeps Simulation von Rocky Deeps (hier das Komplement) 44 4.b) Spezialfälle: Rocky Deeps Kapazitäts-Funktional: • Sei Bh eine kompakte Menge verschoben um den Vektor (0,h). Dann gilt : 0 Q(Bh ) exp{ µn [( * ( B) h ) t ]d (t )} exp{ µn [( * ( B)) h t ]dt} 0 exp{ µn [( * ( B)) u ]du} h 45 4.b) Spezialfälle: Rocky Deeps • Die Ableitung von logQ(Bh) nach h ist : 1 dQ(Bh ) n [( f * ( B)) h ] Q(Bh ) dh • Hieraus kann man die Boolesche Struktur testen und schätzen bei konvexem Primärkorn (Steiner-Formel). 46 4.b) Spezialfälle: Rocky Deeps Supremum von Rocky-Deeps-Funktionen: • • Sei {j,jJ} eine Familie von Rocky Deeps Funktionen mit Top-Level tj[tmin,tmax], wobei [tmin,tmax] ein endliches Intervall ist. Dann ist :=supjJ{j} eine Rocky Deeps Funktion. 47 5. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. J. Serra „Image Analysis and Mathematical Morphology “, Vol. 1 , 1982, Academic Press J. Serra „Image Analysis and Mathematical Morphology “, Vol. 2 , 1988, Academic Press (Kapitel 15) J. Serra „Boolean Random Functions“, Journal of Microscopy, Vol. 156, Pt 1, 1989, S. 41-63 J.M. Chautru „The Use of Boolean Random Functions in Geostatistics“, in M. Armstrong (ed.), Geostatistics, Vol. 1, 1989, Kluwer, S. 201-212 C. Lantuejoul „Geostatistical Simulation : Models and Algorithms“, 2002, Springer, S. 171-175 48