12- Morphologie

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Einführung in die Germanistische Sprachwissenschaft
Wortarten und Morphologie
im Deutschen
Graefen 2009
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Wortarten
Traditionelle:
Verb
Substantiv
Adjektiv
Artikel
Pronomen
Adverb
Präposition
Konjunktion
Partikel
Numerale
Interjektion
Neue Wortklassen:
Verb
Substantivwort
Adjektiv
Artikelwort
Adverb
Präposition
Konjunktion
Partikel
Modalwort
Negationswort
Satzäquivalent
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Beispiele für neue Wortarten
•
nach Helbig/Buscha-Grammatik:
1.
Substantivwort (anders: Duden-Grammatik)
Er hat vermutlich zu schnell gegessen.
Artikelwort (ebenso: Duden-Grammatik)
Ich habe jedes Wort gehört.
Modalwort (Duden: Satzadverb, Kommentaradverb)
Er hat vermutlich zu schnell gegessen
Satzäquivalent (?)
Hallo! Machen Sie mal die Tür auf!
2.
3.
4.
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Was ist eine Wortart?
• Seit der Antike wird der Wortschatz unter teils semantischen, teils grammatischen Gesichtspunkten eingeteilt,
Einzelwörter werden so klassifiziert (→ Lexikographie).
• Die erste Einteilung (Platon, Aristoteles) war eine
syntaktisch-inhaltliche:
Aussage = onoma + rhema (→ Logik)
• Daraus wurden die Wortarten auf Basis der lateinischen
Grammatik gewonnen. Latein war also das Modell für die
deutsche Wortartenlehre (und viele andere).
• Die Wortarten und die Einteilungskriterien wechselten
sprachgeschichtlich, waren immer wieder neu umstritten;
Seit der Neuzeit gab es kleine Änderungen, Rückbesinnungen und große Änderungsideen.
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Logisch orientierte Satzlehre
RHEMA
ONOMA
Urteil
Substantiv
Verb
Subjekt
Prädikat
Satzgegenstand
Satzaussage
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Morphologie, Teil 1: Flexion
Die Lehre von der Gestalt (griech. morphe) der Wörter,
wobei Form- und Ausdrucksseite verbunden sind. Die
kleinste Einheit ist das Morphem. Lexikalische Morpheme heißen freie Morpheme, grammatische
Morpheme heißen auch gebundene Morpheme.
1. Deutsch ist eine flektierende Sprache. Viele Wörter
haben mehrere Wortformen, die in Stammmorphem
und Flexionsmorphem zerfallen. Beispiel:
bauen
Stamm = bau-, Infinitivmorphem = -en
du baust
Stamm = bau-, Flexionsmorphem –st
(2. Ps. Sing.)
gebaut
Stamm = -bau-, Präfix Partizip = geSuffix Partizip = -t
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Flexion: Die „Beugung“ der Wörter
• Die sog. Hauptwortarten im Deutschen sind
flektierbare Wörter. Grammatische Kategorien
des Substantivs: Genus, Kasus, Numerus
• Das Verb: Tempus, Person, Modus, Aktiv/Passiv
• Das Adjektiv: 3 Genera, Kasus, Numerus, Definitheit vs. Indefinitheit
• Das Personalpronomen und andere Pronomina
entsprechen teilweise Substantiven, teilweise
Adjektiven, oder sie sind unflektierbar.
• Adverbien: nur z.T. mit Steigerungsformen
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Die Pluralbildung
• Nomen, Verben, Adjektive und Pronomina können im
Prinzip Pluralformen bilden. Bsp. für Morpheme:
• Haus, Häuser
Morphem –er + inneres
Morphem –ä• Tante, Tanten
Morphem: -n (auch: -en)
• Krug, Krüge
Morphem: -e + inneres M. –ü• Wagen, Wagen
sog. Nullmorphem
• Baby, Babys
Morphem –s (Fremdwörter!)
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Die Morphologie, Teil 2
Deutsch ist eine Sprache mit einem ausgebauten
System der Wortbildung (Komposition und Ableitung).
Daher: Viele Wörter haben „Verwandte“, mit denen sie
eine Wortfamilie bilden. Auch dabei ist das Stammmorphem Erkennungsmerkmal. Bsp. Gebäude:
Umbau:
Stamm = bau-, Präfix = umGebäude:
Stamm = bau-, Präfix = Ge-, Suffix = -de
+ inneres Morphem (Ersetzungsmorphem)
=a→ä
Weiteres Beispiel: das Verb tragen und Ableitungen davon:
Verben: tragen, vertragen, abtragen, betragen...
Nomen: Trage, Übertragung, Träger, Vortrag...
Adjektive: erträglich, unerträglich, tragbar …
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Morphemtypen
freie lexikalische Morpheme Grundformen: schön, an,
(auch grammatische)
bald, gehen, Wald, und
gebundene lexikalische
Wortformen (im Text): geh- in
Morpheme
geht, Wald in Wäld-er
gebundene grammatische
Morpheme
-et in: Öffnet die Tür!
-st in: du kommst
Wortbildungsmorpheme
-ung in Hoffnung
-reich in glorreich
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Mehrdeutigkeit von Morphemen
• Flektierende Sprachen haben oft mehrdeutige
Morpheme, Beispiel –en
den bekannten Dichter
die bekannten Dichter
den bekannten Dichtern
des bekannten Dichters
Dieses Morphem ist die sog. „schwache“
Adjektivendung, grammatisch und phonetisch
unspezifisch.
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Übersicht: Flexionsarten und Morphemtypen
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Sprachtypen nach Humboldt
• 1) flektierender Typus
(Deutsch, Griechisch, Latein)
2) isolierender Typus
(Chinesisch, partiell auch Englisch)
3) agglutinierender Typus
(z.B. Ungarisch, Türkisch, Japanisch)
4) klassifizierender Typus
(z.B. Bantusprachen Afrikas)
5) inkorporierender Typus
(z.B. nordamerikanische Indianersprachen, Grönländisch)
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Bsp. für agglutinierende Wortbildung
Aus dem Türkischen: evimde („in meinem Haus“):
Ev
-
Haus
im
-
mein
de
in
Ungarisch: társaságomban („in meiner Gesellschaft“):
tars
-
Gesell(e)
asag -
om-
ban
schaft
Poss.pron.
1. Person
Dativ
+ Ortsbestimmung
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Komposition, Kompositabildung
•
1.
Sehr viele Wörter können für veränderte Gebrauchsziele „umfunktioniert“ oder mit anderen zusammengesetzt werden.
Konversion (Nullableitung, Umsetzung in andere
Wortart)
rufen
(das) Rufen
Salz
salzen
jetzt, hier
im Hier und Jetzt leben
Suchen Sie weitere Beispiele!
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Das Determinativkompositum
• Bei dieser Wortbildung (die häufigste Art der
Zusammensetzung im Deutschen!) entsteht ein
besonderes semantisches Verhältnis:
• Bestimmungswort →
Grundwort
Determinativ
→ Basis
• Beispielausdruck: Spielzeug
• Semantisch: ein „Zeug“, das zum Spielen
benutzt wird, also: „spiel“ determiniert „zeug“
(Eingrenzung des allgemeinen Ausdrucks)
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Andere Zusammensetzungen
Das sog. Kopulativkompositum ist eine meist
lockere Komposition, bei der das erste Glied
nicht das zweite bestimmt (Gleichrangigkeit der
Merkmale, sie gelten beide):
• schwarzrot, schwarz-rot-goldenes Tuch
• süßsaure Sauce
Übergang zu Wortgruppenlexem (lockere
Verbindung mit Bindestrich):
• Peter-Lang-Verlag, Euro-Dollar-Verhältnis
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Das Nomen agentis
Dieser Nomentyp ist ein grundlegender Wortbildungstypus:
eine Verbableitung, deren Resultat eine Personenbezeichnung ist (der Handelnde)
arbeiten →
rufen →
der Arbeiter
der Rufer (Stamm + Morphem –er)
Variante: das Nomen instrumenti: Rasierer, Staubsauger
Man spricht dann von einer deverbalen Ableitung.
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Literaturhinweis
• Graefen, Gabriele/ Liedke, Martina (2008):
Germanistische Sprachwissenschaft. Deutsch als Erst-,
Zweit- oder Fremdsprache. Tübingen: Francke/UTB,
Kap. 4
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