GELENA GELENA-IÖW-Workshop “Unternehmen: Teilhabe an einer nachhaltigen Gesellschaft” Berlin, 16-17. März 2006 Dancers of Change? Unternehmen im Governance Process der Nachhaltigkeit Bernd Siebenhüner Übersicht 1. Veränderungen im Verhältnis zwischen Staat und Unternehmen 2. Unternehmen im „Dance of Change“ 3. Politikoptionen 4. Schlussfolgerungen Rolle der Unternehmen? Gewinnmaximierer? Verantwortliche gesellschaftliche Akteure? Politische Akteure? Innovationsmotor oder Reformgegner? Akteurskonstellationen in der Umweltpolitik (n. Jänicke/Weidner 1997) Phase 1 (1969-73): Verteilung Staat Industrie Erfahrungen mit der Ordnungspolitik in der bisherigen Umweltpolitik Vollzugsdefizite Grenzwertproblematik Nachsorgender Ansatz Hohe Kosten und Ineffizienzen Aber: relativ erfolgreich Akteurskonstellationen in der Umweltpolitik (2) (n. Jänicke/Weidner 1997) Phase 2 (1974-82): Verteilung plus End-of-Pipe Industrie Staat Umweltverbände Akteurskonstellationen in der Umweltpolitik (3)(n. Jänicke/Weidner 1997) Phase 3 (1983-87): Intensive Nutzung von End-of-Pipe Industrie Staat Umweltverbände Medien Akteurskonstellationen in der Umweltpolitik (4)(n. Jänicke/Weidner 1997) Phase 4 (1988-98): Ökologische Modernisierung Staat Umweltverbände Medien Industrie UmweltpionierUnternehmen Akteurskonstellationen in der Umweltpolitik (5) Phase 5 (seit 1998): Internationalisierung UN Staat Umweltverbände Medien EU Industrie PionierUnternehmen Veränderungen im Verhältnis Staat und Unternehmen (1) Neue Akteure gestalten Politik mit: NGOs Medien Wissenschaft Unternehmen Gewerkschaften „Governance without government“ (J. Rosenau et al. 1992) Veränderungen im Verhältnis Staat und Unternehmen (2) Neue Mechanismen: Ökonomische Instrumente Aushandlungsmodelle Dialogforen Private Standardsetzung Freiwillige Selbstverpflichtungen und Berichterstattung Reflexive Steuerungsmodelle Public-Private Partnerships Schwächerer Staat The World Commission on the Social Dimension of Globalization Internationaler Standortwettbewerb führt zu sinkenden Unternehmenssteuern Durschnittliche Steuersätze in % 40,0 39,0 37,9 38,0 36,8 37,6 36,0 36,0 35,3 36,4 35,6 33,7 34,8 34,0 32,5 34,0 31,8 33,0 32,0 31,4 30,0 30,9 29,4 29,0 28,0 1996 1997 1998 1999 2000 EU-Mitgliedstaaten 2001 2002 2003 2004 OECD-Mitgliedstaaten Quelle: KPMG. Zwischenfazit Unternehmen gewinnen an Gestaltungsmacht gegenüber dem Staat Unternehmen agieren zunehmend als politische Akteure im Rahmen verschiedener neuer Mechanismen Internationalisierung der Unternehmensaktivitäten Gewachsene Herausforderungen und Verantwortung der Unternehmen (Re-)Aktionen von Unternehmen Betrieblicher Umweltschutz und ökologische Produkte Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagementsysteme Umwelt-, Sozial- und Nachhaltigkeitsberichterstattung Corporate Social Responsibility Sponsoring Ethisches Investment „Dance of Change“ – Unsere Ergebnisse (1) GELENA-Untersuchung: Wie und warum entstehen nachhaltigkeitsorientierte Lernprozesse in Unternehmen? Empirische Untersuchung bei 6 Unternehmen in Deutschland: Prozess Ergebnisse Inkrementelle Veränderungen Radikale Veränderungen Single-loop Learning Lufthansa Double-loop Learning Fujitsu-Siemens, Philips Gundlach, Üstra, LUWOGE „Dance of Change“ – Unsere Ergebnisse (2) Beobachtete Veränderungen: Nachhaltigkeitsberichte, NachhaltigkeitsInformationssysteme Neue Produkte, z.B. 3-Liter-Haus, ErdgasBusse, Green-PC Einrichtung von Nachhaltigkeitsabteilungen/zuständigkeiten v.a. in Großunternehmen Beteiligung am Global Compact, Dow Jones Sustainability Index Ergebnisse: Strukturvariablen Größe zentral für Reichweite der Veränderungen Job rotation und Personalstruktur spielten kaum eine Rolle Einsatz unterschiedlicher Lernmechanismen: LUWOGE: Zielorientierter Lernmechanismus Gundlach: formale Kommunikation (Handbuch, Schulungen), Top-down Diffusion neuen Wissens Fujitsu-Siemens: klar strukturierter F&E Prozess, der Lernund Innovationsprozesse antreibt Philips: Projektarbeit und Ressourcen für Lernprozesse Lufthansa: Leitlinien-orientierte Lernprozesse Üstra: Flexible Organisationsstruktur, selbstorganisierte Arbeitsgruppen Ergebnisse: Kulturvariablen Großunternehmen: „Good German Corporate Governance“: Stakeholder Anforderungen zentral Angst vor Reputationsverlust Ausgebaute (Nachhaltigkeits-)Berichterstattung KMU: Unternehmensleitung zentral für die „Nachhaltigkeitskultur“ Konflikte v.a. zwischen Anforderungen des Marktes und den internen Nachhaltigkeitszielen Ergebnisse: Verhaltensvariablen Change agents in allen Fällen zentral, v.a. bei partizipativem Stil der Entscheidungsfindung KMUs: Change Agents in Management Positionen Großunternehmen: Change agents v.a. in den Nachhaltigkeits- oder F&E Abteilungen (FujitsuSiemens, Philips) Ergebnisse: Externe Faktoren Stakeholder Forderungen bei Großunternehmen zentral (Lufthansa, Philips) (Absatz-)Märkte hemmen häufig das Nachhaltigkeitsengagement Externe Forschungseinrichtungen (Universitäten, Fraunhofer Institute) förderlich (Fujitsu-Siemens, Philips) Gesetzliche Veränderungen teilweise unterstützend Politikoptionen Bildung und Ausbildung Differenzierte Anreizgestaltung („Zuckerbrot und Peitsche“, „Lenken statt Steuern“) Einbindung gesellschaftlicher Gruppen und der Öffentlichkeit (auch zum Monitoring, PPPs) Internationale Kooperation (Einbeziehung und Stärkung der europäischen und internationalen Politikebenen) Freiwillige Verpflichtungen zu Langfriststrategien mit quantitativen Zielformulierungen Schlussfolgerungen: Forschungsbedarfe (1) Veränderungen des Verhältnisses zwischen Unternehmen, Staat und zivilgesellschaftlichen Akteuren genauer zu analysieren und zu quantifizieren: Zahl der im Governance-Prozess der Nachhaltigkeit beteiligten Akteure? Wie und warum funktionieren neue Governance-Mechanismen? Wie kann Internationalisierung politischer Regelmechanismen der ökonomischen Globalisierung entgegentreten? Schlussfolgerungen: Forschungsbedarfe (2) Wie, wann und warum reagieren Unternehmen in der Breite und Tiefe auf die veränderten Rahmenbedingungen? Welche innovativen Lösungen zur Gestaltung des Governance Prozesses können sinnvoll sein? Schlussfolgerungen (2) Staatliche Rahmenbedingungen für nachhaltige Unternehmenspolitik erfordern reflexiven Ansatz Neue Instrumenten-Mixe in der Politik gefordert Engagement in freiwilligen CSR-Codes Monitoring-Systeme für Codes Stärkung der zivilgesellschaftlichen Kontrolle Verpflichtung von Unternehmen auf Nachhaltigkeitsziele Engagement in und für Private-Public-Partnerships Flexible Gestaltung des ordnungsrechtlichen Rahmens Zivilgesellschaft ist zum entscheidenden Akteur geworden Instrumenten- und Politikdebatte in der Ökologischen Ökonomie gefordert Vielen Dank!