Wirtschaftsgeographie: Die Räumlichkeit der Wirtschaft 290174 VU © Peter Weichhart 3 Std., 4 ECTS-Punkte Dienstag 12.15 -14.45; Hs. II (NIG) , Kapitel 29.01; 29.05 Modul 01/01 Das „Wirtschaftssystem“ und die Wirtschaftsgeographie SS2009 EWigg01/01 Das „Wirtschaftssystem“ ... ... ist eine Abstraktion, die einen bestimmten Teilaspekt der Realität aus übergeordneten Zusammenhängen herauslöst und nur aus Gründen einer gedanklichen Ordnung als selbständigen Bereich der Lebenswirklichkeit ansieht. EWigg01/02 Ökonomie: Lehre/Wissenschaft von der Haushaltsführung EWigg01/03 Wissenschaftliche Zugänge zum Phänomen „Wirtschaft“ Betriebswirtschaftslehre ? Überwiegend empirisch orientiert ? Wirtschaftssoziologie Soziologie Volkswirtschaftslehre Normative Wirtschaftsrecht ? Komponenten ? WIRTSCHAFTLICHE PHÄNOMENE ? Wirtschaftsgeographie Geographie ? ? Wirtschaftspsychologie Psychologie Politologie etc. andere EWigg01/04 Die Stellung der Wirtschaftsgeographie im „traditionellen System“ der Geographie Physische Geographie Verkehrsgeographie Siedlungsgeographie Tiergeographie Hydrogeographie Klimageographie Sozialgeographie Humangeographie Geofaktorenlehren der Allgemeinen Geographie Nach H. BOBEK, 1957 EWigg01/05 „Schubladengeographien“ EWigg01/06 Meilensteine in der Entwicklung der Wirtschaftsgeographie 1900 RÜHL BARTELS 1950 2000 Ausdifferenzierung als eigenständige Teildisziplin der Allgemeinen Geographie Wirtschaftsgeographie als immanentes Problemfeld der Geographie; Produktenkunde, deterministische Kausalmodelle „homo deterministicus“ Integration zur "Wirtschaftsund Sozialgeographie" „homo oeconomicus“ „homo intentionalis“ EWigg01/07 Die „vorparadigmatische“ Phase der Wirtschaftsgeographie • „Produktenkunde“ Welche Bodenschätze gibt es wo, in welcher Menge, was wird wo angebaut, was wird wo produziert, abgesetzt, wo werden welche Produkte konsumiert ..., wie sehen die Handelsbeziehungen aus ... • Geodeterministische Erklärungsmodelle Kausale Erklärungsansätze, welche wirtschaftliche Phänomene überwiegend und deterministisch auf Naturphänomene zurückführen. EWigg01/08 Phase 2: Wirtschaftsgeographie als eigenständige Teildisziplin „Gründerväter“ und wichtige Vertreter: Alfred RÜHL, Leo WAIBEL, Wilhelm CREDNER, Rudolf LÜTGENS, Erwin SCHEU, Erich OBST, Theodor KRAUS, Hans SCHREPFER, Erich OTREMBA, Ernst WEIGT Literaturtipp: E. WIRTH, Hrsg., 1969, Wirtschaftsgeographie. EWigg01/09 Die Situation um 1918: Diagnose und Therapie nach A. RÜHL • Fachlicher Rückstand der Anthropogeographie müsse aufgeholt werden; • Wirtschaftsgeographie werde in Zunkunft besondere Bedeutung erlangen: Ausdehnung der Auslandsstudien (Kolonialmächte); • Ziel der zeitgenössischen Wirtschaftsgeographie: Produktions-, Handels- und Verkehrsverhältnisse schildern und durch geographische Faktoren erklären. EWigg01/10 Die Situation um 1918: Diagnose und Therapie nach A. RÜHL • Voraussetzung für eine Konzeption der Wirtschaftsgeographie als eigenständige Wissenschaft: Vorgabe eines bestimmten Erkenntnisstoffes. Qualitative wie quantitative örtliche Verschiedenheit der Produktion, des Handels und des Konsums. Aufgabe: Feststellung und kausale Erforschung EWigg01/11 Die zentrale Problemstellung der Wirtschaftsgeographie Kausale Erklärung der räumlichen Unterschiede wirtschaftlicher Phänomene Warum weichen die Verteilungsmuster von einer Zufallsverteilung ab? EWigg01/12 Zwei Arten der Betrachtung Untersuchung eines abgegrenzten Erdraumes hinsichtlich wirtschaftlicher Phänomene Untersuchung einer wirtschaftlichen Erscheinung in ihrer Verteilung über die gesamte Erde Regionale Wirtschaftsgeographie Allgemeine Wirtschaftsgeographie Begriffe, Methoden EWigg01/13 Der dringendste Erneuerungsbedarf: Die Beschränkung auf die Beziehungen der wirtschaftlichen Tatsachen zu den natürlichen Faktoren ist aufzugeben. A. RÜHL, 1918, S. 300 EWigg01/14 A. RÜHL: methodische und konzeptionelle Innovationen • Thematisierung der Standortfrage: Suche nach den Bedingungsfaktoren für die Lokalisierung von Wirtschaftsprozessen • Thematisierung der Einflüsse des Sozialund Kultursystems auf die räumliche Differenzierung der Wirtschaft • Beachtung von Innovation und Diffusion • Berücksichtigung der emotionalen und motivationalen Hintergründe der Wirtschaft EWigg01/15 „Raum“-Konzepte der klassischen Wirtschaftsgeographie I Wirtschaftslandschaft (R. LÜTGENS): ...vom Menschen umgestalteter Naturraum, in dem sich das Wirkungsgefüge aller wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erscheinungen „landschaftlich“ äußert. Räumliche Ordnung als Ergebnis funktionaler Erfordernisse des Produktionsprozesses EWigg01/16 „Raum“-Konzepte der klassischen Wirtschaftsgeographie II Wirtschaftsformation (Leo WAIBEL) ... räumlich differenzierter und differenzierender Funktionalzusammenhang zwischen Produktionsfaktoren (Boden, Klima, Nährstoffe, ... Arbeit, Kapital, Vermarktung, Betriebsform ...) Wirtschaftslandschaft, die einer einheitlichen Wirtschaftsform (z. B. Hackbau) entspricht EWigg01/17 „Raum“-Konzepte der klassischen Wirtschaftsgeographie III Wirtschaftsraum (Theodor KRAUS) ... ein bestimmter Teilausschnitt der Erdoberfläche, der durch bestimmte wirtschaftliche Strukturmerkmale und funktionale Verflechtungen gekennzeichnet ist und sich durch seine individuelle Struktur von den ihn umgebenden Wirtschaftsräumen abhebt. Komplexe „Raumindividuen“ EWigg01/18 Die „Landschaftsorientierung“ der klassischen Wirtschaftsgeographie Ökonomische Phänomene und Prozesse werden (typologisch oder individualisierend) als „Raumeinheiten“ gedeutet. Aus heutiger Sicht sind die mit dem Landschaftskonzept verknüpften Raummodelle der klassischen Wirtschaftsgeographie als weitgehend bedeutungslos anzusehen. EWigg01/19