Temperatur und Wärme Seminar: Fachdidaktik der Physik WS 2006/2007 23.10.2006 Katharina Putzer Grundlegende Begriffe der Wärmelehre 1. Temperatur 2. Thermometer – Temperaturmessung Einschub: Anomalien des Wassers 3. Temperaturskalen 4. Wärme 5. Teilchenmodell der Materie 6. Begriffsdefinition: Wärme – Temperatur in der Schule 7. Unsere Haut – ein geeignetes Messinstrument? 1.Temperatur Heute: 2 Begriffe: -Temperatur -Wärmemenge Historische Entwicklung: 14.Jhd.: Grade von Intensitäten („Quantitas“, und „Intensio“) z.B: Flamme ist heißer als Glühendes Metall, enthält aber weniger Wärme Temperatur: Größe, die den Wärmezustand eines Körpers beschreibt (heiß, kalt...) Die Temperatur ist eine Intensitätsgröße. Wärmemenge: Größe, welche die Menge der Energie beschreibt, die z.B. auf einen Körper übergegangen ist. Die Wärmemenge ist eine Quantitätsgröße. Menschliches Wärmeempfinden ist unzuverlässig zur Temperaturbestimmung (subjektive Wärmeempfindung)! Objektive Methoden zur Temperaturmessung? -> Nutze die Ausdehnung von Gasen und Flüssigkeiten bei Erwärmung. 2.Thermometer Bsp. für historische Thermometer: 1. Philon aus Byzanz (3.Jhd. v. Christus) 2. Heron aus Alexandria (Bald nach Christi Geburt) 3. und 4. in Italien im 16. Jhd. gebräuchliche Thermometer 5. „Magdeburgisches“ Thermometer v. Guericke Hauptfehler; vom Druck der äußeren Luft abhängig • Galilei: Thermoskop • Das sogenannte Thermoskop besteht aus einem luftgefüllten Glaskolben A mit angesetzter Glasröhre B. Diese Röhre taucht mit ihrem offenen Ende in ein mit gefärbtem Wasser gefülltes Vorratsgefäß C. Erwärmt sich die Luft im Glaskolben, so dehnt sich diese aus und drückt die Wassersäule in der Glasröhre nach unten. Die Höhe des Wasserpegels wird zur Temperaturanzeige herangezogen. Einschub: Dichteanomalie von Wasser Volumenausdehnung von Wasser bei Abkühlung von ca. 14°C auf 0°C. • Das Wasser wird so eingefüllt, dass sich keine Luftblasen mehr im Kolben befinden. Die Temperatur des Wassers sollte nicht über 14°C sein. Der Wasserpegel sollte möglichst weit oben im Steigrohr sein. Die Wassertemperatur im Kolben kann mit einem Thermoelement gemessen werden. • Der Kolben wird in eine Kältemischung aus Eis, Wasser und Salz gestellt. • Mit dem Magnetrührer wird das Magnetsteinchen in Rotation versetzt. • Nun wird die Steighöhe h(J) in Abhängigkeit von der Temperatur J während der Abkühlphase gemessen. Ergebnis in J – h(J) Diagramm J in [°C ] 14,0 13,0 12,0 11,0 10,0 09,0 08,0 07,0 h(J) in [mm] 16,7 14,7 12,7 10,9 09,0 08,0 07,0 06,3 J in [°C] 06,0 05,0 04,6 04,0 03,2 02,0 01,0 00,6 h(J) in [mm] 05,8 05,4 05,2 05,1 05,2 05,7 06,4 06,7 Wichtige Folge der Dichteanomalie • Definition Urkilogramm = Gewicht von 1l Wasser bei 4°C • Die unregelmäßige Wärmeausdehnung von Wasser mit dem Dichtemaximum bei 4°C ist die Ursache dafür, dass tiefere Seen auch im strengen Winter nicht auf den Grund zufrieren und so das Überleben der Fische gesichert ist. • Die folgende Animation stellt stark vergröbert die Schichtungen im Wasser dar, die sich bei allmählicher Abkühlung der Luft einstellt. Die Ursache dieser Schichtung ist der unterschiedliche Auftrieb der verschieden dichten Flüssigkeitsbereiche. Zweifache Wasseranomalie Neben dem Dichtemaximum bei 4°C wird oft auch die Tatsache als Anomalie bezeichnet, dass beim Übergang vom flüssigen (Wasser) in den festen Zustand (Eis) die Dichte sprunghaft abnimmt. • Das folgende Bild zeigt links einen Eiswürfel in Wasser und rechts eine Kerze in flüssigem Kerzenwachs. • Was kann man über die Änderung der Dichte in beiden Fällen aussagen, wenn man vom flüssigen in den festen Zustand übergeht? Wieder zurück zu den Thermometern • In Florenz beschäftigte sich die dortige Akademie Mitte des 17. Jahrhunderts mit der Konstruktion von Thermometern. z.T. sehr kunstvolle, aber etwas unhandliche Thermometer mit Vorratsgefäß und langem (abgeschlossenen!) Steigrohr. – Gegensatz zu Galilei • Füllung: Weingeist (im Allgemeinen). Auch Quecksilber diente schon als Thermometerflüssigkeit, da es die günstige Eigenschaft hat, bei tiefen Wintertemperaturen und hohen Sommertemperaturen flüssig zu sein. • Es erwies sich als besonders schwierig, die Anzeigen der verschiedenen Thermometer in Einklang zu bringen, da noch keine allgemein anerkannte Temperaturskala existierte. (Bei manchen wurden die langen Steigröhren gewunden, um kleinere Baulängen zu erreichen) • „Abschluss“ der technischen Entwicklung: D.G.Fahrenheit (Danzig 1710) Alkohol- und Quecksilberthermometer • Temperaturskalen: zunächst Laboreigene – Alkohol und Quecksilber liefern nicht gleiche Unterteilung -> einheitliche Skala? Vollständige Erklärung des Temperaturbegriffes erst im 19.Jhd. Messung der Temperatur aber schon früher möglich – intuitive Handhabung 3.Temperaturskalen • Einheitliche Skala:= definiert durch Substanz und zwei Fixpunkte (Vorschläge: Spezielle Kältemischung, tiefste Temperatur in Florenz, Temperatur in einem Tiefen Keller, Schmelztemperatur des Eises, Bluttemperatur, Siedepunkt des Wassers) • 1715 David Fahrenheit (Danziger Glasbläser) Quecksilberthermometer mit übereinstimmender Skala (großer Fortschritt!). Er übernahm eine Temperaturskala (die später nach ihm benannt wurde). -> wird in Amerika heute noch benutzt! • Fahrenheitskala: 1. Nullpunkt = tiefste Temperatur des strengen Winters von 1709, später durch eine bestimmte Mischung aus Eis, festem Salmiak und Wasser wieder herstellbar. Mit der Wahl dieses Nullpunktes hoffte Fahrenheit negative Temperaturen vermeiden zu können. 2. zweiter "Fixpunkt" = eigene Körpertemperatur (von Fahrenheit), der er willkürlich die Zahl 100 zuordnete. Einführung der Kelvinskala in der Schule Gase dehnen sich bei Erwärmung von 0°C auf 100°C um ca. 1/3 ihres Volumens linear aus , beim Abkühlen verlieren sie an Volumen (Experiment). Volumen = Null (theoretisch) bei -273,15°C Tiefste mögliche Temperatur:=-273,15°C Kelvinskala: 0°K=-273,15°C, 0°C=273,15°K Vorteile: Viele Formeln werden einfacher. Die Temperatur hängt auf einfache Weise mit der Teilchenbewegung zusammen Nachteil: Vertraute Temperaturangaben in [°C] müssen vor dem Einsetzen in eine Formel in [°K] umgerechnet werden. Reámur 1730:Verwendet Wasser für Fixpunktbestimmung Eispunkt:=1000°, Kochpunkt:=1080° Weingeist, später Quecksilber • 1742 Anders Celsius (schwedischer Astronom) ersetzt Fahrenheit - Skala durch eine besser zu handhabende Skala („Celsiusskala“) zwei Fixpunkte (weltweit gut reproduzierbar!) - Die Schmelztemperatur des Eises soll 0°C sein. - Die Siedetemperatur des Wasser soll 100°C sein • Hinweis: Temperaturen sind Luftdruckabhängig!, vorerst vernachlässigt, später Druck=1,013 [bar]. Abstand der beiden Marken bei einem Thermometer := Fundamentalabstand. Er wird in 100 gleiche Teile geteilt, einem Teilabschnitt ordnet man die Temperaturdifferenz 1°C zu. Celsiusskala in der Schule •Celsius 1740: Eispunkt:=100°, Kochpunkt:=0° (Skala später umgedreht) Definition der Celsiusskala: °Kelvin - °Celsius Celsius - Fahrenheit Siedepunkt Wasser = 212°F Schmelzpunkt Wasser = 32°F. 100°F entspricht etwa der Körpertemperatur des Menschen. Verschiedene Temperaturen 4.Wärme: • Wärme (auch Wärmemenge) ist eine physikalische Größe. Beschreibung: mikroskopisch durch die Kinetische Theorie makroskopisch durch die Thermodynamik • Wärme in der Thermodynamik ist über eine Systemgrenze hinweg transportierte thermische Energie. - tritt als Prozessgröße nur beim Vorliegen eines Temperaturgradienten auf. • Physikalische Größe Wärme ist wie Arbeit an Transportvorgänge gebunden und daher eine Prozessgröße, im Gegensatz zu einer Zustandsgröße. • Dabei wird thermische Energie aufgrund des zweiten Hauptsatz der Thermodynamik immer vom System mit der höheren Temperatur in Richtung des Systems mit der geringeren Temperatur übertragen. Dies gilt, solange eine Temperaturdifferenz zwischen zwei thermisch gekoppelten Systemen besteht. • Die übertragene Wärme Q ist meist mit einer Temperaturänderung dT verbunden. • Als thermodynamische Größe ist die Wärme eindeutig über den ersten Hauptsatz der Thermodynamik definiert. 5.Teilchenmodell der Materie Antike: Aristoteles; Demokrit und Leukipp: Die Teilbarkeit der Materie hat Grenzen, es gibt kleinste Teilchen (atomos…unteilbar) Moderne: Atome, Moleküle Teilchenmodell: Jedes System besteht aus kleinsten Teilchen, die durch mechanische Größen beschrieben werden. Wärmelehre: Beschreibt Zusammenhänge zwischen den Zustandsgrößen des Systems und den mechanischen Größen der Teilchen. mechanischen Größen der einzelnen Teilchen nicht messbar -> verwende statistische Methoden. 6.Schule: Wärme - Temperatur Einfache Begriffsdefinition: • Was ist Temperatur? Temperatur ist ein Maß für die mittlere kinetische Energie Teilchen. d.h: bei gleicher Temperatur sind schwere Teilchen langsamer als leichte! Da Teilchen bei Zusammenstößen kinetische Energie austauschen , gleichen sich Temperaturunterschiede zwischen zwei Körpern von alleine aus. • Was ist Wärme? Wärme ist Energie, die infolge eines Temperaturunterschiedes von einem heißen Körper auf einen kalten Körper übertragen wird. Temperatur Zustandsgröße Kann jedem ausgedehnten Körper zugeordnet werden! T ~ <Ekin> Temperatur ist ein Maß für die mittlere quadratische Geschwindigkeit der Atome/Moleküle/ Teilchen eines Körpers Wärme (Wärmemenge) Form von Energie, die in einem Körper gespeichert wird. Q = m·c·DT Wärme ist Wärmeenergie; die aufgenommene Wärmemenge ist ein Maß für die Temperaturänderung eines Körpers. Direkter Zusammenhang: • Wärmemenge ~ Temperaturzunahme (bzw. -abnahme) • c – materialabhängige Proportionalitätskonstante („Wärmeaufnahmefähigkeit“=: spezifische Wärmekapazität) 2 E T kin 3 k • Die Temperatur kann also analog zur mittleren kinetischen Energie der Teilchen verwendet werden Unsere Haut – ein geeignetes Messinstrument? Wärmewahrnehmung durch spezielle Nerven in der Haut; ungefähr 250.000 Kältepunkte = Krauseschen Endkolben ungefähr 30.000 Wärmepunkte = Ruffinsche Spindeln • Die Temperaturempfindlichen Nervenendapparate registrieren Temperaturdifferenzen (weniger Temperaturen). • Menschliches Wärmeempfinden: Innerhalb gewisser Grenzen können Wärmezustände (Temperaturen) von Körpern wahrgenommen und „geordnet“ werden. • Ungenau – für exakte Messung ungeeignet! • Subjektiv – leicht zu täuschen Versuch: Subjektivität des Wärmeempfindens • Taucht man je einen Finger jeder Hand gleichzeitig in Gefäße mit unterschiedlich warmem Wasser und danach beide Finger gleichzeitig in ein Gefäß mit Wasser, dessen Temperatur zwischen den anderen beiden Wassertemperaturen liegt, so lässt sich die Subjektivität des Wärmeempfindens erfahren. • Wir können Temperaturdifferenzen wahrnehmen, nicht aber Temperaturen als solche!