08 Realistische Gruppenkonflikt

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Intergruppenverhalten
Wodurch entsteht
Intergruppenverhalten? Realistische
Konflikte
2012
Überblick
• Was ist das Problem?
• Ethnozentrismus
• Grundannahmen der Theorie des realistischen
Konflikts
• Sherifs Sommerlager
• Interdependenz
• Team Games
Leitfragen
• Was ist das Problem in Beziehungen zwischen
sozialen Gruppen?
• Was sind die strukturellen Voraussetzungen für
Beziehungen zwischen sozialen Gruppen?
• Wie beeinflussen sich Konflikte innerhalb und
zwischen sozialen Gruppen?
Was ist das Problem?
• Vorurteile
Was ist das Problem?
• Soziale Diskriminierung
Worin besteht das Problem?
• Vorurteile, soziale Diskriminierung, sozialer
Ausschluss, Dehumanisierung, Konflikte
zwischen Gruppen sind brisante Phänomene,
die erklärt werden müssen.
• Ethnozentrismus
Ethnozentrismus
• Sumners Definition (1906, S. 12-13):
"... Thus a differentiation arises between ourselves, the
we-group, or in-group, and everybody else, or the
others-group, outgroups. The insiders in a we-group are
in a relation of peace, order, law, government, and
industry, to each other. Their relation to all outsiders,
others-groups, is one of war and plunder, except so far
as agreements have modified it. ...“
Erklärungen
• Wie kann man erklären, wie es zu diesem
Muster kommt?
• Erste Inuitition: Wer so schlimme Dinge macht,
ist wahrscheinlich ein „schlechter Mensch“ (mit
schlechtem Charakter, schlimmer Kindheit, usw.)
 Fundamentaler Attributionsfehler?
Autoritäre Persönlichkeit
Autoritäre Persönlichkeit (Adorno et al., 1950)
• Facetten der autoritären Persönlichkeit
– Autoritäre Submission
– Autoritäre Aggression
– Konventionalismus
• Alternativen: soziale Dominanzorientierung,
Rigidität, need for cognitive closure
Autoritäre Persönlichkeit
Kritik individueller Erklärungsansätze:
• Spezifität von Intergruppenkonflikten
• Rasche Entstehung von Intergruppenkonflikten
• Sozialgeteilte Vorurteile, Diskriminierung und
Konflikte
Realistische Gruppenkonflikt
• Wenn individuelle Ansätze wesentliche Aspekte
von Intergruppenkonflikten nicht erklären
können, was kann es dann?
• Strukturelle Beziehungen zwischen sozialen
Gruppen
• Theorie des realistischen Gruppenkonflikt (RCT)
Grundannahmen der RCT
• Rationale Individuen, die ihren subjektiv
wahrgenommenen Nutzen zu maximieren
suchen.
• Gemeinsame Interessen, Ziele und Ergebnisse
kennzeichnen Individuen, die zu einer Gruppe
zusammengehören.
• Das Verhalten zwischen sozialen Gruppen wird
bestimmt durch die funktionale Beziehung
zwischen den Gruppen (negative und positive
Interdependenz).
Interdependenz
• Negative Interdependenz: Ein realer
Interessenkonflikt verursacht den Konflikt
zwischen sozialen Gruppen und damit
zusammenhängend Feindseligkeit, Abwertung
der anderen Gruppe.
• Positive Interdependenz: Gemeinsame
Interessen (übergeordnete Ziele) führen zu einer
positiven Einstellung der entsprechenden
Outgroup gegenüber oder zumindest zur
Abwesenheit von Feindseligkeit.
Sherifs Sommerlager
Mehrere Untersuchungen
• Robbers Cave ist die bekannteste
• Besondere Stichprobenselektion
• Mehrere Phasen der Untersuchung
Sherifs Sommerlager
Besondere Stichprobenselektion:
• Weiße Kinder
• der amerikanischen Mittelschicht,
• nur Jungen,
• gleiche Religion,
• im Alter zwischen 10 und 12 Jahren.
• Warum diese homogene Stichprobe?
Sherifs Sommerlager
Verschiedene Phasen der Untersuchung:
• Bildung von Freundschaften
• Einteilung der Jungen in zwei Gruppen,
Ausbildung einer Struktur innerhalb der Gruppen
• Wettbewerb zwischen den Gruppen
• Kooperation durch übergeordnete Ziele
Sherifs Sommerlager
Kleinere Untersuchungen innerhalb des
Sommerlagers:
• Bean toss
• Soziogramme
Sherifs Sommerlager
Ergebnisse der Sommerlager Studie
• Interdependenz bestimmt die Beziehung
zwischen sozialen Gruppen
• Negative Interdependenz erhöht die
Identifikation mit der Eigengruppe (IG)
• sowie die Konformität mit der IG und
Gehorsamkeit gegenüber IG Normen und
Regeln
• erhöht positive Einstellungen zur IG und
verstärkt negative Einstellungen gegenüber OG
Hypothesen der RCT
• Ein realer Konflikt von Gruppeninteressen (negative
Interdependenz) verursacht Konflikt zwischen Gruppen.
• Realer Konflikt zwischen Gruppen, offener, aktiver oder
vergangener Intergruppenkonflikt und / oder die
Anwesenheit einer feindlichen, bedrohlichen und
konkurrierenden Outgroup (Nachbarn), welche
insgesamt als "kollektive Bedrohung" bezeichnet werden
können, verursachen die Wahrnehmung von Bedrohung.
• Bedrohung verursacht Feindseligkeit gegenüber den
Quellen der Bedrohung.
Hypothesen der RCT
• Reale Bedrohung verursacht
– Solidarität in der Ingroup.
– eine erhöhte Bedeutung der Identifikation mit der eigenen
Gruppe.
– verfestigte Gruppengrenzen
– Eine erhöhte Bereitschaft für Strafen und die Ausgrenzung von
abtrünnigen Personen.
• Reale Bedrohung erzeugt Ethnozentrismus.
• Allein die Wahrnehmung einer Bedrohung (auch eine
fälschliche) erzeugt all diese Effekte.
Spieltheoretische Überlegungen
Struktur von „Konfliktspielen“
• Mehrere (N) Parteien stehen sich gegenüber.
• Jede Partei hat verschiedene Verhaltensoptionen.
• Jede Partei hat eine definierte Präferenzstruktur, die
angibt welchen Wert (Nutzen) ihre Verhaltensoptionen
für sie haben.
• Der Wert einer Verhaltensoption hängt zu einem
gewissen Grad von den Verhaltensentscheidungen der
anderen Parteien ab.
Spieltheoretische Überlegungen
• Im folgenden beschränken wir uns auf 2
Personen 2 Verhaltensoptionen Konfliktspiele.
Soziale Dilemmata
• Gefangenendilemma
Partei B
Partei A
Koop.
Aus.
Koop.
3/3
0/5
Aus.
5/0
1/1
• Wo liegt hier das Dilemma?
Soziale Dilemmata
• Hirschjagd (Assurance Game)
Partei B
Partei A
Koop.
Aus.
Koop.
5/5
0/3
Aus.
3/0
1/1
• Wo liegt hier das Dilemma?
Soziale Dilemmata
• Chicken (Snow Drift)
Partei B
Partei A
Koop.
Aus.
Koop.
3/3
1/5
Aus.
5/1
0/0
• Wo liegt hier das Dilemma?
Soziale Dilemmata
• 1$ - Auktion
• Wie eine klassische Auktion, nur dass
sowohl das höchste wie auch das
zweithöchste Gebot gezahlt werden muss.
• Nett???
Neuere
Entwicklungen der RCT
• Team Games (Bornstein, 2003; Rapoport
& Bornstein, 1987)
• Kombination aus funktionaler Beziehung
innerhalb und zwischen sozialen Gruppen
• Z.B. Kombination aus „öffentlichen Gütern“
und einem Dilemma zwischen den
Gruppen
Team Games
• Das Dilemma „öffentlicher Güter“:
– Gruppenmitglieder stehen vor der Frage, ob sie zu
einem öffentlichen Gut beitragen oder ihre
individuellen Ressourcen für sich behalten (nPD).
– Ein öffentliches Gut wird zu gleichen Teilen an alle
Gruppenmitglieder verteilt.
– Individuelle Beiträge zu öffentlichen Gütern werden
vergrößert (z.B. verdoppelt)
– Dilemma: free riding
Team Games
• Team Games: 2 Dilemmata, einmal innerhalb und einmal
zwischen den Gruppen
nPD
PD, Chicken
oder Hirschjagd
Team Games
• Team Games
– 2 Gruppen A und B mit n Mitgliedern.
– Jedes Gruppenmitglied hat ein Ausgangsvermögen e
(e < 0), das es beitragen kann oder nicht (ganz oder
gar nicht).
– Wenn eine Gruppe mehr beträgt als die andere
(mA<mB oder mB<mA) bekommt sie eine R (eine
"knappe Ressource"). Bei Gleichstand bekommen
beide Gruppen S (0≤S ≤ R).
– Es wird nur einmal gespielt.
– Die Bedingungen sind allen bekannt.
Team Games
• Für jedes Gruppenmitglied (aus A) ergeben sich
folgende 4 Kontingenzen:
– mA < mB–1 (egal ob es beiträgt, die eigene Gruppe
verliert)
– mA > mB–1 (egal ob es beiträgt, die eigene Gruppe
gewinnt)
– mA = mB–1 (es kann einen Verlust in einen
Gleichstand verändern)
– mA = mB (es kann einen Gleichstand in einen Gewinn
verändern)
Team Games
• Verschiedene Spiele: individuelle Auszahlung
3
2
mA-mB
1
0
-1
Public good
6
-
6
8
6
8
3
5
0
2
0
2
2
Gefangenen-Dilemma
6
-
5
7
4
6
3
5
2
4
1
3
2
Hirschjagd
6
-
6
8
6
8
6
8
0
2
0
2
2
Chicken
6
-
6
8
6
8
0
2
0
2
0
2
2
-2
-3
Team Games
• Verschiedene Spiele: Gruppenauszahlung
Assurance Game
mb
ma
0
1
2
3
0
90,90
80,30
70,30
60,30
1
30,80
80,80
70,20
60,20
2
30,70
20,70
70,70
60,10
3
30,60
20,60
10,60
60,60
2
30,70
20,70
10,10
60,10
3
30,60
20,60
10,60
0,0
Chicken Game
mb
ma
0
1
2
3
0
30,30
80,30
70,30
60,30
1
30,80
20,20
70,20
60,20
Team Games
• Ergebnisse für Chicken und Hirschjagd
(Assurance Game) (Bornstein et al., 1997):
– Keine Kommunikation, etwa 43% der
Gruppenmitglieder beim Assurance Game und 37%
beim Chicken tragen zum Konflikt bei.
– Kein Unterschied zwischen Chicken und Hirschjagd.
– Kommunikation innerhalb der Gruppen, etwa 75% der
Gruppenmitglieder in beiden Spielen tragen zum
Konflikt bei.
– Immer noch kein Unterschied zwischen Chicken und
Hirschjagd.
Team Games
Investitionen in Gruppenkonflikt
Team Games
• Nachbefragen ergeben, dass ..
• Im Assurance Game die Versuchspersonen
befürchten von den Mitgliedern der anderen
Gruppe „betrogen“ zu werden (Angst)
• Im Chicken Game glauben sie, dass die
anderen nicht stark genug, nicht
durchsetzungsfähig genug sind (Greed)
Team Games
• Ergebnisse für Chicken und Hirschjagd
(Bornstein & Gilula, 2003):
– Kommunikation zwischen den Gruppen. Bei der
Hirschjagd treffen alle Gruppen die Absprache nicht in
den Konflikt zu investieren und alle halten sich daran.
– Beim Chicken Game werden nur etwa zu 50%
Absprachen getroffen nicht in den Konflikt zu
investieren und keiner hält sich daran.
Team Games
Investitionen in Gruppenkonflikt
90%
80%
70%
60%
50%
Assurance
40%
Chicken
30%
20%
10%
0%
Ohne Diskussion
Diskussion ih.Gruppen Diskussion zw.Gruppen
Team Games
• Zusammenfassung zu Team Games:
– Es scheint notwendig nicht nur die
Interdependenzstruktur zwischen den
Gruppen sondern auch innerhalb der
Gruppen zu berücksichtigen.
– Mechanismen, die den Zusammenhalt
innerhalb von Gruppen erhöhen, können auch
dann zum Konflikt zwischen Gruppen
beitragen, wenn eigentlich Kooperation
notwendig wäre.
Kritik an der RCT
• In Sherif’s Sommerlager gab es keine Kontrollgruppe. Es
gibt also noch keinen Beleg, dass negative
Interdependenz zwischen Gruppe eine notwendige
Bedingung für den Konflikt zwischen Gruppen ist.
• Psychologische Variablen werden nur als abhängige
Variablen betrachtet.
Kritik an der RCT
• In dem Konzept des Ethnozentrismus ist die Aufwertung
der eigenen Gruppe eng mit der Abwertung der
Fremdgruppe verbunden. Verschiedene Studien legen
aber nahe, dass die Aufwertung der eigenen Gruppe
(„ingroup love“) durch andere psychologische Prozesse
vermittelt wird als die Abwertung der Fremdgruppe
(„outgroup hate“).
• Zu simple Anwendung spieltheoretischer Überlegungen
auf das Verhältnis zwischen sozialen Gruppen.
Kritik an der RCT
Voraussetzung für spieltheoretische Ansätze:
• Geteiltes Wissen, gleiche Präferenzen usw.
• Beziehungen zwischen Personen erzeugen
Interdependenz (Interdep. als AV oder UV)
• Variation in der Wahrnehmung von Konflikten außerhalb
des Labors als ein spezifischer Konflikt
Zusammenfassung
• Ethnozentrismus beschreibt das „Syndrom“ der
positiven Haltung einer Eigengruppe gegenüber
und einer negativen Haltung einer Fremdgruppe
gegenüber.
• Die funktionale Beziehungen zwischen sozialen
Gruppen bestimmt, ob es zu Kooperation oder
Konflikt zwischen den Gruppen kommt.
Zusammenfassung
• Zusätzlich zu der Interdependenzstruktur
zwischen den Gruppen determinieren Faktoren,
die die Kooperation zwischen den Gruppen
gewährleisten und erhöhen, Konflikte zwischen
den Gruppen.
• Konformität und Gehorsamkeit gegenüber IG
wird durch Intergruppenkonflikte (Bedrohung)
verstärkt
• sowie intragruppale Aggression gegenüber
Abweichlern (siehe Facetten des
Autoritarismus)
Literatur
• Sherif, M. (1966). In common predicament.
Social Psychology of intergroup conflict and
cooperation. Boston: Houghton & Mifflin.
• Bornstein, G. (2003). Intergruppenkonflikt:
Individual, group, and collective interests.
Personality and Social Psychology Review, 7,
129-145.
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