Experimente und Demonstrationen im Psychologieunterricht Inhalt 1. Die Erlebnisepisode „Spinnenangst“ Exkurs I: Experimente, Demonstrationen und psychologische Theorien 2. Problemorientierte Einstiege in die Paradigmen der Psychologie 2.1 Tiefenpsychologie: „Gedächtnislücken“ 2.2 Behaviorismus: „Worte und Gefühle“ und „Telepathie“ 2.3 Ganzheitspsychologie: „Scheinbewegung“, „Akustische Gestalten“, „Unvollendete Rhythmen“, „Rasterbild“ 2.4 Psychobiologie: „Pupillenreakion“ und „Kindchenschema“ 2.5 Kognitivismus: „Tiefe der Verarbeitung und Wiedererinnern“, „Abwehrer und Sensibilisierer“ Inhalt 3. Unterrichtsexperimente und Demonstrationen zur Sozialpsychologie 3.1 Unterrichtsexperiment: „Gruppendruck“ 3.2 Unterrichtsdemonstration: „Gruppenbildung“ 3.3 Unterrichtsdemonstration: „Nasa-Übung“ 4. Klinische Psychologie: „Schizophrene Symptome“ 5. Persönlichkeitspsychologie und –diagnostik 5.1 „Präsentation” im Rahmen eines Assessment-Centers 5.2 Der „Graphical Symbol Translation Test“ 6. Polizeipsychologie: „Zeuge eines Verkehrsunfalls“ Exkurs II: Funktionen psychologischer Unterrichtsdemonstrationen und Experimente Spinnenangst: Mögliche wissenschaftliche Erklärungen Psychobiologische Erklärung: Die Konfrontation mit bestimmten Tieren (darunter Spinnen) löst als angeborener Auslösemechanismus (AAM) Angst- oder Fluchtreaktionen aus. Diese sind im Verlauf der menschlichen Evolution (in den Urwäldern der Vorzeit) entstanden und hatten eine adaptive Funktion; d.h. sie sicherten den frühen Menschen eine höhere Fortpflanzungswahrscheinlichkeit (reproduktive Fitness) , da sie sie vor gefährlichen Lebewesen schützten. Behavioristische Erklärung: Die Ekel- und Angstreaktionen sind gelernte Verhaltensformen: In bestimmten sozialen Situationen wurde die Spinnenangst konditioniert, z.B. durch Beobachtung heftiger Angstreaktionen bei einem Erwachsenen (stellvertretendes Klassisches Konditionieren). Als Auslöser kommen neben dem eigentlichen Reiz „Spinne“ auch deren Vorstellungen in Frage. Spinnenangst: Mögliche wissenschaftliche Erklärungen Kognitivistische Erklärung: Die Angst entsteht durch einen Prozess der Informationsverarbeitung: Neben der allgemein anerkannten Information „Spinnen sind (in Europa) harmlos“ müssen „irrationale Überzeugungen“ („irrational believes“)vorhanden sein, die die Angst erzeugen, z.B. „Spinnen können durchaus auch gefährlich sein, vgl. die ‚Schwarze Witwe’!“ - „Spinnen können Krankheiten übertragen“. Tiefenpsychologische Erklärung: Die „Spinne“ ist ein Symbol, das verdrängte, frühkindliche Ängste aktiviert. So könnte die Assoziationskette „Spinne - Spinnennetz - gefangen sein gefressen werden“ unbewusst an die ödipale Situation in der Familie erinnern, wo auch eine Lebensbedrohung aus dem engsten Familienkreis unbewusst phantasiert wurde. Exkurs I zur Didaktik psychologischer Unterrichtsdemonstrationen Psychische Phänomene können nur mit Hilfe von psychologischen Wahrnehmungsschemata oder Modellen erfasst, beschrieben oder erklärt werden Psychologische Wahrnehmungsschemata legen fest • welche konkreten psychischen „Gegenstände“ (Aspekte) man überhaupt wahrnimmt • welche typischen Zusammenhänge, Hintergründe, Ursachen man annimmt Psychologische Wahrnehmungsschemata können sein: • Alltagspsychologische Grundmuster, die man der kulturellen Umgebung entnimmt oder • Wissenschaftliche psychologische Theorien und Modelle Exkurs I zur Didaktik psychologischer Unterrichtsdemonstrationen Die fünf Paradigmen der Psychologie Grundelemente wichtige Theorien Tiefenpsychologie Unbewußte Prozesse: Umgang mit elementaren Bedürfnissen und Antrieben verdrängte Kindheitserlebnisse (Bedürfniskonflikte) Abwehrmechanismen, Übertragungsprozesse Instanzenmodell (Ich/Es/Überich) Traumdeutung Neuroselehre Ganzheitspsychologie Ganzheiten, die sich selbst organisieren: Miteinander in sozialen Systemen Selbstverwirklichung der Person ganzheitliches Wahrnehmen, Denken, Handeln Gestaltgesetze WERTHEIMER nichtdirektives Gespräch ROGERS Systemtheorie WATZLAWICK Behaviorismus Beobachtbares Verhalten: als Reaktion auf auslösende äußere Reize (Reizkontrolle) Verhaltensänderung durch Lernprozesse Klassisches Konditionieren WATSON Operantes Konditionieren SKINNER Modellernen BANDURA Psychobiologie Biologisches Verhalten mit Anpassungsfunktion: Sicherung des Überlebens und der Fortpflanzung, genetische und stammesgeschichtliche Bedingtheit Humanethologie Bindung biologische Signale LORENZ BOWLBY MORRIS Kognitivismus Informationsverarbeitungsprozesse: Interpretation von Vorgängen, Erwartungen, Einstellungen Speichermodelle Hypothesentheorie Organisation von Wissen, Problemlösen zielgerichtetes Handeln, selbsttätige Handlungssteuerung Attributionstheorie MILLER BRUNER WEINER Paradigma wichtige Vertreter FREUD ADLER JUNG Exkurs I zur Didaktik psychologischer Unterrichtsdemonstrationen Fazit: Jede Demonstration und jedes Experiment im Psychologieunterricht steht immer im Kontext mit einem oder mehreren theoretischen Erklärungsmodellen. Daraus folgt: Ohne den Hintergrund eines wissenschaftlichen theoretischen Modells sind Experimente und Demonstrationen im Psychologieunterricht sinnlos! Rasterbild Pupillenreaktion A B C D E F G H 1 (Jüngstes) 2 3 4 (Ältestes) Kinder: Tiere: Kindchenschema Kinder/Tiere Kindchenschema Puppen Grundprinzipien des Kognitivismus Allen psychischen Phänomenen liegen Prozesse der Informationsverarbeitung zugrunde. Beispiel: unbemerkte Verarbeitung bemerkte Verarbeitung: "Erkennen" Begriffe Wertungen Lesetechnik sensorischer Speicher sensorische Verarbeitung Entschlüsseln Prüfen Strukturieren Lang- Kurzzeitgedächtnis inhaltliche Weiterverarbeitung Denkprozesse organisierte Wissenssysteme zeitgedächtnis Blockdiagramm für die Informationsverarbeitung bei der Wahrnehmung (nach Broadbent, 1987 und Sperling, 1963) Exkurs II: Funktionen psychologischer Unterrichtsdemonstrationen und Experimente Induktives Vorgehen im Unterricht: wissenschaftliche Theorie Demonstration Experiment • Ausgangsbasis für entdeckendes Lernen • Musterbeispiel für paradigmatische wissenschaftliche Wahrnehmungs- und Erklärungsformen • Anschauungsmaterial zur Herleitung psychologischer Theorien Deduktives Vorgehen im Unterricht: wissenschaftliche Theorie Demonstration Experiment • theoretische Sachverhalte veranschaulichen • Beispiel sein für die Reichweite und Gültigkeit eines theoretischen Modells