Überblick „Sozialpsychologie I“ Vorlesung „Sozialpsychologie I“ Winter 2013/14 Thomas Kessler 1 Überblick • Vorstellung des Lehrstuhls für Sozialpsychologie • Warum ist Sozialpsychologie etwas besonderes? • Überblick über die Themen der Vorlesung 2 Mitglieder der Sozialpsychologie • Department of Social Psychology in Jena Elena Winter Daniel Seewald Florian Jäger Katrin Obst Pamela Pensini Nicole S. Harth Viviana Sagredo Stefanie Hechler Gulnaz Anjum JuttaShbib Proch Bayan Larissa Nägler 3 Mitglieder der Sozialpsychologie • Department of Social Psychology in Jena 4 Vorstellung • • • • • • • Lehrstuhl für Sozialpsychologie Humboldtstr. 26, 07743 Jena Tel.: 03641 – 945250 (Elena Winter) Tel.: 03641 – 945254 Fax: 03641 – 945252 Mail: [email protected] Sprechzeiten: Montag 11-12Uhr 5 Vorstellung • • • • • • Studiert in Osnabrück Promotion in der Entwicklungspsychologie Wechsel zur Sozialpsychologie in Münster Seit 1997 in Jena 2007 Wechsel nach Exeter, Südengland Herbst 2010, Jena 6 Vorstellung Meine Forschungsthemen: • Kooperation und Konflikt innerhalb und zwischen sozialen Gruppen • Gruppen- und Identitätsformierung • Moralische Intuitionen, Emotionen und Urteile • Sozialer Wandel, Mobilität • Respekt und Versöhnung • Evolutionäre Ansätze in der Sozialpsychologie 7 Sozialpsychologie Was ist Sozialpsychologie? • „…und dann gibt es da noch wissenschaftliche Gebiete, über die jeder scheinbar gut Bescheid weiß, bevor er sich genauer damit beschäftigt hat. Nehmen wir die „Sozialpsychologie“; […] jeder Laie „weiß“, worum es in der „Psychologie“ geht und auch was „sozial“ bedeutet. (C. F. Graumann, 2002) • Was ist das Besondere an der Sozialpsychologie? 8 Besondere der Sozialpsychologie Frage: Wozu ist menschliche Intelligenz da? • Werkzeuggebrauch? – Aber Steinwerkzeuge haben sich über viele hunderttausend Jahre nicht verändert, die Gehirngröße schon. – Erst in den letzten 250000 Jahren sind neue technische Errungenschaften aufgetreten. 9 Besondere der Sozialpsychologie • Nicolas Humphreys Antwort: • Soziale Intelligenz: – Primaten leben in wenig anspruchsvollen Umwelten hinsichtlich ihres Lebensunterhalts. – Aber im psychologischen Labor zeigen sie eine ausgesprochen hohe Intelligenz. 10 Besondere der Sozialpsychologie • Bewältigung sozialer Komplexität – Erinnern der Interaktionsgeschichte mit den verschiedenen Mitgliedern der eigenen Gruppe. – Wissen um verschiedene Koalitionen – Regulation von Status und Ansehen – Kooperation – Aufdecken möglicher Täuschungen – Selbsttäuschung 11 Besondere der Sozialpsychologie • Robin Dunbar (1993) • Koevolution von Gehirn, Gruppengröße und Sprache 12 Besondere der Sozialpsychologie • Wie kann man „speziesfair“ Intelligenz messen? • Hirngröße: Neocortex ratio (Verhältnis von Neokortex zum Rest des Gehirns) 13 Besondere der Sozialpsychologie • Wie kann man „speziesfair“ soziale Komplexität messen? • Mittlere Gruppengröße von Primatengruppen – Keine anonymen Herden – Hoch strukturierte Gruppen – Familiennetze und interpersonale (reziproke) Beziehungen 14 Besondere der Sozialpsychologie • Ergebnis für 36 Primatenspezies • r2 = .76 zwischen Neokortex Ratio und mittlerer Gruppengröße • Setzt man die Hirngröße von Menschen ein, dann ergibt sich eine erwartete Gruppengröße von 147.8 Mitglieder 15 Besondere der Sozialpsychologie • Evidenz: – Jäger-und-Sammler-Daten – Militär – Psychologische Daten 16 Besondere der Sozialpsychologie • Typische Dorfgröße verschiedener traditioneller Gemeinschaften Gesellsch. Land Camp Dorf Stamm Mae Enga New Guinea 48 90 2290 Bihar Indien 26 90-120 1625 Kung San Afrika 18 152 2693 Yanomame Südamerika - 101 663 17 Besondere der Sozialpsychologie • Die Hutterer: • Maximale Dorfgröße bei 150 Personen • Danach wird das Dorf geteilt 18 Framing Experimentelle Belege (Wang, 1996) • Eine asiatische Seuche ist ausgebrochen. 6000 sind infiziert. Es gibt 2 mögliche Therapien: 1. A es werden sicher (genau) 2000 Menschen überleben. 2. B es wird jeder mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 überleben. Welche Therapie würden Sie wählen? 19 Framing Experimentelle Belege (Wang, 1996) • Eine asiatische Seuche ist ausgebrochen. 6000 sind infiziert. Es gibt 2 mögliche Therapien: 1. A es werden sicher (genau) 4000 Menschen sterben. 2. B es wird jeder mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 sterben. Welche Therapie würden Sie wählen? 20 Framing • Experimentelle Belege (Wang, 1996) 70 60 50 40 retten verlieren 30 20 10 0 6000 600 120 60 Gruppengröße 6 21 Soziale Intelligenz Schimpansen versus Menschen • Geteilte Intentionalität (Tomasello) • Schimpansen: nur im Wettbewerb • Menschen: generell kooperative Haltung 22 Nochmal... Was ist Sozialpsychologie? 23 Sozialpsychologie „Sozialpsychologie ist die wissenschaftliche Untersuchung wie Gedanken, Gefühle, Entscheidungen und Verhaltensweisen von Individuen durch die tatsächliche oder vorgestellte Anwesenheit anderer beeinflusst werden.“ (Allport) 24 Sozialpsychologie Die Sozialpsychologie erforscht also • Alltagsintuitionen und Theorien von Individuen • Wie sie ihre soziale Realität konstruieren • Wie sie ihr Ansehen, Status und ihre sozialen Beziehungen regulieren • Sie stellt in Frage, was als selbstverständlich gilt. 25 Sozialpsychologie • Konstruktion der sozialen Realität: – Die Realität jedes Individuum (seine Perspektive) ist das Ergebnis von kognitiven Prozessen (die Art und Weise in der unsere Psyche funktioniert) und sozialen Prozessen (Einfluss von tatsächlichen oder vorgestellten anderen Individuen). • Sozialer Einfluss: – Andere Individuen beeinflussen nahezu alle Gedanken, Gefühle und Verhalten, selbst wenn diese anderen nicht direkt anwesend sind. 26 Sozialpsychologie • Interaktionen … … zwischen Individuen … innerhalb sozialer Gruppen … zwischen sozialen Gruppen … zwischen Individuen und sozialen Systemen • Wir untersuchen basale psychologische Prozesse und soziale Systeme, d.h. Regelhaftigkeit des Verhaltens im sozialen Kontext, so wie es tatsächlich auftritt. 27 Sozialpsychologie „If we tried to understand human social behaviour solely on the basis of a detailed analysis of the structure of its social environment, we would end up with a social psychology of an empty organism. If we tried to understand it solely on the basis of the psychological structure of the human organism, we would be in serious danger of ending up with a social psychology of an organism functioning in an empty environment.” (Tajfel & Fraser, 1978, p. 37). 28 Überblick über die Themen 29 Überblick über die Themen 15.10.2013 Einführung und Überblick 22.10.2013 Methoden: Kriterien, Messung, Experiment 29.10.2013 Soziale Schemata und soziale Kategorien 05.11.2013 Stereotypisierung 12.11.2013 Automatisches Verhalten 19.11.2013 Verarbeitung sozialer Information 26.11.2013 Affekt und Kognition 03.12.2013 Soziale Vergleichsprozesse 30 Überblick über die Themen 10.12.2013 Attributionstheorie I 17.12.2013 Attributionstheorie II 07.01.2014 Soziale Einstellungen, Einstellung und Verhalten 14.01.2014 Veränderung von Einstellungen 21.01.2014 Konsistenztheorien 28.01.2014 Prozesses des Selbst 04.02.2014 Wiederholung, Fragen und Diskussion 31 Die einzelnen Themen Beispiele und Probleme 32 22.10. Methoden • Psychologische Messung • Experimente • Stichproben • Mediation und Moderation 33 29.10. Soziale Schemata • Schemata (Skripte) geben mehrdeutigen Situationen eine klare Bedeutung. – Ein Rätsel: „Sie sitzen im Auto und fahren mit konstanter Geschwindigkeit. Links von Ihnen befindet sich ein Abhang. Auf Ihrer rechten Seite fährt ein Feuerwehrauto neben Ihnen her. Knapp vor Ihnen galoppiert ein Pferd und im Abstand von weniger als einem Meter verfolgt Sie ein Hubschrauber auf Bodenhöhe. Was tun Sie, um dieser Situation gefahrlos zu entkommen? 34 5.11. Stereotypisierung • Betrachten Sie die Person auf dem Foto. Versuchen Sie bitte sich einen ersten Eindruck dieser Person zu bilden. 35 5.11. Stereotypisierung • Bitte ergänzen Sie die folgenden Wortanfänge zu vollständigen deutschen Substantiven. Ergänzen Sie immer so viele Buchstaben, wie Striche da sind. • 1. S C H _ _ _ • 2. G L A _ _ _ 36 12.11. Automatisches Verhalten • Denken Sie an alte Menschen! Bearbeiten von „scrambled sentences“. • Wie schnell verlassen die Untersuchungsteilnehmer das Experiment? 37 19.11. Verarbeitung sozialer Information – Stellen Sie sich vor: „Zwei Männer wollen unterschiedliche Flüge erreichen, die zur selben Zeit starten. Beide fahren mit einem Taxi zum Flughafen. Leider kommen sie wegen eines Staus eine Stunde zu spät zum Flughafen. Der eine erfährt, dass sein Flieger pünktlich gestartet ist, der andere, dass sein Flieger gerade startet.“ – Wer ärgert sich mehr? 38 26.11. Affekt und Kognition • Wie beurteilen Sie Ihr Leben? Bei schönem oder bei schlechtem Wetter • Ist unser Leben positiv oder negativ? • Oder sind wir einfach nur positiv oder negativ gestimmt? 39 3.12. Sozialer Vergleich Bewertung durch soziale Vergleiche • Wie positiv finden Sie H.D. Genscher? • Wie positiv finden Sie die FDP? • Wie positiv finden Sie H.D. Genscher? • Welcher Partei gehört Genscher an? • Wie positiv finden Sie die FDP? 40 3.12. Sozialer Vergleich • Menschen tendieren dazu, sich mit ähnlichen Personen zu vergleichen. • Aber: Wie kann man wissen wer einem ähnlich ist, wenn man sich nicht mit ihm verglichen hat? • Mit wem vergleicht man sich also? 41 10./17.12. Attribution • Wer ist der intelligenteste Mann Deutschlands? Wer fragt wird für intelligenter gehalten, als derjenige der antwortet 42 10./17.12. Attribution • Zeugen vs. Täter vs. Opfer • Täter machen die Situation verantwortlich „Der hat mich provoziert“ • Opfer und Zeugen machen eher den Täter verantwortlich „Der hat zu geschlagen“ 43 07.01. Soziale Einstellungen • Bestimmen soziale Einstellungen Verhalten? • LaPierrre (1934) – Würden Sie Asiaten in Ihrem Restaurant bedienen? 118 von 128 (92%) meinen „nein“ – Aber: Alle bis auf einen haben ein asiatisches Ehepaar beherbergt. 44 14.01. Veränderungen von Einstellungen • Sind es gute Argumente die unsere Einstellungen verändern? Manchmal überzeugen auch einfache Hinweisreize 45 21.01. Konsistenztheorien • Findet man Ereignisse besser, wenn man mehr oder weniger Belohnung für sie bekommt? • Kognitive Dissonanz 46 28.01. Selbst • Ist es gut oder schlecht einen hohen Selbstwert zu haben? • Wer ist eher aggressiv: Jemand mit hohem oder niedrigem Selbstwert? • Jemand mit hohem und instabilem Selbstwert 47 04.02. Wiederholung, Fragen • Notieren Sie Themen, Fragen usw. zu denen Sie mehr Information benötigen! • Was ist unklar geblieben? • Was sollte für die Klausur gelernt werden? • Klausurtermin? Wird noch bekannt gegeben! 48 Literatur • Jonas, K., Stroebe, W., & Hewstone, M. (2007). Sozialpsychologie. Eine Einführung (5.Auflage). Springer. • Smith, E. R. & Mackie, D. M. (2008). Social psychology (3rd editon). Psychology Press. 49 Noch Fragen? • Nächstes Mal: • Methoden der Sozialpsychologie 50