Text und Studie von Wolfgang Friedlmeier Vortrag von Jana Becker und Anna Hoff 1. Theoretische Grundlagen Was sind Erziehungstheorien? Wieso sind diese subjektiv? Inwiefern eignen sie sich für einen interkulturellen Vergleich? Allgemeines Modell zur Generierung subjektiver Theorien 2. Studie: Vergleich von Erziehungsvorstellungen deutscher und brasilianischer Erzieher Was wird untersucht? Hypothesen Methodik Ergebnisse Diskussionsansätze Fazit Was sind Erziehungstheorien? Überzeugungen über die Natur des Menschen und seine Entwicklung – grundlegende Werthaltungen Erziehungsziele (lassen sich aus den Werthaltungen ableiten) Erzieherische Strategien und Maßnahmen Warum sind diese subjektiv? Nicht wissenschaftlich geprüft Einzelne Aussagen können logisch inkonsistent miteinander verknüpft sein Inwiefern ist es von Interesse, diese Erziehungstheorien interkulturell zu vergleichen? Wie „entstehen“ Erziehungstheorien? Teil der Sozialisation „Prozess, bei dem ein Individuum ein Teil einer bestimmten Kultur wird und deren Werte, Überzeugungen und andere Verhaltensweisen übernimmt, um in ihr zu funktionieren.“ (lt. Vortrag zur Akkulturation) „Prozess […], bei dem eine Person Werthaltungen entwickelt, die in dem jeweiligen kulturellen Wertesystem ihren Ausgangspunkt nehmen.“ (Friedlmeier) Bezogen auf Erziehungstheorien: Erzieher (Eltern) konstruieren Überzeugungen über die Natur des Menschen, über Prozesse der Entwicklung einer Person sowie über erzieherische Strategien und Maßnahmen Schema: Generierung subjektiver Theorien 1. Theoretische Grundlagen Was sind Erziehungstheorien? Wieso sind diese subjektiv? Inwiefern eignen sie sich für einen interkulturellen Vergleich? Allgemeines Modell zur Generierung subjektiver Theorien 2. Studie: Vergleich von Erziehungsvorstellungen deutscher und brasilianischer Erzieher Was wird untersucht? Hypothesen Methodik Ergebnisse Diskussionsansätze Fazit Vergleich von Erziehungsvorstellungen deutscher und brasilianischer Erzieher Kulturvergleich auf Basis der Erziehungsdimension Individualismus vs. Kollektivismus anhand von brasilianischen und deutschen Kindergartenerziehern Grundlage: Erziehungstheorien bestehen grundlegenden Werthaltungen, Erziehungszielen, die sich aus diesen ableiten lassen und erzieherischen Strategien und Maßnahmen. 1. Deutsche Erzieher sollten Individualismus für wichtiger halten als Kollektivismus, brasilianische Erzieher umgekehrt. 2. Deutsche Erzieher sollten sich stärker an individualistischen Zielen orientieren als brasilianische Erzieher. 3. Der Einfluss erzieherischer Maßnahmen sollte unterschiedlich bewertet werden: In individualistischen Kulturen als relativ gesehen geringer 1. Zeigen brasilianische Erzieher eine Präferenz für gruppenorientierte Ziele und deutsche Erzieher eine Präferenz für individualistische Ziele? 2. Bewerten brasilianische Erzieher ihren Einfluss auf das kindliche Sozialverhalten stärker als deutsche Erzieher? 3. Bewerten gruppenorientierte Erzieher ihren Einfluss auf das kindliche Sozialverhalten stärker als individualorientierte Erzieher? N = 30 Erzieher Einzel-“Interviews“ à 15 Minuten Aufgabe: aus einer Reihe von verschiedenen Erziehungszielen (sowohl individualistische als auch kollektivistische) sollen die 5 wichtigsten ausgewählt und in eine Rangreihe gebracht werden Frage danach: Wie stark schätzen Sie den Einfluss eines Erziehers auf das kindliche Sozialverhalten ein bzw. existiert überhaupt ein Einfluss? Auswahl der Erziehungsziele: Kollektivistische Ziele Sensibilität Anpassung Individualistische Ziele Kooperation Selbstständigkeit Eigener Wille Eigeninitiative Toleranz Gehorsam „Selbstständigkeit“ und „eigener Wille“ von deutschen Erziehern signifikant häufiger gewählt und höher bewertet „Anpassung an die Gruppe“ von brasilianischen Erziehern häufiger gewählt Aber: „Eigeninitiative“ von brasilianischen Erziehern höher bewertet „Toleranz“ von deutschen Erziehern häufiger gewählt Deutsche und brasilianische Erzieher schätzen ihren Einfluss auf das kindliche Sozialverhalten als etwa gleich stark ein Klassifikation der Erzieher in Gruppen: stark individualistisch, individualistisch, gruppenorientiert, stark gruppenorientiert 25 20 15 stark individualistisch individualistisch gruppenorientiert stark gruppenorientiert 10 5 0 Einf luss Was könnten mögliche Erklärungen dafür sein, dass auch brasilianische Erzieher individualistische Erziehungsziele wählen, umgekehrt deutsche Erzieher kollektivistische Ziele? Kein deterministischer Zusammenhang Kultur → Erziehungstheorie Interkulturelle Varianz größer als intrakulturelle Varianz Evtl. zufälliger Effekt aufgrund des geringen Stichprobenumfangs Unterschiedliches Begriffsverständnis Begriffsverständnis Verständnis in individualistischen Kulturen Verständnis in kollektivistischen Kulturen Selbstständigkeit Individuum handelt autonom für sich Individuum akzeptiert Regeln der Gruppe, sodass diese autonom (ohne Eingreifen der Erzieher) handeln kann Eigeninitiative Zeichen von Individualität Übernahme von Verantwortung in der Gruppe Toleranz Akzeptanz individueller Besonderheiten positiv! „Nebeneinander“ statt „Miteinander“ - negativ! Begriff Brasilianische Erzieher sind tendenziell weniger individualorientiert als Erzieher in deutschen Kindergärten. Daraus ergeben sich auch entsprechend unterschiedliche Erziehungsziele. Die intrakulturelle Varianz ist hierbei aber deutlich größer als die interkulturelle Varianz. (Bsp.: Einschätzung des Erziehungseinflusses) Civic Education study IEA (International Association for the Evaluation of Educational Achievement ) 1. Fragestellung 2. Hintergrund/Methodik 3. Ergebnisse 4. Fazit Wie viel und welches Wissen benötigen junge Leute, um Demokratie und Staatsbürgerschaft zu verstehen? Wie können sie zu einem gesellschaftlichen Engagement bewegt werden, und welches sind ihre Einstellungen gegenüber zentralen gesellschaftlichen Problemen? 2 Phasen: 1. Qualitative Fallstudien (1995 – 1997) → Konzepte von Staatsbürgerschaft, Programme und Ziele politischer Bildung in 24 Ländern 2. 3 Domänen Demokratie nationale Identität und internationale Beziehungen sozialer Zusammenhalt und Vielfalt → Grundlage für die Testkonstruktion 90 000 Schüler aus 28 Ländern Australien Belgien Bulgarien Chile Tschechische Republik Zypern Kolumbien Dänemark England Estland Finnland Deutschland Griechenland Hong Kong (SAR) Vereinigte Staaten Norwegen Italien Lettland Litauen Polen Portugal Rumänien Russische Föderation Slowakische Republik Slowenien Schweden Schweiz Ungarn Drei dieser Aussagen sind Meinungen, eine ist ein Fakt. Welche der folgenden Aussagen ist eine Tatsache (Tatsachenbehauptung)? A) Menschen mit sehr niedrigem Einkommen sollten keine Steuern zahlen B) In vielen Ländern zahlen reiche Menschen höhere Steuern als arme C) Es ist nur fair, dass einige Bürger höhere Steuern zahlen als andere D) Gemeinnützige Zuwendungen sind der beste Weg, um Unterschiede zwischen arm und reich zu verringern Australien 58 (1,5) Finnland Belgien 42 (1,5) Deutschland * 53 (1,5) Portugal 25 (1,6) Bulgarien 44 (2,5) Griechenland 53 (1,3) Rumänien 39 (2,4) Chile 26 (1,1) Hong Kong (SAR) 57 (1,6) Russische Föderation 52 (2,4) Vereinigte Staaten 69 (1,6) Slowakische Republik 44 (1,5) Zypern 63 (1,3) Norwegen 59 (1,2) Slowenien 44 (1,2) Kolumbien 26 (1,6) Italien 55 (1,4) Schweden 54 (1,8) Dänemark 54 (1,0) Lettland 42 (1,5) Schweiz 56 (1,5) England 54 (1,1) Litauen 35 (1,6) 48 (1,4) Estland 46 (1,2) Tschechische 46 (1,6) Republik In % () Standard Fehler 68 (1,0) Polen Ungarn 50 (3,2) grundlegende demokratische Verfahrensweisen und Ideale sowie Rechte und Pflichten sind bekannt Verständnis demokratischer Werte und Institutionen ist aber wenig fundiert Einigkeit darüber, Gesetze zu respektieren und wählen zu gehen Vertrauen in Regierungsinstitutionen variiert zwischen den Ländern Gleiche Rechte für Frauen / Männer und MigrantInnen werden befürwortet Zusammenhang zwischen sozioökonomischem Status / Bildungsressourcen und politischem Verstehen / Wahlabsichten Classroom climate scale sagte politische Kenntnisse voraus (in 2/3 der Länder) Schulen sollten: Politische und soziale Inhalte vermitteln Open classroom climate fördern Bedeutung des Wahlrechts erörtern Möglichkeiten zum Engagement bieten (Schulrat) Sozioökonomisch benachteiligte Schüler stärker einbinden Torney-Purta, J. (2002). The school`s role in developing civic engagement: A study of adolescents in twenty-eight countries. Applied Developmental Science, 6(4) , pp 203-212 http://www.iea.nl/ Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit !