Schmecken Vorlesung Christian Kaernbach Geschmacksqualitäten • Hauptqualitäten – süß • Saccharose • Glukose • Saccharin • Nebenqualitäten mol/l 0,01 0,08 0,000023 – sauer • Zitronensäure • Salzsäure 0,0023 0,0009 0,01 0,01 – bitter • Strychnin • Chininsulfat • Nikotin • Seife • Kaliumcarbonat,K2CO3 (Pottasche) – metallisch – salzig • NaCl • CaCl2 – alkalisch (seifig) 0,000008 0,000016 – umami • Proteine • Natriumglutamat 0,0007 • Metallsalze • weitere Beiträge – Schmerz • Pfeffer • Chili – Temperatur – Konsistenz – Geruch! Verteilung der Rezeptoren Verteilung der Rezeptoren • Hänig, D. P. (1901). Zur Psychophysik des Geschmackssinnes. Philos. Studien 17 (4), 576-623. – sehr differenzierte Darstellung der leicht unterschiedlichen Verteilung – „Geschmackskarte“: Überinterpretation seiner Zeichnungen in der amerikanischen Sekundärliteratur süß sauer salzig bitter Papillen • Pilzpapillen – auf der gesamten Oberfläche • Wallpapillen – nahe dem Zungengrund, 7 – 12 Stück • Blätterpapillen – hinterer Zungenrand bei Kindern, bei Erwachsenen weitgehend zurückgebildet • Fädenpapillen – mechanosensitiv Geschmacksknospen • insgesamt ca. 2000 Stück • je zur Hälfte in den Wallpapillen / Pilzpapillen • enthalten jeweils ca. 10-15 Schmeckzellen – Lebensdauer ca. 10 Tage – in der Membran der Villi sind verschiedene Rezeptoren für süß/sauer/salzig/bitter eingebettet • nur 25% aller Schmeckzellen für eine Grundqualität spezifisch! – sekundäre Rezeptoren: kein Aktionspotential (wie Sehrezeptoren, Haarzellen im Innenohr) – jeder afferente Faser greift mehrere Geschmackszellen in mehreren Geschmacksknospen ab • jede Faser hat ein „Geschmacksprofil“, auf welche Qualität sie wie stark reagiert Die gustatorische Bahn • Afferenzen führen von der Zunge über Hirnnerven (VII, IX, X) zum Nucleus tractus solitarius im Hirnstamm – NTS integriert auch viszerale Information (Eingeweide, Herz, Lunge) – Abzweigung zu Hypothalamus und Amygdala (don’t mention the limbic system) sowie zu Schluck/Saug/Würgereflexen • Umschaltung auf zweites Neuron zum Thalamus – ein Großteil (aber nicht alles) kreuzt zur Gegenseite • Umschaltung auf drittes Neuron zum Kortex – Gyrus postcentralis, Insula kognitive Repräsentation • die Repräsentation auf Rezeptorenebene entspricht nicht der kognitiven Repräsentation: – süß und sauer werden als Gegensatz empfunden – „Gegengeschmackskanäle“ ? – hypothetisches MDS-Experiment: • 3x3 Feld von Stimuli: (wenig, mittel, sehr süß) (wenig, mittel, sehr sauer) • paarweise Ähnlichkeitsurteile • Konfiguration so daß ähnliche Paare nah beieinander • Hypothese: signifikante Abweichung von der Orthogonalität – (wenig süß, sehr sauer) zu (sehr süß, wenig sauer) weiter als (wenig süß, wenig sauer) zu (sehr süß, sehr sauer) • Neun Flüssigkeiten log10(lemon juice) Experiment 2 7 8 9 4 5 6 1 2 3 1 0,7 1,7 log10(sugar) 3 Konzentrationen von Zucker (10 30 60 Würfel / l) 3 Konzentrationen von Zitronensaft (20 60 120 ml / l) – Hörsaalexperiment, 52 Teilnehmer, 4 test pro Person – Unähnlichkeits-Ratings auf einer Skala von 0 bis 4 – jedes Paar (9 ∙ 8 / 2 = 36) ungefähr sechs mal getestet log10(lemon juice) Ergebnisse 8 9 4 5 6 1 2 3 0,7 – 1 Dimension sehr gut – 2 Dimensionen signifikant 2-dimensional 0,3 0,241 p 0.001 0,2 0,119 0,1 p 0.025 Intensität 0 sauer süß 0,059 p > 0.1 0 süß 1,7 log10(sugar) 0,4 Streß • Konfigurationen: sauer 7 1 • Scree Plot: 1-dimensional 2 1 2 3 Zahl der angenommenen Dimensionen Interpretation • ohne Vorwissen: – 1. Dimension 65% • „sauer / süß“ (Valenz?) – 2. Dimension 35% • „Intensität“ (Erregung?) • mit Vorwissen – leicht verzerrtes, nicht mehr ganz orthogonales zweidimensionales (süß-sauer) Achsensystem • Achslage optimiert so daß Einfluß der jeweiligen Gegenachse minimal • Winkel 113° (90° = orthogonal, 180° = „Gegenkanäle“)