Die Folgen der Regierungs–, EU– und IWF-Politik für die Bildung in Griechenland Föderation der Sekundarstufenlehrer Griechenlands (OLME) Griechischer Grundschullehrerverband (DOE) Allgemein Die griechische Regierung übt finanziellen Terror aus: Sie missachtet die Bedürfnisse und Rechte der Mehrheit der Bevölkerung in der Absicht, alle Kosten der Krise auf die Beschäftigten abzuwälzen. Allgemein Die öffentliche Verschuldung ist das Ergebnis aus Wucherkrediten und der gesetzeswidrigen Verbindung von Politikern und großen Finanz-Interessengruppen, die die öffentlichen Ausgaben erhöht hat. Die Beschäftigten haben diese Wucherschulden mehr als einmal bezahlt. Vorschriften für Bildung Das griechische Bildungswesen unterliegt buchstäblich und offiziell der Überwachung durch die Troika (EU – EZB – IWF), seit das Bildungsministerium die Vorschläge der “Special Policy Group on Education” umsetzen muss. Das Ergebnis ist die Ausrichtung der Bildung an strikten Finanzkriterien, die auf die “Billigschule” abzielen. Daraus ergeben sich schwerwiegende Bildungsmängel und soziale Verwerfungen. Bildungsausgaben Die öffentlichen Ausgaben für Bildung sollen bis 2015 um 19,2 % gegenüber dem Stand von 2009 gesenkt werden. Jahr Bildungsausgaben in Prozent des BIP 2009 2010 2,94 2,82 % % 2011 2011 2012 2013 2014 2,75 % 2,69 % 2,59 % 2,46 2,34 % % 2015 2,23 % Schulorganisation Die Finanzierung der Schulorganisation wurde um 60 % gesenkt; das führt zur finanziellen Austrocknung, zu Problemen, die täglichen Basisbedürfnisse des Schulalltags zu befriedigen. Die Eltern sollen sich nun stärker finanziell beteiligen. Schulzusammenschlüsse und Schulschließungen 1056 Schulen wurden endgültig geschlossen, davon 851 von 10.798 Schulen (7.8%) im Primarschulbereich, 205 von 3.185 Schulen (6.5%) im Sekundarschulbereich. Die Schließungen erfolgten ohne vorherigen ernsthaften Dialog mit der Lehrerschaft und der griechischen Bevölkerung. Streichungen und Verringerung von Unterstützungsstrukturen Schließung von Umwelterziehungs-Zentren, Sportschulen und vielen Ganztagsgrundschulen. Streichungen beim Fremdsprachenangebot Streichungen von Kunstkursen, in der Erwachsenenbildung und von Nachhilfekursen im Sekundarbereich. Abschaffung der Berufsorientierung an den Schulen schrittweise Verkleinerung und Schließung von 800 Schulbüchereien Einrichtung von Sekundarschul-Klassen mit 28-30, statt mit 25 SchülerInnen Schulbücher Das neue Schuljahr hat ohne Schulbücher begonnen. Die Regierung hat das zuständige Institut geschlossen. Die finanziellen Restriktionen haben zu einem unvergleichlichen Chaos geführt; das hauptsächliche Unterrichtsmaterial sind Fotokopien. Schulverwaltung Das Ministerium will Schulleiter zu Managern machen, die alles entscheiden und kontrollieren sollen. Es ist das Ziel, kollektive und demokratische Entscheidungen von Lehrerkonferenzen abzuschaffen und die Verantwortlichkeiten der Schulbehörden zu beschneiden. Lehrinhalte Die vorangetriebenen Bildungsreformen führen zum Üben bruchstückhafter Kenntnisse und Fertigkeiten; sie sollen eine Erziehung zu “Werten” wie z.B. der “marktorientierten Schule” voranbringen. Diese Reformen sind wichtig für die gleichgelagerten, bildungsfeindlichen Forderungen nach der “Unternehmerischen Universität” des neuen Gesetzes für den tertiären Bildungssektor. Diese Politik führt zur Entwertung der freien, öffentlichen Bildung und zu einer Öffnung für die Investitionen profitorientierter Kapitalgesellschaften. OECD-Report Die Lehrer werden für alle Misserfolge im Bildungswesen verantwortlich gemacht. Als erste Maßnahme wird vorgeschlagen, die Unterrichtsverpflichtungen und damit die Arbeitsbelastung der LehrerInnen zu erhöhen. Verringerung der Lehrerzahl: Einstellungen, Ruhestände und Entlassungen Zwischen 2010 und 2011 gab es 3400 Einstellungen und 17.500 Abgänge in den Ruhestand. Damit wurde die Anzahl der LehrerInnen fast um 10 % reduziert. Arbeitsbedingungen der Lehrer Erzwungene Mobilität der Lehrer im ganzen Land Beschäftigung von Reservelehrkräften mit 60%-Lohn Stundenweise Bezahlung Bemühungen, LehrerInnen in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes zu versetzen 120.000 Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst bis 2013 wurden angekündigt. “Sozialarbeit”-Programme / Outsourcing: Vermietung Arbeitsloser durch Privatfirmen an die kommunalen Arbeitgeber zu mittelalterlichen Bedingungen. Lehrergehälter Kürzungen, Kürzungen, Kürzungen! Streichungen, Streichungen, Streichungen! 18-19 % Verringerung des Jahreseinkommens durch die bisherigen Maßnahmen. 20 bis über 40 % Verringerung des Jahreseinkommens durch das neue Gesetz zur Gehaltseingruppierung Jährliches Nettoeinkommen: 8.500-17.500 € Monatlicher Nettolohn: 577 – 1371 € Rentenkürzungen – Anstieg des Renteneintrittsalters Das Renteneintrittsalter wurde von 60 auf 70 Jahre angehoben. Die Lebensdienstzeit wurde von 35 auf 40 Jahre verlängert. Die besondere Ausgleichszahlung für Lehrer, die eine Rentenabsenkung hinnehmen müssen, wenn sie mit 60 in die Pension gehen, wurde abgeschafft. Schlussfolgerungen Wir begreifen, dass wir nun politische Ziele angehen müssen! Es gibt eine politische Alternative! Nicht die Beschäftigten haben die öffentliche Verschuldung zu verantworten! Diese Schulden sind nicht unsere Schulden; wir fordern ihre Streichung! Unsere Forderungen Wir müssen diese Politik und die dafür verantwortliche Regierung beseitigen. Wir müssen jede andere Regierung beseitigen, die dieselbe Politik verfolgt. Wir müssen das barbarische Konzept von Regierung, EU und IWF samt allen daraus abgeleiteten mittelfristigen Programmen und Maßnahmen beseitigen. Die Troika muss das Land verlassen! Wir müssen die neoliberale Politik in ganz Europa beenden! Bisherige Aktionen Wir haben Streiks im öffentlichen und privaten Sektor organsiert, jede Woche Demonstrationen veranstaltet, zu Sit-Ins und Besetzungen von Universitäten und Schulen mobilisiert. Die Regierung hat auf unsere Proteste mit brutalen Polizeieinsätzen reagiert: Es wurden viele Menschen – darunter Kinder und Schüler – verletzt und es gab zahlreiche Inhaftierungen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sagen: Griechenland ist erst der Anfang – ähnliche gesellschaftliche Veränderungen sind überall in Europa, besonders in den Staaten des Südens, in Aussicht! Es muss eine koordinierte Reaktion aller Gewerkschaften, der Jugend- und Sozialen Bewegungen in ganz Europa geben. Es ist unsere Pflicht, eine Politik zu beenden, die Arbeitnehmerrechte unterminiert und sowohl den Sozialstaat als auch die öffentliche Bildung demontiert. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir schlagen vor: Lasst uns den gemeinsamen Kampf und eine Mobilisierung in ganz Europa organisieren! Lasst uns Streiks, Demonstrationen, Protestaktionen, Sit-Ins in öffentlichen Gebäuden und weitere Formen öffentlicher Kundgebungen durchführen! Das Europäische Gewerkschaftskomitee für Bildung und Wissenschaft (EGBW) und die Bildungsinternationale (BI) müssen diesen Kampf koordinieren! Gemeinsame Kämpfe in ganz Europa können die neoliberale Politik beenden! Alle zusammen für ein anderes Europa! OLME-DOE 10.10.2011