Dr. med. D. Noth, Unterseen: Schilddrüsenhormone

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Schilddrüsenhormone – so einfach wie es aussieht?
Daniel Noth, Endokrinologie- Diabetologie, Interlaken
Inhaltsverzeichnis
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2 Patientenfälle
Screening & Substitution bei Hypothyreose
subklinische Hypothyreose und Substitution
Schilddrüsensubstitution in der Schwangerschaft
Schilddrüsenhormontherapie bei Depression?
Schilddrüsenhormontherapie bei Fettleibigkeit?
Welche Therapieform (T4-Mono versus Kombination T4/T3)
Welcher TSH-Wert ist unter Substitution anzustreben?
Selensubstitution ja/nein
Zusammenfassung
2 Patientenfälle
1. Patientin 1975 - einfach
• Seit 4 Monaten zunehmende Müdigkeit, Adynamie,
Kälteintoleranz, Menstruationsstörungen, Heiserkeit,
Konzentrationstörungen, Schlafbedürfnis , Gewichtszunahme
(plus 5kg)
• Labor: TSH 58 mU/l, fT4 3.2pmol/l, fT3 1.6pmol/l
• Sonographie der Schilddrüse
Schilddrüsensonographie von Patientin 1
1. Patientin 1975 - einfach
• Seit 4 Monaten zunehmende Müdigkeit, Adynamie,
Kälteintoleranz, Menstruationsstörungen, Heiserkeit,
Konzentrationstörungen, Schlafbedürfnis , Gewichtszunahme
(plus 5kg)
• Labor: TSH 58 mU/l, fT4 3.2pmol/l, fT3 1.6 pmol/l
• Sonographie der Schilddrüse: Autoimmunthyreopathie
• Anti-TPO-AK 1790 ()
• Diagnose: Hypothyreose bei Autoimmunthyreopathie
• Therapie: Beginn mit L-Thyroxin
Resultat nach 4 Wochen
2. Patientin, 1979 – nicht so einfach
• Seit 3 Jahren therapierefraktärer M. Basedow
• Unter Néo-Mercazole 10mg pro Tag nie euthyreot, Patientin fühlt
sich fit und gut
• SD-Sonographie: Struma diffusa mit beginnendem knotigen
Umbau
• totale Thyroidektomie vor 9 Monaten, adäquate SDHormonsubstitution
•  Patientin fühlt sich müde. Sie hat seit der Operation 8kg an
Gewicht zugenommen, bereut Operation
Resultat 9 Monate nach Operation
Hypothyreose
• Häufige Ursachen
• Bei wem soll ein Screening durchgeführt werden?
• Wie soll substituiert werden?
• Substitution bei subklinischer Hypothyreose ja/nein?
Häufige Ursachen der Hypothyreose
– Autoimmunthyroiditis (Hashimoto-Thyroiditis)
– Schilddrüsenhormonsynthesestörungen
• Jodmangel
• angeboren
–
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–
–
Postoperativ
Radiojodtherapie
Medikamente (Amiodarone, Lithium, Iod)
Passager: subakute Thyroiditis, postpartum Thyroiditis
Screeening auf Hypothyreose
Wen?
- Frauen jeglichen Alters
- Alter > 40 Jahre
- unspezifische Beschwerden
- Geriatrische Patienten
- Risikopatienten
-Nach Hyperthyreosetherapie
-Nach Schilddrüsenoperation
-Kombiniertes Autoimmunsyndrom
-Raucher, Medikamente
Wen nicht?
- Männer < 40 Jahre
- Schwere extrathyroidale
Allgemeinerkrankung
- Low T3-Syndrom
- Hospitalisierte Patienten
- Gezielte Diagnostik
Substitution - L-Thyroxinbedarf
• T4-Bedarf bei Kindern und jungen Erwachsenen circa 1.8μg pro
kg KG
• T4-Bedarf bei älteren Menschen niedriger, circa 0.5μg pro kg KG
• T4-Bedarf niedriger bei Autoimmunthyreopathien als nach
Thyroidektomie
• T4-Bedarf bei milden Ausgangshypothyreosen eher niedriger
(circa 0.5μg pro kg KG)
Wie soll substituiert werden ?
• Keine KHK, Alter < 60
– L-T4 0.05mg bis
0.075mg/Tag
-
• KHK, Alter > 60
– L-T4 0.025 bis
0.05mg/Tag
TSH-Kontrolle alle 4-6 Wochen bis Euthyreose
Bei steady state halb- bis jährliche Kontrollen
Ausnahme: Schwangerschaft, siehe später
Ursachen von TSH-Anstieg
unter Substitution?
• Suboptimale Dosierung
• Progressive Abnahme der endogenen Thyroxinproduktion
• Verminderte Thyroxinabsorption
– Medikamenteninteraktionen
– Gastrointestinale Krankheiten mit Malabsorption
– Bariatrische Chirurgie
• Erhöhte Thyroxinclearance
– Medikamenteninteraktionen
– Schwangerschaft
– Systemisches Krankheiten
• Postmenopausale Hormonersatztherapie
Medikamenteninteraktionen
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Thyroxinabsorption 
Eisensulfat
Kalzium
Phospatbinder
Gallesäurebinder
Antazida
Sojaprotein
Thyroxineinnahme mit
Kaffe/Espresso
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Thyroxinclearance
Phenytoin
Carbamazepine
Phenobarbital
Rifampicin
Subklinische Hypothyreose
Diagnose: TSH , fT4 , (fT3 )
Häufigkeit Hypothyreose
9.5 %
davon subklinisch
7.5 %
Euthyreose
subklinische Hypothyreose
manifeste Hypothyreose
TSH
Normalwerte
fT3
fT4
Wickham Study 1972/74, Tunbridge 1977, Utiger 1994
Subklinische Hypothyreose:
Substitution ja/nein?
Risiko-Stratifizierung
Ja
T4-Therapie
TSH >10mU/L
Struma
TPO-Antikörper
Rauchen
Dyslipidämie (LDL-C)
Klinische Symptome
Ovulatorische Dysfunktion / Infertilität
Schwangerschaft
FRAGEN SIE DEN PATIENTEN!
Nein
jährlicher Follow-up
adapted from Cooper DS, NEJM 2001; 345: 260-5
Vd. a. Hypothyreose: Zulewski-Score
Zulewski H, JCEM 1997
Schilddrüsenhormonsubstitution
in der Schwangerschaft
Problematik Schwangerschaft und Schilddrüse
• Erhöhtes Risiko von Fehl-/Frühgeburten bei Hypothyreose in
Schwangerschaft
• Erhöhtes Risiko von Minderintelligenz bei Hypothyreose in
Schwangerschaft
• Erhöhtes Risiko von Fehl-/Frühgeburten bei euthyreoter
Autoimmunthyreopathie
• Schilddrüsenhormonbedarf in Schwangerschaft um bis zu 50%
erhöht
Schwangerschaft: Welches sind
die Schilddrüsennormwerte ?
TSH-Referenzwerte in der
Schwangerschaft sind anders
Schilddrüsenhormonsubstitution
in der Schwangerschaft
• Untersubstitution vermeiden!
• Sobald Schwangerschaft festgestellt
 sofortige Kontrolle von TSH, fT4 bei bekannter substituierter
Hypothyreose
• Schilddrüsenhormonbestimmung alle 4-6 Wochen während
Schwangerschaft und allenfalls Dosiserhöhung
• Ziel-TSH-Wert: circa 1mU/l (mindestens < 2mU/l)
• Laborkontrolle circa 2-3 Monate nach Geburt, eventuell
Thyroxindosisreduktion
• Substitution auch bei euthyreoter Autoimmunthyreopathie? Ja!
• Vor geplanter Schwangerschaft: TSH-Screening bei
Risikopatienten empfohlen
Schilddrüsenhormontherapie bei Depression?
Schilddrüsenhormontherapie
bei Depression: Mögliche Angriffspunkte
•  Beschleunigung des Wirkungseintritts von Antidepressiva durch
Schilddrüsenhormone („Akkzeleration“)
•  Wirkungsverbesserung der Antidepressiva durch
Schilddrüsenhormone („Augmentation“)
Bewirkt die Verabreichung von
T3 eine Akkzeleration? Eine Metaanalyse
Altshuler et al, 2001
Bewirkt die Verabreichung von
T3 eine Akkzeleration? Eine Metaanalyse
Kleine Patientenzahl
Altshuler et al, 2001
Bewirkt die Verabreichung von
T3 eine Akkzeleration? Eine Metaanalyse
Kleine Patientenzahl
Dosierung: 25g T3/Tag
Altshuler et al, 2001
Bewirkt die Verabreichung von
T3 eine Akkzeleration? Eine Metaanalyse
Kleine Patientenzahl
5/6 Imipramine
Dosierung: 25g T3/Tag
Altshuler et al, 2001
Bewirkt die Verabreichung von
T3 eine Akkzeleration? Eine Metaanalyse
Kleine Patientenzahl
5/6 Imipramine
Dosierung: 25g T3/Tag
5/6 Studien positiv
Altshuler et al, 2001
Wirkungsverbesserung („Augmentation“)
von Antidepressiva durch Schilddrüsenhormone?
Resultate/Problematik dieser Studie
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Nur Fallauswertung
Niedrige Patientenzahl (n=28)
Schwer depressive Patienten, hospitalisiert
4-5 verschiedene Antidepressiva/Neuroleptika
Aufdosierung von Thyroxin über 32Tage (9-70)
Durchschnittlich 350g Thyroxin/Tag
Resultate:
– 22% gutes Ansprechen (HAMD-21-Score)
– 39% partielles Ansprechen
– 39% Therapieabbruch wegen fehlender Wirkung oder
Nebenwirkungen (11-17%)
Fazit Depression und
Schilddrüsenhormontherapie
• Kein routinemässiger Einsatz von Schilddrüsenhormonen sowohl
zur „Akkzeleration“ als auch zur „Augmentation“
• Evidenz einer Wirkung muss durch kontrollierte umfangreichere
Studien erhärtet werden
Schilddrüsenhormontherapie zur
Behandlung der Fettleibigkeit
Einfluss einer T3-Therapie auf Serum-TSH und T4 sowie Gewichtsabnahme bei
euthyreoten adipösen Patienten während einer Kalorienreduktionsdiät
Gewichtsabnahme
Kaptein, E. M. et al. J Clin Endocrinol Metab,
2009;94:3663-3675
Copyright ©2009 The Endocrine Society
Einfluss einer T3- und T4-Therapie auf Herzfrequenz, cardiac output und
Mortalität bei euthyreoten Patienten mit nonthyroidal illnesses
Mortalität
Kaptein, E. M. et al. J Clin Endocrinol Metab 2009;94:3663-3675
Copyright ©2009 The Endocrine Society
Fazit
• Aktuelle Datenlage reicht nicht aus, eine Beurteilung betreffend
Fett- und Muskelabnahme bei übergewichtigen Patienten unter
Diät durch zusätzliche Gabe von T3 oder T4 zu machen
• Aktuelle Datenlage reicht nicht aus, eine Beurteilung zur
Morbidität und Mortalität durch zusätzliche Gabe von T3 oder T4
bei nonthyroidal illnesses (euthyreot sick syndrom) zu machen
•  Kein Einsatz von Schilddrüsenhormonen empfohlen
T4-Monotherapie oder
T4/T3-Kombinationstherapie?
Die Wirkung einer Kombinationstherapie versus
Monotherapie auf die Lebensqualität
Grozinsky-Glasberg, S. et al. J Clin Endocrinol Metab 2006;91:2592-2599
Kein Unterschied
Copyright ©2006 The Endocrine Society
Die Wirkung einer Kombinationstherapie versus
Monotherapie auf Müdigkeit
Grozinsky-Glasberg, S. et al. J Clin Endocrinol Metab 2006;91:2592-2599
Kein Unterschied
Copyright ©2006 The Endocrine Society
Fazit
• T4-Monotherapie bleibt Standartbehandlung bei Hypothyreose
• T4-T3-Kombinationstherapieversuch in ausgewählten Situationen
erlaubt
• Rückwechsel auf T4-Monotherapie bei fehlender klinischer
Verbesserung nicht verpassen!
Welcher TSH-Zielwert ist anzustreben?
Welcher TSH-Wert?  Risikostratifizierung
• Üblicherweise < 2mU/l
• Schwangerschaft: 1mU/l
• Gut differenziertes Schilddrüsenkarzinom:
– TSH-Suppression erste 2-3 Jahre nach Thyroidektomie und
Radiojodablation, danach im untersten Normbereich
• Patienten mit Struma diffusa: unterster Normbereich
• Ältere Menschen: Normbereich, subklinische Hyperthyreose
unbedingt vermeiden
• Risiko einer subklinischen Hyperthyreose (TSH < 0.1mU/l):
Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern), osteoporotische
Frakturen in der Postmenopause
Selensupplementation ja oder nein?
Selensupplementation ja oder nein?
• Spurenelement mit wichtiger Funktion in der Schilddrüse
• www.schilddruesen.ch
• Selensupplementation reduziert bei Schwangeren mit
Autoimmunthyreopathie das Auftreten einer permanenten
Hypothyreose und die Inzidenz einer postpartum-Thyroiditis (Negro
et al, 2007)
• Routinemässiger Einsatz nicht empfohlen
Zusammenfassung
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Screening auf Hypothyreose (Wen? Wen nicht?)
Behandlung subklinische Hypothyreose Wer? Wer nicht?
Beginn mit 0.05- 0.075mg L-Thyroxin pro Tag
T4-Monotherapie, Tabletteneinnahme nüchtern
Interaktionen von T4 mit anderen Medikamenten
TSH-Zielwerte: Risikostratifizierung
Kein Einsatz von T4 oder T3 zur Behandlung der Adipositas
Kein routinemässiger Einsatz von T4 oder T3 bei Depression
Schilddrüsenselbsthilfegruppen, die „alles wissen“
(www.schilddruese.ch)
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