Physiologie des Hormonhaushaltes in der Schwangerschaft

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Schilddrüse in der Schwangerschaft
März 2005
Prof. Dr. med. Karin Hengst
Med. Klinik und Poliklinik B
- Endokrinologie -
Referenzbereiche TSH
TSH (µIU/l) FT4
Schilddrüsengesunde Normalpersonen 0,3 - 4
normal
Euthyreose
0,46 – 4,5
normal
Subklinische Hyperthyreose
0,1 – 0,45
normal
Hyperthyreose
<0,1
erhöht
Subklinische Hypothyreose
4,5 - > 10
normal
Hypothyreose
>> 4,5
erniedrigt
Wirkungsweise
der Schilddrüsenhormone
Abhängig von der Hormonkonzentration:
• Physiologisch
• Unphysiologisch/pharmakodynamisch
–
–
Wirkung während der Wachstumsphase
Wirkung unabhängig vom Lebensalter
Wirkung der Schilddrüsenhormone
im Körper
auf
Zellstoffwechsel
Wachstum
Geistige Leistung
Nervenleitung
Herztätigkeit
Darmtätigkeit
Schilddrüsenhormone
und
Wachstum und Entwicklung
• Präpartal
– Enchondrale Ossifikation
– Auftreten von Knochenkernen
• Postpartal
– Längenwachstum
• Sekundärer STH-Mangel
– Organreifung
Schilddrüsenhormone
und
Wachstum und Entwicklung
• Präpartal
– Zerebrale Reifung
• Postpartal
– Morphologie ( Defekte) des ZNS
– Stoffwechsel (Veränderungen) neurologischer
Zellen
– Intellekt und Verhalten (Änderungen)
Schilddrüse und ZNS
Hyperthyreose
Hypothyreose
• Unruhe
• Nervosität
• Ermüdbarkeit,
Leistungsminderung
• Apathie
• Konzentrationsstörungen
• Intellektuelle
Leistungsfähigkeit
unverändert
• Verlangsamung,
Reizbarkeit, Depressionen
• Psychosen
• Schwerhörigkeit, Taubheit
• Enzephalopathie
• Polyneuropathien
• Karpaltunnelsyndrom
Schilddrüsenkrankheiten
in der Schwangerschaft
• Auswirkungen auf den Verlauf der
Schwangerschaft
• Auswirkungen für die Mutter
• Auswirkungen für das Kind
Physiologie der fetalen Schilddrüsenentwicklung
3. SSW
Descensus der Schilddrüsenanlage
5. SSW
Schilddrüse zweilappig ventral des
Schilddrüsenknorpels
10.-12. SSW
Jodspeicherung
Tyrosinsynthese, Kolloidbildung
Histologische Differenzierung von Hypothalamus und Hypophyse
12.-18. SSW
Reifung der hypophysären-thyreoidalen Regulation
Anstieg von TSH und T4
Plazentare Passage von Hormonen
und ausgewählten Stoffen
freier Austausch
kaum Austausch
Jod
TSH
TRH
T3
Propylthiouracil
T4
Thiamazol, Carbimazol
Propanolol
Stimulierende
Immunglobuline
Schilddrüsenveränderungen
in der Schwangerschaft
• physiologisch
• (pathologisch)
• Morphologie
– Schilddrüsengröße und -veränderungen
• Funktion
Morphologie der Schilddrüse
in der Schwangerschaft
Zunahme des Schilddrüsenvolumens
große Follikel
Kolloidreichtum
gesteigerte Sekretion von
Schilddrüsenhormonen
Die Schilddrüse ähnelt in der
Schwangerschaft einer Jodmangelstruma
Physiologie des Hormonhaushaltes
in der Schwangerschaft
• Vermehrung der Bindungsproteine unter
Östrogeneinfluß
• Zunahme der Gesamthormonkonzentration von
T3 und T4
• Freie Hormonkonzentration normal oder im
Normbereich vermindert
• TSH-Konzentration normal
Physiologie des Jodstoffwechsels
in der Schwangerschaft
Gesteigerte renale Jodidclearance
Vergrößerter Jodverteilungsraum
Jodversorgung des Feten
*
Verminderung der Plasmajodidkonzentration
Steigerung der Jodclearance der Schilddrüse
*
konstante absolute Jodaufnahme in die Schilddrüse
Jodmangel in der Schwangerschaft
Jodmangel der Mutter
Jodmangelstruma der Mutter
Jodmangel auch für den Feten
Strumen und Hypothyreosen bei Neugeborenen
ausreichende Jodzufuhr der Mutter
mindestens 200 µg täglich
Empfehlungen für die tägliche Jodzufuhr
Alter
Jodid (µg/Tag)
Säuglinge bis 4 Monate
Säuglinge 4 bis 12 Monate
Kinder 1 bis 4 Jahre
Kinder 4 bis 6 Jahre
Kinder 7 bis 9 Jahre
Kinder 10 bis 12 Jahre
Kinder 13 bis 15 Jahre
50
80
100
120
140
180
200
Jugendliche und Erwachsene 15 bis 50 Jahre
200
Erwachsene 51 Jahre und älter
Schwangere
Stillende
180
230
260
Empfehlungen für die Jodprophylaxe
• Verwendung von jodiertem Speisesalz/
Kochsalzersatz im Haushalt
• Verzehr von mit jodiertem Speisesalz/
Kochsalzersatz hergestellten Lebensmitteln (Brotund Fleischwaren)
• Regelmäßiger Verzehr von Seefisch und Milch
• Bei unzureichendem Effekt tägliche Substitution von
150-200 µg Jod (z.B. in Tablettenform)
Struma in der Schwangerschaft
• in Jodmangelgebieten
• Manifestation latenter Strumen
• Vergrößerung bereits vorhandener Strumen
Therapie der euthyreoten Struma
in der Schwangerschaft
Erstmanifestation bzw. Erstdiagnose:
Jodid 200 µ täglich
plus
75-150 µg L-Thyroxin täglich
*
bereits behandelte Struma:
Fortführung der Therapie
bei Levothyroxinmonotherapie-Kombination mit Jodid
Jodexzess in der Schwangerschaft
z.B. durch jodhaltige Sekretolytika
jodinduzierte Hypothyreose
des Feten
Schwangerschaft und Hyperthyreose
•Auftreten einer Hyperthyreose in der Gravidität
selten
•Auftreten einer Gravidität während der
Hyperthyreose
Selten
•Während der Hyperthyreosebehandlung
möglichst Kontrazeption
Plazentare Passage von Hormonen und
ausgewählten Stoffen
freier Austausch
kaum Austausch
Jod
TSH
TRH
T3
Propylthiouracil
T4
Thiamazol, Carbimazol
Propanolol
Stimulierende
Immunglobuline
Therapie der Hyperthyreose
in der Schwangerschaft
• geringe oder keine klinische Symptomatik
– kurzfristige Verlaufskontrolle
• ausgeprägte Hyperthyreose (Abort, Frühgeburt!)
– thyreostatische Monotherapie
– initial
• Thiamazol/Carbimazol 2-3 (4)x 5 mg/die
• Propylthiouracil 200 mg/die
• Therapiekontrolle:
– Schilddrüsenhormone im oberen Normbereich
– bei Absinken der Schilddrüsenhormone:
Dosisreduktion
Neonatale Störungen bei
Hyperthyreose in der Gravidität
Häufigkeit eines Morbus Basedow in der
Schwangerschaft 1-2 : 1000
Häufigkeit einer neonatalen Hyperthyreose 3 %
Häufigkeit einer neonatalen Hypothyreose 1 %
Konnatale Hyperthyreose
• meist passager
• durch mütterliche Immunglobuline
Neonatale Hyperthyreose
Symptomatik
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Frühgeburt
Struma
Exophthalmus
Tachykardie
Gesichtsflush
Unruhe, Hyperexzitabilität
schlechte Gewichtszunahme
Hepatosplenomegalie (pathologische Leberwerte)
Ikterus
Thrombozytopenie
Operative Therapie der Hyperthyreose
in der Schwangerschaft
Indikation:
schwere mechanische Probleme
hohe Thyreostatikadosen
Risiko:
erhöhte kindliche Mortalität
Besonderheiten:
präoperativ niedrig dosierte Thyreostase
Keine Jodidgabe - Gefahr der kindlichen Hypothyreose
Radiojodtherapie und Schwangerschaft
• in der Schwangerschaft kontraindiziert
• Schwangerschaftstest vor Radiojodtherapie
im gebärfähigen Alter
• Folge: Strahlenbedingte Hypothyreose beim
Kind
Hypothyreose und Schwangerschaft
schwere Hypothyreose
meist infertil
leichte Hypothyreose
erhöhte Abortneigung
im 1. und 2.Trimenon
therapierte Hypothyreose
gesunde Kinder
Therapie der Hypothyreose
in der Schwangerschaft
• Erstdiagnose
– sofortige einschleichende Substitution mit L-Thyroxin
– zusätzlich Gabe von Jodid 200 µg täglich
• bereits substituierte Hypothyreose
– unveränderte oder gering erhöhte Dosis
– Gabe von Jodid 200 µg täglich
• Aufklärung der Mutter
– Keine negative Hormonwirkung auf den Feten
– Verbesserung der Jodversorgung des Feten
Konnatale Hypothyreose
• Schilddrüsendysgenesien,
-agenesien
• Jodmangel
• Jodexzeß
• Bestrahlung
Kretinismus
• Struma
• Geistige Behinderung
• Kurze Finger, offene
Foramina, Minderwuchs
• trockene Haut
• Flache Nase
• Heisere Stimme
• Taubheit
Kindliche Hypothyreose
Symptomatik
Allgemein herabgesetzter Stoffwechsel
•
•
•
•
Trinkfaulheit, Ernährungsschwierigkeiten,
Obstipation
auffallend ruhig, großes Schlafbedürfnis,
verlangsamte Reflexe
trocken-kühle Haut, blasses Kolorit,
rauhe, heisere Stimme
Verzögerte Entwicklung
•
•
•
•
•
•
Nabelhernie
verlängerter Neugeborenenikterus
psychomotorischer Entwicklungsrückstand
Intelligenzdefekte, neurale Störungen
Wachstums- und Reifungsrückstand
verzögerter Zahndurchbruch
Postpartum-Thyreoiditis
• Prävalenz ca. 5 -8 % aller Schwangerschaften
• Bei positiven Autoantikörpern gegen TPO u/o
TG entwickelt sich in 60 – 80 % eine
Schilddrüsendysfunktion
• Eine persistierende Hypothyreose entwickelt
sich in 25-30 %
Subklinische Hypothyreose
• Mögliche Indikationen zur Therapie
–
–
–
–
–
–
–
–
Nicht in jedem Fall
In der Pubertät
Bei Fertilitätsproblemen
In der Schwangerschaft
Bei gleichzeitiger Struma
Bei gleichzeitiger Fettstoffwechselstörung
Bei Hashimoto-Thyreoiditis
Bei Symptomen einer manifesten Hypothyreose
Subklinische Hypothyreose
• Praktisches Vorgehen
– bei Schwangerschaftswunsch
• Vorerkrankung?
• Begleiterkrankung?
• Positive Familienanamnese
Therapieoptimierung
• Behandlung?
– In der Schwangerschaft
Therapiepflicht
• regelmäßige Kontrollen
– alle 8 bis 12 Wochen
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