FÜTTERUNG + ERNÄHRUNGSFEHLER BEI REPTILIEN Priv. Doz. Dr. Petra Kölle Fachtierärztin für Reptilien und Fische Andreas-Wagner-Str. 1 A 85640 Solalinden Allgemeines > 5.000 Reptilienspezies Poikilothermie Verbreitung weltweit mit Ausnahme von Arktis, Antarktis und Grönland völlig verschiedene ökologische Nischen und Ernährungsweisen Verdauungstrakt Schildkröten: keine Zähne, dafür Hornleisten Zähne: Echsen + Schlangen, z. T. zu Giftzähnen umgebildet Kiefer bei Schlangen extrem beweglich Zunge: v.a. bei Echsen + Schlangen Geruchsorientierung (Jacobson`sches Organ) Verdauungstrakt karnivore Spezies: Dickdarm kaum entwickelt herbivore Spezies: voluminöser u. stark segmentierter Dickdarm, intensive mikrobielle Verdauung, m.o.w. ausgeprägter Blinddarm Kloake Verdauungsphysiologie Verdauung temperaturabhängig! z.T. Nahrungsspektrum temperaturabhängig und altersabhängig (Wasserschildkröten) gewisse Chitinaseaktivität bei Insektivoren Darmpassage unterschiedlich in Abhängigkeit von Reptilienspezies, Größe, Nahrung und Temperatur Verdauungsphysiologie z.T. sehr weites Spektrum, z.T. Futterspezialisten Stoffwechselrate soll 7x geringer sein als bei Säugern vergleichbarer Größe Erhaltungsbedarf variiert von 50 – 60 kJ ME/kg KM 0,75 Futteraufnahme: 2-14 g TS/kg KM und Tag Nahrungsspektrum Schlangen ausnahmslos karnivor meistens Kleinsäuger, Vögel, Eier, Fische, Echsen, andere Schlangen Spezialisten.: - Grasnattern: Insekten, Spinnentiere - Eierschlangen: Eier - Schneckennatter: Schnecken - Strumpfbandnattern: Fische, Regenwürmer, Schnecken - Königskobra, Königsnattern: Schlangen (Ophiophagie) Nahrungsspektum Echsen karnivor: Warane, Teijus, Panzerechsen insektivor: Geckos, Agamen, Chamäleons omnivor: Bartagamen herbivor: Grüner Leguan, Chuckwalla, Dornschwanzagamen Nahrungsspektrum Schildkröten herbivor: mediterrane Landschildkröten omnivor: Schmuckschildkröten, manche tropische Landschildkröten, Dosenschildkröten karnivor: einige Wasserschildkröten (Geier-, Schnappschildkröte) Fütterungspraxis Karnivore: i.d.R. Nager (Mäuse, Ratten, Gerbils) Insektivore: Mehlwürmer, Grillen, Heimchen, Schaben, Drosophila, Zophobas Herbivore: Salat, Gemüse, Obst, Wildkräuter Fertigfutter: v.a. Wasserschildkröten, Grüne Leguane Wichtig!!! Supplementierung von Kalzium und Vitaminen je nach Art und Ration Fertigfutter v.a. für Leguane und andere Echsen, Wasser- und Landschildkröten Landschildkrötenpellets: i.d.R. zu proteinreich (Ausnahme: Heucobs) in vielen Fällen nicht unbedingt empfehlenswert! Fütterungspraxis Schildkröten + herbivore Echsen Fütterung täglich LSK: Fütterung morgens v.a. Wildkräuter wenn Salat, dann Romana, Batavia, Endivien nicht zu viel Obst (Fehlgärungen, Durchfall) keine Verfütterung tierischen Proteins!!! keine Milch- oder Getreideprodukte LSK aus ariden Habitaten: Heu ad lib. Kalziumquelle (Sepia, Eierschalen, Ca-karbonat) Fütterungspraxis Sumpf- u. Wasserschildkröten Futteraufnahme erfolgt i.d.R. nur im Wasser meistens omnivor Fütterungsfrequenz: juvenile täglich, semiadulte alle 2 Tage, adulte 2- 3x pro Woche Futtermittel: (Wasser-)pflanzen, Salat, Fertigfutter (Sticks, Pellets), getrocknete Bachflohkrebse, Krebstiere, Schnecken, Regenwürmer, Insekten, „Schildkrötenpudding“ vermehrt Aufnahme pflanzlicher Nahrung bei steigender Temperatur Fütterungspraxis insektivore Echsen + Grasnattern Fütterung je nach Aktivitätszeit Bestäuben der Futtertiere mit VitaminMineralstoffgemisch o. Verfütterung spezieller Diät Futtertiere sollten in kurzer Zeit aufgefressen sein kleine Echsen + Jungtiere tägliche Fütterung, mittelgroße 2-3x/Woche, Großechsen 1 x pro Woche viele als karnivor geltende Echsen nehmen ab und zu auch überreifes Obst, Nektar, etc. auf Fütterungspraxis karnivore Echsen + Schlangen möglichst gut gefütterte Beutetiere verfüttern Totfütterung in vielen Fällen möglich (erleichtert Bevorratung, Vermeidung von Verletzungen) Fütterungsfrequenz je nach Größe von 2-3 x pro Woche bis alle 2-3 Wochen Evtl. Annahme nur best. Farben + Arten von Futtertieren Schlangen häufig nachtaktiv Fütterung abends Wasser sauberes Wasser muss stets zur Verfügung stehen! (auch bei Wüstentieren) Behälter sollte so groß sein, dass die Tiere auch darin baden können manche Echsen, v.a. Chamäleons, trinken nicht aus Schale (sprühen, Tropftränke,von Hand tränken mit Pipette, Infusionsbesteck, Vernebler, etc. erforderlich) Fütterungsbedingte Krankheiten bei Reptilien • treten vor allem bei Schildkröten, Panzerechsen und Echsen relativ häufig auf (bei ca. 40 % der Reptilienpatienten) • bei Schlangen eher selten • Diagnose durch eingehende Anamnese und zum Teil typisches klinisches Bild sowie weitergehende Untersuchungen, insbesondere Blutuntersuchung Fehlerquellen bei der Fütterung Überversorgung • Energie • Nährstoffe • Vitamine • Protein Fehlerquellen bei der Fütterung Unterversorgung • Energie • Nährstoffen • Vitamine • Mineralstoffe • Rohfaser • Wasser Adipositas Ä: • beschränkte Bewegung (Terrarium, Freigehege) • leicht zu erreichendes Futter • übermäßige Fütterung • zu reichhaltige und/oder zu ballaststoffarme Fütterung S: • Hervorquellen aus Panzer, Umfangsvermehrung Anat.-patholog. Befund: Fettleber Th: • restriktive Fütterung, „environmental enrichment“ Kachexie Ä: • zu wenig Futter, falsches Futter (ophiophage Schlangen, Trugnattern und andere Nahrungsspezialisten), meistens nicht fütterungsbedingt! S: • dreieckiger Querschnitt (Schlangen), Beckenknochen herausstehend (Echsen) Th: • adäquate Fütterung Fütterung: Vitamin-A-Mangel V: • (juvenile) Wasser- und Sumpfschildkröten Ä: • einseitige Fütterung (Trockenfutter) S: • Blepharoödem, käsige Massen im Auge, evtl. Pneumonie, evtl. Otitis Th: • 10.000 I.E. Vit A aquosum i.m., Augen lokal Fütterung: Vitamin-A-Hypervitaminose V: Landschildkröten Ä: Zugabe von Vitaminpräparaten mit hohem Vitamin-A-Anteil S: • Dermatitis mit Ablösung der Epidermis Th: • symptomatisch (Antibiose, Schwarzteebäder) Fütterung: Thiaminmangel V: Ä: S: Th: v.a. piscivore Reptilien Fütterung mit Fischstückchen zentralnervöse Erscheinungen Vitamin-B-Komplex mit 10 mg/kg i.m., 2-3x im Abstand von 2-3 Tagen Fütterung: Vitamin-C-Mangel V: Ä: S: Th: v.a. Königspythons minderwertige Futtertiere dünne, rissige Haut eine Messerspitze Vitamin C in Wasser gelöst per Magensonde, Wiederholung nach ca. 7 Tagen Fütterung: Vitamin-D-Mangel V: prinzipiell alle Echsen u. Schildkröten Ä: kein UV-Licht, inadäquates Futter, unzureichende Vitaminisierung des Futters S: Panzerdeformationen, weicher Panzer, weiche Knochen Th: Vit. D aquosum 10.000 I.E. i.m., Wiederholung nach 14 Tagen, UV-Licht!!! Fütterung: Vitamin-E-Mangel V: • Panzerechsen Ä: • Verfütterung von totem Fisch S: • Steatitis, Myodegeneratio cordis, klin. S. unspezifisch! Th: • Vit. E aquosum (100 mg Tocopherolacetat/kg KGW) i.m., Wiederholung nach 1 Woche Fütterung: Kalziummangel bei Herbivoren oft in Kombination mit Mangel an kaufähiger Faser V: • prinzipiell alle Echsen u. Schildkröten Ä: • inadäquate Fütterung S: • Diarrhoe, Lithophagie, Schnabelbildung, weicher Knochen/Panzer Th: • Kalziumpräparate Herbivore: Sepiaschale, gemahlene Eierschalen Karnivore: ganze Futtertiere Fütterung: Jodmangel V: • v.a. mediterrane Schildkröten Ä: • inadäquate Fütterung S: • Atem- und/oder Schluckbeschwerden durch Kropfbildung Th: • eine Prise Kaliumiodid ins Badewasser Fütterung: übermäßige Proteinzufuhr V: • v.a. herbivore Reptilien Gicht! Blasensteine (Urate!) Ä: • inadäquate Fütterung (Katzenfutter, handelsübliches Schildkrötenfutter) S: • meist sehr unspezifisch, evtl. Verdickung der Gelenke, Nierensymptomatik, Blasensteine Th: • Futterumstellung, Allopurinol, Infusionen, täglich baden Wassermangel V: Landschildkröten, Regenwaldbewohner, Chamäleons S: LSK: höckriger Panzer, Nephropathien Echsen: Nephropathien Th: LSK: regelmäßig baden Echsen: Vernebler, Tropftränken, sprühen, von Hand tränken....