Borgenheimer_DGTB_Tagung_2008

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Pädagogische Hochschule Freiburg
Lernen durch
computersimuliertes Experimentieren
Eine Untersuchung zum Einfluss von Prompts
auf die Lerneffektivität.
Bernd Borgenheimer
Pädagogische Hochschule Freiburg
9. DGTB-Tagung: „Guter Technikunterricht“
12.09.2008
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
Pädagogische Hochschule Freiburg
Inhalt
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Computersimuliertes Experimentieren
Strategische Förderung
Prompting
Empirische Studie
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
Pädagogische Hochschule Freiburg
Computersimuliertes Experimentieren
Möglichkeiten und Potenziale
Der Lernende kann
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einen Lerngegenstand erkunden, ihn explorativ manipulieren und
die Auswirkungen dieser Veränderungen unmittelbar und
anschaulich am Bildschirm beobachten (Fies, 2000)
im Sinne eines konstruktivistischen Lehr- Lernansatzes selbst aktiv
sein Wissen konstruieren (Gerstenmaier & Mandl, 1995)
angepasst an sein individuelles Lerntempo funktionale
Zusammenhänge in einer virtuellen Welt erschließen (Urhahne
et al., 2000)
die Zusammenhänge quantitativ als Gesetzmäßigkeiten
beschreiben
unabhängig von den Möglichkeiten in der Schule Experimente
durchführen
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
Pädagogische Hochschule Freiburg
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
Pädagogische Hochschule Freiburg
Anforderungen und Schwierigkeiten
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beim systematischen Durchführen der einzelnen Experimentierschritte
bzw. Handlungen
beim Formulieren von Hypothesen, beim Planen und Durchführen von
Experimenten, beim Interpretieren von Daten
beim Lenken der Aufmerksamkeit auf relevante Variablen
beim Beschreiben der Relationen zwischen den Variablen
Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten  hohe kognitive und
metakognitive Anforderungen
Förderung des strategischen Lernens beim computersimulierten
Experimentieren
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
Pädagogische Hochschule Freiburg
Strategische Förderung
Zwei Arten strategischer Förderung (Friedrich & Mandl, 1992;
Bannert, 2007)

direkte Förderung
explizite Nennung und Vermittlung von Prinzipien des effektiven
Lernens und Denkens; z.B. durch Lernstrategietraining

indirekte Förderung
optimales Anregen des Lernens und Denkens, ohne die Prinzipien
effektiven Lernens explizit zu nennen; z.B. durch Prompts (= Anregung)
indirekte Förderung des strategischen Lernens durch Prompts
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Prompting

instruktionale Maßnahme, die den Lernenden während des
Lernprozesses zur Ausführung kognitiver, metakognitiver und
motivationaler Prozesse anregt

Annahme: Der Lernende verfügt über lernförderliche Kenntnisse bzw.
Fähigkeiten (Produktionsdefizit (Haselhorn, 1996)). Das gewünschte
Verhalten wird nur nicht spontan gezeigt bzw. ausgeführt.

direkte Prompts, sog. „klassische Prompts“ (Bannert, 2007;
Thillmann, 2007)

indirekte Prompts (Unz, 2000)
indirekte Prompts als Verbalisationsinstruktion
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Handlungs- vs. Handlungs- und Verarbeitungsprompts
Handlungsprompts (HP)
Fordern zu bestimmten Handlungen auf.
Beispiele:


Führe zu jeder Schaltung Experimente durch!
Trage die Messergebnisse der Experimente in das Messprotokoll ein!
Handlungs- und Verarbeitungsprompts (HVP)
Fordern zu bestimmten Handlungen und zur Verarbeitung der durch die
Handlungen gewonnenen Informationen auf.
Beispiele:



Trage die Messergebnisse der Experimente in das Messprotokoll ein!
Erkläre dir die Ergebnisse! Schreibe deine Erklärungen auf!
Formuliere mit eigenen Worten einen Ergebnissatz
a) für die Spannung bei der Reihenschaltung!
b) für die Stromstärke bei der Reihenschaltung!
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Forschungsfrage
Führt das gezielte Initiieren, Strukturieren und Fördern der Lernprozesse
mittels Handlungs- und Verarbeitungsprompts, im Gegensatz zum
Initiieren, Strukturieren und Fördern der Lernprozesse mittels
Handlungsprompts beim computersimulierten Experimentieren zu einem
höheren Lernerfolg bei den Lernenden?
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Empirische Studie
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Stichprobe: 121 Hauptschülerinnen und Hauptschüler (39 Mädchen
und 92 Jungen)
Klassenstufe 9 aus 5 verschiedenen Hauptschulen in
Baden-Württemberg
Altersdurchschnitt betrug ca. 15 Jahre (M = 14.53, SD = 0.87)
Experimentalgruppe (Handlungs- und Verarbeitungsprompts (HVP)):
n = 61
Kontrollgruppe (Handlungsprompts (HP)): n = 60
Zuteilung zu den experimentellen Bedingungen nach dem
Matching-Verfahren (Bortz & Döring, 1995)
Lernmaterial: virtueller Experimentierbaukasten im Bereich Elektrik
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Prompt
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Zeitlicher Verlauf der Studie
1.–6. Unterrichtsstunde:
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Einführung in die Untersuchung
Kennenlernen und Arbeiten mit dem Simulationsprogramm
Erfassung: Computernutzung (14–18 min); Strategiewissen
(10–15 min); domänenspezifisches Vorwissen (20–25 min)
7.–9. Unterrichtsstunde:




Einteilung der Schülerinnen und Schüler in die Kontroll- und
Experimentalgruppe
Einführung in den Aufbau und die Bedienung der interaktiven Lektion
„Reihenschaltung“ (20 min)
Lernphase mit der interaktiven Lektion „Reihenschaltung“ (45 min)
Erfassung: Einstellung vor bzw. nach der Lernphase (4–5 min);
Lernerfolg (20–25 min) (Vorwissen, Wissen wiedergeben, Wissen
anwenden, Wissen transferieren und verknüpfen)
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Ergebnisse der Studie
Im Durchschnitt konnten im Nachtest 9.42 (SD = 5.41) Items mehr richtig
beantwortet werden als im Vortest. Diese Differenz ist statistisch
Mittelwerte
Vor- und
bedeutsam (t (120) = - 19.167;
p <des.01)
undNachtests
mit d = 1.80 als starker Effekt
zu betrachten.
Anforderungsbereich "Wissen
anwenden"
Mittelwerte und Standardabweichungen
des
Vor- und Nachtests getrennt
Summe_2_V
nach Vorwissen
5,00
Summe_2_N
Vorwissen
(11Items)
max.4,00
11.00
Mittelwert
10.00
9.00
8.00
3,00
7.00
6.00
F (1,120) = 4.48, p = .03
5.00
2,00
4.00
d = .43
3.00
2.00
1,00
1.00
0.00
0,00
Kontrollgruppe (HP)
Kontrollgruppe
M=8.35
M=9.07
SD=2.51 SD=2.06
Experimentalgruppe (HVP)
M=8.04
Studentengruppe
SD=2.58 SD=1.78
Vortest
12.09.2008
M=9.63 Experimentalgruppe
Nachtest
Bernd Borgenheimer
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Mittelwerte und Standardabweichungen des Vor- und Nachtests getrennt
Mittelwerte des Vor- und Nachtests
Mittelwerte des Vor- und Nachtests
Mittelwerte des Vor
nach Anforderungsbereichen
Anforderungsbereich
Anforderungsbereich
Anforderungsbereich
Anforderungsbereich "Wissen anwenden" Anforderungsbereich "Wissen anwenden"
Anforderungsbereich "
5,00
Wissen wiedergeben
(8 Items)
5,00
Wissen anwenden
(5 Items)
Summe_2_V
5,00
Summe_2_N
max. 5.00
max. 8.00
4,00
7.00
Wissen transferieren und
verknüpfen
Summe_2_V
(7 Items)Summe_2_N
max. 7.00
4,00
4,00
6.00
4.00
5.00
3,00
4.00
3.00
2,00
2.00
Mittelwert
5.00
Mittelwert
Mittelwert
6.00
3.00
3,00
2.00
2,00
1.00
3.00
2.00
2,00
1.00
1.00
0.00
0.00
1,00
1,00
Kontrollgruppe (HP) Experimentalgruppe (HVP)
M=2.48
0,00
3,00
4.00
M=5.22
SD=1.96 SD=1.71
M=2.65
SD=1.92
SD=1.35
Kontrollgruppe (HP) Experimentalgruppe (HVP)
M=1.13
M=6.79
Kontrollgruppe
0.00
M=2.77
M=1.17
SD=1.29 SD=1.38
0,00
Experimentalgruppe
Kontrollgruppe
Studentengruppe
1,00
Kontrollgruppe (HP) Experimentalgruppe (HVP)
M=1.51
M=4.43
SD=1.23 SD=0.89
SD=1.69 SD=1.76
0,00
Experimentalgruppe
Studentengruppe
M=2.79
M=1.50
M=4.69
SD=1.56
SD=1.70
Kontrollgruppe
Vortest
Nachtest
Studentengruppe
F (1,120) = 12.75, p = .001
F (1,120) = 31.90, p < .01
F (1,120) = 32.00, p < .01
d = .87
d = 1.34
d = 1.05
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Diskussion und Ausblick
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
Einfluss der Computernutzung, des vorhandenen Strategiewissens,
der Einstellung vor bzw. nach der Lernphase auf den Lernerfolg
Übertragung der Strategie auf andere Kontexte bzw. auf andere
komplexere Simulationen
Darbietung der Prompts als direkte Prompts
Durchführung von follow-up-Studien
Durchführung eines fadings
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Bernd Borgenheimer
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Literatur
Bannert, M (2007). Metakognition beim Lernen mit Hypermedien. Erfassung, Beschreibung und Vermittlung
wirksamer metakognitiver Strategien und Regulationsaktivitäten. Münster: Waxmann.
Bortz, J., & Döring, N. (1995). Forschungsmethoden und Evaluation. Heidelberg: Springer.
Fies, H. (2000). Simulationsprogramme für den Technikunterricht. In B. Sachs & C. Sachs (Hrsg.),
Neues Lernen mit neuen Mitteln (S. 54–66). Hamburg: Kovac.
Friedrich, H.F., & Mandl, H. (1992). Lern- und Denkstrategien – ein Problemaufriß. In H. Mandl &
F.H. Friedrich (Hrsg.), Lern- und Denkstrategien (S. 3–54). Göttingen: Hogrefe.
Gerstenmaier, J., & Mandl, H. (1995). Wissenserwerb unter konstruktivistischer Perspektive. Zeitschrift für
Pädagogik, 41, 867–888.
Haselhorn, M. (1996). Kategoriales Organisieren bei Kindern. Zur Entwicklung einer Gedächtnisstrategie.
Göttingen: Hogrefe.
Thillmann, H. (2007). Selbstreguliertes Lernen durch Experimentieren: Von der Erfassung zur Förderung.
Verfügbar unter: http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate18970/Dissertation_Thillmann_online-Version.pdf [26.05.08].
Unz, D. (2000). Lernen mit Hypertext. Informationssuche und Navigation. Münster: Waxmann.
Urhahne, D., Prenzel, M., von Davier, M., Senkbeil, M., & Bleschke, M. (2000). Computereinsatz im
naturwissenschaftlichen Unterricht. Ein Überblick über die pädagogisch-psychologischen
Grundlagen und ihre Anwendung. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 6, 157–186.
12.09.2008
Bernd Borgenheimer
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Bernd Borgenheimer
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