10. Einheit

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Einheit 10
Handel 1: Handel und
Entwicklung
Vorlesung Entwicklungsökonomie
Wintersemester 2007/2008
Cornelia Staritz
[email protected]
Zitat von Friedrich List, 1841:
„In keinem Zweige der politischen Ökonomie
herrscht so große Verschiedenheit der Ansichten
zwischen den Theoretikern und Praktikern, wie
in Betreff des internationalen Handels und der
Handelspolitik. Zugleich gibt es keine Frage auf
dem Gebiete der Wissenschaft, die (…) von so
hoher Bedeutung wäre.“
Überblick
• Handelstheorien:
– Ricardos „Komparative Kostenvorteile“
– Hekscher-Ohlin Model
– Lists „Erziehungszölle“
– Dependenztheorie – Prebisch-Singer These
– Importsubstitution - ISI
• Importsubstitution versus Exportförderung?
• Institutionen des Welthandels
– WTO: GATT, GATS, TRIPS
Ricardos „Komparative
Kostenvorteile“
• Adam Smith (1723-1790) – absolute Kostenvorteile
• David Ricardo (1772-1823) – komparative/relative
Kostenvorteile
• Unterschiede erklärt durch unterschiedliche
Technologien und Produktivität
• Terms of Trade (ToT) passen sich an um Wert von
Importen und Exporten auszugleichen: Handelsdefizit
 Verbesserung der ToT  Reduktion des Defizits
• Annahmen: zwei Länder, zwei Güter, keine
Transportkosten, konstante Skalenerträge, Arbeit als
einzigen und mobilen Produktionsfaktor,
Vollbeschäftigung
Heckscher-Ohlin Model
• Faktorproportionen-Theorem
• Unterschiedliche komparative Kosten aufgrund von
unterschiedlicher Ausstattung mit Produktionsfaktoren
(Arbeit, Kapital, Land)
• Länder sollen sich auf die Produktion von Gütern
konzentrieren, die rel. viel Produktionsfaktoren
benötigen, die reichlich vorhanden sind und Güter
importieren, die rel. viel von knappen
Produktionsfaktoren benötigen.
• Gleiche Annahmen wie „Komparative Kostenvorteile“
Probleme
• Annahmen nicht realistisch:
– 2 Länder/2 Güter
– absolute Faktormobilität und Vollbeschäftigung  „1/3
of world´s workforce are unemployed or
underemployed“ (ILO)
– konstante Skalenerträge  Graheem´s Paradoxon
– Transportkosten
• keine Anpassung der Wechselkurse aufgrund von
Handelsungleichgewichten  Kapitalflüsse
• Preis-Veränderungen  Terms of Trade
• Statische Betrachtung  Industrialisierung
• Internationale Arbeitsteilung
• Geschichte  Vorteile werden politisch gemacht, „a
country´s comparative advantages are entirely artificial“
Lists „Erziehungszölle“
• Friedrich List (1789–1846):
– Welche Strategie – Freihandel versus Schutzzölle –
am besten für nachholende Entwicklung?
– Dynamische Betrachtung
– Infant Industries  Erziehungszölle
– Stufenweise Importsubstitution
– Weltmarkt ist durch Hierarchisierung geprägt
(Dominanz Englands)
• Alexander Hamilton (1757-1804)
• „no person on bill in US would get an IMF or Worldbank
loan“ (Chang)
Dependenztheorie
• Lateinamerika, Reaktion auf Modernisierungstheorie
• Ungleiche Entwicklung ist die nicht Folge einer
mangelhaften Integration in den Weltmarkt, sondern
dessen Konsequenz
• Prebisch-Singer-These:
– Terms of Trade (ToT) sind die Austauschverhältnisse im
intern. Handel, bestimmt durch Preisstruktur der
Importe und Exporte
– Preiselastizität: Gibt an, um wie viel die nachgefragte
Menge eines Gutes sich verändert, wenn der Preis
eines Gutes steigt.
– Einkommenselastizität: Gibt an, um wie viel die
Nachfrage sich verändert, wenn das Einkommen steigt.
Dependenztheorie
 Langfristig verschlechtern sich die Preise der
Primärgüter gegenüber der Industriegüter. Dadurch
müssen EL immer mehr exportieren, um eine konstante
Menge an Importen zu finanzieren.
– Niedrige Preiselastizität der Nachfrage
– Niedrige Einkommenselastizität
– Angebot
 Der technische Fortschritt bleibt auf die IL beschränkt
 In IL können Produktivitätsfortschritte über höhere Löhne
an ArbeiterInnen weitergegeben werden, in EL nicht da
auf Produkt- und Arbeitsmärkten höherer Wettbewerb
 Verschlechterung der ToT auch bei „low and mediumtech manufacturing products“
Importsubstitution (ISI)
• Beschränkung der Importe um chronische
Kapitalknappheit zu vermeiden, Importe von
Kapitalgütern statt Konsumgütern
• Schutz von jungen Industrien
• Problem der Einkommenselastizitäten
• Probleme der ISI:
– Statt kfr. Erziehungszölle lfr. Zollmauern
– Konzentration auf nationalen Markt, keine
Diversifizierung der Exporte, Produktion von
Kapitalgütern blieb aus
– Alle Sektoren außer Industrie wurden vernachlässigt,
spez. Landwirtschaft
– Negative externe Faktoren: Kreditschwemme aus den
IL, fallende Rohstoffpreise, Zinserhöhung der USA
Ende 1970 führt zu Verschuldungkrise  Zwang zur
Änderung der Politik
Importsubstitution versus
Exportförderung?
• Ansicht von Mainstream-ÖkonomInnen und IWF,
Weltbank, WTO: „Der beste Weg zur Entwicklung ist
Freihandel“
– Mike Moor (former Director General of WTO): „the
surest way to do more to help the poor is to continue to
open markets“
• Gegenposition: Protektionismus, „across-the-board IS“
• Differenziertere Sichtweise: „to be pro trade is not the
same as to be pro free trade“ (Chang)
Importsubstitution versus
Exportförderung?
Empirie:
• Wachstum in unterschiedlichen Phasen
• Heute entwickelte Länder
• Südostasiatische Tiger, China
• „almost all of succesful export-oriented growth has come
with selective trade and industrial policies“, „there are no
countries that have achieved strong growth rates of
output and exports following wholesale liberalization
policies“ (Stiglitz, Rodrik, Chang, etc.)
Institutionen des Welthandels
• 1947 Konferenz von Bretton Woods
– Weltbank
– IWF
– Internationale Handelsorganisation (ITO)
• Aus Drillingen wurden Zwillinge  GATT
– Abbau von Zöllen und anderen Handelshemnissen
– Nicht: Landwirtschaft und Textilien
– 8 Runden
– Uruguay-Runde 1986-1994:
• Neue Themen: Landwirtschaft (AoA), Textilien und
Kleidung (ATC), Dienstleistungen (GATS), Schutz
geistiger Eigentumsrechte (TRIPS)
• Gründung der WTO
Institutionen des Welthandels
• WTO-Gründung: Jänner 1995, heute 151 Mitgliedsländer
• 3 Säulen:
– GATT: Waren
– GATS: Dienstleistungen
– TRIPS: geistiges Eigentum
• AoA: Landwirtschaft
• DSU – Streitbeilegungsverfahren
• Nicht Bestandteil des UN-Systems, Freihandelsziel
• Grundprinzipien:
– Meistbegünstigung
– Inländerbehandlung
– fortschreitender Liberalisierung
Institutionen des Welthandels
• Entscheidungsstrukturen:
– „one country – one vote“
– Quads (USA, Japan, EU, Kanada)
– Vertretung und Verhandlungen in Genf
– „green rooms“ und Ministerkonferenzen
• Ministerkonferenzen:
– 1997 Singapur – Singapur-Themen: Investitionen,
Wettbewerbspolitik, öffentliche Beschaffung,
Handelserleichterungen
– 1998 Genf
– 1999 Seattle
– 2001 Doha
– 2003 Cancún
– 2005 Hong Kong
Institutionen des Welthandels
• Veränderung bei Institutionen:
– Krise der WTO
– Freihandelsabkommen nicht nur auf multilateraler
Ebene, zunehmend auf bilateraler Ebene
– Bilaterale Freihandelsabkommen oft weitreichender
– Global Europe
• Veränderung der Struktur des Welthandels:
– Welthandel läuft zunehmend innerhalb und zwischen
unterschiedlichen Handelsblöcken ab
– Globale Produktionsnetzwerke: GCC, GPN, GVC
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