„Eine Lehre vor dem Studium nutzt wenig“ „Doppelqualifikation zahlt sich aus“ ? ? ? FAZ, 22.Juli 1995 Tagesspiegel, 27.01.1997 ? Was denn nun? ? Technische Universität Dresden Institut für Soziologie Forschungsseminar: Berufsverläufe von Hochschulabsolventen Dozent: Dipl. Soz. Mike Referenten: Kathrin Hoppe, Theresa Kirschner Berufseinmündung von Akademikern Büchel/Helberger versus HIS Gliederung: 1. Büchel/Helberger versus HIS Studie- eine Einführung 2. Büchel/Helberger 3. HIS Studie 4. Unterschiedliche Untersuchungskriterien 5. Überprüfung beider Studien – die Bellmann-Studie 6. Diskussion- Soziale Herkunft und berufliche Leistungsfähigkeit 09.01.2007 Büchler/Helberger versus HIS • Fragestellung: Finden Akademiker mit einer zusätzlichen Berufsausbildung (Doppeltqualifizierte) gegenüber solchen ohne Zusatzausbildung (Direktqualifizierte) einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt? • Ausgangssituation: 1994 jeder 7. Studienanfänger vorherige Berufsausbildung (Lehre) • Motive und Nutzen dieser Bildungsstrategie? Thesen: Bildungsschwächere Herkunft >Unsicherheit > handlungsbestimmendes Motiv Risikominimierung • zwei verschiedene Studien mit unterschiedlicher Bewertung: Übereinstimmung der Ergebnisse wie Bildungsherkunft, Risikoverhalten und Einkommen des ersten Arbeitsplatzes aber: Unterschiedliche Bewertung der Dynamik der Berufseinmündung Büchel/Helberger (1995) • SOEP-Daten • westdeutsche Hochschulabsolventen 1984-1993 • retrospektiv • Betrachtung von Direkt-Abiturienten • Befragungszeitraum : 1 ½ Jahr nach Studienabschluss • erfolgreicher Übergang = ausbildungsadäquate Tätigkeit Inadäquate zählt als Person mit Suchstatus Ergebnis: doppeltqualifizierte Universitätsabsolventen seltener in der „erfolgreichen Gruppe“ repräsentiert als Direktqualifizierte Negative Bewertung von Doppelqualifikationen HIS Studie (1996) • Absolventenbefragung, überwiegend von 1993 • Befragungszeitraum: 1 ½ Jahre nach Studienabschluss Aufteilung in einzelne Monate und einzelne Fachrichtungen • dabei 3 spezielle Fachrichtungen ausgewählt: Wirtschaftswissenschaft Ingenieurwissenschaft Humanmedizin > Auswahl ungünstig, da in den Fachrichtungen Männer und bildungsstärkere Herkunft überproportional repräsentiert sind Ergebnis: Doppeltqualifizierte haben eine höhere Erwerbsquote als Direktqualifizierte. Dies trifft auf alle Fachrichtungen zu Positive Bewertung von Doppelqualifikationen Was ist „erfolgreich“? Kategorien Büchler/Helberger HIS Erfolgreicher Übergang in die Berufswelt Nur bei ausbildungsadäquater Tätigkeit Inadäquate= Suchstatus Reguläre Erwerbstätigkeiten Erfolglos qualifizierte stille Reserven Arbeitslos, mit Arbeitswunsch Alle nicht regulären Erwerbstätigkeiten Untersuchungsunterschiede Untersuchungsmerkmale Büchel/Helberger HIS Personen in erneuter Ausbildung ausgeschlossen Erfolglos Freiwillige Nichterwerbstätigkeit ausgeschlossen Erfolglos Lehre und „sonstige“ Zusatzausbildung (Struktur von Doppeltqualifizierten) Ausschließlich Personen mit vorheriger Lehre betrachtet Nicht unterschieden Reguläre und ausbildungsadäquate Tätigkeit Nur ausbildungsadäquate Tätigkeit als „erfolgreich“ betrachtet Reguläre Erwerbstätigkeit betrachtet Geschlechtseffekt Differenzierung nach Geschlecht Keine Differenzierung nach Geschlecht Effekte der Bildungsherkunft Differenzierung nach Bildungsherkunft Keine Differenzierung nach Bildungsherkunft Signifikanz der ermittelten Unterschiede HIS Studie > keine anschließenden Signifikanztests Eine 3. Studie zur Überprüfung: Die Bellmann Studie (1996) • Probanden: 24.000 repräsentativ ausgewählte Erwerbstätige, die jünger als 35 Jahre sind • in Westdeutschland erworbenes Abitur • ausgeschlossen werden: Ausländer und Nicht Direkt-Abiturienten • zusätzlich wird Berufserfahrung berücksichtigt Ergebnis: Positive Bewertung unmittelbar nach Studienabschluss für Doppeltqualifizierte Doppeltqualifizierte nach Studienabschluss signifikant häufiger in ausbildungsadäquaten Beschäftigung als Direktqualifizierte Negative Bewertung nach längerer Suchzeit für Doppeltqualifizierte Doppeltqualifizierte circa 4 Jahren ausbildungsadäquaten Beschäftigungen nach Studienabschluss signifikant seltener in Zusammenfassung • Schlussfolgerung: Doppeltqualifizierte erreichen nach kürzerer Suchdauer zunächst häufiger als Direktqualifizierte reguläre, ausbildungsadäquate Erwerbstätigkeit, langfristig kehrt sich dieser Effekt jedoch um • Versuch der HIS-Autoren die Ergebnisse von Büchler/Helberger zu widerlegen ist gescheitert • Unterschiedliche Ergebnisse als Folge unterschiedlicher Meß-und Analysekonzepte Weiterführende Thesen Beide Studien: Doppeltqualifizierte verfügen über eine bildungsschwächere Herkunft schwächere finanzielle Mittel dies führt zu einer geringeren Risikobereitschaft sind stärkerem Suchdruck ausgeliefert entwickeln möglicherweise schlechteres Job-Anspruchsniveau Kürzere Suchdauer könnte schlechterer Match von Qualifikation und JobAnforderungsniveau zustande kommt Folgejahre tritt ein „Sortierprozeß“ ein, den Direktqualifizierte durch günstigere Ausgangsbedingungen für sich entscheiden Greift der Arm der Familie wirklich so lange?