Klassenrat

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Klassenrat und Demokratie
lernen und leben
Sonja Student, Herbstschule Klassenrat RLP 2008
Klassenrat: Grundlage der
Demokratie an der Schule
Klassenrat, ca. 1 x
wöchentlich
Schulversammlung
Klassensprecherversammlung
Abgeordnetenversammlung
Demokratie als Lebensform
und Demokratiepädagogik
•
Demokratie braucht Demokraten – das ist mehr als wählen
•
Demokratie muss gelernt werden – demokratischer Habitus
•
Demokratie lernt man nur, wenn man sie auch lebt
•
In komplexen globalisierten Gesellschaften wird Demokratie
als partizipativ gestaltete Lebensform zunehmend das
Fundament unserer Demokratie
•
Demokratisches Handeln in der Schule: nicht mehr Spielwiese,
sondern der Ernstfall konkreter Erfahrung der Demokratie,
für die Schule, für das Leben und die Gesellschaft im Ganzen
Klassenrat und Demokratiepädagogik
Um Demokratie als Lebensform erfahrbar zu machen,
muss Schule den Erwerb demokratischer Kompetenzen
und das Lernen und Leben in einer demokratischen
Schulkultur ermöglichen.
Drei besonders wirksame Formen der Partizipation:
• Klassenrat als Basis der Demokratie an der Schule
• Service-Learning in der Gemeinde
• Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure an der
Verantwortung für die Schule – Öffnung von Schule
Klassenrat und Demokratiepädagogik
•
Klasse als kleinste soziale Einheit, in der Partizipation,
Verantwortung und Beteiligung im sozialen Miteinander
von Anfang an gelernt und Selbstwirksamkeit erfahren wird.
•
Klassenrat als Basis der Demokratie an der Schule
– ein bewusst gestaltetes WIR auf Basis demokratischer Werte.
(Demokratie als Lebensform)
•
Klassenrat als Delegationsorgan und Wahlkörper
für eine repräsentative Schülervertretung.
(Demokratie als Regierungsform)
•
Klassenrat als Ausgangspunkt für das Lernen in sozialen
Projekten mit Partnern der Zivilgesellschaft
(Demokratie als Gesellschaftsform)
Klassenrat – die Wurzeln
• In der Freinet-Pädagogik ist der Klassenrat ein wichtiges
Selbstbestimmungsorgan der Klasse, das sich
auseinandersetzt mit:
•
selbstverantwortetem Arbeiten und Lernen
•
Offenlegung von Unterrichtsvorhaben und
Planungsstrukturen
•
Interessen der Kinder
• Basis bei Dewey für den Klassenrat:
•
Lernen beruht auf Erfahrung
•
Demokratisierung aller Lebensbereiche
•
Demokratie soll im Zusammenleben verankert
und gelebt werden, auch in der Schule
Was ist der Klassenrat?
• basisdemokratisches Gremium der gesamten Klasse
(inkl. Lehrkraft) – er ergänzt repräsentative und
projektorientierte Formen der Beteiligung
• mit deutlich strukturiertem Ablauf und festem und
regelmäßigem Termin (1-2x wöchentlich)
Sitzkreis, Klassenratsbuch oder Wandzeitung; Protokoll
• klare Rollenverteilung:
z.B. Klassenratschef oder -leitung
Protokollant
Zeitwächter
Abgeordneter
• ein bewusst gestaltetes WIR mit einer Kultur und Struktur
und individuellen Voraussetzungen
Wozu dient der Klassenrat?
• Lernen am Ernstfall durch Austausch über:
•
aktuelle Themen der Klasse (Lernen und Zusammenleben)
•
Fragen der Schulgemeinschaft
•
Kooperation mit außerschulischen Partnern
•
Lernen durch Engagement in der Kommune
• Altersgemäße Mitbestimmung und Mitverantwortung
• Hineinwachsen in eine demokratische Kultur (Erwerb eines
demokratischen Habitus durch Einprägung und Einsicht)
• Erwerb demokratischer Kompetenzen
 Regeln aufstellen und für Korrektur und Einhaltung sorgen
 Perspektivwechsel durch Rollenwechsel erfahren und einüben
 Erfahrungen mit repräsentativen Funktionen der Demokratie
Formen des Klassenrat
• Ziel: Die Kinder sollen die Veranstaltung selbstständig
abhalten können
• Bei der Durchführung müssen berücksichtigt werden:
Alter, Selbstständigkeit der Kinder, Schulform
• Davon abhängig variieren die Dauer des Klassenrats und die
Dauer der Klassenratsämter
• In den Sekundarstufen kann man z.B. Arbeitsgruppen und
Unterausschüsse zu bestimmten Themen einrichten
Der Klassenrat ist mehr…
• … als eine Methode oder eine institutionelle Form der
Schülerbeteiligung
• Er ist eine gelebte Form der Demokratie!
• Nur wer von klein auf erlebt, dass seine Mitarbeit und
Mitentscheidung von der Gemeinschaft erwünscht ist, ist
auch bereit Verantwortung für das Ganze zu übernehmen
• Hinter dem Klassenrat stecken ein Menschenbild und eine
Philosophie.
Klassenrat und Demokratie sind
ganzheitlich:
Haltung, Verhalten, Kultur und System
Individuell
Kollektiv
Innerlich
Demokratische Haltung,
Individuelle Werte
Innerlich
Demokratische Kultur,
Geteilte Werte
Klassenrat
Äußerlich
Demokratisches
Verhalten, Handeln
Äußerlich
Demokratische Struktur
mit einem klaren
Regelsystem,
Schulverfassung,
-programm
Erfahrungen aus der Praxis
• Kinder und Jugendliche werden selbstbewusster
• Sie lernen Konflikte besser zu lösen, Verantwortung zu
übernehmen und miteinander zu kooperieren
• Das Schulklima verbessert sich
• Kinder lernen von Anfang an gemeinsam und konstruktiv ihr
Zusammenleben in der Gemeinschaft zu gestalten
• Sie machen von Klein an politische Erfahrungen
Klassenrat und Kompetenzen
… von Schüler/innen
• Kompetenzen zur demokratischen Mitsprache und
Aushandlung: aufeinander eingehen, die eigene Meinung
äußern und die der anderen respektieren
• Kompetenzen zur aktiven Mitgestaltung des sozialen
Zusammenlebens: Respekt, Toleranz und
Verantwortungsübernahme
• Kompetenzen zur politischen Mitbestimmung und
Mitentscheidung: Informationen einholen und kritisch
bewerten, Kritik üben und annehmen
(Bestandteile eines übergeordneten Begriffs
demokratischer Partizipation)
Kompetenzen von LehrerInnen
•
Lehrer und Lehrerinnen müssen sich auf den Dialog und
die Aushandlung mit Kindern und Jugendlichen einlassen
- weg von Entscheidungsmacht und Kontrolle (Haltung)
•
Lehrer und Lehrerinnen brauchen besondere
kommunikative, soziale und demokratische
Kompetenzen und neue Arbeitsweisen
z.B. kollektives Projektmanagement mit
angemessenen Arbeitstechniken
(ohne ihre Fach- und Erziehungskompetenzen
aufzugeben)
•
Empfehlungen und Tipps:
•
Beteiligung der Kinder ernst nehmen
•
Die Kinder bei der Organisation unterstützen
•
Sich auf die Bedürfnisse der Kinder einstellen
Klassenrat – So geht es
Vorbereitung und Rahmenbedingungen
• Projekt mit der Schulleitung absprechen, in Lehrerkonferenz
vorstellen und die Eltern informieren
• Einstiegsbedingungen klären:
Studientag an der Schule (mit Tandem-ModeratorInnen oder
getrennt), Hospitation an KR-Schule mit Fortbildung)
• Durchführung eines Pilotprojekt: Vorführung anschaulicher
Filme und Erprobung in einer oder mehreren Klassen
• Feste Rahmenbedingungen sichern: Klassenrat im
Stundenplan verankern
Einführung des Klassenrats
• Vorerfahrungen klären (Morgenkreis, Erfahrungen aus der
GS, Klassenlehrerstunde, „Was gibt es schon?“)
• Verfahren und Regeln gemeinsam mit den Schülerinnen und
Schülern besprechen und festhalten
• Plakate und Checklisten aufstellen
• Auf die Einübung und Einhaltung der Regeln achten
• Kompetenzen zur selbstständigen Durchführung schulen
Kompetenzen schulen
• Welche Kompetenztrainings gibt es bereits an der Schule?
(schuleigene, landesweite o.a. Programme)
• Welche Kompetenzen werden dort geschult?
Kommunikations, Präsentations- und Moderationstechniken
Bausteine zur Förderung des sozialen Lernens
Konfliktbearbeitung, Mediation und Gewaltprävention
• Wo gibt es noch Lücken, die ergänzt werden müssen?
• In welchen Formaten wird geschult, welche Fächer sind
betroffen und können einen Beitrag leisten?
Klassenrat – So geht es
Klassenrat von Anfang an
• Klassenrat am besten schon im 1. Schuljahr einführen
• Wichtig: den notwendigen Prozess der gemeinsamen
Regelfindung akzeptieren und unterstützen
Klassenrat – So geht es
Themen finden
• Themen im Klassenbriefkasten oder Klassenrats-Buch
festhalten
• „Wandzeitung“ als Mittel zur Themenfindung: namentliche
Themenzettel mit Beschwerden oder Lösungsvorschlägen
• Die Themen sollten nicht in beleidigender Weise formuliert
werden und möglichst auch Lösungsvorschläge enthalten
Klassenrat – So geht es
Aufgaben der Klassenratsleitung
1.
Von der Klasse gewünschte Themen mitteilen
2.
Tagesordnung festlegen und bekannt geben
3.
Nacheinander die Tagesordnungspunkte aufrufen
4.
Die zur Verfügung stehende Zeit einhalten
5.
Das Leitungsteam für die nächste Sitzung bekannt geben
6.
Die Sitzung pünktlich beenden
7.
Eine schriftliches Protokoll anfertigen
Klassenrat – So geht es
Terminierung und Sitzordnung
• Regelmäßige Durchführung sicherstellen: Partizipation
erhält so tatsächlich Ernstcharakter
• Der Klassenrat wird immer in einem Sitzkreis abgehalten,
der gleichberechtigte Gemeinschaft symbolisiert
 Die Schüler/ innen stehen in Blickkontakt und niemand kann
sich hinter dem anderen verstecken
Klassenrat – So geht es
Organisatorische Hilfen
• Checkliste mit Regeln anfertigen
• Redeliste einhalten, Redezeit und Rückfragen begrenzen
• Vielsprecher/ innen bremsen
Klassenrat und Schulentwicklung
• Konsequente Durchführung des Klassenrats trägt zur
Verbesserung des Schulklimas bei
• Die Identifikation der Kinder mit ihrer Schule steigt
• Der Umgang unter Kindern und zwischen Kindern und
Erwachsenen wird respektvoller und friedlicher
• Alle tragen zur gemeinsamen Entwicklung der Schule bei und
übernehmen dafür (abgestufte) Verantwortung
• Der Klassenrat als basisdemokratisches Gremium stärkt
die Vielfalt der repräsentativen und projektorientierten
Formen der Partizipation
• Klassenrat als Bestandteil des Schulprogramms
Klassenrat und Merkmale
einer demokratischen Schulkultur
• Anerkennung (z.B. Schüler des Monats)
• Zugehörigkeit (Kommunikations- und Konfliktkultur)
• Selbstwirksamkeit (Projektmanagement)
• Verantwortung (fürs eigene Lernen, die Klasse, die Schule)
• Beteiligung (Unterricht, Projekt, Schulleben, Kommune)
Klassenrat und Kinderrechte
Bewusste Gestaltung des WIR im Klassenrat:
•
Die Kinder lernen Menschen- und Kinderrechte
als gelebte Basis eines respektvollen Miteinanders in unserer Demokratie kennen
•
Kinderrechte sind kein Geschenk Erwachsener, sondern historisch errungen
•
Die den Kinderrechten (1989 in der UN-Kinderrechtskonvention
weltweit festgelegt und 1992 von Deutschland ratifiziert)
zugrunde liegenden Werte können im regelmäßigen Diskurs erlernt werden
Projekttag Kinderrechte in der Schule
Die Kinder der Grundschule Süd in Landau mit ihren Himmelsleitern für Kinderrechte
Projekttag Kinderrechte in der Schule
An der GS Süd waren die Klassenräte die Basis der Planung und
Durchführung der Aktion.
In allen Fächern wurde das Thema in vielfältiger Form umgesetzt: vom
Kinderrechts-Rap bis zum Juniorbotschafter-Sponsorenlauf
Bau einer "Himmelsleiter für Kinderrechte„: Ein Projekt des Wiesbadener
Künstler Rüdiger Steiner und dem Verein "Macht Kinder stark für
Demokratie"
Am 18. Geburtstag der UN-Kinderrechtskonvention: Ausstellung der
Himmelsleitern bei einer Sitzung des Stadtrates im Landauer Rathauses
Vorstellung der Kinderrechte-Aktionen von den Kindern selbst
Die Schule wurde im Juni 2008 in der Frankfurter Paulskirche mit
dem Sonderpreis des JuniorBotschafter-Wettbewerbs ausgezeichnet
Klassenrat, moralisches Lernen, Prävention
•
Durch Lösung von Alltagsproblemen und Diskussion von Dilemmata
entstehen entgegenkommende Verhältnisse für soziale und moralische
Lernprozesse – Perspektivenwechsel und die Erfahrung,
in die „Schuhe der Anderen zu schlüpfen“
•
Entwicklungsforscher betonen die Bedeutung der Interaktion
und Auseinandersetzung in der Peer-Group für die Moralentwicklung
bei Kindern
•
Entwicklungsangemessenes soziales, moralisches und partizipatorisches
Lernen in den gleichberechtigt geführten Diskussionen
und Planungen des Klassenrats bietet eine wirksame Prävention
gegen das Abgleiten in rechtsextreme und rassistische Vorurteile im Jugendalter
Klassenrat und Öffnung von Schule
•
Der Klassenrat kann Basis sein für die Funktionen der Projektsteuerung
und der zivilgesellschaftlichen Aktivierung
•
SchülerInnen übernehmen gemeinsam Verantwortung für das Gemeinwohl
(z.B. beim Service Learning)
SL muss im Unterricht vorbereitet und nachbereitet werden
•
Das gemeinsame Handeln im Klassenrat kann zivilgesellschaftliche Akteure
zur Verantwortung für die Schule mobilisieren
(z.B. Lernen durch Engagement mit Kooperationen zwischen
zivilgesellschaftlichen Akteuren und Lehrkräften;
Überwindung der Isolation von Schule)
•
Der so weiterentwickelte Klassenrat kann zur partizipativen Schulentwicklung
wie zur Öffnung von Schule beitragen
Ressourcen
www.blk-demokratie.de
www.degede.de
www.demokratielernenundleben.rlp.de
www.rlp.ganztaegig.lernen.de
• Materialordner: Klassenrat – Beteiligung und Mitverantwortung
von Anfang an. DeGeDe 2008
• Berkessel, Blaesy, Student: Praxismaterialien Rheinland-Pfalz:
Demokratie lernen & leben, Pädagogisches Zentrum
• Blum, Blum: Der Klassenrat, Verlag an der Ruhr
• Burk, Speck-Hamdam, Wedekind: Kinder beteiligen
- Demokratie lernen?, Grundschulverband
• De Haan, Eickel: Demokratische Partizipation in der Schule,
Wochenschau-Verlag
Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit!
Die Herbstschule zum Klassenrat
Veranstalter:
• Die
Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik e.V.
mit Unterstützung:
der Serviceagentur „Ideen für mehr! Ganztägig lernen“ Rheinland-Pfalz
der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung
dem SV-Bildungswerk
und der Fridtjof-Nansen-Akademie für politische Bildung Ingelheim
• Der Kontext:
Die Herbstschule ist Teil einer Klassenratskampagne
und des Aufbaus einer demokratiepädagogischen Infrastruktur
Die Teilnehmer/innen
•
Beteiligte von Schulen, die mit dem Klassenrat arbeiten
und /Hospitationen/Fortbildungen anbieten
•
Multiplikator/innen der Lehreraus- und –fortbildung
•
sowie des SV-Bildungswerks
zum Thema Klassenrat und verwandten demokratiepädagogiischen Themenbereichen
•
Verantwortliche für Klassenrats- und andere Programme aus Bund und Ländern
Ziele der Herbstschule
1. Kompetenzerwerb für Fortbildungen
Inhalte
• den Klassenrat als Methode demokratischer Schulkultur und Schulentwicklung
mit seinen Hintergründen, Zielen und Perspektiven vertiefend kennen lernen
• Instrumente und Methoden kennenlernen
die hilfreich bei der Implementierung und Durchführung des Klassenrates sind.
• Einen konkreten Studien- bzw. Hospitationstag an anderen Schulen unter Berücksichtigung
unterschiedlicher Schulformen mit dem Schwerpunkt Klassenrat entwerfen,
an Fallbeispielen die Theorie anwenden
Ziele der Herbstschule
2. Erprobung und Weiterentwicklung des Konzepts
Herbstschule Klassenrat
für andere Bundesländer und Folgeveranstaltungen
3. Aufbau von regionalen und bundesweiten Netzwerken
und Unterstützungsstrukturen
zur Einführung und Weiterentwicklung des Klassenrats
als zentralem demokratiepädagogischem Instrument
Weiterführung der Herbstschule
Pilotphase in Rheinland-Pfalz, Hessen und anderen Bundesländern
Erprobung im Anschluss
Langfristiges Ziel:
Transfer dieses Angebots in andere Bundesländer
Implementierung des Klassenrats an möglichst vielen Schulen
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