SSRIs in der Gesellschaft: Was sind ihre Langzeiteffekte

Werbung
SSRIsinderGesellschaft:
Wassindihre
Langzeiteffekte?
RobertWhitaker,April2013
http://www.madinamerica.com/wp-content/uploads/2011/11/SSRIs-in-Society.pdf
ÜbersetztundalsdeutscheVersionadaptiertundüberarbeitetvonT.Fehr,Januar2016
SSRI=SelektiveSerotoninWiederaufnahme-Hemmer(selective
Serotoninreuptakeinhibitors)
HäufigverschriebeneSSRIs:
•  Fluvoxamin
•  Fluoxetin
•  Paroxetin
•  Citalopram
•  Escitalopram
•  Sertralin
JemehrSSRIs...
...destomehrDepressionenweltweit.
U.S. Invaliden in der Prozac (Fluoxetin) Ära"
MillionenErwachsene,Alter18–66Jahre
Quelle:U.S.SocialSecurityAdministrationReports,1987-2010
Invaliden aufgrund psychiatrischer
Störungen in Neuseeland, 1998 - 2011"
Erwachsene"
Quelle:NewZealandMinistryofSocialDevelopment,“NationalBenefitsFactsheets,”2004-2011.
Invaliden aufgrund psychiatrischer
Störungen in Australien, 1990 - 2011"
Erwachsene"
Quelle:AustralianGovernment,“CharacteristicsofDisabilitySupportPensionRecipients,June2011.”
Invaliden aufgrund psychischer und
Verhaltensstörungen in Island, 1990 - 2007
ZahlderneuenFälleproJahrpro100.000Bevölkerung
Frauen
Männer
Quelle:Thoriacius,S.“IncreasedincidenceofdisabilityduetomentalandbehaviouraldisordersinIceland,
1990-2007.”JMentHealth(2010)19:176-83.
Neue Fälle von Invalidität aufgrund
psychischer Erkrankungin Dänemark
Antidepressiva: Eine Fallstudie ihrer "
Kurzzeit Effektivität und ihrer Langzeiteffekte
Zunahme der Anwendung von Antidepressiva
in der Fluoxetin (Prozac) Ära
AlleErwachseneMänner
Frauen
Quelle:CentersforDiseaseControlandPrevention,NationalCenterforHealthStatistics.Health,UnitedStates,2010.
U.S. Verschreibungen von Antidepressiva
2006 - 2011
Millionen
Quelle:IMSHealth,TopTherapeuticClassesbyU.S.DispensedPrescriptions
Die Kosten der Depression bei Angestellten
Die jährlichen Kosten für einen Angestellten mit "
Depression sind $ 2185 höher als für einen Angestellten "
ohne Depression."
In einer Studie von zehn änderbaren Risikofaktoren für die"
Gesundheit erwies sich Depression als der für Angestellte
teuerste. "
Quelle:R.Goetzel.“TenModifiableHealthRiskFactorsAreLinkedtoMorethanOne-Fifthof
Employer-EmployeeHealthCareSpending.”HOPE/HealthAffairs11(2012).
Beruht Depression auf einer chemischen
Dysbalance im Gehirn ?
Forschungsergebnisse zur chemischen
Dysbalance-Theorie der Depression
„Esistnichtwahrscheinlich,dassErhöhungenoder
VerringerungenimFunktionierenserotonergerSysteme
persemitDepressionassoziiertsind.“
--NIMH,1984
„EsgibtkeineklareundüberzeugendeEvidenzdafür,dass
einDefizitanMonoaminenfürDepressionverantwortlich
ist;dasheißt,esgibtkeinwirklichesMonoamin-Defizit.“
--StephenStahl,EssentialPsychopharmacology,2000
„NachmehralseinemJahrzehntPET-Studien,Monoamin-Erschöpfungs-Studien
undgenetischenAssoziationsanalysen,diePolymorphismeninmonoaminergen
Genenuntersuchten,gibteskaumBelege,dieeinentatsächlichenMangelan
serotonerger,noradrenergeroderdopaminergerNeurotransmissioninder
PathophysiologiederDepressionimplizieren.Dasistnichtweitererstaunlich,
daeskeinenaprioriGrunddafürgibt,dassderMechanismusdesAblaufseiner
BehandlungdasGegenteilderPathophysiologiederKrankheitdarstellt.
EricNestler,„LinkingMoleculestoMood,“2010
Ein Paradigma zum Verständnis "
Psychotroper Drogen
StephenHyman,frühererDirektordesNIMH,1996:
• 
PsychiatrischeMedikation„erzeugtStörungenderNeurotransmitterfunktionen“
• 
alsReaktiongehtdasGehirndurcheineReihekompensatorischerAnpassungen,um
„ihrGleichgewichtangesichtsderVeränderungeninderUmgebungoderiminneren
Milieuaufrechtzuerhalten.“
• 
Die„chronischeAnwendung“derDrogenverursachendann„substantielleund
langdauerndeVeränderungenderneuralenFunktion“.
• 
NacheinigenWochenfunktioniertdasGehirndesPatientennunineinerWeise,diesich
„sowohlqualitativalsauchquantitativvomNormalzustandunterscheidet.“
Quelle:Hyman,S.“Initiationandadaptation:Aparadigmforunderstandingpsychotropicdrugaction.”AmJPsychiatry153(1996):151-61.
Welche kompensatorischen Adaptationen
werden durch ein SSRI getriggert ?
•  EsgibteineAbnahmeinderFreisetzungvonSerotonindurchdas
präsynaptischeNeuron,zumindestfüreinebestimmteZeit.
•  IndenpostsynaptischenNeuronenvermindertsichdieDichteder
Serotoninrezeptoren,einadaptiverProzessder
„Downregulation“(Herunterregelung)derRezeptoren.
•  InMäusestudienzeigtesichalsLangzeiteffekteinAbbauvonSerotonin
imFrontalhirn.
Die Kurzzeit - Wirkung von Antidepressiva
Genesung von einer depressiven Episode vor
der Antidepressiva-Ära
„Depression ist im großen ganzen eine der psychiatrischen
KonditionenmitderbestenPrognosefüreineletztendlicheGenesung
mit oder ohne Behandlung. Die meisten Depressionen sind selbstlimitierend.“
--JonathanCole,NIMH,1964
„BeiderBehandlungderDepressionhatmanimmeralsVerbündetendie
Tatsache,dassdiemeistenDepressioneninspontanenRemissionenenden.
Dasbedeutet,dassinvielenFällendasBefindendesPatienten-egalwas
mantut–letztendlichanfangenwird,sichzubessern.
--NathanKline,JournaloftheAmericanMedicalAssociation,1964
Die Wirksamkeit von 4 SSRIs in klinischen Versuchen
VerringerungvonSymptomeninderHDRSSkala(HamiltonDepressionRatingScale)
Punkte
DasNationalInstituteofClinicalExcellenceinEnglandfandheraus,dasseineDifferenzvondrei
PunktenaufderHamiltonSkalanötigwar,umeinen„klinischsignifikantenNutzen“zu
demonstrieren.DerUnterschiedhierist1.8Punkte.DievierSSRIssindProzac(Fluoxetin),
Effexor(Venlafaxin),Serzone(Nefazodone)undPaxil(Paroxetin).
Quelle:I.Kirsch,“Initialseverityandantidepressantbenefits,”PLoSMedicine5(2008):260-68.
Wirksamkeit von vier SSRIs entsprechend der
Schwere der Erkrankung
Droge/Placebo
DifferenzaufHDRS
mäßigschwersehrschwerextremschwer
14-1819-2223-2728plusHDRSAnfangswerte
Quelle:I.Kirsch,“Initialseverityandantidepressantbenefits,”PLoSMedicine5(2008):260-68.
Meta-Analyse der FDA Versuche
•  BeiPatientenmiteinemHRSD(HamiltonRatingScalefor
Depression)Anfangswertgeringerals25:Droge/Placebo
DifferenzenerreichtenkeinenderzweivomNICE(National
InstituteforHealthandCareExcellence)vorgeschlagenen
SchwellenwertefürklinischeSignifikanz.
•  BeiPatientenmiteinemHRSDAnfangswertvonüber25:
AntidepressiveMedikation„warPlacebodeutlichüberlegen.“
Quelle:J.Fournier.“Antidepressantdrugeffectsanddepressionseverity.”JAMA303(2010):47-53.
WegendieserErgebnisseempfiehltdasNational
InstituteofClinicalExcellence(NICE)ausdrücklich
nicht,beileichterbismittelgradigerDepression
AntidepressivaalsErstzugangstherapiezu
verschreiben.
Die Langzeit - Wirkung von Antidepressiva auf
Depression
Langzeit-Ergebnisse in der Prae-Antidepressiva Ära
•  EmilKraepelin,1921.SechzigProzentvon450wegeneinerdepressiven
ErsterkrankunghospitalisiertenPatientenerfuhrennureineneinzigen
AusbruchderErkrankungundnur13%hattendreiodermehrEpisoden
inihremLeben.
•  HoratioPollock,NewYorkState,1931.IneinerLangzeitstudievon2700
ersterkranktendepressivenPatientenhattenmehralsdieHälfte
niemalsmehreineweitereErkrankung,dieeineHospitalisierung
erforderte,undnur13%hattendreiodermehrEpisoden.
•  GunnarLundquist,Schweden,1945.IneinerStudiean216Patienten
über18Jahrehatten49%lediglicheineeinzigeEpisodeundweitere
21%hattennureinenweitereEpisode.
MankanneinemPatientenundseinerFamilieversichern,dassnachfolgende
EpisodenderKrankheitnacheinerdepressivenErsterkrankungnichtzu
einemchronischenVerlauftendierenwerden.
--GeorgeWinokur,WashingtonUniversity,
ManicDepressiveIllness,1969
Klinische Beobachtungen in frühen Jahren des
Antidepressiva Gebrauchs
•  H.P.Hoheisel,DeutscherArzt,1966:VerordnungvonAntidepressiva
scheintdie„IntervallezwischendepressivenEpisodenzuverkürzen“.
•  NikolaSchipkowensky,BulgarischePsychiaterin,1970:Antidepressiva
führeneine„VeränderungzueinemzunehmendchronischenVerlauf
herbei“.
Quelle:VanScheyen,J.D.“Recurrentvitaldepressions,”Psychiatria,Neurologia,Neurochirurgia76(1973):93-112.
Die Chronizitätsbefürchtung wird getestet
J.D.VanScheyen,niederländischePsychiatrie,1973:
NachdemereineStudiemit94depressivenPatientendurchgeführt
hatte,schlosser,dass„esbesondersbeiweiblichenPatienten
evidentwar,dasseineüberwiegendsystematischeLangzeitMedikationmitAntidepressiva-mitoderohneelektrokonvulsive
Therapie–denparadoxenEffekteinererhöhtenRezidivrateder
vitalenDepressionzurFolgehat.MitanderenWorten,dieser
therapeutischeAnsatzwarmiteinerZunahmederRückfallrateund
einerAbnahmederZyklus-Dauer(IntervallbiszumRückfall)
verbunden....SolltedieseZunahmealseinunerwünschterLangzeitNebeneffektderBehandlungmittrizyklischenAntidepressiva
betrachtetwerden?“
Hohe Rückfallraten infolge Antidepressiva-Einnahme
IneinerMeta-Analyse1997berichtenForschervonHarvard,
dass50%allerPatientennachAbsetzenderMedikamente
innerhalbvon14MonateneinenRückfallhatten.Siestellten
darüberhinausauchfest,dass,jelängereinPatientvordem
AbsetzeneinAntidepressivumeingenommenhatte,die
Rückfallrateumsohöherwar.
Quelle:Viguera,A.“Discontinuingantidepressanttreatmentinmajordepression,”HarvardReview
ofPsychiatry5(1998):293-305.
Eine episodische Erkrankung wird in der
Antidepressiva-Ära chronisch
NationalInstituteofMentalHealthPanelonMoodDisorders,1985
(NIMHAusschussüberGemütsstörungen):
„Verbesserte Ansätze der Beschreibung und Klassifizierung
vonGemüts(Stimmungs-)störungen und neue epidemiologischeStudienhabendierezidivierendeundchronischeNatur
dieser Erkrankungen gezeigt sowie dasAusmaß, in dem sie
einekontinuierlicheQuellevonDistressundDysfunktionfür
betroffeneIndividuensind.“
Die APA (American Psychiatric Association) bestätigt die
Veränderung des Verlaufes der Depression in der modernen Zeit
AmericanPsychiatricAssociation‘sLehrbuchderPsychiatry,1999:
Manhatgeglaubt,dass„diemeistenPatientensich
letztlichvoneinermajorendepressivenEpisode
erholenwürden.AllerdingshateineZunahme
umfangreicherStudiendieseVermutung
widerlegt.“Manhaterkannt,dass„Depressioneine
höchstrezidivierendeundperniziöseStörungist.“
Die STAR*D Untersuchung bestätigt, dass Depression
heutzutage einen chronischen Verlauf nimmt.
ErgebnissederSTAR*D-StudiedesNationalInstituteofHealth,der„größten
Studie“,diejemalsdurchgeführtwurde(2006):
•  Lediglich38%derindieStudieaufgenommenenPatientenremittierten
währendeinerdervierStadiendermedikamentösenBehandlung.
•  Lediglich7ProzentderPatienten,dieremittiertenundindie12-MonateNachuntersuchungaufgenommenwurden,gingesgutundverbliebenim
Versuch(108von1518).Dieverbliebenen93%erlittenRückfälleoder
fielenausderStudie.
•  ImEndeffekt:Von4041PatientenzuBeginnderStudieremittiertennur
3%undbliebenstabilbiszur12-Monate-Nachfolgeuntersuchung(108
von4041).BeidenrestlichenPatientengabesentwederkeineRemission,
odersieerlitteneinenRückfallwährendderNachuntersuchungodersie
fielenausderStudieheraus.
Ergebnisse bei Patienten aus der realen Welt
IneinervomNIMHfinanziertenStudie2004:
•  126PatientenwurdenmitAntidepressivabehandeltund
erhieltenemotionaleundklinischeUnterstützung,die„speziell
konzipiertwar,klinischeErgebnissezumaximieren.“
•  Lediglich26%reagiertenaufAntidepressiva(50%Verringerung
derSymptome).
•  LediglichderHälftederRespondergingesbesserfüreine
bedeutendeZeitperiode.
•  Lediglich6%remittiertenundbliebeninRemissionamEndedes
Jahres.
DieseErgebnisseoffenbarenbemerkenswert
niedrigeResponse-undRemissionsraten.
--JohnRush,2004
Ergebnisse aus der Realen Welt in Minnesota
2009warenvon23.887Patienten,diewegeneiner
majordepressionodereinerDysthymiebehandelt
wordenwaren,lediglich1.131nacheinemJahrin
Remission.
Quelle:MNCommunityMeasures,2010HealthCareQualityReport
Wirken Antidepressiva über lange Zeit depressogen ?
„AntidepressivainderTherapiederDepression
mögenkurzfristighilfreichsein,verschlimmern
jedochdasFortschreitenderErkrankungauflange
Sicht,indemsiediebiochemischeVulnerabilitätfür
eineDepressionerhöhen...DieAnwendungvon
AntidepressivakanndieKrankheitineinen
malignenundaufeineBehandlungnichtmehr
ansprechbarenVerlauftreiben.
--GiovanniFava,PsychotherapyandPsychosomatics,1995
Depression in den Niederlanden
(ImVerlaufvon10Jahren)
ErsteEpisodemitMedikamentbehandelt
ErsteEpisodeohneMedikamentbehandelt
NureineEpisode
ZweiEpisodenMehralszweiEpisoden
Quelle:E.Weel-Baumgarten,“Treatmentofdepressionrelatedtorecurrence,”
JClinPsychiatry&Therapeutics25(2000):61-66.
Fünf-Jahres-Ergebnisse in Kanada
AnzahlderWochen
depressivproJahr
Mitohne
Medikament
Quelle:S.Patten,“TheImpactofantidepressanttreatmentonpopulationhealth.”PopulationHealthMetrics2(2004):9.
Diese Ergebnisse sind konsistent mit Giovanni
Fava‘s Hypothese, dass „die Behandlung von
Gemütsstörungen mitAntidepressiva im Langzeit -
VerlaufzueinerVerschlechterungführenkann.“
--ScottPatten
Depressions-Studie
Diagnose/Antidepressivum
KeineDiagnose/keinMedikament
Diagnose/Sedativum
Diagnose/keinMedikament
FortsetzungderDepression
Quelle:D.Goldberg.“Theeffectsofdetectionandtreatmentofmajordepressioninprimary
care.”BritishJournalofGeneralPractice48(1998):1840-44.
Diese„StudieunterstütztnichtdieSichtweise,dassdas
Versäumnis,eineDepressionzuerkennen,gravierende
negativeKonsequenzenhat.“
--D.Goldberg
Kanadische Studie über das Risiko der LangzeitInvalidität depressiver Mitarbeiter
MitMedikation
OhneMedikation
wiederarbeitsfähigLangzeit-Invaliditätdropout/entlassen
Quelle:CDewa.“Patternofantidepressantuseanddurationofdepression-relatedabsencefromwork.”BritishJournal
ofPsychiatry183(2003):507-13.
„SpiegeltzögerlicheantidepressiveEinnahmeeinen
Widerstanddagegen,einekrankeRollezuakzeptieren
undinKonsequenzschnellerzurArbeitzurückzukehren?“
--CarolynDewa
Sechs-Jahres-Ergebnisse in NIMH – Studie
unbehandelter Depression
behandelt
unbehandelt
SozialerAbstiegArbeitsunfähigkeit
Quelle:W.Coryell.“Characteristicsandsignificanceofuntreatedmajordepressivedisorder.”AmericanJournalof
Psychiatry152(1995):1124-29.
„Die hier beschriebenen Unbehandelten hatten
mildere und kürzer dauernde Erkrankungen (als die
Behandelten) und zeigten trotz Abwesenheit von
Behandlung keine signifikanten Änderungen ihres
sozioökonomischenStatus.“
--WilliamCoryell
Ein-Jahres Genesungsraten in der NIMH Studie nicht
medikamentös behandelter Depression
N = 84
genesen
EinMonatSechsMonatezwölfMonate
Quelle:M.Posternak,“Thenaturalisticcourseofunipolarmajordepressionintheabsenceof
somatictherapy.”JournalofNervousandMentalDisease194(2006):324-349.
„Wenn nicht weniger als 85% depressiver Patienten
ohne jede medizinische Behandlung innerhalb eines
Jahres genesen, könnte es extrem schwierig für jede
beliebige andere Intervention sein, ein Ergebnis zu
demonstrieren, das diesem überlegen ist.
--Michael Posternak Antidepressiva verringern den Langzeit-Nutzen von
Verhaltens-Übungen
Behandlung
währendderersten
16Wochen
Prozentsatz
Patientenin
RemissionamEnde
der16Wochen
Prozentsatzder
Patientenmit
Rückfallinden
folgendensechs
Monaten
Prozentsatzaller
Patientenmit
Depressionnach
zehnMonaten
Zoloft alleine
69%
38%
52%
Zoloft plus
Übung
66%
31%
55%
Übung alleine
60%
8%
30%
Quelle:Babyak,M.“Exercisetreatmentformajordepression.”PsychosomaticMedicine62(2000):633-8.
Warum sind SSRIs auf lange Sicht gesehen
depressogen ?
„WennwirdieBehandlungauf6bis9Monateverlängern,
könnenwirProzesseinitiieren,diedenanfänglichenakuten
EffektenvonAntidepressivaentgegenarbeiten(=Verlust
klinischerWirksamkeit)....WirkönnendieKrankheitdarüber
hinausineinenmalignenundbehandlungsresistentenVerlauf
hineintreiben,derdieFormeinerResistenzoderbeschleunigter
Rückfälleannimmt.WenndieMedikationbeendetwird,können
dieseProzesseunkontrolliertwerdenundEntzugssymptome
sowieerhöhteVulnerabilitätfüreinenRückfallzurFolgehaben.
DieseProzessesindnichtnotwendigerweisereversibel.“
GiovanniFava,2011
Quelle:G.Fava.“Themechanismsoftoleranceinantidepressantaction.”
ProgressinNeuro-Psychopharmacology&BiologicalPsychiatry35(2011):1593-1602.
Drei-Monats-Rückfallrisiko nach initialer Remission:
Placebo vs. Patienten nach SSRI-Absetzung Rückfallrate
RemissionnachPlaceboRemissionnachSSRI
Quelle:P.Andrews:“Primumnonnocere:anevolutionaryanalysisofwhetherantidepressantsdo
moreharmthangood.”FrontiersinPsychology3(2012):1-18.
JestärkerAntidepressivadieMonoaminNiveausim
Hirnstören,umsomehrscheintdasGehirn
gegenzuregulieren,waswiederumdasRückfallrisiko
erhöht,wenndieDrogeabgesetztwird....die
Antidepressiva-Einnahmescheintdie(biologische)
EmpfänglichkeitfürDepressionzuerhöhen.
--PaulAndrews,2012
Zwei-Jahres Rückfallraten bei remittierten Patienten in
den Niederlanden
Antidepressiva:kontinuierlichIntermittierendkeinADGebrauch
Quelle:C.Bockting.“Continuationandmaintenanceuseofantidepressantsinrecurrent
depression.”PsychotherapyandPsychosomatics77(2008):17-26.
„KontinuierlicheantidepressiveBehandlungkann
deninitialenakutenWirkungendes
Antidepressivumsentgegenwirken....
neurobiologischeMechanismensindvermutlich
daranbeteiligt,dieVulnerabilitätfüreinenRückfall
zuerhöhen“.
--C.Bockting,2008
Zusammenfassung der Belege, dass Antidepressiva
depressogen wirken
•  DepressionhatsichvoneinerepisodischenErkrankung
währendderAntidepressivenÄrazueinerchronischen
verändert.
•  InnaturalistischenStudienweisendiePatientenohne
MedikamentebessereLangzeitresultateauf.
•  UntersucherhabeneinebiologischeErklärungdafür
vorgeschlagen,warumAntidepressivaauflangeSicht
depressogensind.
Tardive Dysphorie (verzögert auftretende Dysthymie)
EinchronischerundtherapieresistenterZustandentsteht
unseremDenkmodellnachbeiPatienten,dielängereZeit
potentenAntagonistenvonSerotonin-Reuptake-Pumpen(d.h.
SSRIs)ausgesetztsind.AufgrundderVerzögerungimAuftreten
dieseschronischdepressivenZustandeswirderim
angloamerikanischenRaumals„tardivedysphoria“bezeichnet.
TardiveDysphoriemanifestiertsichalschronischdysphorischer
Zustandderanfangsvorübergehenderleichtertwirddurch
antidepressiveMedikation–jedochletztlichdaraufnichtmehr
reagiert.SerotonergeAntidepressivasindwahrscheinlichvon
besondererBedeutungbeiderEntwicklungvontardiver
Dysphorie.
--RifEl-Mallakh,2011
Quelle:El-Mallakh,R.“Tardivedysphoria:Theroleoflong-termantidepressantuseininducingchronic
depression.MedicalHypotheses76(2011):769-773.
UAW (Unerwünschte Arzneiwirkungen) von SSRIs
AufStimmung
•  erhöhtesRisikovonLangzeitDepression
•  EmotionaleAbstumpfung
•  UmwandlunginBipolare
Störung
NeurokognitiveEffekte
•  Mildekognitive
Beeinträchtigung
•  Verkehrsunfälle
•  NeuronaleStrukturschäden
GastrointestinaleEffekte
•  Diarrhoe
•  Obstipation
•  Magenbeschwerden
Bewegung
•  Tics
•  Müdigkeit
•  TardiveDyskinesie
Schlaf
•  UnterdückungvonREMSchlaf
Reproduktion
•  SexuelleDysfunktion
FetaleEntwicklung
•  KongenitaleAbnormalitäten
•  Frühgeburt
Der Bipolare Boom
Jährliche Prävalenz in der Prae-Lithium-Ära:
•  Einer von 3000 bis einer von 10.900
Prävalenz heute:
•  Einer von 50 Erwachsenen
Einfallstore zur Bipolarität heute •  IllegaleDrogen(Marihuana,Kokain,Halluzinogene,etc.)
•  StimulantienundAntidepressiva
•  Überdiagnosen
Der Antidepressive Pfad
2004prüftenYale-ForscherdieAufzeichnungenvon87.290
Patienten,diezwischen1997und2001dieDiagnoseeiner
DepressionodereinerAngststörungerhielten;diemiteinem
AntidepressivumbehandeltenwechseltenmiteinerRatevon7.7%
proJahrzueinerbipolarenDiagnose,daswardreimalmehralsbei
dennichtmedikamentösBehandelten.Letztlichwechselten20
bis40%derunipolardepressivenPatientenindenUSAmit
LangzeitAntidepressivaineinebipolareErkrankung.
Quelle:A.Martin.“Ageeffectsonantidepressant-inducedmanicconversion,”ArchofPediatrics&Adolescent
Medicine158(2002):773-80.
FredGoodwin,frühererDirektordesNationalInstituteofMental
health,2005:
„WennSieeinenbipolarenPatienteniatrogenverursachen,wird
dieserPatientwahrscheinlichWiederholungenbipolarer
Erkrankunghaben,selbst,wenndasverursachende
Antidepressivumabgesetztwird.DieEvidenzzeigt,dass,wenn
derPatienteinmaleinemanischeEpisodehatte,erodersiemit
höhererWahrscheinlichkeiteineweiterehabenwird,selbstohne
dieantidepressiveStimulation.“
In einerUntersuchung von Mitgliedern der „Depressive and
Manic-Depressive Association“ waren 60 Prozent der
Patienten mit bipolarer Diagnose ursprünglich an einer
majorDepressionerkranktundihreErkrankunghattesichin
eine bipolare gewandelt, nachdem sie einem Antidepressivumausgesetztwaren.
Quelle:R.El-Mallakh.“Useofantidepressantstotreatdepressioninbipolardisorder.”Psychiatric
Services53(2002):58-84.
BipolareErgebnissevorderAntidepressivaÄra
SchwedischeStudie,1945
103manischePatienten
genesenePatienten
Keineweiteren
Episoden
eineEpisode
chronischKranke
zweiodermehr
chronischkrank
Quelle:Lundquist,G.“Prognosisandcourseinmanic-depressivepsychoses.”ActaPsychiatNeurol,
Supp.35(1945):7-93.
FunktionelleBipolareErgebnisseinder
Prae-Medikations-Zeit
Gut
Familienstand
Gering
Mäßig
Wohnsituation
Arbeit
Symptome
Ergebnissefür100manischePatientenmitersterHospitalisationindenUSA,1935-1945mitNachverfolgungüber30bis
40Jahre.GuteBewertungfürjedeKategoriebedeutete,dassderPatientverheiratetoderverwitwetwar,eineWohnung
besaß oder mit Familienmitgliedern wohnte, angestellt oder im Ruhestand war und keine psychiatrischen Symptome
hatte.SiebzigProzentderPatientenhattengutefunktionelleErgebnisseunddieHälftewarasymptomatisch.
Quelle:Tsuang,M.“Long-termoutcomeofmajorpsychoses.”ArchGenPsych36(1979):1295-1301.
Zusammenfassung der Ergebnisse der PraeMedikamente-Ära
Es gibt keine „Basis für die Ansicht, dass manisch depressive
PsychosediedaranLeidendenpermanentaffizierte.AufdieseWeise
unterscheidet sie sich natürlich vonSchizophrenie.“Während einige
Patienten unter mehreren Episoden litten, war jede Episode
normalerweise nur „von wenigen Monaten Dauer“ und „bei einer
bedeutenden Zahl Patienten tritt nur eine Episode der Krankheit
auf.“Waren die Patienten einmal genesen, hatten sie üblicherweise
„keineSchwierigkeit,ihreüblichenBerufewiederaufzunehmen.“
--GeorgeWinokur,WashingtonUniversity,1969
ManicDepressiveIllness
Verschlimmerung des Langzeitverlaufs der Bipolaren
Erkrankung in der Medikamenten-Ära
Der generelle Eindruck von Klinikern heutzutage ist, dass der
VerlaufvonRückfällenmanisch-depressiverErkrankungensich
in den letzten zwanzig Jahren substantiell verändert hat. Die
Rückfälle vieler Patienten sind häufiger geworden. Man sieht
mehrManienundHypomanien....mehrrapidcyclersundmehr
chronischeDepressionen.“
--AnthansiousKoukoulos,1983
Der moderne Verlauf der Bipolaren Erkrankung
•  MehrrezidivierendeEpisodenundmehrrapidcycling
•  niedrigschwelligeDepressionzwischendenEpisoden
•  Nur 33% erfreuen sich guter funktioneller Ergebnisse (verglichen
mit70%zu75%inderPrae-Medikations-Ära)
•  kognitiveLangzeitBeeinträchtigung(dieinderPrae-MedikationsÄranichtbeobachtetwurde)
•  KörperlicheProblemeverursachtdurchLangzeit-Medikation
•  RisikoeinesfrühenTodes
CarlosZarate,VorsitzenderdesNIMHProgrammsGemütsstörungen,2000:
„In derZeit vor der Pharmakopsychiatrie sah man wenig Erfolg bei Manie als relativ
seltenesEreignisan.AllerdingshabenmoderneWirkungsstudiengefunden,dass die
MehrheitbipolarerPatientenhoheRatenfunktionellerBeeinträchtigungenaufweist.“
RossBaldessarini,HarvardMedicalSchool,2007.
„Die Prognose für bipolare Störung wurde einst als relativ günstig angesehen, aber
heutigeErgebnisse legennahedassInvaliditätundunbefriedigendeErgebnissetrotz
größerertherapeutischeFortschritteüberwiegen.“
FredGoodwin,2008
„DieKrankheitwurdeverändert.HeutzutagehabenwireineMengemehrrapidcycling
alswirindererstenEdition(seinesBuches,ManicDepressiveIllness)beschrieben,eine
MengemehrMischzustände,alswirinderErstauflagebeschrieben,eineMengemehr
Lithium-Resistenz und eine Menge mehr Lithium Behandlungsfehlschläge als wir in
dererstenAuflagebeschrieben.DieKrankheitistnichtmehrdas,wasKraepelineinst
beschrieb.“
Zuwachs von Behandlung und Invalidität in den USA,
1990 zu 2003
1990
2003
Zahl der Patienten mit Angst,
Gemüts- und Substanzstörungen
55 Millionen
66 Millionen
Zahl der wegen dieser Störungen
Behandelten
11,16 Millionen
21,77 Millionen
Zahl der behördlich erfassten
Invaliden aufgrund mentaler
Erkrankung
1,47 Millionen
3,25 Millionen
Quelle:Surveysonprevalenceofaffectivedisordersin1990and2003,andpercentageofthosewith
disorderswhoweretreated;SSIandSSDIdisabilitydatafor1990to2003.
Fragen
1.  EsgabimJahr2011264MillionenVerordnungenvon
AntidepressivaindenUSA.GibteseinegrundlegendeEvidenz,
dieeinenderartweitverbreitetenGebrauchrechtfertigt?
2.  WenndiehierüberprüftenKurz-undLangzeitdateninklinische
Versorgungs-LeitlinienzurBehandlungderDepression
integriertwürden,waswürdendieseLeitlinienempfehlen?
3.  GibtesirgendeineEvidenz,nachderSSRIsdieLastmentaler
ErkrankungeninirgendeinerGesellschaftminderte,dieden
GebrauchdieserMedikamentebreitakzeptierthat?Oderzeigt
dieverfügbareEvidenz,dassdasGegenteilwahrist?
4.  WassinddiemedizinischenKostenvonPatienteninden
fünfJahrenbevorsieeinemSSRIausgesetztsind
verglichenmitdenerstenfünfJahrenderAnwendung?
5.  EinwiehoherProzentsatzvonPatienten,denenein
SSRIverschriebenwurde,endetmitInvaliditätinden
darauffolgenden10Jahren?
6.  GibteseinRisikodesAuftretensfrüherDemenzbei
SSRI-Einnahme?
7.  GibteseinRisikofrüherSterblichkeitmitSSRIEinnahme?
Verdopplung des Suizidrisikos
DiegrößtejemalsdurchgeführteMeta-AnalysevonStudienzu
AntidepressivaerschienimJanuar2016imBritishMedical
Journal.ForscherderCochraneCollaborationprüften70
Studienmitinsgesamt18.526Patienten.Siefanden,dass–
entgegendeninitialberichtetenResultaten–Antidepressiva
dasRisikovonSuizidundAggressionbeiJugendlichenunter18
Jahrenverdoppelte.DiesesRisikowarnachdenAutoreninden
originalenStudienberichtenfehlinterpretiertwordenundsie
vermutendaher,dassdieRisikenfürErwachseneinähnlicher
Weisezuniedrigangesetztwordenseinkönnten.
Sharma,T.,Guski,L.,Freund,N.,Gøtzsche,P.Suicidalityandaggressionduringantidepressanttreatment:
systematicreviewandmeta-analysesbasedonclinicalstudyreports.BritishMedicalJournal.January27,2016:
352:i65.
Herunterladen