Basel, den 25 - Stiftung Schweizer Jugend forscht

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Civis Romanus aut homo liber – Die Entwicklung des römischen
Bürgerrechts
Autorinnen und Autoren: Timothy Mallor, (in Gruppe mit Théo Bloudanis)
Projektleiterinnen und Projektleiter: Severin Hof, Alexander Häberlin
1. Einführung
In unserer Studienwoche haben wir analysiert, wie die Machtverhältnisse im römischen
Reich waren. Das römische Reich durchlief mehrere Staatsformen. Am Anfang war es eine
Monarchie, wurde danach etwa 509 v. Chr. zur res publica und schliesslich mehrere
Jahrhunderte später zum Kaiserreich. Die politische und soziale Stellung verschiedener
Gruppen hat sich daher auch weiterentwickelt, nicht nur während einem Wechsel der
Staatsform, sondern ständig. In diesem Projekt sind wir der Frage nachgegangen, wer das
römische Bürgerrecht hatte, was das Bürgerrecht für die Menschen bedeutete und wie sich die
Situation über die Zeit entwickelt hat.
2. Material und Methoden
Unsere Betreuer haben am Anfang der Woche unser Thema in fünf Teile gegliedert. Das
waren die Plebs, die Verbündeten und Untertanen Roms, die Sklaven, das soziale Modell und
die Situation in der Kaiserzeit. Zu diesen Gruppen wollten wir herausfinden, wie es mit ihren
Rechten stand und wie und wann ihre Rechte geändert haben.
Da unser sich unser Projekt mit Geschehen befasst, das weit zurückliegt, mussten wir uns auf
Autoren der Antike stützen. Ihre Texte haben wir übersetzt und die für uns relevanten Aspekte
notiert. Um weitere Informationen, Interpretationen und Kommentare zu bekommen, haben
wir auch Teile der jeweiligen Sekundärliteratur von Mommsen und Sherwin-White und
weiteren Autoren gelesen. Wir haben auch die Enzyklopädie „Der Neue Pauly“ gebraucht, um
Kontextinformationen zu bekommen. Teilweise waren auch Ausschnitte von Gesetzestexten
überliefert, so etwa bei der lex Plautia Papiria oder bei der constitutio Antoniniana.
3. Resultate
*509 v. Chr. : Ende der Monarchie
>Res publica
*494 v. Chr. : secessio plebis
>Erster Höhepunkt der Ständekämpfe
*493 v. Chr. : foedus Cassianum
338 v. Chr. : 2. Latinischer Krieg
> Neuordnung der Kräfteverhältnisse in Latium
106 v. Chr. : Geburt Ciceros
91 v. Chr. : Der Volkstribun Drusus schlägt Erteilung des
Bürgerrechts an socii vor.
91 v. Chr. : Ermordung des Drusus
>Bundesgenossenkrieg
89 v. Chr. : Sieg Roms, trotzdem Erteilung Bürgerrechts
>lex Plautia Papiria
63 v. Chr. : Der Konsul Cicero lässt Mitverschwörer
Catilinas hinrichten
62 v. Chr. : Ende des Konsultats Ciceros
>Beginn der Tätigkeit Ciceros als Schriftsteller und
Philosoph 44 v. Chr. : Ermordung Caesars
43 v. Chr. : Ermordung Ciceros
Augusteische Zeit: Hauptquellen für die Frühgeschichte
der römischen Republik: Livius, Dionysios
212 n. Chr. : constitutio Antoniniana von Caracalla
> Bürgerrecht an alle Freien im imperium Romanum
Abbildung 1: Zeitstrahl der römischen Geschichte
Die Plebs
Ziemlich bald nach der Absetzung des Königs war das Volk unzufrieden mit seinen Rechten.
In der neuen res publica hatten zwar alle freie römische Bürger das Stimmrecht, aber die
Patrizier hatten das System zugunsten von sich selbst geregelt. Die wichtigen Entscheidungen
machten die comitia centuriata, in der nach Zensus abgestimmt wurde. Es wurden aber
zunächst auch nur Adelige für die höheren Ämter und für den Senat zugelassen. Deshalb
forderte die Plebs in einem Streik (secessio plebis) mehr Rechte. Der Legende nach habe der
Patrizier Agrippa die Plebs überredet den Streik abzubrechen. Im Gegenzug dafür seien von
der Plebs zwei plebejische Tribune, die die politischen, wirtschaftlichen und sozialen
Interessen der Plebs zu vertreten hatten, gewählt und von den Patriziern anerkannt worden.
Diese Tribune hatten das Recht gegen Gesetze der Magistraten Einspruch zu erheben
(intercessio) und eine Volksversammlung, die sogenannte concilium plebis, zu berufen. Der
Tribun war während seiner Amtszeit unverletzlich, aber als die einjährige Amtszeit ablief
wieder anklagbar. Mit der Zeit vermehrten sich die Recht der Tribune und der Plebs. Zum
Beispiel wurde es ihnen später auch erlaubt Ämter zu besetzen.
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Die Bundesgenossen Roms
Rom war schon während der Monarchie in einen Bund der latinischen Völker eingeschlossen.
Dieser bestand aus einem Schutzbündnis, einem Heiratsrecht unter Latinern (ius conubii) und
einem Handelsabkommen (ius comercii). Schon während der Königszeit gewann Rom an
Macht innerhalb des Bundes. Die anderen Latiner haben darauf versucht die Vorherrschaft
Roms zu verhindern. In der Schlacht am Lacus Regilus verloren sie aber gegen die Römer.
Die Streitigkeiten wurden darauf im foedus Cassianum im Sinne der Römer, also mit Rom als
mächtigster Bündnispartner, geregelt. 338 v. Chr, im 2. Latinerkrieg, kam es wieder zu einem
Sieg Roms, was zur Neuordnung der Kräfteverhältnisse, zur Auflösung des Bundes und zur
Annektion der Bundesgenossen führte. Je nachdem wie die jeweiligen Völker zu Rom
standen, wurden sie in verschiedene Gruppen unterteilt. Einige erhielten das volle römische
Bürgerrecht (municipia optimo iure), andere behielten ihre Rechte aus dem foedus Cassianum
und hatten auch das aktive Wahlrecht aber nicht das passive (socii nominis Latini/ius Latinii).
Bundesgenossen, die nicht ein gutes Verhältnis zu Rom hatten, mussten teilweise umsiedeln
und hatten am wenigsten Rechte (ius Italicum). So ging es auch den italischen Völkern, die
später erobert wurden. Weil diese Ordnung zu Spannungen führte, wurde ein Gesetz
vorgeschlagen, das den Italikern das römische Bürgerrecht verleihen würde. Der damalige
Konsul Drusus wurde aber ermordet, was zum Ausbruch des Bundesgenossenkriegs geführt
hat, in dem die Benachteiligten das römische Bürgerrecht forderten. Trotz eines Sieges Roms
war das alte System nicht mehr haltbar, weshalb in der lex Plautia Papiria allen italischen
Völkern das römische Bürgerrecht erteilt wurde.
Das soziale Modell und die sozialen Spannungen
In der sogenannten Latifundienwirtschaft
sind die Kleinbauern enteignet worden.
Statt ihnen wurden auf dem Land
Sklaven gebraucht, die nicht als
Menschen, sondern als Eigentum und als
sprechende Werkzeuge betrachtet
wurden. Das enteignete, arbeitslose und
deshalb bestechbare Volk zog in die
Städte, was zu sozialen Spannungen
geführt hat.
Abbildung 2: Die soziale Ordnung
Die Familien waren patriarchalisch aufgebaut. An oberster Stelle der Familie stand nämlich
immer der pater familias. Er war der einzige der direkt mit der res publica, also dem Staat, zu
tun hatte. Er musste auch für seine Familienmitglieder einstehen und sie im Gericht vertreten,
falls sie angeklagt wurden. Unter ihm standen zum einen seine Angehörigen, also seine Frau,
seine Söhne und seine unverheirateten Töchter, zum anderen auch sein Eigentum. Die dritte
Gruppe, die unter dem pater standen, waren seine Clienten. Diese waren freie römische
Bürger, die vom pater finanziell und sozial abhängig waren und sich unter seinem Schutz
begaben. Auch wenn die Clienten und die Söhne zum Teil das Stimmrecht hatten, wirkten sie
eigentlich nicht im politischen System mit, da sie der Entscheidung des paters folgten.
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Das politische System
Abbildung 3: Das politische System Roms
Die römischen und latinischen Bürger waren je nach Abstimmung in zwei verschiedene Arten
von Stimmgruppen eingeteilt. Bei der weniger wichtigen comitia tributa waren die Bürger
nach Stämmen (tribus) eingeteilt, während bei der comitia centuriata die Bürger nach
Zenturien eingeteilt waren, wobei der Zensus ausschlaggebend war, in welcher Zenturie man
war. Während der res publica änderten oft Teile des Systems, beispielsweise die
Zulassungsbedingungen für die Ämter, die Anzahl der Magistraten und die
Mitbestimmungsmöglichkeiten der plebs und der Tribunen, aber im wesentlichen blieb das in
der Abbildung gezeigte System während der res publica bestehen.
Die Kaiserzeit
In der Kaiserzeit wurde dieses politische System nicht abgeschafft, sondern einfach
entmachtet. Die Posten und Ämter blieben, die politische Mitbestimmung der Bürger
verschwand aber. Trotzdem hat Rom sich nicht als Monarchie gefühlt.
Das römische Bürgerrecht blieb aber immer noch erstebenswert und in 212 n. Chr. erteilte
Kaiser Caracalla mit der constitutio Antoniniana allen freien Männern im imperium Romanum
das römische Bürgerrecht. Offiziell hat es geheissen, dass er den Göttern danken wollte,
indem er die Anzahl der Religiösen vergrösserte. Ob das stimmt oder ob es noch weitere
Beweggründe dafür gab ist aber noch unsicher.
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4. Diskussion
In dieser Studienwoche habe ich gelernt, dass sich das politische Modell Roms über mehrere
Jahrhunderte entwickelt hat. Es wurde nicht auf einmal eingeführt, sondern ist immer weiter
gewachsen. Das Modell hat sich aber nicht parallel zur Gesellschaft weiterentwickelt, sodass
es ständig zu Krisen kam, die nur mit provisorischen Ordnungen gelöst werden konnten.
Bei den antiken Texten stellt sich aber immer auch die Frage der Zuverlässigkeit. Über die
Frühgeschichte der römischen Republik gibt es zum Beispiel nur zwei Autoren (Livius und
Dionysios), deren Bücher noch heute existieren. Diese beiden waren für uns deshalb sehr
wichtig. Gleichzeitig ist aber deshalb der Inhalt sehr ungesichert, vor allem weil sie selber
mehrere Jahrhunderte nach dem von ihnen dokumentierten Geschehen gelebt und sich auf
Annalistik gestützt haben, die teilweise beim Keltensturm 387 v. Chr. zerstört worden ist.
Daher muss man davon ausgehen, dass teilweise dazugedichtet wurde und dass Jahreszahlen
nicht exakt stimmen. Trotzdem ist zu erwarten, dass die Geschichten im Kern stimmen.
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich diesen Personen und Instituten danken, die mir diese
Studienwoche ermöglicht haben. Als erstes unsere Projektleiter Alexander Häberlin und
Severin Hof, die uns einen Einblick in das philologische Arbeiten gegeben haben und uns
vieles über die römische Geschichte beigebracht haben. Mein Dank geht auch an die
Universität Zürich, an der wir eine Woche lang arbeiten durften. Ich möchte aber auch
Schweizer Jugend forscht und Fabienne Odermatt für die tolle Organisation der Studienwoche
danken.
Literatur- und Quellenverzeichnis
Bibliographie Sekundärliteratur
Benario, H.W.: The Dediticii of the Constitutio
Antoniniana, in: TAPA 85 (1954) 188-196.
Cancik, H. (u.a.) [Hrsgg.]: Der Neue Pauly.
Enzyklopädie der Antike (Stuttgart 1996-2003).
Mommsen, Th.: Römisches Staatsrecht (Basel
31952).
Sherwin-White, A.N.: The Roman Citizenship
(Oxford 21973).
Bibliographie Textausgaben
P. Vergili Maronis Opera, ed. Mynors, R.A.B.
(Oxford 1969).
Verg. Aen. 6.756-853
Dionysi Halicarnasensi Antiquitatum Romanarum
quae supersunt, ed. Jacoby, C. (Leipzig 18851929) [griechisch].
Dion. Hal. 4.49
Dion. Hal. 6.3.3
Dion. Hal. 6.95
Titi Livi Ab urbe condita. Tomus I. Libri I-V, ed.
Oglivie, R.M. (Oxford 1974).
Liv. 1.27-30
Liv. 1.60
Liv. 2.32-33.3
Titi Livi Ab urbe condita. Tomus II. Libri VI-X,
edd. Walters, C.F., Conway, R.S. (Oxford 21938).
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dig. 1.5.17
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