Mediendossier «Sommertraum

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Igor Stravinsky: «Les Noces» – Schweizer Erstaufführung der Urversion
mit Rex Lawson (Pianola)
Der Cantate Basel Kammerchor unter der Leitung von Tobias von Arb steht vor einem
aussergewöhnlichen Konzertprojekt. Unter dem Titel Sommertraum wartet er mit einem Programm
auf, das eine verheissungsvolle Wärme in die kalten Wintertage trägt. Werke von Johannes
Brahms, Antonín Dvořák, Béla Bartók und Igor Stravinsky stellen eine ländliche Reise in Aussicht:
Wir streifen durch bäuerliche Gegenden Osteuropas und queren dabei mehrere
Komponistengenerationen.
Einen Höhepunkt der beiden Konzerte am 10. und 11. Januar in der Martinskirche Basel bildet die
Aufführung von «Les Noces» (Die Bauernhochzeit) für Chor, Solisten, Pianola, zwei Cymbalons
und Schlagzeug in der auf Strawinksys beruhenden Skizzen von 1919. Für die möglichst präzise
Annäherung an die originale kompositorische Absicht konnten wir den weltweit geachteten
englischen Pianola- und Stravinsky-Spezialisten Rex Lawson gewinnen. Informationen zu seiner
Person und seinem Schaffen finden Sie auf den folgenden Seiten.
Wir würden uns freuen, wenn Sie im Vorfeld auf dieses einmalige musikalische Ereignis mit einem
Artikel in Ihrem Medium hinweisen könnten und laden Sie ein, über das Konzert zu berichten.
Sollten Sie Fragen haben oder möchten Sie mit Rex Lawson im Hinblick auf eine Vorschau ein
Interview führen für einen Vorschaubeitrag oder während der Proben mit uns in Kontakt treten
wollen, wenden Sie sich bitte an kommunikation@cantatebasel, 061 631 30 62 oder direkt an Rex
Lawson, [email protected]. Er spricht Englisch und Deutsch und stellt sich für Interviews gern zur
Verfügung.
Die beiliegenden Unterlagen stehen auch online zur Verfügung (www.cantatebasel.ch/Medien),
Medienschaffende wenden sich für Eintrittsbillette bitte an Cantate Basel, Kai Pitschmann,
[email protected]
In der Hoffnung, Ihr Interesse geweckt zu haben, grüssen wir Sie freundlich
Kai Pitschmann
Kommunikation Cantate Basel
Beilagen: Presseinformationen zu «Les Noces», 1919, Flyer
Isabel Zürcher
Präsidentin Kammerchor
«Les Noces» (1919)
Die Ballett-Kantate «Les Noces» (russisch «Svadebka», deutsch «Die Bauernhochzeit» oder
«Die Dorfhochzeit») ist ein Schlüsselwerk sowohl für die Ballettgeschichte als auch für die
Musikgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts. Der russische Ballettdirektor Serge Diaghilev
(1872–1929), der in den Jahren 1909 bis 1929 in Paris die «Ballets russes» präsentierte und,
als Kontrast zum zaristischen Konservatismus, neue Formen von Tanz, Musik und Ausstattung
zum zukunftsweisenden Gesamtkunstwerk kombinierte, arbeitete unter anderem für viele berühmt
gewordene Werke auch mit dem russischen Komponisten Igor Stravinsky (1882–1971) zusammen.
Die Choreographie für «Les Noces» übertrug er Bronislava Nijinska, der Schwester Vaclav
Nijinskys, der ebenfalls im Rahmen der «Ballets russes» Stravinskys «Sacre du printemps»
choreographiert hatte (uraufgeführt 1913).
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs veranlasste Stravinsky (seit 1910 in Paris), in die Schweiz zu
ziehen. Am Genfersee (Clarens, Morges) entstanden bis zum Jahr 1919 die Musik und das
Libretto zu «Les Noces» (gemäss Stravinskys Bezeichnung «Russische choreographische Szenen
in vier Bildern mit Gesang und Begleitung»). Den Text schrieb er auf Grund von russischen
Volksmärchen, für die Musik verwendete er einerseits russische Volksweisen, anderseits gibt es
sehr rhythmische, motorische Passagen, die dem Sprechgesang nahe sind, im Verbund mit den
perkussiv eingesetzten Instrumenten.
Erzählt wird der Ablauf einer Hochzeit von den Vorbereitungen in der Brautkammer über den
Abschied von den Eltern und auch religiös motivierte Wunschgebete bis zum Lob des Bettes,
das auf das Brautpaar wartet. Der Chor hat als Hochzeitsgesellschaft handelnde, aber auch
kommentierende Funktion.
Stravinsky schwebte zunächst die Verwendung eines Pianolas, eines damals neu entwickelten
mechanischen Instruments, als Begleitung vor, neben Cymbalons — russischen Hackbrettern.
Das mechanische Klavier kam ihm entgegen, da er so glaubte, den Interpreten ausschalten
zu können – die Subjektivismen des romantischen Klavierspiels waren ihm zutiefst suspekt.
Aber die französische Firma Pleyel war nicht in der Lage, rechtzeitig die Cymbalons zu liefern,
und Stravinsky hatte einen Vertrag mit Diaghilev. So musste er die Arbeit an der Fassung mit
Pianola aufgeben und schuf die Fassung mit vier Klavieren und Schlagzeug, die dann unter der
Leitung von Ernest Ansermet in Paris 1923 uraufgeführt wurde – als Ballettvorstellung. Die Skizzen
von 1919 für die Fassung mit Pianola wurden später vom Engländer Colin Matthews ergänzt,
allerdings nur Bild eins und zwei. Diese wurden in dieser Form erst 1981 unter der Leitung von
Pierre Boulez uraufgeführt. Der Holländer Theo Verbey schliesslich vervollständigte 2009 die
Instrumentierung von Bild drei und vier. Diese Fassung kam 2009 in Amsterdam (mit
Ballettaufführung) und 2013 in Berlin konzertant zur Aufführung.
Nun ist es der Cantate Kammerchor Basel, der – am Ort der Paul Sacher Stiftung, wo die
Originalskizzen von «Les Noces» ruhen (Stravinskys Nachlass gehört seit 1983 der Stiftung) – jene
Version erstmals in der Schweiz zu Gehör bringen wird.
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Das Pianola
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstanden – als Weiterentwicklung der
Jahrmarktorgeln und Orchestrien automatische Klaviere. Gespeichert wurde die Musik auf
Papierstreifen, die auf einer Rolle aufgewickelt, über eine Leiste gezogen und dort abgetastet
werden. Das bekannteste war der Welte-Mignon-Flügel, der Interpretationen der berühmten
Pianisten jener Jahre abspielte. Die Reproduktion war gleichsam vollautomatisch. Das zur gleichen
Zeit entwickelte Pianola aber, ein in den Flügel eingebauter oder vorgesetzter Kasten, lässt sich
bezüglich Lautstärke und Tempo beeinflussen. Je nach Intention des Dirigenten ist der
Zusammenklang mit Gesang und anderen Instrumenten modifizierbar. Der Pianola-Spieler steuert
mit Fusspedalen und Handzügen die Dynamik und die Geschwindigkeit, in der die Papierstreifen
mit der in Löcher eingestanzten Musik über die Rollen laufen und den Mechanismus der
Klaviertastatur auslösen.
Stravinsky war von diesem Instrument fasziniert, er wollte es nicht nur für «Les Noces» einsetzen.
Er liess von Pleyel Rollen herstellen zu Werken wie «Feuervogel», «Sacre du Printemps», und es
gibt auch eine Fassung für Pianola solo von «Les Noces» mit sämtlichen Stimmen.
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Der Pianolist Rex Lawson
Rex Lawson steht gleichsam synonym für das Pianola. Er wurde 1948 in Bromley, Kent, geboren
und studierte Musik am Dulwich College und an der Universität von Nottingham. Ursprünglich
spielte er Fagott. Fasziniert von seinem ersten Pianola, das er 1971 erhielt, gab er aber seine
Pläne für eine traditionelle Musikerkarriere auf und konzertrierte sich zunächst auf Konzerte mit
Reproduktionsklavieren. 1981 gab er in Paris sein internationales Debüt mit der Uraufführung von
Stravinskys «Les Noces» unter der Leitung von Pierre Boulez. Für diesen Zweck schuf er auf
Grund von Kopien des Notenmaterials unter anderem mit Rasierklingen, wie er selbst erzählt,
während einem Ferienaufenthalt in Frankreich die Papierstreifen.
Inzwischen hat er ein spezielles Computerprogramm entwickelt und stellt unter dem von ihm 1986
ins Leben gerufenen Label «Perforetur» seine eigenen perforierten Rollen her; er hat etwa 200
hauptsächlich klassische Titel eingespielt. Zugleich baute Lawson eine Sammlung von
Instrumenten und Rollen auf, die heute zu den wichtigsten Kollektionen dieser Art gehört. Rex
Lawson ist heute weltweit als der führende Experte für Stravinsky und das Pianola anerkannt.
Jahrelang war er mit Conlon Nacarrow befreundet, der ihm ein Pianolakonzert widmete, aber leider
vor dessen Fertigstellung starb.
Höhepunkte in seiner Karriere waren bisher der Soloauftritt in George Antheils «Ballet mécanique»,
1989 in der Carnegie Hall in New York, das er 2013 auch mit dem Tonhalle-Orchester in Zürich
aufgeführt hat, die Wiederbelebung von Percy Grainger bei den «Last Night of the Proms» 1988
und die Erstaufführungen von nahezu allen Werken von Stravinksy für Pianola, einschliesslich «Le
Sacre du printemps» am Théâtre des Champs-Elysées in Paris. Unermüdlich reist er als Pianolist
um die Welt – meist in seinem eigenen Auto, in dem er seine Vorsetzer und die grossen Koffer mit
dem Vorrat an Rollen transportiert.
Rex Lawson
Bild als Download erhältlich
www.cantatebasel.ch/Medien/Saison 2014/2015
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Rex Lawson und die Paul Sacher Stiftung in Basel
Zu Basel hat Rex Lawson eine besondere Beziehung. Um seine Arbeit mit der Musik Stravinskys
zu intensivieren, verbrachte er bereits 1987 drei Monate in Basel zwecks Forschungen in der Paul
Sacher Stiftung, die ihm ein kleines Stipendium zahlte. Er studierte Briefe und schriftliche
Zeugnisse Stravinskys in dessen Nachlass, die Informationen für die Weiterarbeit an Musik für
Pianola enthielten und über Aufführungsmöglichkeiten orientierten. In vielen Stunden Arbeit
transkribierte er damals Unterlagen und liess jeweils an Freitag Nachmittagen sein Pianola
erklingen. Während dieser Zeit genoss er die Lage der Paul Sacher Stiftung am Rhein, die Abende
und Nächte verbrachte er in seinem Van bzw. im Trailerzelt auf dem Campingplatz in Reinach.
Im Februar 1988 erlebte Rex Lawson in Basel die Fasnacht, und 1990 kam er wieder, um
anlässlich der Eröffnung einer Ausstellung im Kunstmuseum zu Paul Sachers 90. Geburtstag
Pianola zu spielen. Inzwischen haben die Erben Stravinskys auf Anregung Rex Lawsons die
Pianola-Papierrollen aus Stravinskys eigenem Besitz der Paul Sacher Stiftung verkauft.
1986 führte Lawson Bild 1 und 2 von «Les Noces» mit den von ihm selbst hergestellten Rollen in
Wetzikon auf, in Basel folgte eine Aufführung 1988 mit dem Chor des Gymnasiums Bern-Neufeld.
Nun steht die Schweizerische Erstaufführung des kompletten Werks bevor. Instrumentiert für die
Fassung für Pianola und Cymbalon, stehen im Winterkonzert des Cantate Basel Kammerchors alle
4 Bilder auf dem Programm. Rex Lawson wird darüber hinaus solistische Pianolastücke von
Stravinsky vortragen. Nach seinen Konzerten pflegt Rex Lawson auf der Bühne interessierten
Zuhörerinnen und Zuhörern sein Instrument zu erklären.
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Sommertraum: Das Winterkonzert des Cantate Basel Kammerchors
Martinskirche Basel
Samstag, 10. Januar, 19.30 Uhr
Sonntag, 11. Januar, 17.00 Uhr
«Les Noces» bildet das Herzstück des Konzerts des Cantate Basel Kammerchors. Der
Sommertraum beginnt mit sechs Vokalquartetten mit Klavierbegleitung von Johannes Brahms,
darunter vier der berühmten Zigeunerlieder gehören. «Sechs Klänge aus Mähren» führen in die
melodienreiche, kraftvolle Musik von Antonín Dvořák, auf slowakischer Musik beruhen die «Vier
Volkslieder» von Béla Bartók. Mit «Les Noces» erreicht die slawische Festfreude ihren Höhepunkt.
Christina Daletska, Sopran
Susanne Puchegger, Mezzosopran
Jakob Pilgram, Tenor
Raphael Jud, Bass
Florian Arbenz und Matthias Würsch, Cymbalon
Rex Lawson, Pianola
Reto Reichenbach, Klavier und Harmonium
Tobias von Arb, Leitung
Cantate Basel Kammerchor
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