[email protected] DAS ELSASS U NTER DEUTSCH ER BESATZU NG TEIL 2 Museum am Burghof Baslerstrasse 143 D · 79540 Lörrach T: +49 (0)7621-919 37-0 F: +49 (0)7621-919 37-20 Öffnungszeiten: Mi-Sa 14-17 Uhr, So 11-17 Uhr Führungen: nach telefonischer Vereinbarung 1. Beginn des Zweiten Weltkriegs Viele Menschen hatten gehofft, dass es nie soweit kommen wird. Aber am 1. September 1939 marschieren Soldaten der deutschen Wehrmacht in Polen ein. Daraufhin erklären Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg. Das ist der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Im Südwesten stehen sich die deutschen und französischen Truppen diesseits und jenseits des Rheines gegenüber, ohne dass es gleich zu Kampfhandlungen kommt. Manche denken schon, sie blieben hier vom Krieg verschont, er werde im Osten Europas ausgetragen. Hitler selbst hat mehrmals gezögert, den Befehl zum Angriff zu geben. Aber am 10. Mai 1940 marschieren deutsche Truppen in Holland und in Belgien ein. Der Westfeldzug beginnt. Nach 1870 und 1914 kommt es zum dritten Krieg zwischen Frankreich und Deutschland. Am 15. Juni 1940 wird nach 1871 das Elsass zum zweiten Mal von den Deutschen besetzt. Eine überdimensionale Faust zerschlägt die politischen Führer Frankreichs, Großbritanniens und die „Juden“ und stellt somit die Kriegsparole „In den Staub mit allen Feinden Großdeutschlands” bildlich dar. Propagandistische NSDarstellung von 1940. Dieses Plakat gibt Robert Wagner nach der deutschen Besetzung des Elsass in Auftrag. Die Aufschrift „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ soll Elsässern vor Augen führen, dass sie als „Alemannen“ Teil des deutschen Volkes sind. Mit diesem Plakat wirbt die NSDAP 1940 bei Elsässern für kostenlosen Deutschunterricht des deutschen Volksbildungswerks. Das Elsass wird „germanisiert“ 2. Nach der Besetzung wird das Elsass am 21. Juni 1941 de facto dem Großdeutschen Reich angeschlossen. Das Elsass bildet gemeinsam mit Baden den Gau Oberrhein. Der Sitz von Reichsstatthalter Robert Wagner wird von Karlsruhe nach Straßburg verlegt. Zugleich erhält Wagner von Hitler den Befehl, dass das Elsass innerhalb von zehn Jahren vollständig deutsches Gebiet werden soll. In den Augen der Nationalsozialisten gelten Elsässer nach „rassischer“ Definition als Teil der deutschen Volksgemeinschaft, der lediglich zu lange unter französischem Einfluss gelebt hat. Ideologisch begründen dies die Nationalsozialisten damit, dass Elsässer wie Badener und Schweizer zum „Stamm der Alemannen“ gehörten und damit Teil des deutschen Volkes seien. Robert Wagner lässt zunächst Zehntausende von Juden und frankophile Elsässer ausweisen. Ihr Vermögen wird beschlagnahmt. Gleichzeitig lancieren die Machthaber des Dritten Reiches ein aggressives „Regermanisierungsprogramm“. Was mit der französischen Nation in Verbindung steht, wird von den deutschen Besatzern entfernt: Alle Lebensbereiche werden von den Nationalsozialisten reglementiert und kontrolliert. Bei Nichtbeachtung gibt es harte Strafen. Elsässern ist es verboten, französisch zu sprechen. Hauptstraßen werden zu Adolf-HitlerStraßen umbenannt. Französische Namen werden eingedeutscht. Jean wird zu Hans, Roger zu Rüdiger. Das Tragen der Baskenmütze gilt als profranzösisch und wird unter Androhung einer Strafe von 150 Reichsmark und sechs Monaten Gefängnisstrafe verboten. Der Ehering muss wie in Deutschland rechts getragen werden. Wasserhähne auf denen „chaud“ und „froid“ steht, werden ausgewechselt, ebenso wie „sel“ und „poivre“ in den Küchenregalen. Die Herstellung von Thermometern der Marke „Binda“ in Mulhouse ist untersagt, denn der Alkohol im Messröhrchen ist rot und das vor einem weißen Hintergrund mit blauen Rahmen, was eindeutig den Farben der französischen Nationalflagge entspricht. Das Benutzen der Worte „bonjour“ oder „bonsoir“ wird mit Gefängnishaft bestraft. Und wer zur Schule gehen will, muss Mitglied im Jungvolk oder bei der Hitlerjugend werden. Täglich veröffentlichen Zeitungen Namen von Personen, die von der Besatzungsmacht als „Volksschädlinge“ ausgewiesen werden. Zugleich drohen diesen Menschen Verhaftungen und die Internierung in das Umerziehungslager Vorbruck bei Schirmeck. Dort soll die antideutsche Haltung mit Gewalt korrigiert werden. Im August 1941 sind 650 Gefangene in diesem Lager interniert. Bücher aus der Bibliothek in Thann. Die Nationalsozialisten erzwingen im Elsass die Ausstattung von Bibliotheken mit rein deutschsprachiger Literatur. Mit diesem Plakat versuchen die Nationalsozialisten 1940 zunächst Elsässer für die deutsche Wehrmacht zu gewinnen. 1942 werden elsässische Soldaten dann zwangsverpflichtet. 3. Elsässer müssen für Deutschland in den Krieg Für Gauleiter Wagner ist eine vollständige „Rückdeutschung“ nur möglich, wenn die männlichen Elsässer aktiv am Krieg gegen die Alliierten teilnehmen. 1940 versucht Wagner durch Propaganda, Freiwillige in die Waffen-SS und in die deutsche Wehrmacht zu holen. Die Resonanz ist jedoch gering. Im Mai 1941 wird dann der Reichsarbeitsdienst eingeführt und am 24. August 1942 die Wehrpflicht. Nach der Niederlage von Stalingrad Ende 1942 werden alle Elsässer im Alter von 18 bis 38 zum Wehrdienst eingezogen. Insgesamt rund 100.000 Elsässer werden zwangsrekrutiert. 90 Prozent von ihnen werden an der Ostfront eingesetzt. Für die große Mehrheit der elsässischen Soldaten ist es unerträglich, gegen die eigenen Leute und die Alliierten in den Krieg ziehen zu müssen. Daher versuchen viele, dem Kriegsdienst in der Wehrmacht durch Flucht in die Schweiz zu entkommen. 1942 wird ein zwei bis drei Kilometer breiter Sperrstreifen entlang der Grenze errichtet. Die Grenzpatrouillen sind angewiesen, auf Flüchtige scharf zu schießen. Die verhafteten Deserteure werden von den Nationalsozialisten in das elsässische Konzentrationslager Struthof interniert. Dort werden mehrere tausend Kriegsgefangene, politische Gegner und Widerstandskämpfer ermordet.